Für Christine (†) und Cornelius+Emilian sowie S

Die Bibelstellen sind in der Regel der „Neuen Genfer Übersetzung“ (© 2003 Genfer Bibelgesellschaft, Genf/Zürich) entnommen. Bei der modernen Übertragung handelt es sich um die „Volxbibel“ von Martin Dreyer (© 2005 Volxbibel-Verlag).

Die Bibelstellen wurden platzsparend zitiert: die vier Evangelien als Matthäus, Markus, Lukas und Johannes; die Nummer danach – wie auch nach den Briefen des Neuen Testamentes, etwa Römer oder Korinther – sind die Kapitel. Auf Versangaben wurde verzichtet – wie auch auf nähere Angaben bei Zitaten und übernommenen Inhalten. Dadurch entsteht eine bessere Lesbarkeit und über Internet-Suchmaschinen ist sowieso fast alles schnell und einfach auffindbar.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

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Umschlag-Gestaltung: Spoon-Design Olaf Johannson

Foto (Cover und Autoren-Porträt): Michael Tewes (www.michaeltewes.com)

Herstellung und Verlag: BoD-Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN 978-3-7412-4624-1

© 2016 Joachim Samuel Eichhorn, Berlin

Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Autors.

INHALT

Es war einmal

…so fangen Märchen an. Bei Jesus und seiner Auferstehung klingt auch manches märchenhaft: Ein einfacher Mensch vor langer, langer Zeit (2000 Jahren) soll ein Prinz (Sohn des Königs beziehungsweise Gottes) gewesen sein – und der wurde ermordet und dann wieder zum Leben erweckt, nun soll er immer noch leben – und nicht gestorben sein. So war es – und trotzdem aber doch ganz anders als im Märchen.

Wie im Märchen fühlte ich mich nicht gerade, als ich diesen Satz las: „Wir haben uns lange genug Gedanken über die Menschen gemacht. Es ist Zeit, an Gott zu denken.“ Mit diesen Worten zitiert der Philosoph Robert Spaemann in seinem Aufsatz „Das unsterbliche Gerücht“ (2005) eine Stimme aus dem sibirischen Gulag. „Wenn Gott ist“ – so Spaemann weiter – „ist es immer Zeit, an Gott zu denken“. Aber bestimmte Situationen seien wohl geeigneter als andere, daran zu erinnern. Zu diesem Zeitpunkt war meine Frau Christine gerade wenige Tage tot. Jesus hatte sie – wie man so sagt – nach eineinhalb Jahren Krebserkrankung zu sich geholt. Und ich blieb mit zwei kleinen Kindern allein zurück. Allein – aber nicht ganz verlassen. Als Christ glaube ich, dass Jesus Christus für mich und uns als Familie da ist – und meine verstorbene Frau nicht ins Nichts ging, sondern bei Christus ist. Diese Hoffnung macht den Tod – zumindest etwas – erträglicher. Ihre beiden Buben werden die Mutter wieder sehen können und ich die Frau, mit der ich zehn Jahre verheiratet war. Möglich wird dies durch die erste echte Auferstehung von den Toten, nämlich durch die von Jesus Christus.

Dieser Jesus von Nazareth steht dabei für das ganz Große. Die Jugendkirche „Jesus Freaks“ hat vor Jahrzehnten mal einen Aufkleber (den meine Schwester auf ihrem Taschenrechner hatte) mit diesen Worten verteilt: „Alles geht in Arsch, Jesus bleibt!“ Dieses „Jesus bleibt“ ist doppelt zu verstehen: Alles wird einmal vergehen, tot sein, beendet – nur eben Jesus nicht. Außerdem ist Jesus das einzige, was einem im Leben bleibt, wenn alles andere am Ende ist. Markus Spieker schreibt in seinem Buch „Gott macht glücklich – und andere fromme Lügen“ (2013), am Ende gebe es für diese Welt – und für mich als Christ in ihr – keine tröstenden Worte, es gebe nur ein Wort: Jesus! Wenn nichts bleibt, ist Jesus immer noch da. Nur, wie ist das möglich? Ohne seine Auferstehung würde mir als Jesus-Nachfolger auch dieses Letzte noch genommen.

