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Dr. med. Wilhelm Stuhlmann, Erkrath, Diplom-Psychologe und Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie und Klinische Geriatrie ist in eigener Praxis und in der Aus- und Weiterbildung, Supervision und Beratung in den Bereichen Altenhilfe, Geriatrie und Gerontopsychiatrie tätig; ehemaliger Erster Vorsitzender des Landesverbandes der Alzheimer Gesellschaften NRW e. V.

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

ISBN 978-3-497-02791-0 (Print)

ISBN 978-3-497-61010-5 (PDF-E-Book)

ISBN 978-3-497-61011-0 (EPUB)

ISSN 0939-558X

3. Auflage

© 2018 by Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, Verlag, München

Erste Auflage im Ernst Reinhardt Verlag erschienen unter dem Titel

„Demenz – wie man Bindung und Biographie einsetzt“.

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung der Ernst Reinhardt GmbH & Co KG, München, unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen in andere Sprachen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Printed in EU

Titelfoto: © absolut – Fotolia.com

Satz: JORG KALIES – Satz, Layout, Grafik & Druck, Unterumbach

Ernst Reinhardt Verlag, Kemnatenstr. 46, D-80639 München

Net: www.reinhardt-verlag.de Mail: info@reinhardt-verlag.de

Inhalt

Einleitung

1     Bindung

1.1   Der Begriff der Bindung

1.2   Die Bindungstypen

Der sichere Bindungstyp

Der unsichere Bindungstyp

Der unsicher-vermeidende Bindungstyp

Der unsicher-ambivalente Bindungstyp

Der desorganisierte/desorientierte Bindungstyp

1.3   Aktivierung von bindungssuchendem Verhalten

1.4   Veränderung und Konstanz des Bindungsmusters im Verlauf des Lebens

1.5   Das Modell der Persönlichkeitsentwicklung von Erikson unter Bindungsaspekten

1.6   Bindungsstörungen: Konzept, Entstehung und Risikofaktoren

1.7   Depression und Bindung

Depression und Demenz

1.8   Bindung und Traumabewältigung

Trauma-Reaktivierung im Alter

Traumasensible Pflege

2     Ressourcen

2.1   Definition von Ressourcen

2.2   Bedeutung von Ressourcen

2.3   Einteilung von Ressourcen

3     Bindung und Ressourcen bei Demenz

3.1   Generationsübergreifende Aspekte von Bindung

3.2   Gegenseitigkeit von Bindung in Beziehungen bei Demenz (am Beispiel älterer Ehepaare)

3.3   Bewältigungsstrategien bei Demenz

Erwerb von Bewältigungsstrategien bei Demenz

Ebenen, auf denen Bewältigungsstrategien erlebt oder beobachtet werden können

Bewältigungsstrategien als Abwehrmechanismen

Wahnhaftes Erleben als Bewältigungsstrategie bei Demenz

4     Wahrnehmung und Aktivierung von Ressourcen in der täglichen Arbeit mit demenzkranken Personen

4.1   Biographie ist mehr als ein Lebenslauf

4.2   Biographisches Arbeiten als Möglichkeit zur Stärkung von Bewältigungsstrategien

Stärkung der Identität

Gewähren von Zugehörigkeit

Retrospektive Bearbeitung

4.3   Biographisch schützende und Risiko steigernde Einflüsse auf eine Demenzentwicklung

4.4   Bindungssicherheit und Symbole im Pflegealltag

Aus den Augen – aus dem Sinn. Der Blickkontakt

Der Klang deiner Stimme wirkt so beruhigend

Hautkontakt – die Haut als das größte Sinnesorgan

„Diesen Geruch kenne ich doch von früher“

Geschmack – „Das schmeckt wie bei Mutter“

5     Übergangsobjekte zur Bindungsregulation

6     Das Konzept der sicheren Basis in der Altenpflege

7     Therapie- und Pflegekonzepte unter den Aspekten von Biographie und Bindungssicherheit

7.1   Bindungsstärkendes Arbeiten mit Erinnerungsalben

7.2   Erinnerungspflege – Bindung durch Erinnerung stärken

Der Umgang mit vertrauten Gegenständen

Einsatz von Fotos und Vergrößerungen

Rollenspiel und Improvisation

Tanz, Gesang und alle Arten von Musik

Aktivitäten aus dem Alltag

7.3   Die biographiebezogene Einrichtung eines Zimmers

7.4   Erhalten von Bindung durch „Rooming-in“ für Angehörige bei Demenz

7.5   Bereitschaft zu helfen und helfen dürfen als bindungsstärkendes Konzept

7.6   Bindung benötigt Orientierung in der Realität. Das Realitäts-Orientierungs-Training (ROT)

7.7   Validation im Bindungskontext

7.8   Dementia Care Mapping (DCM)

7.9   Selbst-Erhaltungs-Therapie (SET)

7.10 Snoezelen – ein Konzept der basalen Stimulation und zur Entspannung

8     Eigene Bindungsressourcen der Pflegenden

9     Aufgaben für die Zukunft

9.1   Fragen an die Forschung

9.2   Präventive Biographiearbeit – die Arche vor der Flut bauen

Anhang

Gesprächsleitfaden nach dem Erwachsenen-Bindungs – Interview von George et al. (1985)

Glossar

Literatur

Sachregister

Einleitung

Psycho-soziale Entwicklung auf der Grundlage innerer und äußerer Sicherheit ist die Voraussetzung für Selbstentfaltung, Selbststeuerung und seelische Gesundheit.

