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Inhalt

Info

Vorwort

Homer

Buddha

Konfuzius

Platon

Aristoteles

Gaius Julius Cäsar

Kleopatra

Jesus von Nazareth

Karl der Große

Marco Polo

Johannes Gutenberg

Jeanne d’Arc

Christoph Kolumbus

Leonardo da Vinci

Nikolaus Kopernikus

Michelangelo

Martin Luther

Heinrich VIII.

Galileo Galilei

William Shakespeare

René Descartes

Ludwig XIV.

Isaac Newton

Johann Sebastian Bach

Friedrich der Große

Jean-Jacques Rousseau

Immanuel Kant

Katharina die Große

George Washington

James Watt

Johann Wolfgang von Goethe

Wolfgang Amadeus Mozart

Friedrich Schiller

Napoleon Bonaparte

Ludwig van Beethoven

Jacob und Wilhelm Grimm

Louis Daguerre

Justus von Liebig

Charles Darwin

Abraham Lincoln

Otto von Bismarck

Karl Marx

Florence Nightingale

Gregor Mendel

Henri Dunant

Hedwig Dohm

Johann Philipp Reis

Bertha von Suttner

Robert Koch

Carl Friedrich Benz

Worterklärungen

Der Autor

Der Illustrator

Impressum

 

 

 

Begriffe, die im Text kursiv gesetzt sind, werden am Ende erklärt. Wird innerhalb der einzelnen Biografien Bezug auf eine ebenfalls in diesem Buch vorgestellte Person genommen, ist deren Name fett hervorgehoben.

Vorwort

Es gab in den vergangenen 2500 Jahren so viele bedeutende Menschen, dass ihre Lebensgeschichten nicht alle in ein Buch passen würden. Auch nachdem wir uns entschlossen haben, zwei Bände zu machen, war nicht genügend Platz. Die schwierigste Frage bei der Vorbereitung dieses Werkes war also: Wer muss dabei sein? Irgendwann hatte ich eine Liste mit knapp 300 Persönlichkeiten. Aber es durften eben insgesamt nur 100 sein. Deswegen musste ich Namen um Namen streichen.

Bei manchen war ich lange Zeit hin und her gerissen, habe sie erst weg-, dann wieder dazugenommen und während der Recherche endgültig gestrichen. Von anderen habe ich erzählt, die fertigen Texte aber dann doch nicht aufgenommen. Zu ihnen gehört der Prophet Mohammed. Und das hat einen besonderen Grund: Das Konzept des Werkes sah vor, dass der Künstler Dieter Wiesmüller die 100 Menschen im Porträt darstellt. Weil der Prophet Mohammed nicht bildlich dargestellt werden darf, wir aber nicht »eine« Ausnahme machen wollten, mussten wir leider auf ihn verzichten – obwohl man ihn und seine Botschaft wirklich kennen sollte.

Das entscheidende Kriterium für die Aufnahme in das Werk war, dass ein Mensch etwas zum ersten Mal gedacht, gemacht oder geschaffen hat. Dass manche das ohne die Leistungen anderer nicht geschafft hätten, ist keine Frage. So konnte zum Beispiel Neil Armstrong nur als erster Mensch den Mond betreten, weil viele Wissenschaftler und Techniker dafür jahrelang »Vorarbeiten« geleistet hatten. Aber er war eben der erste Mensch auf dem Mond, deswegen wird von ihm erzählt.

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern, dass sie an seiner Geschichte und an den Geschichten der 99 anderen Menschen viel Freude haben – und alle am liebsten noch besser kennenlernen möchten.

Manfred Mai, im April 2014

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Homer

(8. Jh. v. Chr.)

Die »Ilias« ist das älteste Werk der europäischen Literatur. In ihr wird die Geschichte des Trojanischen Krieges erzählt. Rund zweieinhalb Jahrtausende galt das Werk als reine Dichtung.

Um 1830 las ein deutscher Junge namens Heinrich Schliemann (1822–1890) die spannende Geschichte vom Kampf der Griechen gegen die Trojaner – und glaubte jedes Wort. Er war auch überzeugt, dass die mächtigen Mauern von Troja nicht niedergebrannt waren. Niemals! Troja gab es noch und er würde es finden!

Nachdem er als Kaufmann zu sehr viel Geld gekommen war, erfüllte sich Schliemann im Alter von 50 Jahren seinen Kindheitstraum und machte sich auf die Suche nach Troja. Tatsächlich stieß er in Kleinasien auf einem Hügel an den Dardanellen auf die Spuren einer Siedlung, die zu den Beschreibungen in der »Ilias« passten. Heute geht man davon aus, dass es sich dabei wirklich um das sagenumwobene Troja handelte.

Als Schöpfer der »Ilias« und damit als Urvater der europäischen Literatur gilt Homer. Lange wurde bestritten, dass er wirklich gelebt hat. Einige Zeit gingen Wissenschaftler davon aus, dass es sich bei Homer um eine erfundene Person handelt. Dann wurde auch die Meinung vertreten, er sei nicht eine Person gewesen, sondern zwei. Zweifelsfrei konnte nie geklärt werden, wer Homer war, wann genau er gelebt und welchen Anteil er an der Entstehung der »Ilias« und ihrer Fortsetzung, der »Odyssee«, hat. Und wie sein Leben liegt auch seine Herkunft im Dunkeln; schon in der Antike beanspruchten gleich sieben Städte, sein Geburtsort zu sein.

Der Geschichtsschreiber Herodot (um 480–424 v. Chr.) ging von »einer« historischen Person aus. Homer soll so etwas wie ein Star gewesen sein, weil er die Heldengesänge vom Trojanischen Krieg beeindruckender vortragen konnte als andere Sänger. Er habe an Fürstenhöfen seine Kunst dargeboten und die Mächtigen seiner Zeit damit begeistert.

Ein anderer, heute unbekannter Geschichtsschreiber verfasste etwa zur gleichen Zeit eine »Vita Homeri«, eine Lebensbeschreibung Homers. Darin berichtete er, der ursprüngliche Name des Sängers sei Melesigenes gewesen; er bedeute »der am Meles Geborene«. Dieser Fluss sei an Smyrna (heute Izmir) vorbeigeflossen. Weil es über die Eltern des Sängers keine eindeutigen Hinweise gebe, sei sogar behauptet worden, er müsse ein »Daimon« gewesen sein, also ein übermenschliches Wesen.

