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[1]

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Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft - Steuern - Recht GmbH

[4]Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

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ePub: ISBN 978-3-7910-5004-1 Bestell-Nr. 17202-0100
ePDF: ISBN 978-3-7910-5003-4 Bestell-Nr. 17202-0151

Werner Bohl/Catarina Herbst

Erbe und Schenkung richtig planen

2. Auflage, Mai 2021

© 2021 Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbH

www.schaeffer-poeschel.de

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Bildnachweis (Cover): © Sinuswelle, AdobeStock

Produktmanagement: Ruth Kuonath

Lektorat: Jana Hartlaub

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Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart

Ein Unternehmen der Haufe Group

[13]Einleitung

Dieser Leitfaden zum Erbrecht und Erbschaftsteuerrecht wendet sich an Eigentümer mittlerer und großer Vermögen und an deren Berater.

Damit sind potenzielle Erblasser gemeint, die ein Vermögen von mehr als 500.000 € verschenken oder vererben werden. Geringere Vermögen werden wegen der Steuerbefreiungen gem. §§ 5, 13 ErbStG und wegen der Freibeträge gem. §§ 16, 17 ErbStG in der Regel nicht mit Erbschaftsteuern bzw. Schenkungsteuern belastet.

Der Leser erhält einen Überblick über die Gesichtspunkte und Gedanken, die bei einer Erbrechtsgestaltung zu bedenken und zu entscheiden sind. Dabei sind die neueste Zivilrechtslage, die Erbschaftsteuerreform 2016 einschließlich neu in der zweiten Auflage der aktuellen Erbschaftsteuerrichtlinien und Hinweise der Finanzverwaltung sowie betriebswirtschaftliche Bewertungsmethoden berücksichtigt. Der Band enthält einen Gesamtüberblick, keine detaillierte Darstellung aller zivilrechtlichen und steuerrechtlichen Einzelvorschriften. Aufgezeigt werden bewährte Muster und Gestaltungen, die Unternehmer in der Praxis erprobt haben. Erprobtes wird um Folgerungen ergänzt, die aus den Neuregelungen der Erbschaftsteuerreform gezogen werden sollten. Dabei werden auch die gesetzlichen Grenzen und Anforderungen erläutert, die zu beachten sind. Dazu gehören u. a. das Pflichtteilsrecht und die Formvorschriften für letztwillige Verfügungen und Schenkungsversprechen.

Erbrecht und Erbschaftsteuerrecht werden schließlich in den volkswirtschaftlichen und politischen Gesamtzusammenhang eingeordnet, um dem Leser die Möglichkeit zu geben, abzuschätzen, welche Entwicklung die Zukunft auf diesen Gebieten, z. B. zur Verteilung zwischen Arm und Reich, möglicherweise bringen wird.

Bei der Ausgestaltung des Leitfadens trugen Frau Ruth Kuonath und ihre Mitarbeiterinnen vom Schäffer-Poeschel Verlag mit ihrer reichen Verlagserfahrung sehr zum Gelingen bei. Dafür schulden wir ihnen Dank.