Die Entwicklungspsychologie spannt den Bogen der menschlichen Entwicklung von den frühesten Erfahrungen bis zu den Bedingungen des höheren Lebensalters. Für jede Entwicklungsstufe gelten eigene Bedingungen und Entwicklungsaufgaben. Das Fundament psychischer Stabilität, das Streben nach Erfüllung primärer Bedürfnisse in allen Lebensabschnitten, bleibt lebenslang steuernd für das Erleben, die Motivation und das Verhalten. Das Bindungskonzept von John Bowlby ist eines dieser Fundamente, das in den letzten Jahren an Eigenständigkeit innerhalb der verschiedenen psychologischen Konzepte gewonnen hat. Die grundlegende Erfahrung von Bindungssicherheit, die Entwicklung von inneren Modellen einer Bindung und die Störungen des Bindungsprozesses sind Ansätze, die zunächst bei Kindern und dann aber auch bei Erwachsenen untersucht worden sind.

Die Arbeit in der Pflege mit demenzkranken Personen unter der Bindungsperspektive zu betrachten, stellt kein neues Pflegekonzept dar; vielmehr soll mit diesem Buch die Sichtweise unterstützt werden, dass auch im höheren Lebensalter die Wurzeln früher Bindungserfahrungen sichtbar werden. Viele der problematischen Verhaltensweisen, die für die Kranken selbst und die Bezugspersonen oft zu einer enormen Belastung werden können, sind unter der Bindungsperspektive schlüssig erklärbar und damit besser verstehbar. Auch in der Demenz ist die Person von ihrer Biographie nicht abgeschnitten, und die frühen Bindungserfahrungen sind ein wichtiger Teil seiner Lebensgeschichte. Der Kranke kann zur Gestaltung seiner Beziehungen und zur Bewältigung der Krankheit nur auf das zurückgreifen, was er in die Krankheit mitgebracht hat. Unter diesem Aspekt können Kenntnisse über das Bindungskonzept in verschiedenen Pflege- und Therapieansätzen in der Arbeit mit älteren Personen sehr hilfreich umgesetzt werden. In der Arbeit mit demenzkranken Personen können wir an Bindungserfahrungen aus deren Lebensgeschichte anknüpfen, Bindungsmuster erkennen und im Umgang mit den verschiedenen Bindungsmustern einen möglichst großen Anteil an sicherer Bindung (wieder) aktivieren.

Zur Bedeutung des Bindungskonzeptes im höheren Lebensalter, insbesondere bei Demenz, gibt es bisher nur wenige Berichte. Eine Leitidee dieses Buches ist deshalb, die Wirkungen positiver Bindungserfahrungen auf die lebenslange Verfügbarkeit und Nutzung von Ressourcen zur Alltagsbewältigung von Lebenskrisen und von schwerer Krankheit zu beschreiben. Auf der Grundlage der Bindungstheorie sollen die verschiedenen Konzepte der Therapie und der Pflege bei Personen mit Demenz aus einer anderen Perspektive betrachtet werden. Die Kernaussagen dieser Konzepte bleiben gültig, aber durch die Möglichkeit des Perspektivenwechsels können neue Chancen in diesen Ansätzen für die Arbeit mit demenzkranken Personen entdeckt und in der Praxis umgesetzt werden. Es wird deutlich, dass diese Konzepte nicht nur durch ihre Techniken, sondern zuerst durch die menschliche Basis der Beziehung, die Haltung und die Bereitschaft, sich als sicheren Hafen und als feinfühlige und zuverlässige Bindungsperson zur Verfügung zu stellen, wirken. Gute theoretische Kenntnisse und die Bereitschaft zur Reflektion der eigenen Beziehungsanteile in der Arbeit mit alten Menschen sind dabei keine Gegensätze.