Ein Daimon war Homer sicher nicht. Heute geht man davon aus, dass er in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. bei Smyrna in Kleinasien geboren wurde. Der Überlieferung nach erblindete er im Alter, weshalb später oft von dem »blinden Sänger« gesprochen wurde.

Homer hat die Geschichte vom Trojanischen Krieg nicht erfunden. Sie wurde in Kleinasien seit Jahrhunderten erzählt und mündlich weitergegeben. Die große Leistung Homers war, die zum Teil sehr unterschiedlichen Fassungen zu einer Geschichte verarbeitet, zum ersten Mal aufgeschrieben und künstlerisch gestaltet zu haben. Voraussetzung dafür war, dass er mehrere Sprachen verstehen konnte und eine Schrift beherrschte. Beides war für die damalige Zeit ziemlich ungewöhnlich.

Bereits im Altertum galt Homer als herausragender Dichter. Er wurde zum Vorbild und Lehrmeister der fahrenden Sänger, die seine Werke im gesamten griechischen Sprachraum verbreiteten. Die »Ilias« und die »Odyssee« hatten großen Einfluss auf die griechische Sprache, Literatur und Philosophie – und nicht nur das: Auch später wurden Dichter und Denker in der ganzen Welt von Homers Werken inspiriert. Für den ungarischen Philosophen Karl Kerényi (1897–1973) sind die »Ilias« und die »Odyssee« die ersten Romane der Weltliteratur, »die sozusagen alle späteren im Keim enthalten«.

Bis heute gibt es in allen Weltsprachen Übersetzungen und Nacherzählungen, ebenso zahlreiche Verfilmungen. Denn die Geschichten vom Trojanischen Krieg und von den Abenteuern des Odysseus haben in fast 3000 Jahren nichts von ihrem Reiz verloren.

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Buddha

(um 560–480 v. Chr.)

Der Überlieferung nach wurde Siddharta Gautama um 560 v. Chr. geboren; manche Wissenschaftler nehmen an, es sei rund 100 Jahre später gewesen. Doch wichtiger als das genaue Datum ist das Umfeld, in dem er lebte.

Prinz Siddhartas Vater regierte ein kleines Königreich im heutigen Grenzgebiet zwischen Indien und Nepal. Der Prinz wuchs in einem prächtigen Palast umgeben von Luxus auf. Er hatte alles, was das Herz begehrt – und von den Schattenseiten des Lebens keine Ahnung. Das sollte er auch gar nicht, deswegen durfte er den Palast lange Zeit nicht verlassen.

Schon mit 16 Jahren wurde er verheiratet und bekam später mit seiner Frau einen Sohn. Doch je älter er wurde, desto mehr spürte er, dass ihm in seinem goldenen Käfig etwas fehlte. Er wollte hinaus, um die Welt außerhalb des Palastes zu sehen. Bei drei Ausflügen traf er Menschen, die krank, alt und gebrechlich waren, und er sah zum ersten Mal im Leben einen Toten. Das erschütterte den Prinzen und machte ihn sehr nachdenklich.

Bei seinem vierten Ausflug traf er einen Bettelmönch, der nur besaß, was er am Leib trug, und trotzdem zufrieden war. Diese Begegnung beeindruckte Siddharta tief. Er begriff, dass der arme Mönch glücklicher war als er, der reiche Prinz. Da beschloss er, das Leben im Palast zu beenden. Der 29-Jährige verließ seine Familie, um sich auf die Suche zu machen, ohne schon genau zu wissen, wonach er suchte.

Sechs Jahre lang war Siddharta unterwegs. Er lebte mit Menschen zusammen, die wie er nach dem wahren Leben strebten, einem Leben ohne Leiden. Er traf die besten Lehrer, um von ihnen zu lernen, wie das Leiden zu überwinden sei. Sie verzichteten auf allen Besitz und alle Genüsse und dachten über den Sinn des Lebens und Sterbens nach. Sie lehrten ihn auch, durch Meditation zur Ruhe zu kommen. Nun saß er oft unter einem Feigenbaum, um zu meditieren. Dabei vergaß er alles um sich herum und schien nicht mehr in dieser Welt zu sein. Durch die innere Ruhe wurde er hellwach und gelangte zu der Erkenntnis, dass der Kreislauf von Leben und Sterben wie ein Traum ist, aus dem man erwachen kann. Von diesem Zeitpunkt an wurde er Buddha genannt. Das heißt: der vollkommen erwachte, erleuchtete Weise.

Buddha hatte erkannt, dass die Menschen leiden, weil sie immer irgendetwas haben wollen und auf andere Menschen neidisch sind.

Dieses Leiden können sie überwinden, wenn sie sich die Mühe machen, seinem Beispiel zu folgen, und den richtigen Weg erkennen. Wichtig ist, sich nicht von egoistischem Denken leiten zu lassen, sondern bei seinem Handeln auch an andere zu denken. Wer Leiden vermeiden will, muss Gutes tun. Er darf kein Lebewesen absichtlich töten oder verletzen; und er muss die notwendige Ruhe und Wachheit finden, um in der Meditation die Erleuchtung zu erlangen.

Wer es schafft, diesen Weg zu gehen, wird nicht mehr von seinen Wünschen gepeinigt, sondern ist wunschlos glücklich. Wer dahin kommt, dass er nichts mehr begehrt, gelangt ins »Nirwana«, was »Verlöschen, Verwehen« heißt. Für Buddha ist das Nirwana kein Ort und kein Jenseits; es ist nicht mit Worten zu beschreiben. Deshalb hat er jede Aussage über das Nirwana verweigert. Eines stand für Buddha allerdings fest: Wer ins Nirwana gelangt, hat damit den Kreislauf von Geburt, Tod und Wiedergeburt verlassen.

45 Jahre wanderte Buddha durch Indien, verkündete seine Lehre und gewann viele Anhänger. Im Alter von 80 Jahren starb er in Kushinagar, einem Ort nahe der Grenze zu Nepal.