Hamburg, im März 2021

[15]Abkürzungsverzeichnis

a. a. O. am angegebenen Ort
Abs. Absatz
AG Aktiengesellschaft
AktG Aktiengesetz
AO Abgabenordnung
Art. Artikel
Aufl. Auflage
BauGB Baugesetzbuch
BauNVO Baunutzungsverordnung
BetrVG Betriebsverfassungsgesetz
BewG Bewertungsgesetz
BFH Bundesfinanzhof
BFHE Entscheidungen des Bundesfinanzhofs
BGB Bürgerliches Gesetzbuch
BGB-Gesellschaft Gesellschaft bürgerlichen Rechts
BGBl. Bundesgesetzblatt
BGH Bundesgerichtshof
BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen
BMF-Schreiben Schreiben des Bundesfinanzministeriums
BnotO Bundesnotarordnung
BörsG Börsengesetz
BStBl. Bundessteuerblatt
BeurkG Beurkundungsgesetz
BVerfG Bundesverfassungsgericht
bzw. beziehungsweise
DB Der Betrieb (Zeitschrift)
d. h. das heißt
DrittelbG Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat
EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
ErbStG Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz
ErbStR Erbschaftsteuerrichtlinien
ErbStRG Erbschaftsteuerreformgesetz
EU Europäische Union
EU Erb VO 650 Erbrechtsverordnung 650
FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung
f. folgend, folgender
ff. fortfolgend, fortfolgende
FR Finanz-Rundschau (Zeitschrift)
[16]FuS Zeitschrift für Familienunternehmen und Strategie
GG Grundgesetz
GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GmbH & Co. KG Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Compagnie Kommanditgesellschaft
GmbHG Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung
GNotKG Gerichts- und Notarkostengesetz
Ha Hektar
Hl Hektoliter
HöfeO Höfeordnung
HGB Handelsgesetzbuch
InsO Insolvenzordnung
i. S. d. im Sinne des/der
i. S. v. im Sinne von
ImmoWertV Immobilienwertermittlungsverordnung
KG Kommanditgesellschaft
KGaA Kommanditgesellschaft auf Aktien
LPartG Lebenspartnerschaftsgesetz
lt. Laut
m. E. meines Erachtens
MitbestG Mitbestimmungsgesetz
NJW RR Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (Zeitschrift)
Nr. Nummer
NS-Zeit Zeit des Nationalsozialismus
OHG offene Handelsgesellschaft
PublG Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen/Publizitätsgesetz
rd. rund
Rz. Randziffer
S. Seite
s. a. siehe auch
SE Societas Europaea
sog. sogenannt, sogenannten
u. Ä. und Ähnliches
VO-EG Verordnung einer Kommission der europäischen Gemeinschaft
z. B. zum Beispiel
ZEV Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge
Ziff. Ziffer
z. T. zum Teil

[17]A. Erben und Pflichtteilsberechtigte

[19]1 Liberales Erbrecht mit Verfassungsrang

Gesetzliche Regelung für die Erbfolge

1

Deutschland verfügt über ein liberales Erbrecht. Das Deutsche Zivilrecht der §§ 1922 ff. BGB gibt dem Eigentümer ein großes Maß an Gestaltungsfreiheit, den Übergang seines Vermögens auf einen oder mehrere Erben zu organisieren. Ausdruck dieser Freiheit ist die Testierfreiheit. Es ist bemerkenswert, dass der Erblasser auch millionenschwere Vermögen ohne Mitwirkung staatlicher oder privater Personen allein durch einen handschriftlichen Text, den er bis zu seinem Tode geheim halten kann, wirksam auf andere Personen übertragen kann (Einzelheiten Rz. 145 ff.).

2

Die Gestaltungsfreiheit des Bürgers ist jedoch im Hinblick auf Abkömmlinge, Ehegatten, Lebenspartner (lt. Rz. 24) und Eltern durch das Pflichtteilsrecht eingeschränkt (Rz. 33 ff.). Mit dem Pflichtteilsrecht soll insbesondere den Abkömmlingen des Erblassers ein Mindestanteil an dessen Nachlass garantiert werden. Diese Mindestregelung hat eine lange Tradition (BVerfG vom 19.04.2005, Rz. 67 ff.). Sie steht im Übrigen »in einem engen Sinnzusammenhang mit dem durch Art. 6 Abs. 1 GG gewährleisteten Schutz des Verhältnisses zwischen dem Erblasser und seinen Kindern« (BVerfG a. a. O., Rz. 71 ff.).

3

»Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährleistet die Erbrechtsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG das Erbrecht als Rechtsinstitut und als Individualrecht. Es hat die Funktion, das Privateigentum als Grundlage der eigenverantwortlichen Lebensgestaltung mit dem Tode des Eigentümers nicht untergehen zu lassen, sondern seinen Fortbestand im Wege der Rechtsnachfolge zu sichern. Die Erbrechtsgarantie ergänzt insoweit die Eigentumsgarantie und bildet zusammen mit dieser die Grundlage für die im Grundgesetz vorgegebene private Vermögensordnung« (1 BvR 1644/00 und 1BvR 188/03, ergangen zum Pflichtteilsrecht, Rz. 62).