Die Bedeutung der Bindungssicherheit als Quelle von Ressourcen hat in den letzten Jahren unter dem Aspekt der Bewältigung schwerer Erkrankungen wie der Demenz zugenommen. Ganz allgemein kann nach Nestmann (1996) alles, was von einer bestimmten Person in einer bestimmten Situation wertgeschätzt wird oder als hilfreich erlebt wird, als eine Ressource betrachtet werden. Gemeint sind Ressourcen, als das persönliche Rüstzeug bei der Wahrnehmung, Beurteilung und Bewältigung von Problemen in Krisen und bei Krankheit. Jede Person ist im Besitz von Ressourcen, die sie befähigen, eine Herausforderung auf eine persönliche Weise zu lösen. Ressourcen erkennen und mobilisieren bedeutet, die Stärken einer Person zu erkennen und zu nutzen – auch bei schwerer und chronischer Krankheit. Wege zu den Stärken finden sich in der persönlichen Lebensgeschichte, den lebenslangen Erfahrungen der Verfügbarkeit von Quellen der Kräfte zur Bewältigung.

Dabei stellt sich eine Reihe von Fragen. Dieses Buch ist ein Versuch, den praxisorientierten Umgang mit den Ressourcen aller Beteiligten bei der Arbeit mit demenzkranken Personen um die Erkenntnisse aus der Bindungsforschung zu bereichern.

   Welche Bedeutung haben Erfahrungen in der frühen Lebensgeschichte und mit den ersten Bezugspersonen für die Gestaltung von persönlichen Beziehungen und die Bewältigung von Belastungssituationen (Stress) im späteren Leben?

   Wie wirkt sich die Suche nach einer sicheren Bindung in einer Situation aus, in der das Bedürfnis nach Sicherheit und der Nähe einer Person besonders groß ist, wie im Falle einer Demenzerkrankung?

   Wie können Erkenntnisse aus der Bindungsforschung in der praktischen Arbeit mit demenzkranken Personen umgesetzt werden?

   Was sind Ressourcen, wie entstehen Ressourcen und wie können verschüttete Ressourcen wieder aufgespürt und aktiviert werden?

   Wie können die bekannten Konzepte der Pflege und Betreuung unter der Perspektive der Bindungssicherheit erweitert werden?

   Wie kann Ressourcenorientierung in der Pflege gefördert werden?

   Welche Zugänge und Methoden gibt es hierzu?

   Welche Bedeutung haben die eigenen Bindungserfahrungen der Pflegenden?

   Wie wirkt sich die Wechselseitigkeit von Bindung aus Sicht der Pflegenden aus?

   Wie können Ressourcen und Bindung präventiv erkannt und gefördert werden?

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Bindung

Bindung ist ein emotionales Band, das sich in den ersten Lebensjahren entwickelt, dessen Einfluss aber nicht auf diese frühe Entwicklungsphase beschränkt ist, sondern sich auch auf alle weiteren Lebensabschnitte erstreckt. Somit stellt Bindung eine emotionale und kognitive Basis während des ganzen Lebens bis ins höhere Lebensalter hinein dar. Bindungen beeinflussen die Art und Weise, wie wir Beziehungen wahrnehmen, bewerten und gestalten.

Bowlby (1969, 2006)) entwickelte die Theorie der Entstehung und Bedeutung von Bindung. Er beschreibt diese als ein individuelles inneres Muster, das die Einstellung zu sich selbst und den Mitmenschen charakterisiert. Eine geglückte Bindung kann zur psychischen Gesundheit beitragen und ein kompetentes und zufriedenes Leben unterstützen. Jeder Mensch ist in der ersten Lebensphase auf die Versorgung, den Schutz und die Hilfe von Bezugspersonen (Bindungspersonen) angewiesen. Ohne diese Personen ist ein Überleben nicht möglich. Forschungen zur Entwicklung des neuronalen Netzwerkes in den ersten Lebensjahren haben gezeigt, dass frühe Prägungen und Erfahrungen die Struktur des Netzwerkes mit lebenslangen Auswirkungen formen.

Die frühe Plastizität und Lernfähigkeit dieses Netzwerkes sind Grundlage für die spätere geistige Leistungsfähigkeit und für die Entwicklung von Begabungen und Interessen. Auf dieser Grundlage tragen positive Bindungserfahrungen wesentlich zur Ausprägung tragfähiger psychosozialer Muster in Beziehungen und zur Entwicklung eines stabilen Selbstwertgefühls bei. Die Bindungsqualität, die Entwicklung von Autonomie und die Unterstützung eines positiven Selbstwertgefühls stehen in einer engen Beziehung zueinander. Das neuronale Netzwerk als Funktionsreserve ist in seiner Ausdifferenzierung von guten Bedingungen seiner Stimulation und Verankerung in der Persönlichkeit abhängig. Ein wesentlicher Faktor sind Bindungserfahrungen, die das Vertrauen in die eigenen Kräfte und die Entwicklung neuronaler Funktionen (motorische und psycho-sozial) ermöglichen und längerfristig unterstützen. Hierin besteht eine bedeutsame Verbindung von Bindung und Bildung zum Demenzrisiko.