Weil Buddha selbst keine Schriften hinterlassen hat, wurde seine Lehre zunächst mündlich weiterverbreitet und entwickelte sich mit der Zeit zum Buddhismus, einer Weltreligion, der heute etwa 400 Millionen Menschen angehören. Wie um alle Religionsgründer ranken sich auch um Buddha viele Geschichten. Welche davon wahr und welche erfunden sind, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen.

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Konfuzius

(551–479 v. Chr.)

Konfuzius ist die lateinische Form des chinesischen Namens Kong Fuzi, was Meister Kong bedeutet. Er war Chinas erster namentlich bekannter Philosoph. Seine Lehre, die man später Konfuzianismus nannte, hat das chinesische Denken und Handeln viele Jahrhunderte stark beeinflusst und wirkt bis heute nach.

Konfuzius entstammte einem alten Adelsgeschlecht, das im Lauf der Zeit verarmte. Der Überlieferung nach starb sein Vater, als Konfuzius zwei Jahre alt war. Bei seiner noch jungen Mutter wuchs er in ärmlichen Verhältnissen auf. Vom zwölften Lebensjahr an kümmerte sich sein Großvater um die Erziehung des Jungen. Dieser Privatunterricht dauerte sechs Jahre und beinhaltete das Erlernen und Üben der sechs Künste: Schreiben, Rechnen, Musik, Tanzen, Bogenschießen und Wagenlenken.

Vermutlich liegt in der engen Beziehung zu seinem Großvater eine Ursache dafür, dass es Konfuzius besonders wichtig war, die Vorfahren zu ehren, die noch lebenden und die toten. Das zeigte sich auch in seiner Philosophie, nach der die alten Traditionen bewahrt und, wo nötig, wiederbelebt werden sollten.

Mit 19 Jahren heiratete Konfuzius und wurde ein Jahr später Vater eines Sohnes. Nun galt es, die Familie zu ernähren. Konfuzius arbeitete für verschiedene Herren in niederen Positionen. In jeder freien Minute las und lernte er. Sein erworbenes Wissen wollte er aber nicht für sich behalten, sondern weitergeben. Er gründete eine eigene Schule, in der er Geschichte, Dichtkunst und Musik unterrichtete.

Im Alter von 33 Jahren unternahm er mit zwei seiner Schüler eine Bildungsreise, um mehr über traditionelle chinesische Sitten und Gebräuche zu erfahren. Je mehr er von der alten Zeit wusste, desto klarer wurde für ihn, dass Staat und Gesellschaft zerrüttet waren. Es musste die gute alte Ordnung wiederhergestellt werden, in der jeder wusste, wo sein Platz war und wie er sich zu verhalten hatte. Der Untertan hatte dem Herrscher zu gehorchen, der Sohn dem Vater, der Jüngere dem Älteren, die Ehefrau ihrem Mann. Doch der Obere durfte nicht egoistisch und willkürlich handeln, sondern nur im Rahmen der Gesetze und der Traditionen. Stets musste er das Wohl des Untergebenen im Auge haben.

Mit der Zeit wuchs das Ansehen von Konfuzius. Im Alter von 50 Jahren wurde er Stadtgouverneur von Dschung-Du und drei Jahre später bot ihm sein Landesfürst das Amt des Justizministers an. Konfuzius sah eine große Chance, seine Vorstellungen von einem gerechten Zusammenleben nun auch politisch umzusetzen. Allerdings hielt er nichts davon, die Menschen mit Gewalt zur Einhaltung der Gesetze zu zwingen; vielmehr sollten sie aus eigener Einsicht richtig handeln. Dazu war eine umfassende Bildung nötig.

Diesen Ansatz hielten manche in der Regierung für falsch und gefährlich. Sie drängten Konfuzius aus dem Amt; er musste nicht nur zurücktreten, sondern auch das Land verlassen. Von 497 bis 483 v. Chr. führte er ein unstetes Leben. Zusammen mit einigen Schülern zog er herum und versuchte mehrfach, bei herrschenden Fürsten Einfluss zu gewinnen, was ihm aber nicht gelang. Angeblich entging er einmal nur knapp einem Mordanschlag.

Nach 14 Jahren durfte er in seine Heimat zurückkehren, aber kein Amt mehr antreten. So bemühte er sich, den Kreis seiner Schüler zu erweitern, um seine Gedanken durch sie zu verbreiten.

Nach Konfuzius ist der ideale Mensch ein »edler« Mensch. Zum »Edlen« gehören Mitmenschlichkeit, Gerechtigkeit, Achtung vor den Ahnen, Einhaltung der bewahrenswerten Traditionen. Konfuzius wusste, dass ein Ideal niemals erreicht werden kann. Aber jeder Mensch müsse sich bemühen, ihm so nahe wie möglich zu kommen, fand er.

Eine zentrale Aussage seiner Lehre lautet: »Füge niemandem etwas zu, von dem du nicht willst, dass es dir zugefügt wird.«

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Platon

(um 427–347 v. Chr.)

Als Platon in Athen geboren wurde, war Griechenland noch kein einheitlicher Staat; es gab viele Klein- oder Stadtstaaten, die die Griechen »Polis« nannten. Athen war einer davon. Dort hatte sich in jener Zeit eine völlig neue Herrschaftsform entwickelt: die Demokratie. Für die männlichen Bürger Athens denn Frauen blieben von den Ämtern ausgeschlossen und besaßen auch kein Wahlrecht – galt nicht mehr das Prinzip von Befehl und Gehorsam, sondern von Rede und Gegenrede. Mit diesem öffentlichen Nachdenken und Reden, bei dem eine Sache von allen Seiten beleuchtet wird, haben die Athener sozusagen nebenbei die Philosophie erfunden. Nun waren neue Gedanken über Götter und Menschen, über Himmel und Erde möglich. Doch die Demokratie und die neuen Gedanken gefielen nicht allen Athenern.

Als Sohn einer vornehmen und reichen Familie erlebte Platon in seiner Jugend den Niedergang der Demokratie, den Aufstieg des Feldherrn Alkibiades zum Führer Athens, dessen baldigen Sturz und die anschließende »Herrschaft der Dreißig«. Während der acht Monate, die sie an der Macht waren, ließen sie mehr als 1500 Gegner ermorden.