4

Die liberale Grundordnung des Erbrechts gilt auch für das land- und fortwirtschaftliche Vermögen. Die Zeiten des Reichserbhofgesetzes zur Erhaltung bäuerlicher Höfe vom 29.09.1933 sind seit 1945 vorbei (Kontrollratsgesetz NW 45 vom 20.02.1947). Doch gibt es auch heute noch Sonderregeln für die Land- und Forstwirtschaft im zivilen Erbrecht und im Erbschaftsteuerrecht. Wir gehen auf die Regeln im Abschnitt »Bewertung« im Abschnitt C Rz. 335 ff. ein.

[21]2 Die Erbregelung des Zivilrechts und die Erbschaftsteuerpflicht der Erben

2.1 Einleitung

5

Die Gestaltungsfreiheit des Einzelnen setzt voraus, dass er tätig wird. Um auch eine Regelung für diejenigen zu organisieren, die nicht tätig werden, legt das BGB in den §§ 1922 ff. eine gesetzliche Erbregelung fest. Die gesetzliche Erbregelung drückt aus, wie die Güter von Generation zu Generation fließen sollen, wenn man einer langen Rechtstradition folgt. »Das Gut fließt wie das Blut« (nämlich von oben nach unten), sagt eine altdeutsche Rechtsweisheit.

2.2 Gesetzliche Erben der ersten Ordnung

6

Das zivile Erbrecht des BGB (§§ 1922 ff.) ist für deutsche Staatsangehörige konzipiert. Für Erbfälle ab dem 17.08.2015 gilt nach der EU Erb VO 650/2012 jedoch das Wohnsitzprinzip als Anknüpfungspunkt für das Erbstatut. Das deutsche Erbrecht gilt also für Erblasser, die an ihrem Todestag ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten.

7

Das deutsche Erbschaftsteuerrecht stellt ebenfalls darauf ab, ob der Erblasser oder der Erbe zum Todeszeitpunkt ein Inländer im steuerrechtlichen Sinn war/ist, also unbeschränkte Steuerpflicht vorliegt. Inländer sind natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 2 Nr. 1a ErbStG). Als Inländer gelten ferner deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben, ferner deutsche Staatsangehörige, die in § 2 Abs. 1 Ziff. 1c ErbStG genannt sind und die in § 2 Abs. 1 Ziff. 1d ErbStG aufgeführten Körperschaften, ferner die Stiftungen und Vereine nach § 2 Abs. 1 Ziff. 2 ErbStG. Beschränkt steuerpflichtig sind Ausländer hinsichtlich desjenigen Inlandsvermögens gem. § 2 Abs. 1 Ziff. 3 ErbStG, das in § 121 BewG definiert ist.

8

Das BGB sieht die gesetzliche Erbfolge innerhalb der Familie vor. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach betont, dass dieser Ausgangspunkt auch heute noch im Einklang mit der Verfassung ist, obwohl heute viele Staatsbürger die Familie nicht mehr als zentrale Bindung des Einzelnen ansehen.

[22]9

Das BGB teilt die Familienmitglieder in »Ordnungen« ein. Die erste Ordnung bilden die Abkömmlinge des Verstorbenen und der Ehepartner des Verstorbenen. Ein Kind, das zur Zeit des Erbfalls lebt, schließt die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge weiterer Ordnungen von der Erbfolge aus (§ 1924 Abs. 2 BGB).

Beispiel:

Ein Erblasser hat zwei Kinder A und B. A ist vor dem Erblasser gestorben. Beide Kinder haben ihrerseits Kinder (Enkel des Erblassers). Erben sind die Kinder von A. Die Kinder von B sind durch B von der Erbschaft ausgeschlossen.

10

»An die Stelle eines zur Zeit des Erbfalles nicht mehr lebenden Abkömmlings treten die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge« (§ 1924 Abs. 3 BGB). Dies ist die sogenannte Erbfolge nach Stämmen.