Die Geschichte der Bindungsforschung ist noch relativ jung. Eine umfassende Übersicht über den Stand der klinischen Bindungsforschung geben Strauss (2002) und Ettrich (2004). Aber auch hier bleiben das höhere Lebensalter und Krankheitsentwicklungen wie Demenz unter Bindungsaspekten völlig ausgespart.

Zunächst werden der Begriff der Bindung erläutert und die verschiedenen Ausprägungsformen (Typen) von Bindung beschrieben. Es soll deutlich werden, dass bis ins höheren Lebensalter die Wurzeln früher Bindungserfahrungen sichtbar bleiben und im Umgang und der Pflege nicht nur beachtet werden müssen, sondern Kenntnisse über das Bindungskonzept in verschiedenen Pflege- und Therapieansätzen der Altenpflege sehr hilfreich umgesetzt werden können.

1.1   Der Begriff der Bindung

Bowlby geht davon aus, dass es ein biologisch angelegtes Bindungssystem gibt, das einen Säugling und ein Kleinkind dazu veranlasst, im Falle einer Gefahr die Nähe eines Menschen zu suchen, der Schutz und Sicherheit garantieren kann – zu einer Bindungsperson. In der Entwicklungsgeschichte der Arten hat Bindung die Bedeutung der Sicherung der Brutpflege und Arterhaltung sowie des Schutzes vor Räubern und Feinden.

Hauptbindungsperson ist normalerweise diejenige Bezugsperson, mit der das Neugeborene in seinen ersten Lebensmonaten den intensivsten und häufigsten Kontakt hat. Neben der Mutter kommt hier immer häufiger auch der Vater ins Spiel. Erste Bezugspersonen können aber auch die Großeltern, Geschwister oder andere Personen sein. Die Erfahrungen im Kontakt mit dieser Bindungsperson sind spezifisch und bleiben, wie Untersuchungen zeigen, über viele Jahre – vermutlich sogar lebenslang – wirksam. Es entsteht ein inneres Muster dieser ersten Beziehung, das tief in der Psyche verankert wird. Hier entwickeln sich die Wurzeln einer seelischen Stabilität durch die Erfahrung grundlegenden Vertrauens und bedingungsloser Zuwendung. Bindung kann später auch zu Tieren, unbelebten Objekten u.a. aufgebaut werden. Die Bindung an ein Objekt wurde von anderen Autoren auch als Übergangsobjekt bezeichnet und wird später ausführlich in seiner Bedeutung für die Arbeit mit demenzkranken Personen beschrieben.

Bindungen erfüllen zwei wesentliche Funktionen. Sie sollen sowohl Schutz und Entspannung sowie Minderung von Stress bei Angst und Gefahr sicherstellen als auch ein aktives Erkunden der Umwelt von einer sicheren Basis aus fördern. Beide Aspekte sind notwendige Voraussetzungen für Anpassung und Umwelterkundung auch im biologischen Sinn. Daher ist ein Zeichen einer sicheren Bindung auch die konzentrierte und aktive Auseinandersetzung mit der Umwelt und deren Erkundung (Explorieren). Das ist ohne Risiko möglich, wenn im Schutz der Bindungsperson die Umwelt sicher ist oder bei drohender Gefahr sofort Schutz gesucht werden kann. Allein die Gewissheit, dass die Bindungsperson verfügbar ist, oder die Möglichkeit, die Sicherheit der Bindung über eine Distanz durch Blickkontakt oder andere Signale herstellen zu können, reichen in vielen Situationen aus. Damit wird die Bezugsperson als „Basisstation“ im Sinne eines sicheren Fundaments oder eines sicheren Hafens.

In späteren Phasen des Lebens trägt Bindung dazu bei, ein sicheres Gefühl zu entwickeln, sich vor Verlust von Zuneigung zu schützen, Besitz oder Kontrolle zu behalten, und kann helfen, negative Folgen eines Verlustes zu bewältigen. Auch das Leistungsverhalten und die Möglichkeiten, das soziale Netzwerk positiv zu nutzen, sowie Flexibilität im Denken und Handeln stehen im Zusammenhang mit der Bindungsbasis.

Die inneren Vorstellungen von Bindungspersonen und Bindungssituationen werden auch als Bindungsrepräsentation oder inneres Arbeitsmodell bezeichnet. Es entsteht ein inneres Bild von Beziehungen unter den Aspekten der Bindungssicherheit einerseits und der erlebten Unterstützung bei der Persönlichkeitsentfaltung andererseits. Die Auswirkungen dieses inneren Bindungsmodells auf Bindungsmuster im Erwachsenenalter wurden erstmals von Mary Main mit dem Erwachsenen-Bindungsinterview (Adult Attachment Interview, AAI) untersucht. Es fand sich ein deutlicher Einfluss der frühen Bindungserfahrungen auf die inneren Vorstellungen in Bezug auf Bindung beim Erwachsenen.

