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Alles hat sich geändert, als der Zeiger des Weltalters von 19 auf 20 sprang. Auf fast allen Gebieten wurden im 20. Jahrhundert Entdeckungen gemacht oder Ideen entwickelt, die unser Bild vom Universum und von uns selbst auf den Kopf gestellt haben. Alles schien neu, nichts unmöglich: Maschinen, die denken, Hunde im Weltall und Menschen auf dem Mond. Alte Gewissheiten büßten ihre Geltung ein, hergebrachte Autoritäten verloren ihre Macht. Die Welt wollte kein Zentrum mehr kennen.

John Higgs beschwört hundert Jahre des produktiven Wahnsinns, charmant, rasant und mit hinreißendem Wissen um die skurrilen Details der Weltgeschichte.

John Higgs, geboren 1971, ist Journalist und Autor. Er veröffentlichte bisher unter anderem eine Biographie über den LSD-Guru Timothy Leary (I Have America Surrounded) und eine Geschichte der britischen Band The KLF. Außerdem produzierte er Computerspiele und arbeitete für die BBC.

Die Originalausgabe erschien 2015 unter dem Titel

Stranger Than We Can Imagine. Making Sense of the Twentieth Century

bei Weidenfeld & Nicolson (London).

Für Lia, die Post-Credits-Wende des 20. Jahrhunderts,
und für Isaac, die Vorspannsequenz des 21. Jahrhunderts.
In Liebe, Dad x

eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2018

Der vorliegende Text folgt der 1. Auflage der Ausgabe

des suhrkamp taschenbuchs 4839

© der deutschen Ausgabe Insel Verlag Berlin 2016

© John Higgs 2015

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Umschlagabbildungen:

akg-images (Laika);

Getty Images (Schallplatte, Foto: Christopher Stevenson;

Ufos, Foto: ZargonDesign; Keith Richards, Foto: Graham Wiltshire/Redferns; Salvador Dalí, Foto: Weegee (Arthur Fellig)/International Center of Photography); Simone de Beauvoir, Foto: Georges Bendrihem/AFP)

Umschlaggestaltung: hissmann, heilmann, hamburg

eISBN 978-3-518-74064-4

www.suhrkamp.de

JOHN HIGGS

EINSTEIN, FREUD

& SGT. PEPPER

Eine andere Geschichte
des 20. Jahrhunderts

Aus dem Englischen von
Michael Bischoff

Suhrkamp

Inhalt

Einleitung

1 RELATIVITÄTSTHEORIE

Die Zerstörung des Omphalos

2 MODERNE

Der Schock des Neuen

3 KRIEG

Hisst diesen Fetzen

4 INDIVIDUALISMUS

Tu, was du willst

5 DAS ES

Unter dem Pflaster liegt der Strand

6 UNBESTIMMTHEIT

Die Katze ist zugleich lebendig und tot

7 SCIENCE-FICTION

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit,weit entfernten Galaxis

8 NIHILISMUS

Ich helfe niemandem

9 WELTRAUM

Wir kamen in Frieden für die ganze Menschheit

10 SEX

Neunzehnhundertdreiundsechzig(was recht spät war für mich)

11 TEENAGER

Wop-bom-a-loo-mop-a-lomp-bom-bom

12 CHAOS

Der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien

13 WACHSTUM

Der Investor von heute profitiert nicht vom Wachstumvon gestern

14 POSTMODERNE

Ich habe Mr. McLuhan zufälligerweise gerade hier

15 NETZWERK

Ein Planet der Individuen

Dank

Anmerkungen und Quellen

Literatur

Bildnachweise

Register

»Wir mussten tun, was wir tun wollten.«

Keith Richards

EINLEITUNG

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Die mörderische Flugmaschine von Max Ernst, 1920.

