Zahnweh in der Sommerhitze

Die Sommersonne stand hoch über dem kleinen Städtchen Schmuddelfing. Alle Schulkinder und Lehrer freuten sich auf die Ferien. Dann konnten sie endlich wieder ein paar Wochen faul in den Tag hineinleben.

Genauso wie die Olchis auf der Schmuddelfinger Müllkippe. Die müffelten immer den ganzen Tag gemütlich vor sich hin. Sie mussten nicht arbeiten und auch nie in die Schule gehen.

Der Müllberg war für die Olchis das reinste Paradies.

Hier bastelte Olchi-Papa an seinen Erfindungen, und die Olchi-Kinder spielten mit den Kröten und Ratten.

Wenn Olchi-Mama etwas kochen wollte, musste sie nur hinter die Höhle gehen. Dort hatte sie die gammeligsten Vorräte gestapelt.

Ja, es war wirklich ein schönes Leben auf dem Schmuddelfinger Müllberg. Hier hatten die Olchis alles, was sie brauchten.

Nun ja, zumindest fast alles …

 

Schon seit Tagen hatte es nicht mehr geregnet. Der ganze Müllberg war furztrocken. In keiner der schönen Schlammpfützen war mehr Wasser.

Die Olchi-Kinder konnten keine Matschknödel werfen. Und Olchi-Mama hatte keine Ahnung, wie sie ohne feuchten Schlamm ihre Schmuddelbrühe kochen sollte.

Missmutig saßen die Olchis im Schatten ihrer Muffelhöhle.

Und ausgerechnet jetzt musste das Olchi-Baby auch noch einen neuen Zahn bekommen. Es lag in seiner Obstkiste und plärrte aus Leibeskräften.

Olchi-Mama versuchte vergeblich, dem Olchi-Baby ein Stück Fahrradreifen zu geben, auf dem es herumkauen konnte. Und Olchi-Oma hatte es den Tag über schon 23 Mal um die Müllkippe getragen und ihm 57 Mal das Olchi-Lied vorgesungen. Doch das dumme Zahnweh wollte nicht weggehen.

 

Die beiden Olchi-Kinder spielten mit Feuerstuhl Verstecken.

»Hört mal, ihr Stinkerlinge«, sagte Olchi-Mama zu ihnen. »Könnt ihr bitte eine Weile auf das Olchi-Baby aufpassen?«

»Warum wir?«, riefen die Olchi-Kinder entsetzt.

Darauf, auf das quengelige Baby aufzupassen, hatten sie gar keine Lust.

»Warum denn nicht?«, sagte Olchi-Mama. »Ich will mit Olchi-Oma losziehen und nach einem Tümpel suchen.«

»Genau!«, bestätigte Olchi-Oma. »Irgendwo muss doch noch etwas Matschiges zu finden sein. Und ihr zwei könnt inzwischen ein bisschen Babysitten. Das schadet euch sicher nicht!«

Das eine Olchi-Kind verdrehte die Augen und brümmelte: »Schleimiger Schlammlappen! Babysitten ist echt total langweilig!«

»Sogar oberfurz-langweilig!«, meinte das andere Olchi-Kind.

 

»Was hör ich da?«, rief Olchi-Opa.

Er saß auf seinem alten Ofen und kaute an seiner Knochenpfeife.

»Vor 600 Jahren hab ich jede Menge Babys gesittet, und mir war nie langweilig. Ich war Erzieher in einer olchigen Kinderkrippe. Jeden Tag hab ich hundert kleine Babys gesittet!«

»Wunderbar!«, riefen die Olchi-Kinder. »Beim Kröterich, dann kannst du doch auf Olchi-Baby aufpassen! Wenn du das so gut kannst!«

Doch Olchi-Opa schüttelte den Kopf, dass seine Drahthaare klapperten.

»Hab keine Zeit! Muss mir gerade ein neues Gedicht ausdenken. Ein Dichter braucht Ruhe und Entspannung, das ist doch wohl klar.«

 

»Stellt euch nicht so an, Stinkerlinge!«, mischte sich jetzt Olchi-Papa ein. Er lag ausgestreckt in seiner Müll-Badewanne und hatte als Sonnenschutz eine Bananenschale auf dem Kopf. »Wieso könnt ihr eurer Mutter nicht den Gefallen tun? Macht euch ein bisschen nützlich!«

»Du kannst das doch machen!«, riefen die Olchi-Kinder. »Du hast doch Zeit!«

»Das sieht nur so aus«, sagte Olchi-Papa. »Aber ich muss mich ganz dringend ausruhen. Das viele Herummuffeln in dieser Hitze macht mich so schrecklich müde.«

Olchi-Baby plärrte immer noch. Die Olchi-Kinder schauten es nachdenklich an.