„Auferstehung“ war die überraschende Antwort von James Bond in „Skyfall“ (2012), als er vom Bösewicht gefragt wurde, was sein Hobby sei. 007 war schließlich angeschossen worden und es sah aus, als sei er tot. Bei mir wurde „Auferstehung“ aus einem anderen Grund zu einer Art „Hobby“: Die Auferstehung beschäftigte mich aus verschiedenen Gründen schon lange – durch den Tod von Christine wurde sie zu meinem Lebensthema.

Als Historiker fasziniert mich die Auferstehung dieses Jesus von Nazareth. Historiker beschäftigen sich mit dem, was in der Vergangenheit liegt. Geburt, Leben, Tod und Auferstehung von Jesus von Nazareth liegen in der Vergangenheit. Geburt, Leben und Tod von Julius Cäsar liegen auch in der Vergangenheit – wo ist der Unterschied? Der Unterschied ist, dass Ersteres etwas mit mir im Hier und Heute zu tun haben will.

Ob das Vermächtnis einer Person über deren Lebenszeit hinaus Bestand haben wird, zeigt sich gewöhnlich nach ihrem Tod. Als Alexander der Große, Julius Cäsar, Napoleon, Mohammed starben, waren sie bereits bedeutende Persönlichkeiten. Normalweise gibt es am Ende einer Biografie nach dem Tod noch ein kurzes Kapitel zu der Frage, wie die Menschen in späteren Zeiten diese Person sahen und wie sich Taten und Gedanken weiterverbreiteten. Danach folgen auch schon verschiedene Verzeichnisse. Bei Jesus ist es genau anders herum. Die Auferstehung macht den Unterschied. Ohne Auferstehung wäre Jesus eine Fußnote der Weltgeschichte geblieben, danach ging es bei ihm erst richtig los.

Es gibt verschiedene Modelle, wie der Verlauf der Geschichte aussehen könnte – zyklisch oder linear. Beides wird unter Historikern diskutiert. Ich plädiere für einen dritten Ansatz: den des linearen Scheitelpunktes. Geschichte, die sich auf ein Ereignis zubewegt – und von dort wieder weg. Geschichte verstanden mit einem Mittel- und Wendepunkt, der Auferstehung! Wir teilen unsere Geschichte in die Zeit vor und nach Christus ein. Dabei ist die Geburt von Jesus von Nazareth „die Stunde Null“. (Das Jahr Null hat es allerdings nie gegeben, weil die Römer diese Zahl nicht kannten.) Das Jahr 30 wäre allerdings sinnvoller als Jahr 1, das (wahrscheinliche) Jahr der Auferstehung.

Die Auferstehung begeistert mich also immer mehr, das Oster-Fest aber auch? In vielen Sprachen kommt die Bezeichnung für Ostern direkt vom hebräischen Passah. Diese Sprachtradition weist auf die wesentliche Beziehung von Tod und Auferstehung Jesu zum Auszug der Israeliten aus der Sklaverei hin. Dieses Ereignis wurde ja auch am ersten „Oster-Wochenende“ von den Juden gefeiert.