Die Bindungsmuster sichern die soziale Anpassung und lassen bei positivem Verlauf, eine effektive sozio-emotionale Kompetenz entstehen. Sie können unter unterschiedlichen Lebensbedingungen entweder einen positiven, die Bindungserfahrungen und Bewältigung stärkenden Effekt haben, oder sie können bei negativen Bindungserfahrungen die psycho-soziale Anpassung schwächen und den Boden für psychische Störungen bereiten.

In den letzten Jahren wurden auch die neurobiologischen Grundlagen auf verschiedenen Ebenen diskutiert (Stuhlmann, 2007). Die Qualität der frühkindlichen Bindungsbeziehungen steht in Verbindung mit der emotionalen Aktivierung, Entwicklung und Ausdifferenzierung neuronaler Verschaltungen, sowohl im positiven als auch im negativen Sinn. Hüther (2006) hebt hervor, dass solche Bindungserfahrungen in langfristigen kognitiven Mustern und Gefühlsstrukturen verankert werden.

Dies kann besonders bei Kindern, bei denen der Bindungsprozess früh gestört wurde, schwerwiegende Folgen haben. Bei einem großen Teil dieser durch starke Vernachlässigung schwer geschädigten Kinder wurden Störungen der Hirnentwicklung durch Unterstimulation des neuronalen Netzwerkes und eine direkte Schädigung der Neurone durch die Auswirkungen von länger andauerndem Stress festgestellt. Die Schädigungen können sich im Sinne einer erhöhten Vulnerabilität erst nach einer langen Latenzzeit auswirken. Heine (2004) weist darauf hin, dass sich ein Funktionsdefizit erst nach über 50 Jahren im Rahmen einer Demenz bemerkbar machen kann. Seine provozierende Frage lautet, ob nicht ein großer Anteil der Entwicklung einer Demenz vom Alzheimertyp in der frühen Kindheit angelegt wird, in der Phase, in der der größte Anteil des neuronalen Netzes verknüpft und organisiert wird. Dieses Netz ist die Grundlage der Leistungsfähigkeit des Gehirns und bietet bei guter Ausformung eine gewisse Funktionsreserve und stellt damit einen protektiven Faktor dar.

Auch auf der neurohumoralen Ebene haben sich die Erkenntnisse verdichtet. So wird neben der Auswirkung von sicherer Bindung auf die Reduktion der körperlichen Stressreaktionen auch die Bedeutung der „Bindungshormone“ (Wettig, 2006; Hüther, 2006) wie Oxytocin, Dopamin und Endorphine für die Entwicklung positiver Emotionen, Empathie und vertrauensvoller dauerhafter sozialer Beziehungen diskutiert. So kann der Dauerstress in einer von unsicherer Bindung geprägten Beziehung durch die Überstimulierung des Stresshormons Cortisol, auch zu einer Schädigung der neuronalen Verknüpfung in den Synapsen führen. Die ist umso folgenreicher, je früher die Schädigung in der neuronalen Entwicklung einsetzt und je länger sie andauert.

Bauer (2006) weist auch darauf hin, dass die neuronale Ausdifferenzierung auch die psychomotorische und emotionale Entwicklung durch das System der Spiegelneurone wesentlich beeinflusst. Insbesondere das Erleben von Empathie als bindungsstärkende Emotion wird auf der neurobiologischenen Ebene durch die Spiegelneurone ermöglicht. Die Fähigkeit zur Empathie ist als potentielle Eigenschaft zwar angeboren, entwickelt sich aber am Besten in sicheren Bindungen und in Beziehungen zu anderen Menschen.

Ebenen von Bindungsprozessen

Wir verstehen Bindung und die Ebenen, auf denen Bindung wirksam wird, folgendermaßen:

   Bindung bezeichnet ein emotionales Band zwischen Personen untereinander (bzw. zwischen Personen und Objekten oder auch Tieren),

   das sich in der frühen Kindheit entwickelt, dessen Einfluss aber nicht auf diese Entwicklungsphase beschränkt ist, sondern sich auch auf die weiteren Lebensabschnitte erstreckt.

   Somit stellt Bindung eine emotionale Basis während des ganzen Lebens bis ins höhere Lebensalter hinein dar.

   Bindungen beeinflussen die Art und Weise, wie wir Beziehungen wahrnehmen, bewerten und gestalten – dabei wirken die ersten Bindungserfahrungen als Muster hilfreich oder erschwerend in späteren Beziehungen.

   Die reflektierten handlungssteuernden Motive (explizite Motive) werden bei fortschreitender Demenz immer mehr durch die unbewussten Motive (implizite Motive, den Grundbedürfnissen entsprechend) abgelöst.