Über diese schlimme Zeit schrieb Platon im Alter: »Einst, als ich jung war, erging es mir wie vielen anderen. Ich glaubte nämlich, sobald ich mündig geworden sei, mich sofort mit den öffentlichen Angelegenheiten der Stadt befassen zu müssen.«

Das tat er nicht, obwohl die 30 Tyrannen gestürzt wurden. Doch von der neu gewählten demokratischen Regierung wurde er tief enttäuscht, denn sie klagte seinen Lehrer und Freund Sokrates wegen »Gottlosigkeit und verderblichem Einfluss auf die Jugend« an. Platon verfolgte den Prozess im Gerichtssaal und musste miterleben, wie Sokrates, dessen Schüler er acht Jahre lang gewesen war, mit zweifelhaften Argumenten und »Beweisen« zum Tod verurteilt wurde.

»Bei der Betrachtung solcher Vorgänge und der Menschen, welche damals an der Spitze der Staatsverwaltung standen, ferner bei näherer Prüfung der Staatsgesetze und der sittlichen Gewohnheiten der Bürger, schien mir die Verwaltung eines Staatsamtes mit der Vernunft desto schwerer vereinbar, je tiefer ich in diese Zustände blickte und je mehr ich dem reiferen Alter zuschritt«, schrieb Platon. »So beschloss ich, zwar nicht vom Nachdenken über mögliche Verbesserungen dieser politischen Zustände und der Staatsverfassung ganz abzulassen, mit einem tätigen politischen Wirken aber bis auf bessere Zeiten zu warten.«

Die besseren Zeiten kamen nicht, Platon wurde nicht Staatsmann, wie er es sich einmal vorgestellt hatte; seine hohen moralischen Ansprüche ließen sich mit der Politik nicht vereinbaren. So nahm sein Leben einen anderen Verlauf, er widmete sich ganz der Philosophie.

Um sich weiterzubilden, reiste er nach Ägypten, Kyrene (im heutigen Libyen), Süditalien und Sizilien. Nach zwei Jahren kehrte er zurück und gründete die »Akademie«, eine Philosophenschule, die fast 1000 Jahre bestand. Ein Ergebnis seines Nachdenkens war sein Buch »Politeia« (»Der Staat«), in dem er unter anderem einen idealen Staat entwarf. Darin formuliert er einen zentralen Grundgedanken: Alles Übel und Elend in der Politik wird erst dann aufhören, »wenn entweder die Philosophen Könige werden in den Staaten, oder die jetzt sogenannten Könige und Herrscher sich aufrichtig und gründlich mit der Philosophie befassen, und dies beides in eins zusammenfällt, Macht im Staat und Philosophie«.

Platons Entwurf eines idealen Staates wurde zum Urtext in der Geschichte der Staatsideen. Viele Denker und Dichter, die später eigene Staats- und Gesellschaftsmodelle entwickelten, bezogen sich auf ihn.

In den letzten Jahren seines Lebens wuchs Platons Ansehen und das seiner Akademie stetig. Von weit her kamen junge Männer nach Athen, um in der Akademie zu lernen. Platons begabtester Schüler war Aristoteles.

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Aristoteles

(384–322 v. Chr.)

Neben Sokrates und Platon wird auch Aristoteles genannt, wenn von den großen Philosophen der griechischen Antike die Rede ist – dabei war er doch der erste Naturwissenschaftler. Was heute ein Widerspruch zu sein scheint, war damals keiner. Denn zur Philosophie gehörten für die alten Griechen alle Wissensgebiete.

Aristoteles’ Vater war Leibarzt des Königs von Makedonien, seine Mutter stammte aus einer Arztfamilie. So war es nicht verwunderlich, dass Aristoteles ursprünglich auch Arzt werden wollte. Schon als Junge sezierte er kleine Tiere, um zu erkennen, wie die Organe miteinander verbunden sind und funktionieren. Er verglich die verschiedenen Tiere, stellte Gemeinsamkeiten und Unterschiede fest. Diese Vorgehensweise ist die erste Stufe des naturwissenschaftlichen Arbeitens: Beobachten der Natur, Zusammentragen der dadurch gewonnenen Erkenntnisse, Ordnungen bilden, Schlussfolgerungen ziehen.

Weil er mehr wissen und verstehen wollte, ging er als 17-Jähriger nach Athen, um an Platons berühmter Akademie zu studieren. Gut 20 Jahre blieb er dort, erst als Schüler, später als Lehrer. Obwohl er Platon verehrte, hielt Aristoteles manches an dessen Philosophie nicht für stimmig und entwickelte eigene Gedanken und Theorien.

347 v. Chr. starb Platon. Doch nicht Aristoteles wurde zum neuen Leiter der Akademie berufen, sondern ein Neffe Platons, der als Gelehrter unbedeutend war. Aristoteles war enttäuscht und verließ Athen.

Zwei Jahre lebte er am Hof des Fürsten Hermias, der in seiner Jugend an der Akademie studiert hatte und seitdem mit Aristoteles befreundet war. Dieser heiratete eine Nichte von Hermias und zog mit ihr nach Mytilene auf der Insel Lesbos.

Im Jahre 343 v. Chr. bat ihn der makedonische König Philipp II., seinen damals 13-jährigen Sohn Alexander – später aufgrund seiner militärischen Erfolge »der Große« genannt – zu unterrichten. Damit bot sich Aristoteles die Möglichkeit, einen angehenden König zu einem Philosophen zu machen, so wie es Platon vorgeschwebt hatte. Historiker bezweifeln allerdings, dass ihm das gelungen ist.

Nachdem Alexander im Jahr 336 v. Chr. seinem Vater auf den Thron folgte, zog Aristoteles wieder nach Athen und gründete eine eigene Schule, die schon bald einen besseren Ruf genoss als Platons Akademie. Aristoteles nahm seine Studien wieder auf und beschäftigte sich vor allem mit der Frage, wie die Erscheinungen der Natur und des Lebens geordnet werden können. Das zu leisten, war seiner Meinung nach die Aufgabe der verschiedenen Wissensgebiete innerhalb der Philosophie.

Im Bereich des politischen Lebens hat Aristoteles zum Beispiel die verschiedenen Herrschaftsformen beobachtet und dann eine Ordnung formuliert, die Schüler bis zum heutigen Tag lernen: die erste Staatsformenlehre.