Mit den Feiertagen konnte ich eigentlich nie wirklich etwas anfangen. Ostern war das freie, lange Wochenende für mich. Und jetzt ist Ostern für mich immer damit verbunden, dass sich hier das erste Mal richtig abzeichnete, wie schlecht es Christine ging und sie in ihr Tagebuch schrieb, dass sie sterben wolle. Den meisten Menschen in Deutschland geht es übrigens genauso – ich meine den ersten Teil meiner Erfahrung. Die Deutschen freuen sich auf vier freie Tage. Mit großer Regelmäßigkeit kommt jährlich zu Ostern bei Umfragen heraus, dass mindestens jeder fünfte Deutsche gar nicht weiß, was Ostern gefeiert wird. Für mich ist das keine Nachricht – ich wundere mich eher, dass anscheinend noch 80 Prozent wissen, worum es geht. (Die Satire-Seite im Internet „Der Postillon“ twitterte Ostern 2014: „Mehrheit der Deutschen dankbar, dass Jesus für extralanges Wochenende gestorben ist“.) Weihnachten ist einfach zu verstehen: Ein Kind mit Namen Jesus wird geboren. Dass Kinder geboren werden ist Alltag in Deutschland, darunter kann sich jeder etwas vorstellen. Der Auferstehungs-Erinnerungsort Ostern fällt in unser aller Wahrnehmung gegenüber Weihnachten etwas ab. Es gibt weniger Geschenke, weniger Feiertage, weniger Brimborium. Trotzdem: Beides steht zueinander in Beziehung und das eine ist ohne das andere undenkbar – und irgendwie ist die Auferstehung doch noch wichtiger, weil zielführender. Und obwohl dies biblisch betrachtet – wir kommen gleich dazu – so ist, war ich mir der wirklichen Bedeutung von Ostern erst beim näheren Hinsehen bewusst: An Ostern entscheidet sich alles – Gegenwart und Zukunft meines Lebens und das der Welt. Ich vermute, so geht es ganz vielen. Deshalb kann auch für Menschen, denen Jesus extrem wichtig ist, ein Buch über die Auferstehung hilfreich sein.

Die Auferstehung ist wichtig, aber wieso dieses Buch? In meinem Leben habe ich schon einige Buchkritiken geschrieben. Da stellen sich mir immer die klassischen W-Fragen: Wer, warum, wozu und wie? Warum um alles in der Welt braucht es noch dieses Buch, warum muss der Verfasser des biblischen Buches Kohelet wieder einmal Recht mit seinen Worten behalten, dass „des vielen Büchermachens kein Ende ist“? Diese berechtigte Frage mündet in die beiden anderen: Worum geht es eigentlich und wie wird es präsentiert? Zum Wer komme ich ebenfalls noch. Aber apropos „Bücher“ zur Auferstehung: Da Jesus die einflussreichste Person der Weltgeschichte ist und die Auferstehung als das wichtigste Ereignis seines Lebens gilt, kann man sich in etwa vorstellen, was über ihn und die Auferstehung im Laufe der Jahrhunderte geschrieben wurde. Es ist deshalb unmöglich auch nur einen Bruchteil davon durchzuarbeiten oder auch nur zur Kenntnis zu nehmen. Da aber die wichtigsten Werke oftmals Bezug auf frühere nehmen und sich die Argumente natürlich auch wiederholen, habe ich bei meiner Literatursichtung sicherlich einen guten Querschnitt erhalten. Als Autor ragt vor allem der englische Theologe und Historiker Nicholas Thomas Wright hervor. Viele seiner Gedanken finden sich in diesem Buch wieder.

Also, noch einmal, was ist der Inhalt dieses Buches? Es geht um Jesus, genauer gesagt um seinen Tod und die anschließende Auferstehung. Die Auferstehung wird dabei aus zwei Blickwinkeln betrachtet: Was lässt sich historisch und theologisch dazu sagen. Mit anderen Worten: Wie glaubhaft ist und welche Auswirkungen hatte sie. Ursache und Wirkung: Wenn Jesus wirklich auferstanden ist, dann hat das auch etwas mit mir zu tun. Noch einmal anders gewendet, die Wirkung mit der Ursache vertauscht: Warum brauchte es die Auferstehung überhaupt? Hätte es aus theologischer Sicht nicht gereicht, wenn Jesus nur gestorben wäre, damit wir mit Gott versöhnt werden können? (Dazu aber noch später mehr.) Ich werde versuchen, eine Story über Ostern zu erzählen, die Geschichte am roten Faden aufziehen: Vom „Wie und Warum man sich vorstellen kann, dass am ersten Ostern tatsächlich Jesus wirklich vom Tod auferstanden ist“ zum „und nun“ – eben, was sich daraus ergibt.