11

Die Kinder einer Frau sind gem. § 1591 BGB diejenigen Personen, die die Frau geboren hat. Das von einer Leihmutter geborene Kind ist nach deutschem Erbrecht ein Kind der Leihmutter. Es ist nicht Kind der Frau, deren Eizellen außerhalb ihres Körpers (künstlich) befruchtet wurden.

12

Die Kinder eines Mannes sind für das Erbrecht in § 1592 BGB definiert. Als Vater eines Kindes gilt nach § 1592 BGB der Mann,

  1. der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
  2. der die Vaterschaft anerkannt hat oder
  3. dessen Vaterschaft nach § 1600d BGB oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.

13

Die vormals als »unehelich« bezeichneten Kinder (vorstehende Ziffern 2 und 3) sind für das Erbrecht mit den ehelichen Kindern vollständig gleichgestellt. Dies ist jedoch erst seit dem Erbrechtsgleichstellungsgesetz vom 16.12.1997 (BGBl I S. 2968) mit Wirkung vom 01.04.1998 geschehen (Horn in Burandt/Rojahn, § 2303 Rz. 42 f.).

14

Diese »volle« Gleichstellung wurde ab 1970 erst in mehreren Schritten erreicht. In Erbfällen vor dem 01.07.1970 hatte das uneheliche Kind seinem leiblichen Vater gegenüber kein Erbrecht und kein Pflichtteilsrecht. Erst für Erbfälle seit dem 01.07.1970 wird es von der Rechtswelt als gesetzlicher Erbe erster Ordnung anerkannt, jedoch zunächst auf einen Erbersatzanspruch in Geld zurückgesetzt. Der Erbersatzanspruch entsprach dem Wert des eigentlichen Erbanteils (Palandt/Weidlich, 79. Aufl. 2020, § 1924, Rz. 9). Wegen der weiteren Einzelheiten zum heutigen Recht, Hinweis auf Horn in Burandt/Rojahn, § 2303, Rz. 43 ff.

[23]15

Zu den Kindern des Erblassers gehören auch die von ihm oder von seinem Ehegatten adoptierten, d. h. angenommenen Kinder (§ 1754 BGB). Das gilt uneingeschränkt für Personen, die als Minderjährige adoptiert wurden. Für die Adoption Volljähriger hängen die Rechtsfolgen von einer Entscheidung des Familiengerichts ab, das über die Adoption entscheidet (§ 1772 BGB). Nur wenn das Familiengericht auf eine sog. Volladoption erkennt, erlangt das adoptierte Kind auch erbrechtlich die Stellung eines Kindes des Annehmenden.

16

Ein Volljähriger kann nur adoptiert werden, wenn die Annahme gem. § 1767 Abs. 1 BGB sittlich gerechtfertigt ist. Dies ist gem. § 1767 Abs. 1 BGB insbesondere anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist. Wird eine Adoption allein oder ganz überwiegend aus wirtschaftlichen Gründen angestrebt, darf der Familienrichter sie nicht anerkennen.

Beispiel:

17

Aus wirtschaftlicher Sicht kommen insbesondere folgende Vorteile der Adoption in Betracht:

Der Adoptierte erhält den Namen des Annehmenden, was für viele Familienunternehmen von Bedeutung ist.

Der Adoptierte wird im Todesfall des Annehmenden nach den Steuersätzen der Steuerklasse I besteuert. Das führt z. B. bei einem steuerpflichtigen Erwerb von 6 Mio. € zu einer Steuerminderung von 730.000 €.

Steuerklasse I mit Adoption: Erwerb 6.000.000 €
./. Freibetrag - 400.000 €
5.600.000 €
19 % 1.064.000 €
Steuerklasse III ohne Adoption: Erwerb 6.000.000 €
./. Freibetrag - 20.000 €
5.980.000 €
30 % 1.794.000 €
ErbSt nach 1.064.000 €
StKlasse I
ErbSt nach 1.794.000 €
StKlasse III
Unterschied 730.000 €

[24]2.3 Gesetzliche Erben der zweiten Ordnung

18

Gesetzliche Erben der zweiten Ordnung sind gem. § 1925 BGB die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Sie werden jedoch nur dann Erben, wenn gem. § 1930 BGB kein Erbe aus der ersten Ordnung vorhanden ist.