Bindung ist aber weit mehr, als die Gestaltung aktueller Beziehungen und deren Vorgeschichte. Bindungen erfüllen zwei wesentliche Funktionen. Sie sollen sowohl Schutz und Entspannung bei Angst und Gefahr sicherstellen als auch eine aktive Auseinandersetzung mit der Umwelt von einer sicheren Basis aus fördern. Beide Aspekte sind notwendige Voraussetzungen für Anpassung und Umwelterkundung auch im biologischen Sinn. Die Ebenen von Bindung reichen daher von biologischen und prägenden Mechanismen bis zu grundlegenden Strukturen der Ich-Funktionen, des gegenseitigen Vertrauens und insbesondere des Selbstwertgefühls.

1.2   Die Bindungstypen

Die inneren Bindungsmuster entwickeln sich in ziemlich vorhersagbarer Weise und lassen sich in wenigen charakteristischen Bindungstypen beschreiben. In einer von der Bowlby-Schülerin Mary Ainsworth entwickelten Versuchsanordnung, die mit Kleinkindern im Alter von 12–18 Monaten und ihren Müttern durchgeführt und „Fremde Situation“ genannt wird, kann man feststellen, welches Bindungsmuster das Kind entwickelt hat. Ainsworth ging davon aus, dass in einer Stresssituation (wie z. B. Trennung von der Bezugsperson) Bindungsverhalten aktiviert wird, um die Nähe der benötigten Person nicht zu verlieren oder wieder zu erlangen. In dem Test spielen Mutter und Kind zunächst kurz in einem Spiellabor, dann verlässt die Mutter zweimal für drei Minuten den Raum. Während der Zeit ist eine „freundliche Fremde“, für kurze Zeit aber auch niemand, bei dem Kind. Bei den beobachteten Kindern fanden sich grundlegende Verhaltensweisen, die eine Bindung charakterisieren. In der arrangierten Trennung und Wiederkehr der Mutter werden typische Verhaltensmuster sichtbar:

   Das Kind sucht die Nähe der Mutter.

   Es nimmt periodisch Blickkontakt auf, um sich zu vergewissern.

   Erlebt Stress bei Trennung und

   fühlt sich wohl bei der Rückkehr der Mutter.

Maßgeblich für die Beurteilung der Bindung ist das Verhalten des Kindes während der Trennung und beim Wiedersehen mit der Mutter.

Aus diesen Beobachtungen beschrieben Bowlby/Ainsworth zwei grundlegende Varianten der Bindung:

Die sichere Bindung und die unsichere Bindung. Letztere wurde später noch unterteilt in die

   unsicher-vermeidende Bindung,

   unsicher-ambivalente Bindung und die

   unsicher-desorganisierte Bindung.

Zunächst sollen diese vier relativ konstanten Bindungstypen erklärt und die Auswirkungen auf die seelische Entwicklung beschrieben werden. Dabei spielt auch der eigene Bindungstyp der Mutter oder der einer späteren Bezugsperson eine wesentliche Rolle, da Bindung sich immer in einem wechselseitigen Prozess entwickelt.

Es wird nicht nur die Qualität der Mutter-Kind-Beziehung durch das kindliche innere Bild von der Mutter bestimmt, sondern das hier entstehende innere Modell des Kindes bestimmt auch sein Gefühl der Sicherheit und des Vertrauens in späteren Beziehungen. Dies geschieht auf der Basis der Bindungserfahrungen, die in dieser Phase der Persönlichkeitsentwicklung gesammelt wurden. In dem inneren Modell, das wie eine Schablone wirkt, werden weitgehend unbewusst und fast automatisch Beziehungen wahrgenommen und unter dem Aspekt der Sicherheit und Nähe oder Ablehnung und Verweigerung bewertet. Auch später finden sich bei der spontanen Empfindung von Sympathie oder Antipathie in der ersten Begegnung (erster Eindruck) diese Aspekte wieder.

Die typischen Bindungsmuster werden aber nur dann beobachtbar, wenn die Notwendigkeit der Bindung in irgendeiner Weise aktiviert wird, z. B. bei tatsächlichem, bevorstehendem oder befürchtetem Verlust einer Bezugsperson. Die Verhaltensweisen, die dabei ausgelöst werden, um die Sicherheit durch Bindung (wieder) zu erreichen, gelten als arttypisches Verhalten und werden als Bindungsverhalten bezeichnet. Durch Verhaltensweisen wie Weinen, Bewegungen, Rufen oder Lachen als Auslösereize wird das Verhalten der Bindungspersonen auch durch das Bindungsverhalten des Kindes gesteuert.

Die Bindungsresonanz entwickelt sich in den ersten Lebensmonaten, wenn Mutter und Kind sich aufeinander „einspielen“. Das Kind passt sich dabei den Verhaltensweisen der Mutter, zu denen natürlich auch der mütterliche Affekt gehört, an und entwickelt Strategien, wie es damit am besten zurechtkommt. Haben diese Verhaltensweisen Erfolg, werden sie zur wesentlichen Quelle von Ressourcen für die Bewältigungsstrategien im späteren Leben. Sie werden so zur Grundlage der Copingmechanismen des Kindes und später des Erwachsenen, die eingesetzt werden, wenn das Bindungssystem aktiviert wird, das heißt, wenn bei äußerer oder innerer Not Schutz gesucht wird. Das Bindungsniveau wird dabei durch vier Aspekte bezeichnet:

   Wer ist am wichtigsten bei der Suche von Nähe?