Im ersten Abschnitt geht es mir um Jesus und seine Auferstehung. Es soll aufgezeigt werden, dass man heute von Indizien und gründlich geprüften Hinweisen behaupten kann, dass Jesus wirklich auferstanden ist. Man nennt diese Schreib-Art Apologetik, der Glaube wird verteidigt. Ich spanne dabei den Bogen von der Auferstehungs- und Wissenschaftsdefinition über die Quellenlage bis hin zu den Varianten, wie man die Ereignisse nach der Kreuzigung interpretieren kann.

Was das mit mir zu tun hat, davon handelt der zweite Abschnitt: Jesu Auferstehung und ich. Ob Jesus auferstand, ist eben auch heute noch wichtig – im Gegensatz zur Alpenüberquerung von Hannibal oder der Ermordung von Cäsar. Welche biblische Bedeutung bietet die Auferstehung mir? Lohnt es sich also, an die Auferstehung zu glauben und darauf zu vertrauen, dass sie wahr ist? Abgerundet wird das Ende durch einen persönlichen Ein- und Ausblick.

Über Jesus und die Auferstehung wurden – wie gesagt – im wahrsten Sinne unzählige Bücher geschrieben. Allerdings hatten sie in der Regel nur einen von beiden Blickwinkeln. Theologen schreiben aus ihrer Sicht, Historiker aus ihrer, manche Theologen auch aus apologetischen Gründen, wollen also den Glauben verteidigen. Aber beides zusammen ineinander verwoben, sich aufeinander beziehend, habe ich in dieser strukturierten Form nicht gefunden. Wichtiger aber erscheint mir noch, dass ich mir selbst solch ein Buch gewünscht hätte. Eines, in dem der ganzheitliche Blick auf die Auferstehung herausgearbeitet wird – und damit die Auferstehung auch für mein Leben relevant werden kann. Jede Generation stellt dazu die sie interessierenden Fragen anders und braucht deshalb die – letztendlich immer gleichen – Antworten anders erzählt.

„Jesus – seine Auferstehung und ich“ habe ich versucht wissenschaftlich fundiert zu schreiben – dabei autobiografischpersönlich, aber auch kulturell konfiguriert, erzählend und bewegend. Ein Buch für die U-Bahn und als Vorbereitung für eine Diskussion.

Selbst frage ich mich bei fast jedem Redner oder Buchschreiberling: Was qualifiziert ihn eigentlich dazu? In diesem Fall behaupte ich, gibt es ein paar objektive und subjektive Gründe. Zu ersteren: Ich bin studierter Historiker und habe schon einmal ein Buch über Geschichte geschrieben, meine Doktorarbeit. Grundsätzlich weiß ich wie die Vergangenheit als Geschichte zu deuten ist. Zur Auferstehung habe ich außerdem bereits einige Vorträge an Universitäten und in christlichen Hochschul-Gruppen gehalten.

Letztendlich hingesetzt und geschrieben habe ich aus einem anderen Grund: Zugegeben, es ist ein Buch für mich selbst. Wie man jede Predigt oder sonst jede Form von geistlichem Impuls zuallererst für sich selbst vorbereitet, so schreibe ich über die Auferstehung zur Aufarbeitung und Auferbauung meiner selbst. Die Hoffnung ist allerdings, dass auch andere davon profitieren können.