 

Staats- und Herrschaftsformen

Anzahl der Herrscher: Rechtmäßige Herrschaft Unrechtmäßige Herrschaft
Einer Monarchie Tyrannis
Einige Aristokratie Oligarchie
Alle Republik Demokratie

Die drei »rechtmäßigen« Staats- und Herrschaftsformen dienen dem Wohl der Allgemeinheit, die drei »unrechtmäßigen« dienen nur dem Wohl der Herrschenden. Die Demokratie, also die Volksherrschaft, zählte Aristoteles zu den schlechten Herrschaftsformen, weil seiner Meinung nach die vielen einfachen Menschen nicht in der Lage sind zu erkennen, was zum Wohl der Allgemeinheit notwendig ist.

Nach dem Tod Alexanders des Großen wurde die Stimmung in Athen feindselig gegen alles Makedonische und damit auch gegen Aristoteles. Wie Sokrates sollte er wegen Gottlosigkeit angeklagt werden. Damit sich die Athener nicht »ein zweites Mal an der Philosophie versündigen«, floh er auf die Insel Euböa, wo er im Jahr 322 v. Chr. starb.

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Gaius Julius Cäsar

(100–44 v. Chr.)

Im Jahr 1957 schufen der Schriftsteller René Goscinny und der Zeichner Albert Uderzo die Comic-Serie um den kleinen Gallier »Asterix«. Darin spielt auch der römische Feldherr Cäsar mit. Und es soll Leute geben, die glauben, den hätten Goscinny und Uderzo ebenfalls erfunden. Das stimmt nicht, Cäsar hat wirklich gelebt – und wie!

Geboren wurde er als einziger Sohn einer alten und hoch angesehenen römischen Adelsfamilie. Sie war zwar verarmt, betrachtete sich aber als Nachfahren des trojanischen Helden Äneas, welcher der Sage nach ein Sohn der Göttin Venus war. Auch wenn das schon weit zurücklag, bestand für die Familie kein Zweifel, dass in den Adern des kleinen Gaius göttliches Blut floss. Und schon bei seiner Geburt war klar, dass er später Politiker werden sollte, um im Reich mitzubestimmen. Für den Erstgeborenen war das nach römischer Sitte sozusagen Pflicht. Um die dafür notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, musste Gaius fleißig lernen – denn selbst der Urururur…enkel einer Göttin wusste und konnte bei seiner Geburt nicht mehr als andere Babys.

Als Gaius heranwuchs, stritten in Rom zwei Parteien um die Macht: die Optimaten und die Popularen. Zu den Optimaten gehörte der alte Adel, der wollte, dass sich möglichst wenig änderte; die Popularen waren für mehr Mitbestimmung des Volkes. Der Geschichtsschreiber Sallust notierte dazu: »So wurde alles in zwei Parteien auseinandergerissen; die Republik aber ging zwischen beiden zugrunde.«

In dieser Umbruchzeit nutzte Cäsar jede Möglichkeit, um politisch aufzusteigen. Das ging von »Vetternwirtschaft« über »taktische« Ehen bis zu Bestechung.

Sein erstes wichtiges Amt erhielt er mit 39 Jahren als Statthalter Roms in Spanien. Dort eroberte er mit seinen Soldaten weitere Gebiete und erwarb sich den Ruf, ein fähiger Feldherr zu sein. Einen Teil der reichen Beute steckte er in die eigene Tasche. So machte er es auch, als er später Statthalter in Gallien wurde. Nach und nach eroberte er ein Gebiet, das heute Frankreich, Teile der Schweiz, die Niederlande und Belgien umfasst. Aber Cäsar wollte nicht Statthalter Roms in Gallien bleiben, sein Ziel war die Macht in Rom. Die wollte auch Pompeius, ein früherer Verbündeter Cäsars. Im Jahr 49 v. Chr. zog Cäsar mit seinen Truppen in Richtung Heimat. Es kam zum Bürgerkrieg gegen die Legionen Pompeius’, aus dem Cäsar als Sieger hervorging. Er war jetzt der mächtigste Mann in Rom. Das wollte er sozusagen schriftlich haben und ließ sich vom Senat zum Alleinherrscher, zum Diktator, ernennen. Zunächst für zehn Jahre.

So brutal Cäsar seine Gegner behandelte, so klug und umsichtig reformierte er das Römische Reich. Er organisierte die Verwaltung neu, sorgte für einheitliche Gesetze, führte einen neuen, den julianischen Kalender ein und ließ Siedlungen für die Arbeiter bauen. Die verehrten ihn, ja sie vergötterten ihn. Die Geschichte von seiner göttlichen Abstammung machte die Runde. Wie sonst hätte er so erfolgreich sein und ein Weltreich zusammenerobern können?

Vielleicht glaubte er das insgeheim auch; vielleicht stieg ihm das alles zu Kopf, jedenfalls ernannte er sich selbst zum Diktator auf Lebenszeit. Nach der römischen Verfassung war das nicht möglich, doch das war Cäsar egal. Die kritischen Männer im Senat, denen Cäsars eigenmächtiges Handeln schon lange ein Dorn im Auge war, wollten das nicht auch noch hinnehmen. Sie beschlossen, ihn umzubringen.

Am 15. März 44 v. Chr. stand eine Sitzung des Senats auf der Tagesordnung. Als Cäsar das Gebäude betrat, wurde er sofort von mehreren Senatoren umringt und mit 23 Messerstichen getötet.

Gaius Julius Cäsar ist unsterblich – nicht weil er ein Gott war, sondern weil er bis heute die Menschen beschäftigt. Viele Dichter haben über ihn geschrieben, sein Leben wurde mehrfach verfilmt. Aus seinem Namen wurden später die Titel »Kaiser« und »Zar«. Und Lateinschüler lesen bis heute sein Werk »Über den Gallischen Krieg« – ohne das es vermutlich auch die Asterix-Comics nicht gäbe.

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Kleopatra

(69–30 v. Chr.)

Kleopatra ist die berühmteste Frau der Antike. Über sie wurden so viele Geschichten erzählt wie über keine andere Frau. Es gibt zahlreiche Bücher und Filme – und einen Comic, der ebenfalls verfilmt wurde: »Asterix und Kleopatra«.

Manches aus ihrem Leben ist überliefert, anderes wurde im Lauf der Zeit dazuerfunden, um die Frau noch interessanter zu machen.