   Bei wem wird Schutz gesucht?

   Wer wird am meisten vermisst?

   Wer ist am zuverlässigsten?

Die grundlegenden Strategien zur Regulierung von Nähe und Distanz werden hier bereits im Sinne einer Grundhaltung in belastenden Situationen geformt. Die Verhaltensweisen umfassen Nähesuchen, Aufrechterhalten von Kontakt, Abwehr gegen Körperkontakt sowie Vermeiden von Nähe und Körperkontakt.

Auch die Person, bei der Bindung gesucht wird, erfüllt einige Voraussetzungen. Wesentliche Eigenschaften für die Ausbildung positiver Bindungsmuster von Seiten der Bezugsperson scheinen zu sein:

   Vorhersagbarkeit des Verhaltens (Zuverlässigkeit),

   Angemessenheit bzw. Feinfühligkeit des Verhaltens,

   gegenseitiges Vertrauen fördern – Vertrauen schenken und Vertrauen erleben sowie

   das innere Bindungsmodell aus der eigenen Lebensgeschichte.

Aus der Bindungsforschung hat sich insbesondere die Feinfühligkeit der Bezugsperson als der wesentliche Faktor erwiesen. Diese umfasst ein Bündel von Verhaltensweisen, die auch in anderen Beziehungen,z. B. der Pflege, wirksam sind und im Umgang genutzt werden können, um Bindungssicherheit zu fördern. Diese Elemente können sein:

   Wahrnehmung von Signalen – aufmerksames Beobachten von Mimik, Gestik u. a.,

   richtige Interpretation der Signale aus der Sicht der Person heraus und nicht gefärbt durch die Bedürfnisse der Bezugsperson,

   prompte Reaktion – verstärkt das Erleben der eigenen Wirksamkeit der pflegebedürftigen Person,

   angemessene, die Würde wahrende Reaktion (situations-, alters und krankheitsangemessen),

   Unterstützung der Autonomie,

   Hilfen zur Orientierung und Strukturierung durch sensiblen Umgang mit Hinweisen und Grenzen sowie

   Anwendung in Alltagssituationen.

Als Belastung beim Aufbau einer sicheren Bindung wirken sich besonders von Seiten der Mutter nicht verarbeitete traumatische Erlebnisse aus. Personen, die in emotional belastenden Situationen auf eine sichere Bindungsbasis zurückgreifen können, entwickeln sichere innere Muster über das eigene Selbst und die Bindungsfigur. Bei weniger feinfühligen Bindungspersonen ist dieses innere Muster eher unsicher.

Im Prozess der Entstehung und Festigung von Bindung formen Kind und Bezugsperson durch wechselseitige Signale die Art und Stabilität der Bindung. Der Prozess verläuft in Phasen, die die psychische und soziale Entwicklung des Menschen begleiten. Köhler (1999) beschreibt diese Phasen unter den Aspekten der Anpassung und psychischen Gesundheit im späteren Leben. Die erste Anpassung erfordert die Koordination der biologischen Rhythmen des Kindes mit der Umwelt (z. B. Ernährung und Schlafen), die zunächst in der Pflege durch die erste Bezugsperson besteht. Je näher sie dabei den sich bildenden Eigenrhythmen des Säuglings kommt, desto schneller gelingt deren Koordination und desto eher kann das Kind ein (unbewusstes) Gefühl, auch das Verhalten der Mutter beeinflussen zu können, entwickeln.

Dazu ein Beispiel: Wenn der Säugling hungrig ist, gibt er dies durch Signale wie Weinen, Unruhe oder Bewegungen zu verstehen. Reflexhafte Verhaltensweisen, wie Suchen mit dem Mund, Saugen und Greifen, sind dabei integriert. Wenn die Signale von der Bezugsperson richtig verstanden werden und Nahrung angeboten wird, kommt es zu einer raschen Beruhigung des Kindes. Hier wird auch die Grundlage für wesentliche Aspekte der Nahrungsaufnahme gelegt.

Zwischen dem 2. und 8. Lebensmonat sind die Signale sehr intensiv auf die Bezugsperson bezogen, erst später beginnt auch das Interesse an unbelebten Objekten, wie Spielzeug u. a. In dieser Zeit ist im Blickkontakt das Lächeln und das Auslösen von Lächeln durch zärtliche Berührung das entscheidende gegenseitige Bindungssignal. Mutter und Kind stimmen nun ihre Gefühlswelt aufeinander ab. So löst der Anblick des Augenpaares der Mutter, die sich in einem Abstand von ca. 40 cm über das Kind beugt, instinktiv und unbewusst ein Lächeln bei einem gesunden Kind aus. Das Lächeln nimmt die Mutter positiv (beglückt) wahr und festigt damit die Bindung von ihrer Seite aus. Die Fähigkeit zu Lächeln gehört zur biologischen Grundausstattung und kann auch bei blind geborenen Kindern beobachtet werden.