Mir als Autor könnte man folgenden alten jüdischen Witz vorhalten: „Wer hat das Wasser wissenschaftlich untersucht? Antwort: Ich weiß es nicht, aber es war sicherlich kein Fisch.“ Ich bin überzeugter Christ und glaube daran, dass die Auferstehung wirklich und wahrhaftig stattgefunden hat, Jesus tot war, wieder lebendig wurde, Gott sein Wirken an Jesus gezeigt hat. Jemand von innen kann aber schlecht etwas untersuchen, man braucht eigentlich jemand von außen – so besagt es zumindest diese jüdische Anekdote. Obwohl ich also bereits mit einer festen Überzeugung an dieses Buch und die Argumentation gegangen bin, so habe ich doch versucht, den Advocatus diaboli – also die Gegenseite – immer mitzudenken. William James hat in seinem Essay „Der Wille zum Glauben“ (1896) einmal geschrieben, der feinste Beobachter und daher der brauchbarste Forscher sei stets derjenige, bei dem das lebhafte Interesse an einer bestimmten Lösung des Problems und eine ebenso große Empfindlichkeit gegen Täuschungen einander die Waage halten würden. Genau dieser will ich sein.

Der ARD-Journalist Markus Spieker hat bei sich selbst den „Obelix-Effekt“ diagnostiziert: Da er als Kind in einem christlichen Elternhaus aufwuchs, glaube er eben schon immer an Gott und Jesus – so wie Obelix in den Asterix-Comics in den Zaubertrank gefallen war und deshalb schon immer seine Superkräfte hatte. So war es bei mir auch. Von Kindesbeinen an habe ich die klassische christliche Laufbahn vom Kindergottesdienst bis zum christlichen Jugendkreis absolviert und war sogar noch auf einer christlichen Schule. Da könnte man mir schnell vorwerfen, da sei es ja klar und vorgezeichnet, wie und an was ich glaube. Dem muss ich aber aus eigener Perspektive deutlich widersprechen. Christ werden ist oft einfacher, als Christ zu bleiben. Es gibt unzählige Beispiele, wo sich Menschen von ihrem Kindheitsglauben entfernt haben. So, wie man von zu viel Antibiotikum immun dagegen werden kann, so werden manche Menschen gegen den christlichen Glauben erst resistent und dann oft auch renitent.

Bei mir war und ist das nicht so – aber irgendwie doch. Ich hatte über drei Jahrzehnte keinerlei Zweifel an Jesus. Bis vor einigen Jahren ich morgens aufwachte und mich fragte: Stimmt das denn alles eigentlich? Und als die Person, die mir emotional am nächsten stand, meine Frau Christine, schwer krank wurde und dann starb, wurde es nicht einfacher. Über anderthalb Jahre habe ich Christine leiden sehen und erleben müssen, dass sie sich am Ende noch nicht einmal über ihre beiden Buben freuen konnte. Außerdem bin ich noch Historiker, das Leid der Welt habe ich studiert (Geschichte besteht schließlich weitestgehend aus Kriegen, Krisen, Katastrophen). Aber ich bin ein Mensch, der versucht, in Alternativen zu denken: Im Supermarkt der Religionen und philosophischen Erklärungen wird es einem aus meiner Sicht dann wiederum nicht sonderlich schwer gemacht, an den christlichen Gott zu glauben. Die Alternativen zum christlichen Glauben überzeugen mich deutlich weniger. So las ich zur Auffrischung meines Philosophie-Studiums voller Interesse „Wer bin ich – und wenn ja, wieviele“ von Richard David Precht (2007). Die atheistische Schlussfolgerung für das Leben lautet dort: Lebe gut, ärgere keine anderen Menschen und versuche, ordentlich über den Planeten zu gehen. Wenn das alles ist, was moderne Gottesleugner anzubieten haben, ist mir das zu wenig. So etwas funktioniert doch nur so lange, wie das Leben gut läuft. Zugegeben, es gibt vieles, was ich bei Gott nicht verstehe. Aber bei den biblischen Antworten auf die großen Fragen der Welt und des menschlichen Lebens fühle ich mich gut aufgehoben. Insgesamt sehe ich bei Jesus mehr Ausrufe- als Fragezeichen. Und letztendlich lande ich immer wieder bei ihm – und seiner Auferstehung.