Kleopatra war die Tochter des ägyptischen Königs Ptolemaios XII. Sie wurde in Alexandria geboren und hatte mehrere Geschwister. Über ihre Kindheit ist wenig bekannt, aber man geht davon aus, dass sie eine gute Erziehung erhielt und sehr gebildet war. Es heißt, sie habe neun Sprachen beherrscht, unter anderem Ägyptisch. Für die Tochter des Königs von Ägypten scheint uns das normal zu sein; doch das war es damals keineswegs. In der 300-jährigen Herrschaft der Ptolemäer war Kleopatra die Erste, die der Sprache des Volkes mächtig war. Alle anderen Mitglieder der Herrscherfamilie sprachen Griechisch.

Im Jahr 51 v. Chr. starb der König. In seinem Testament hatte er bestimmt, dass Kleopatra und ihr zehnjähriger Bruder Ptolemaios XIII. ihm gemeinsam auf den Thron folgen sollten. Und nicht nur das, sie sollten auch heiraten, wie es damals Brauch war.

Kleopatra war sehr ehrgeizig und wollte allein regieren; ihren kleinen Bruder nahm sie nicht ernst. Anfangs konnte sie sich auch durchsetzen, was daran zu sehen ist, dass wichtige Dokumente nur von ihr unterzeichnet wurden. Doch nach knapp zwei Jahren änderte sich das. Die Berater ihres Bruders und Ehegemahls stachelten Ptolemaios gegen seine Schwester auf. Kleopatra wurde abgesetzt und musste nun um ihr Leben fürchten. Deshalb floh sie aus Ägypten. Doch sie war nicht bereit, ihrem Bruder und seinen Beratern das Feld kampflos zu überlassen, und schwor ihnen Rache.

Wenig später marschierte der römische Feldherr Gaius Julius Cäsar in Alexandria ein und besetzte den Palast. Als Kleopatra das erfuhr, sah sie ihre Chance – als Frau! Sie wollte diesen Römer für sich gewinnen. Es gab nur ein Problem: Wie sollte sie unerkannt in den Palast kommen? Da hatte sie eine Idee, die als raffiniertestes Rendezvous in die Geschichte einging: Sie ließ sich von einem treuen Diener in einen Teppich einrollen. Der Diener trug sie zum Palast und sagte dort, er wolle Cäsar den wertvollen Teppich schenken. Man führte ihn zu Cäsar. Vor ihm legte der Diener den Teppich auf den Boden und rollte ihn auf; zum Vorschein kam Kleopatra. Es heißt, sie habe teuren Schmuck getragen, sei kräftig geschminkt und nur leicht bekleidet gewesen. Cäsar habe sich sofort in die viel jüngere Frau verliebt. Ob das alles stimmt, kann heute niemand mehr mit Sicherheit sagen. Wahr ist jedoch, dass der römische Feldherr und die abgesetzte Königin eine Liebesbeziehung hatten. Für Kleopatra besiegte Cäsar die Soldaten ihres Bruders, der noch fliehen konnte, dabei aber im Nil ertrank. Daraufhin setzte Cäsar seine Geliebte wieder als Königin ein. Um das Testament ihres Vaters zu erfüllen, heiratete Kleopatra abermals einen jüngeren Bruder, Ptolemaios XIV., den sie 44 v. Chr. vermutlich aus politischen Gründen ermorden ließ.

Kleopatra und Cäsar bekamen einen Sohn und nannten ihn Cäsarion, »kleiner Cäsar«. Alles schien bestens. Doch im Frühjahr 47 v. Chr. ging Cäsar zurück nach Rom – ohne Kleopatra und seinen Sohn. Eineinhalb Jahre später folgte sie ihm mit Cäsarion. An Cäsars Seite wollte sie die Herrscherin eines Weltreiches werden. Daraus wurde allerdings nichts, denn Cäsar war verheiratet. Er nahm Kleopatra und Cäsarion nicht bei sich im Palast auf, sondern ließ sie als Gäste in einem seiner Häuser wohnen. Daran änderte sich nichts, bis er 44 v. Chr. ermordet wurde.

Drei Jahre später versuchte Kleopatra mit Marcus Antonius, einem der Nachfolger Cäsars, noch einmal, die Herrschaft über ein großes Reich zu erobern. Als der Versuch scheiterte, stürzte sich Marcus Antonius in sein Schwert. Cäsarion wurde von den Feinden erschlagen. Da Kleopatra ihnen nicht in die Hände fallen wollte, nahm sie sich das Leben. Auch darüber gibt es viele Geschichten. Die bekannteste lautet: Kleopatra legte sich eine Giftschlange an die Brust und ließ sich von ihr beißen.

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Jesus von Nazareth

(um 6 v. Chr. – 30 n. Chr.)

Vor mehr als 2000 Jahren lebte der Zimmermann Josef mit seiner Frau Maria in Nazareth, einem kleinen Dorf in Palästina. Maria wurde schwanger und brachte einen Jungen zur Welt, dem sie den Namen Jesus gaben. Das war ungefähr im Jahr 6 vor unserer Zeitrechnung. Mehr und Genaueres wissen wir nicht.

Nach den ältesten schriftlichen Überlieferungen lernte Jesus als Erstgeborener das Handwerk seines Vaters. Seine Eltern schickten ihn auch in die Schule, wo er vor allem die Gesetze Gottes lernen sollte. Den Lehrern fiel auf, dass Jesus sehr neugierig war und mehr über Gott wissen wollte als die anderen Kinder.

Als er etwa 28 Jahre alt war, sagte ihm eine innere Stimme, er sei nicht dazu geschaffen, für immer Zimmermann zu sein, er müsse sein Leben ändern und etwas anderes tun. Da gab Jesus seinen Beruf auf, verließ seine Heimatstadt und wanderte durchs Land.

Eines Tages kam er an den Jordan, wo Johannes der Täufer predigte und taufte. Jesus hörte ihm lange zu und ließ sich von ihm taufen. Dann zog er weiter und predigte selbst.

Eines Tages kam er an den See Genezareth. Dort traf er ein paar Fischer, die müde und mürrisch waren, weil sie kaum etwas gefangen hatten. Jesus tröstete sie und sagte, sie sollten noch einmal hinausfahren, dann würden sie einen guten Fang machen.