Leben zur Zeit des Erbfalls beide Eltern, so erben sie gem. § 1925 Abs. 2 BGB allein und zu gleichen Teilen. Die Geschwister und Cousins des Erblassers und deren Abkömmlinge kommen also nur dann zum Zuge, wenn ein oder beide Elternteile des Erblassers vor dem Erblasser verstorben sind oder die Erbschaft ausschlagen.

2.4 Gesetzliche Erben der dritten Ordnung

19

Gesetzliche Erben der dritten Ordnung sind gem. § 1926 BGB die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Leben zur Zeit des Erbfalls beide Großeltern, so erben sie gem. § 1926 Abs. 2 BGB allein. Dies ist jedoch in der Lebenswirklichkeit ein seltener Fall, auch angesichts der erhöhten Lebenszeit der Europäer. Sind die Großeltern des Erblassers vor ihm verstorben, so treten deren Abkömmlinge an deren Stelle.

2.5 Gesetzliche Erben der vierten und weiterer Ordnungen

20

Gesetzliche Erben der vierten und weiterer Ordnungen werden in den §§ 1928 und 1929 BGB bestimmt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Erläuterung dieser Vorschriften in der Kommentarliteratur verwiesen.

2.6 Erbrecht des Ehepartners (§ 1931 BGB)

21

Neben den Verwandten der ersten und weiterer Ordnungen gehört der überlebende Ehepartner des Verstorbenen gem. § 1931 BGB zu den gesetzlichen Erben. Voraussetzung ist jedoch, dass die Ehe zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers bestand und eine Scheidung nicht beantragt war. Im Hinblick auf eine beantragte Scheidung bestimmt § 1933 BGB, dass wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hat, ein Erbrecht (des Ehegatten) ausgeschlossen ist.

22

Die Erbquote des überlebenden Ehepartners hängt davon ab, wer die Miterben sind und in welchem Güterstand die Ehepartner lebten.

[25]Unabhängig vom Güterstand lautet die Grundregel des § 1931 BGB:

Neben Verwandten der ersten Ordnung (Kinder, Enkel) beträgt die Erbquote des Ehepartners ein Viertel. Neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern beträgt die Erbquote die Hälfte. Sind weder Verwandte der ersten oder zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden, erhält der überlebende Ehegatte gem. § 1931 Abs. 2 BGB die ganze Erbschaft.

23

Lebten die Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft der §§ 1363 ff. BGB, erhöht sich der Erbteil des überlebenden Ehepartners gem. § 1371 BGB um ein Viertel. Mit dieser Quotenerhöhung soll pauschal ein eventuell erhöhter Zugewinn des Verstorbenen ausgeglichen werden. Dabei ist es unerheblich, ob im Einzelfall gem. § 1371 Abs. 1 BGB ein Zugewinn erzielt wurde. Die Erbquote des überlebenden Ehepartners beträgt somit

2.7 Gesetzliches Erbrecht des gleichgeschlechtlichen Lebenspartners (§ 10 LPartG)

24

Nach § 10 LPartG ist der (gleichgeschlechtliche) Lebenspartner des Erblassers neben Verwandten der ersten Ordnung zu einem Viertel, neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern zur Hälfte der Erbschaft gesetzlicher Erbe. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den weiteren Text des § 10 LPartG und auf das Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20.07.2017 verwiesen.

25

Die Regelung des LPartG gilt nicht für Lebenspartner verschiedenen Geschlechts, weil diesen das Rechtsinstitut der Ehe zur Verfügung steht. Verschieden geschlechtliche Lebenspartner, die nicht heiraten wollen, müssen also eine letztwillige Verfügung treffen, wenn sie dem Partner ein Erbrecht zukommen lassen wollen.