Jetzt könnte man einwenden, der Autor brauche ja die Auferstehung, schließlich ist ihm die Frau weggestorben und da brauche er Hoffnung. Psychologisch ist mein Auferstehungs-Faible also leicht erklärbar. Allerdings sagt dies wenig bis nichts darüber aus, ob mein Wunsch nicht tatsächlich begründet ist.

Für Fortgeschrittene

Interessant ist übrigens, dass – wenn ich es richtig sehe – zu allen Zeiten und an allen Orten die meisten Menschen an Gott geglaubt haben. Das Phänomen des offen verkündeten Atheismus ist dagegen sehr neu. Wirklich durchgesetzt hat es sich eigentlich erst ab dem 19. Jahrhundert. Auch heute führt es immer noch ein Schattendasein. Die meisten Menschen glauben zumindest an irgendeine Form von übernatürlichem Wesen. Der große Vordenker der Postmoderne Friedrich Nietzsche schreibt deshalb in seinem Einseiter „Der tolle Mensch“ das berühmte Zitat: „Gott ist tot. Wir haben ihn getötet.“ Die Menschen haben die Vorstellung, dass Gott existiert, „getötet“. Nun müssen wir selbst Gott sein. Auch darauf gründet sich der moderne A-Theismus.

Nachdem ich das Buch zu Ende geschrieben habe, sitze ich erneut an dieser Einleitung und bin wieder überrascht, wie sehr mich Ostern beeindruckt, begeistert und überzeugt. Für mich ist die Auferstehung viel mehr als nur ein Hoffnungs- und Wunsch-Erfüller. Die Hinweise auf die Auferstehung haben mich bereits vor dem Leiden und Sterben meiner Christine überzeugt. Trotzdem hat mich das Schicksal meiner Frau – welches damit ja auch mein eigenes und das unserer Kinder ist – bei der Auferstehungs-Frage vorangebracht. So bin ich einmal über den Kommentar gestolpert, den Thomas Mann über seinen vielleicht bekanntesten Roman gesagt hat: „Zum Leben, sagt einmal Hans Castorp zu Madame Chauchat, zum Leben gibt es zwei Wege: der eine ist der gewöhnliche, direkte und brave. Der andere ist schlimm, er führt über den Tod, und das ist der geniale Weg. Diese Auffassung von Krankheit und Tod, als eines notwendigen Durchganges zum Wissen, zur Gesundheit und zum Leben, macht den Zauberberg zu einem Initiationsroman.“ Für mich hat sich der Tod von Christine zu einem besseren Durchgang zum Leben eröffnet. Auch darum geht es in diesem Buch über die Auferstehung.

Als letzte – eher technische Vorbemerkung – noch, für wen habe ich diese Seiten gefüllt? In der Sprache der Werbung: Wer ist die Zielgruppe? Unspezifisch selbstverständlich alle, die sich dafür interessieren. In Umfragen kommt heraus, dass sechs von zehn Deutschen auf die Frage „Glauben Sie an die Auferstehung Jesu Christi?“ mit Nein antworten, nur gut ein Drittel antwortet mit Ja. Bei etwa doppelt so vielen Kirchenmitgliedern wie Auferstehungs-Bekennern gibt es also noch einige Christen, die sich intensiver mit der Thematik beschäftigen könnten. Ich schreibe einerseits für diese Christen, die Jesus zumindest ein bisschen interessant finden und noch nicht aus der Kirche ausgetreten sind. Und andererseits für solche, die sich selbst als stark gläubige Christen bezeichnen würden. Den einen will ich Jesus näher bringen, den anderen noch näher.