»Wir können so was nicht«, sagte das eine Olchi-Kind zu Olchi-Mama. »Wir wollen viel lieber noch ein bisschen Autoreifen herumschleudern.«

»Ach was!«, rief Olchi-Mama. »Ihr seid bestimmt sehr gute Babysitter. Versucht es einfach mal.«

»Aber wir wollten doch auch noch mit den Kröten spielen«, brümmelte das andere Olchi-Kind. »Jemand muss sich doch um die armen Kröten kümmern, oder?«

»Alles Ausreden!«, seufzte Olchi-Mama. »Überall hör ich nur Ausreden! Dann gibt es ab morgen wohl keine Schmuddelbrühe mehr.«

Die Wundermaschine

Plötzlich sahen sie Professor Brausewein über den Müllberg stapfen. Brausewein war ein berühmter Erfinder. Sein Labor hatte er am Gammelsberger Bahnhof in einem alten Eisenbahn-Waggon.

»Hallo, Olchis!«, rief er und winkte den Olchis zu.

Er schob ein merkwürdiges Ding vor sich her. Es war ziemlich groß und mit einer dunklen Plane abgedeckt.

Nur mit Mühe ließ sich das Gerät hinüber zur Olchi-Höhle rollen. Eine Menge Müllberg-Krempel lag da herum. Kisten, Rohre, Matratzen, Heizkörper, Papierstapel und kaputte Waschmaschinen versperrten den Weg.

Endlich hatte es Brausewein geschafft. Schnaufend setzte er sich auf einen Stapel Bretter und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

»Was bringst du denn da?«, fragte Olchi-Papa neugierig.

Auch er war ein großer Bastler, doch gegen Brauseweins geniale Erfindungen kam er nicht an.

Der Professor stand wieder auf. »Momentchen!«, sagte er und lächelte verschmitzt.

Er zog die Plane von dem Gerät, und die Olchis sahen eine flache Wanne, die auf ein fahrbares Gestell montiert war. Die Wanne war aus dunklem Metall und so glatt poliert, dass sie in der Sonne glänzte. An den Seiten waren Schläuche und Kabel, die zu einem Steuerpult führten. Alles sah ziemlich kompliziert aus.

Brausewein klappte ein verzweigtes Drahtgestell aus und sagte: »So, jetzt noch die Antenne ausrichten, und gleich werdet ihr staunen!«

»Ich staune jetzt schon«, murmelte Olchi-Opa. Er hüpfte von seinem Ofen und spuckte ein Stück Knochenpfeife auf den Boden.

»Kann man damit Musik machen?«, fragte Olchi-Oma, die sehr musikalisch war.

Brausewein lachte. »Leider nicht. Aber mein Apparat kann etwas viel Besseres!«

»Kann man damit fahren?«, fragten die Olchi-Kinder und fummelten an den Rädern herum.

»Nun sag schon«, rief Olchi-Papa ungeduldig. »Was kann dieses komische Ding?«

Brausewein machte ein wichtiges Gesicht.

»Es ist eine Art Reisemaschine.«

»Eine Reisemaschine?«, unterbrach ihn Olchi-Oma. »Ich will nicht verreisen. Beim Hühnerich, ich finde es ganz wunderschön hier.«

»Es handelt sich um eine ganz besondere Reise!« Brausewein tat immer noch geheimnisvoll. »Eine Reise in die Vergangenheit!«

»Äh? Wohin?«, fragte Olchi-Papa ungläubig.

»Ihr habt richtig gehört«, sagte der Professor. »Mit meiner Erfindung kann man zurück in die Vergangenheit reisen. Endlich ist es mir gelungen, Raum und Zeit zu überwinden. Vor euch steht eine echte Zeitmaschine!«

»Schleimeschlamm-und-Käsefuß!«, rief Olchi-Papa verblüfft.

Professor Brausewein hatte schon viele beeindruckende Sachen erfunden, aber das hier schien doch ganz und gar unglaublich.

Olchi-Papa rieb sich nachdenklich die grüne Knubbelnase und murmelte: »Beim Läuserich! Du erfindest Zeitmaschinen, und ich bastele immer noch an einfachen Staubwerfern herum!«