»Du kannst zwar schöne Geschichten erzählen, aber vom Fischfang hast du keine Ahnung«, sagte einer und machte sich über Jesus lustig. Die Brüder Simon Petrus und Andreas waren erstaunt über die Sicherheit, mit der Jesus ihnen einen guten Fang versprach. Sie fuhren hinaus und warfen ihre Netze aus. Die waren bald so voll, dass die Männer es nicht fassen konnten. Für sie war es ein Wunder und der Beweis, dass Jesus kein gewöhnlicher Mensch sein konnte.

»Wenn ihr mit mir geht, werden wir Gottes Wort verkünden, damit immer mehr Menschen auf den richtigen Weg finden. Wollt ihr mir dabei helfen?«, fragte Jesus. Simon Petrus, Andreas, Jakobus und Johannes waren so beeindruckt von ihm, dass sie alles zurückließen und ihm folgten. Sie wurden seine ersten Jünger. In den nächsten Wochen scharte Jesus noch acht weitere Männer um sich, die bei ihm blieben.

Jesus wollte, dass die Menschen einander achten und liebevoll miteinander umgehen. Deswegen lehrte er sie Folgendes: »Früher hieß es: Ihr sollt andere so behandeln, wie sie euch behandeln, also Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ich aber sage euch: Vergeltet nicht Böses mit Bösem, sonst nimmt das Böse kein Ende. Wenn euch einer auf die linke Wange schlägt, so halte ihm auch die rechte hin. Wenn euch einer etwas Böses tut, tut ihr ihm etwas Gutes. Dann wird das Böse aus der Welt verschwinden.

Früher hieß es: Liebe deine Freunde und hasse deine Feinde. Ich aber sage euch: Ihr sollt niemand hassen. Versucht auch eure Feinde zu lieben. So wie Gott euch mit allen euren Stärken und Schwächen liebt, so liebt er auch die anderen.«

Jesus kümmerte sich auch um die Außenseiter der Gesellschaft und sagte, ein Mensch, der seine Sünden bereue, sei Gott lieber als einer, der besonders fromm sei, alle Gesetze und Regeln einhielte – und dabei nur an sich selbst denke. Als sich immer mehr Menschen um ihn scharten, wenn er irgendwo predigte, sahen die Geistlichen in ihm eine Gefahr für sich und wollten ihn loswerden. Sie beschuldigten ihn der Gotteslästerung und behaupteten, er hetze das Volk gegen die Obrigkeit auf.

In Jerusalem wurde Jesus verhaftet, angeklagt und zum Tod am Kreuz verurteilt. Der Leichnam wurde in ein Felsengrab gelegt. Zwei Tage später gingen ein paar Frauen zum Grab; sie wollten den toten Jesus mit duftenden Ölen einreiben, so wie es bei den Juden Brauch war. Doch das Grab war leer. Die Jünger glaubten, Jesus sei von den Toten auferstanden. Sie verkündeten die frohe Botschaft, und bald bildeten sich überall Gemeinden, die diese Botschaft weitertrugen. So entwickelte und verbreitete sich im 1. Jahrhundert das Christentum, obwohl es lange Zeit verboten war und seine Anhänger um ihr Leben fürchten mussten. Heute ist das Christentum eine der großen Weltreligionen.

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Karl der Große

(vermutlich 748–814)

Früher waren die Leute in Europa deutlich kleiner als heute, jedenfalls im Durchschnitt. Aber auch vor 1000 und noch mehr Jahren gab es schon lange Kerle. Einer von ihnen war Karl der Große. Wissenschaftler gehen davon aus, dass er mindestens 1,90 Meter groß war und damit die meisten seiner Zeitgenossen deutlich überragte. Doch nicht deswegen wurde er schon zu Lebzeiten »der Große« genannt. Diesen Beinamen verdiente er sich durch seine Leistungen.

Als Karl geboren wurde, gab es noch keine Länder, wie wir sie heute kennen. Sein Vater Pippin war König des Frankenreiches, in dem mehrere germanische Stämme und das sogenannte Gallien zusammengefasst waren. Als Pippin starb, regierten Karl und sein Bruder Karlmann das Reich gemeinsam; allerdings nur drei Jahre, dann starb Karlmann und Karl wurde im Jahr 771 Alleinherrscher über das Frankenreich. Wie die meisten Könige vor und nach ihm führte er viele Kriege. Sein Ziel war von Anfang an, alle Germanen in einem Reich zu vereinen; es fehlten ihm noch die Langobarden, Bayern und Sachsen. Die beiden ersten Völker unterwarf Karl mit seinen Soldaten schnell. Aber die heidnischen Sachsen wehrten sich mit allen Mitteln. Schließlich wurden sie nach einem grausamen Krieg, der 32 Jahre dauerte, doch besiegt und mussten den christlichen Glauben annehmen.

Damit waren zum ersten Mal in der Geschichte alle germanischen Stämme, aus denen später das deutsche Volk zusammenwuchs, in einem Reich vereint. Doch zu einem großen König gehört mehr, als Kriege zu gewinnen.

Nach allem, was wir heute wissen, verstand sich Karl als eine Art Vater seiner Völkerfamilie und kümmerte sich mehr als andere Könige um die Sorgen und Nöte der einfachen Leute, die ein armseliges Leben führten. Er regierte nicht von einer Hauptstadt aus, sondern reiste oft durch das Reich, um sich selbst ein Bild von den Zuständen zu machen. Dafür gab es überall sogenannte Pfalzen; das waren burg- oder schlossartige Gebäude, in denen der König Hof hielt. In manchen Pfalzen blieb er nur wenige Tage, in anderen viele Monate. Karls Lieblingspfalz war Aachen, wo er 814 starb und begraben wurde.

Trotz der vielen Reisen kam Karl in manche Gebiete des riesigen Reiches höchstens alle paar Jahre. Deswegen ließ er sich von überall her berichten und bestimmte dann, was zu geschehen hatte. Dabei regelte er auch kleinste Angelegenheiten wie den Verkauf von Feldfrüchten, Federvieh und Eiern. Er ließ Wald roden, um mehr Ackerland für die Bauern zu schaffen, und führte die »Dreifelderwirtschaft« ein, die schonender mit dem Ackerboden umging und zu besseren Ernten führte.