Und da gibt es noch eine dritte Gruppe. Dieser gehört Marc aus dem Roman „Das Orakel von Port Nicolas“ (1996) der Französin Fred Vargas an. Er steht vor einer Maschine, die als „Orakel“ fungiert und so funktioniert, dass man sich eine Frage denkt, dann kurbelt. Daraufhin spuckt sie einen Zettel mit einem banalen und mehrdeutigen Spruch aus. Als Marc vor der Maschine steht, überlegt er, welche Frage angemessen wäre: „Wird eine Frau mich lieben?“ wollte er dann doch nicht nutzen, die Enttäuschung bei einem Nein wäre zu groß gewesen. Schließlich entscheidet er sich „für eine einfache Frage, die zu nichts verpflichtete, nämlich: Gibt es einen Gott?“ (Wer die Antwort des „Orakels“ darauf wissen will, dem empfehle ich die Lektüre…) Und der Regisseur, Schauspieler, Spötter und Agnostiker Woody Allen hat einmal gesagt, er würde seinem Gesprächspartner gerne alles in allem eine positive Botschaft mit dem auf den Weg geben wollen – er habe aber keine. Ob das Gegenüber eventuell auch zwei negative nehmen würde?! Die Theorie dazu stammt von William James in besagtem „Der Wille zum Glauben“: Der Skeptizismus arbeite nach dem Motto „Lieber den Verlust der Wahrheit, als die Möglichkeit des Irrtums riskieren“. Diese dritte Gruppe von Menschen, die wie die Figur Marc oder wie Woody Allen denken, sollte die Möglichkeit der Wahrheitsfindung in Betracht ziehen. Alle diejenigen, die sich noch nie so richtig mit Jesus (und seiner Auferstehung) beschäftigt haben möchte ich also ermutigen, sich einmal mit den Argumenten zu beschäftigen. Wer nicht wagt, gewinnt auch nicht! Deshalb lade ich einfach alle ein, Christen wie Atheisten, sich mit den Gedanken dieses Buches auseinanderzusetzen und Jesus zu begegnen.

In dem Roman meines Berliner Philosophie-Professors Peter Bieri – unter dem Pseudonym Pascal Mercier – „Nachtzug nach Lissabon“ (2004) behauptet die Romanfigur Amadeu de Prado, im Zentrum des christlichen Glaubens würde eine Hinrichtung stehen, das würde ihn abschrecken. Im Zentrum des christlichen Glaubens steht aber nicht die Kreuzigung, sondern die Auferstehung! Die Hinrichtung ist nur der Weg zur Auferstehung. So zumindest sieht es der bedeutende Theologe des Neuen Testaments Paulus. Er schreibt in seinem ersten Brief an die Kirchengemeinde im griechischen Korinth (Kapitel 15): „Wenn Christus nicht auferstanden ist, dann war unser Predigen wertlos, und auch euer Vertrauen auf Gott ist vergeblich.“ Ohne Auferstehung kein christlicher Glaube, ohne christlichen Glauben sei die Kirche nur eine Super-Sozialstation mit angeschlossener „Art von religiöser Weltanschauung“ so Joseph Ratzinger/Papst Benedikt XVI. Weiter spitzt es Paulus ein paar Sätze später in seinem Brief noch darauf zu: „Wenn die Hoffnung, die Christus uns gegeben hat, nicht über das Leben in der jetzigen Welt hinausreicht, sind wir bedauernswerter als alle anderen Menschen.“ Oder, wie eine Bibel-Übertragung aus besagter Jugendkirche die beiden Sätze ausdrückt: „Und wenn Jesus immer noch tot ist, dann war doch alles, was wir erzählt haben, und auch euer Vertrauen auf Gott für den Arsch!?“ und „Wenn unser Glaube nur auf den Jesus gebaut hat, der uns im Hier und Jetzt hilft, dann sind wir die Ober-Loser schlechthin.“ Von keinem anderen biblischen Ereignis werden solche Sätze gesagt. Also: Die Auferstehung von Jesus scheint das wichtigste Ereignis zu sein. Jörg Lauster schreibt 2014 in seinem Buch „Die Verzauberung der Welt“ „dass es das Christentum überhaupt gibt, ist sein größtes Wunder. Denn aus dem Ende entstand ein grandioser Anfang. Die Auferstehung ist die eigentliche Geburt des Christentums.“