[26]2.8 Die Ordnungen des zivilen Erbrechts und die Steuerklassen des Erbschaftsteuerrechts

26

Den Ordnungen der Familienmitglieder entsprechen im Erbschaftsteuerrecht die Steuerklassen gem. § 15 ErbStG. Die Zuordnungen decken sich jedoch nicht vollständig.

27

Die Zuordnung zu den Steuerklassen führt zu erheblichen Unterschieden bei der Erbschaftsteuerbelastung.

2.9 Gesetzliches Erbrecht des Staates (§ 1936 BGB)

28

Ist zur Zeit des Erbfalls kein Verwandter, Ehegatte oder Lebenspartner i. S. d. LPartG vorhanden, erbt gem. § 1936 BGB das Bundesland, in dem der Verstorbene lebte (für im Ausland lebende Deutsche und für ausländische Staatsangehörige siehe Palandt/Weidlich, § 1936, Rz. 3). Dieser Fall ist nur denkbar, wenn die in Betracht kommenden Personen die Erbschaft ausgeschlagen haben, wenn sämtliche Vorfahren verstorben sind, wenn sie einen Erbverzicht erklärt haben, wenn sie gem. § 2339 BGB für erbunwürdig erklärt wurden oder durch letztwillige Verfügung enterbt wurden. Das Erbrecht des Staates tritt erst ein, nachdem das zuständige Nachlassgericht durch Beschluss festgestellt hat, dass gem. § 1964 BGB kein anderer Erbe als der Fiskus vorhanden ist. Diese Feststellung kann das Nachlassgericht treffen, wenn der Erbe gem. § 1964 BGB nicht innerhalb einer den Umständen entsprechenden Frist ermittelt wird. Hierbei spielen die Kosten eine Rolle, die die Erbensuche auslösen würde, zumal es sich häufig um Nachlässe handelt, aus denen die Kosten der Erbensuche nicht gedeckt werden können.

29

Nach einer Meldung der Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 01.11.2016 (S. 17) sollen die Bundesländer ein umfangreiches Erbe an Wohnhäusern in Deutschland erworben haben. Sie sollen durch Erbschaften Allein- oder Miteigentümer an rund 10.000 Wohnhäusern und privaten Liegenschaften geworden sein, davon 7.261 in Bayern.

30

Der Staat als Erbe ist gem. § 13 Nr. 15 ErbStG von der Erbschaftsteuer befreit.

[27]2.10 Ausschluss Erbunwürdiger (§§ 2339–2345 BGB)

31

Gem. §§ 2359 ff. BGB können Erben vom Erbe ausgeschlossen werden. In § 2339 BGB sind diejenigen Straftaten und rechtswidrigen Handlungen gegen den Erblasser aufgeführt, die die Erbunwürdigkeit des Täters zur Folge haben können. Dazu gehören auch Fälschungen von Testamenten und anderen Urkunden. Wird eine dieser rechtswidrigen Handlungen festgestellt, verliert der Täter nicht automatisch seine Erbrechte, seine Pflichtteilsansprüche oder Ansprüche aus Vermächtnissen. Voraussetzung ist vielmehr, dass ein hierzu Berechtigter eine Anfechtungsklage gem. § 2340 BGB erhebt. Die Klageerhebung ist erst nach dem Anfall einer Erbschaft zulässig.

32

Klageberechtigt ist nur eine Person, die durch den Wegfall des Erbunwürdigen erbrechtliche Vorteile haben würde. Das Gesetz legt es somit in die Hand der Erbprätendenten, die Erbunwürdigkeit geltend zu machen oder sie auf sich beruhen zu lassen, und zwar unabhängig davon, ob die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren einleitet. Dabei ist von Bedeutung, dass der Kläger ein Kostenrisiko eingeht, das mit jeder Klage verbunden ist. Der Beklagte kann ferner einwenden, der Erblasser habe ihm gem. § 2343 BGB zu Lebzeiten verziehen.