Auch die Bildung lag Karl am Herzen. Er ließ Kloster- und Domschulen einrichten, in denen Kinder von freien Bauern und Handwerkern in Religion, Lesen und Schreiben unterrichtet wurden. Er selbst hatte als Junge weder lesen noch schreiben gelernt und wollte das Versäumte im Alter nachholen. »Mit seinen Bemühungen kam er nicht weit, da er es zu spät begonnen hatte«, notierte dazu ein Zeitgenosse.

Karl sah sich jedoch nicht nur als Vater der Menschen im Frankenreich, sondern auch als Schutzherr aller Christen. Als er am Weihnachtsabend des Jahres 800 in Rom einen Gottesdienst besuchte, setzte ihm der Papst, dem Karl schon mehrfach gegen Angreifer geholfen hatte, eine Krone auf. Dann fiel er auf die Knie und rief: »Karl dem Erhabenen, dem von Gott gekrönten, großen und Frieden schaffenden Kaiser der Römer, Leben und Sieg!«

Karl soll sehr erschrocken gewesen sein und später gesagt haben, dass er die Kirche nie betreten hätte, wenn er von der Absicht des Papstes gewusst hätte. Aber so wurde er der erste deutsche Kaiser des Mittelalters und gleichzeitig der weltliche Führer der Christenheit.

Später sagten manche, er sei der erste Europäer gewesen, und bis heute wird er »Vater Europas« genannt.

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Marco Polo

(um 1254–1324)

Marco Polo gilt als einer der berühmtesten Entdecker der Weltgeschichte und gleichzeitig als einer der größten Lügner.

Wahr ist, dass er einer Kaufmannsfamilie entstammte, die in Venedig ansässig war. Sein Vater Niccolò und sein Onkel Matteo handelten mit verschiedenen Waren im Mittelmeerraum. Dabei führten ihre Reisen sie immer weiter nach Osten und 1266 kamen sie sogar bis nach China. Weil mit Gewürzen, Seidenstoffen und Tee in Europa viel Geld zu verdienen war, starteten die Brüder Polo im Jahr 1271 ihre zweite China-Reise. Diesmal durfte der 17-jährige Marco mit. Der lange, beschwerliche und gefährliche Weg führte über das heutige Israel, den Irak, das Hochland von Pamir, »Dach der Welt« genannt, durch die Wüste Gobi bis nach Peking. Nach fast vier Jahren und mehr als 7000 Kilometern erreichten sie ihr Ziel.

Der Mongolen-Kaiser Kublai-Khan, der damals in Peking herrschte, nahm die Europäer wohlwollend auf. Den späteren Berichten zufolge lernte Marco Polo schnell die Sprache der Einheimischen, gewann das Vertrauen des Kaisers und bekam einen hohen Posten am Hof. Im Auftrag Kublai-Khans bereiste er das Land und lernte auch einige Nachbarländer kennen. Dabei studierte er die Sitten und Gebräuche sowie die Lebensgewohnheiten der Menschen. Der Kaiser soll den intelligenten jungen Mann sogar zum Statthalter einer chinesischen Provinz ernannt haben.

17 Jahre lebten die Polos in China. Dann wollten sie wieder zurück nach Venedig. Zuerst verweigerte Kublai-Khan ihnen die Heimreise, willigte aber schließlich doch ein. Nach insgesamt 24 Jahren Abwesenheit erreichten sie 1295 ihre Heimatstadt.

Kublai-Khan hatte Marco Polo reich beschenkt, sodass der nun ein wohlhabender Mann war. Dass er weltberühmt wurde, ist einem Zufall zu verdanken.

Seit Langem kämpften Venedig und Genua um die Vorherrschaft als Handelszentrum am Mittelmeer. Dabei kam es schließlich zu kriegerischen Auseinandersetzungen, an denen auch Marco Polo teilnahm.

Im Jahr 1297 wurde er gefangen genommen und ins Gefängnis gesteckt. Einer seiner Mitgefangenen war der Schriftsteller Rustichello da Pisa, der schon einige Ritterromane geschrieben hatte. Marco Polo erzählte ihm von seinen Reiseerlebnissen und Rustichello da Pisa schrieb sie nieder. Das Buch »Von den Wundern der Welt« enthielt die ersten ausführlichen Beschreibungen des Fernen Ostens. So erfuhr man in Europa, dass es dort große Städte mit einer gut organisierten Verwaltung gab, dass die Menschen Papiergeld benutzten und sich am Kohlenfeuer wärmten. Allerdings wurde auch von Menschen mit Hundeköpfen, von Vogelmenschen und anderen absonderlichen Wesen erzählt.

Das war ein Grund dafür, dass bald Zweifel am Wahrheitsgehalt des ganzen Buches geäußert wurden. Und je mehr man in Europa vom Fernen Osten wusste, desto größer wurden diese Zweifel. In dem Buch stand zum Beispiel nichts von der gewaltigen Chinesischen Mauer. Auch den dort bereits angewendeten Buchdruck erwähnte Marco Polo nicht, obwohl der für ihn eine Sensation gewesen sein musste, denn in seiner Heimat wurden Bücher damals noch von Hand geschrieben. Und vom Schießpulver, das die Chinesen schon erfunden hatten, las man ebenfalls nichts.

Ziemlich fraglich schien auch, dass der Kaiser von China dem jungen Mann aus Venedig einen hohen Posten am Hof gab und ihn zum Statthalter einer Provinz machte. Es gibt keine historischen Belege dafür, dass Marco Polo in dieser Hinsicht die Wahrheit gesagt hat. Doch ob wahr oder gelogen, durch sein Buch wurde das Interesse vieler Europäer am Fernen Osten geweckt. Nun wollte man unbedingt jene reichen Länder erreichen, und zwar nicht mehr nur auf dem beschwerlichen Landweg, sondern möglichst auf dem Seeweg. Marco Polos Bericht löste weitere Entdeckungsreisen aus. Er selbst nahm an keiner mehr teil, sondern blieb in Venedig, heiratete und wurde Vater von drei Töchtern. Im Alter von 70 Jahren verstarb er am 8. Januar 1324.

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Johannes Gutenberg

(um 1400–1468)