Wen diese Begründungen für ein Buch über die Auferstehung noch nicht überzeugt haben, gebe ich noch eine historischpolitische: Alexander Demandt, ein profilierter Althistoriker und ebenfalls mein Professor in Berlin, schreibt in seinem Buch über Pontius Pilatus (1999): „Kreuzigung und Auferstehung haben das Bild der Welt stärker verändert als irgendeine andere Maßnahme.“ Dass dies stimmen kann, zeigt eine einfache Zahl: Rund ein Drittel der Weltbevölkerung bezeichnet sich als Christen. Für derzeit über zwei Milliarden Menschen hat Jesus (immerhin irgendeine) Bedeutung. In den letzten 2000 Jahren beeinflussten Christen – oft aufgrund ihres religiösen Hintergrundes – die Welt wie es keine andere Weltanschauung bewirkt hat.

Literatur-Tipp

Alvin J. Schmidt: Wie das Christentum die Welt veränderte (2009).

Unter den wichtigsten – weil einflussreichsten – Staaten der Erde sind mit Ausnahme Chinas und Japans alle christlich beziehungsweise christlich geprägt. Besonders die USA sind immer noch für viele Völker Vorbild. Einer der weltweit bekanntesten Soziologen, Max Weber, schreibt 1884 an seinen Bruder, „dass alles, was wir unter dem Namen „unserer Kultur“ zusammenfassen, in erster Linie auf dem Christentum beruht.“ Und innerhalb des christlichen Glaubens ist das zentrale Element Tod und Auferstehung Jesu Christi. Ohne Auferstehung gäbe es kein Christentum, ohne dieses Ereignis hätte sich das Christentum nicht so ausgebreitet, dass es zur größten Religion der Menschheit geworden wäre.

Da es heutzutage bekanntlich nichts gibt, was es nicht gibt, gibt es selbstverständlich auch Theologen, die Paulus widersprechen und behaupten, die Auferstehung sei nicht geschehen und obendrein für das Christentum unwichtig. Wer sich mit einem Christentum abfinden möchte, das nur auf einem Gott als Schöpfer und Jesus als Prophet beruht, kann so etwas erzählen. Trotzdem wäre es angeraten sich zumindest mit der Auferstehung zu beschäftigen. Immerhin wird sie zentral als zentral beschrieben – und ohne ihre Verkündigung ist der Erfolg des Christentums kaum erklärlich.

Für Fortgeschrittene

Selbst, wer ganz sicher gehen möchte, muss von der Auferstehung als Mittelpunkt der christlichen Predigt um das Jahr 100 bis ins 17. Jahrhundert ausgehen. In dieser Zeit liegen auch der Durchbruch und die theologischideologisch Hoch-Zeit der christlichen Religion.

Wir sehen also: Die Auferstehung ist für Jesus-Interessierte ein wichtiges Thema – wenn nicht sogar das eine wichtige und bedeutendste. Was ist dabei unter Auferstehung zu verstehen und wie glaubhaft ist sie?

[Bevor es richtig losgeht, möchte ich noch etwas zu mir schreiben und damit etwas erklären, warum das Buch so aussieht, wie es aussieht. Mein Filmgeschmack ist nicht allumfassend. Action und Science Fiction-/Fantasy-Filme stehen ganz oben auf meiner Favoriten-Liste. Deshalb – und weil letztere auch besonders gut hier spannende Sachverhalte demonstrieren – habe ich besonders aus diesen Genres