Die Qualität der Bindung hängt davon ab, ob es gelingt, den Rhythmus des Kindes und den damit gekoppelten Ausdruck von Gefühlen der Lust und Unlust mit dem Verhalten der Mutter zu koordinieren bzw. zu Synchronisieren. Je genauer und intensiver die Gefühle wahrgenommen und angemessen beantwortet werden, desto positiver ist die Bindungsgrundlage für die nun folgende Entwicklungsphase. In dieser Lebensphase wirken sich erzwungene Trennungen durch Krankheit des Kindes oder der Bezugsperson, Krankheiten mit ständigem Schreien, Vernachlässigung u.a. belastend auf die Entwicklung eines positiven Beziehungsmusters aus.

Im Zusammenspiel mit der Mutter lernt das Kind nicht nur ob und wie es seine Erregungszustände mit Hilfe der Mutter regulieren kann, sondern es lernt auch, wie es das Verhalten der Mutter in seinem Sinne durch Ausdruck von Wohlbefinden oder Missbehagen steuern kann. Das klappt meist nicht auf Anhieb. Das Kind gibt aber nicht auf und lernt, dass eine fehlgeschlagene Kommunikation und der damit ausgelöste negative Affekt in einem zweiten oder dritten Anlauf doch noch zu einer mit positivem Affekt einhergehenden Übereinstimmung führen können. Die Frustrationstoleranz wird gesteigert und die Erfahrung verinnerlicht, dass Konflikte lösbar sind.

Der sichere Bindungstyp

Die sichere Bindung ist charakterisiert durch die grundsätzliche Erfahrung unbedingten Vertrauens.

Das Vertrauen in die ersten Bezugspersonen stärkt auch das Vertrauen in die eigene Person und die eigenen Kräfte durch die Erfahrung, allein durch die Existenz Schutz und Zuwendung zu erhalten – ohne jede Bedingung oder Gegenleistung. Es entsteht ein grundlegendes Vertrauen in die Umwelt und in die eigenen Fähigkeiten, alles zu bekommen, um sich sicher zu fühlen:

„Es wird für mich gesorgt, ich werde beschützt und genährt, ohne dass ich dafür etwas leisten muss, einfach weil ich da bin.“

Hier zeigt sich auch die Nähe zum Konzept des Kohärenzgefühls (entspricht dem Grundvertrauen). Darunter versteht Antonovsky (1997) das Vertrauen beziehungsweise das Gefühl, durch das ein Mensch sein Leben oder das, was in seinem Leben geschieht, als verstehbar, handhabbar oder bedeutsam erlebt. Insbesondere die Komponenten der Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit drücken das Ausmaß aus, in dem ein Mensch wahrnimmt, dass er geeignete Ressourcen zur Verfügung hat, um anstehende Anforderungen bewältigen zu können.

Diese Sichtweise von sich selbst und der Umwelt entspricht einem inneren Muster, auch „inneres Arbeitsmodell“ genannt. Das Kohärenzgefühl hat einen wesentlichen Anteil an diesem Arbeitsmodell und stärkt im positiven Fall die sicheren Bindungsanteile. In der Psychoanalyse finden sich Übereinstimmungen unter dem Begriff der Bindungsrepräsentation und in der Verhaltenstherapie im Konzept der kognitiven Schemata.

Grundsätzlich liegt der sicheren Bindung ein positives Bild von anderen Menschen und von sich selbst zu Grunde (Bartholomew 1997). Auf dieser Basis ist es auch unproblematisch, Unterstützung anzunehmen und zu gewähren.

Zur Förderung sicherer Bindungsanteile ist die Fähigkeit der Bezugsperson wichtig, eine ganze Spanne von positiven und negativen Emotionen und Motivationen wahrnehmen und akzeptieren zu können. Das Kind erfährt, dass es seine Sehnsucht nach Geborgenheit ausdrücken kann, ohne Gefahr zu laufen, von einer Person zurückgewiesen zu werden, die sich selbst und ihrem Kind solche Gefühle nicht gestatten kann. Auch im späteren Leben ist eine sicher gebundene Person eher in der Lage über Ängste, Unbehagen oder Ärger offen zu sprechen. Sie kann und darf auch Eigeninitiative und Autonomiewünsche ausdrücken, ohne dass die gute Beziehung zur Bindungsperson deswegen gefährdet ist. Sichere Bindung ist die Grundlage für die Fähigkeit, auszuhandeln statt zu unterwerfen oder unterworfen zu werden, für Selbstvertrauen und Achtung vor dem Anderen,