Im Jahr 2010 zeigte die Londoner Tate Modern Gallery in einer Retrospektive das Werk des spätimpressionistischen Malers Paul Gauguin. Wer diese Ausstellung besuchte, konnte sich stundenlang in Gauguins romantisierender Vision der Südseeinsel Tahiti während des 19. Jahrhunderts ergehen. Es war eine Welt voll lebhafter Farben und einer von jeglicher Schuld freien Sexualität. Gauguin sah in seinen Bildern keinen Unterschied zwischen Mensch, Gott und Natur, und wenn man am Ende des Ausstellungsparcours angelangt war, hatte man das Gefühl, den Garten Eden verstanden zu haben.

Wer aus der Ausstellung kam, landete am Eingang der Abteilung für das 20. Jahrhundert. Es hätte keinen brutaleren Übergang geben können. Dort fanden sich die Werke von Picasso, Dalí, Ernst und vielen anderen. Man fragte sich ganz unwillkürlich, ob hier eine andere Beleuchtung herrschte, aber es war die Kunst, die den Raum kälter wirken ließ. Die Farbpalette bestand hauptsächlich aus Braun-, Grau-, Blau- und Schwarztönen. An manchen Stellen erschienen auch grellrote Flecken, doch die vermochten kaum aufzumuntern. Abgesehen von einem späten Picasso-Porträt waren Grün- und Gelbtöne nirgendwo zu sehen.

Diese Gemälde waren Bilder fremdartiger Landschaften, unverständlicher Strukturen und beunruhigender Träume. Die wenigen menschlichen Gestalten waren abstrakt, formal und ohne jede Berührung mit der natürlichen Welt. Die Skulpturen wirkten ähnlich antagonistisch. Zum Beispiel Man Rays Cadeau, ein Plätteisen, dessen mit Reißnägeln besetzte Fläche jeden Stoff, den man damit bügeln wollte, zerreißen müsste. Diesen Werken in einer von Gauguins Bildern geprägten Stimmung zu begegnen war nicht empfehlenswert. In diesem Raum gab es keinerlei Mitgefühl. Dort betrat man das abstrakte Reich der Theorie und der Begriffe. Nach den Werken, die das Herz ansprachen, war der unvermittelte Wechsel zu Arbeiten, die allein den Verstand ansprachen, eine traumatische Erfahrung.

Gauguins Werk reichte bis zu dessen Tod 1903, so dass man eigentlich einen glatteren Übergang in die Abteilung für das frühe 20. Jahrhundert erwartet hätte. Allerdings war Gauguins Werk kaum typisch für seine Zeit und fand erst nach seinem Tod weithin Anerkennung, aber der schrille Übergang sorgt dafür, dass wir immer noch nach der Antwort auf eine sehr grundlegende Frage suchen: Was zum Teufel geschah zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit der menschlichen Psyche? Die Tate Modern ist ein guter Ort, um diese Frage zu beantworten, kann sie doch als ein Tempel des 20. Jahrhunderts gelten. Aufgrund der Bedeutung, die das Wort »modern« in der Welt der Kunst besitzt, wird es für immer mit dieser Zeit verbunden bleiben. So gesehen verdeutlicht die Beliebtheit dieses Museums zugleich die Faszination, die diese Jahre bei uns auslösen, wie auch unseren Wunsch, sie zu verstehen.

Es gab einen Übergangsraum, der die beiden Ausstellungen voneinander trennte. Er wurde beherrscht von den Umrissen einer Industriestadt des 19. Jahrhunderts, die der italienisch-griechische Künstler Jannis Kounellis mit Kohle direkt auf die Wand gezeichnet hatte. Eine sparsame Skizze ohne jede menschlichen Figuren. Darüber hingen die ausgestopften Bälge einer Dohle und einer Nebelkrähe, die mit Pfeilen an die Wand gespießt worden waren. Ich bin mir nicht sicher, was der Künstler damit sagen wollte, doch für mich diente der Raum als Warnung vor dem Saal, den ich gleich betreten sollte. Es wäre möglicherweise netter gewesen, wenn die Tate diesen Raum als eine Art Dekompressionskammer benutzt hätte, als etwas, das die Entsprechung der Taucherkrankheit in der bildenden Kunst verhindern könnte.

Manche sähen in den toten Vögeln, so hieß es im Begleittext, »ein Symbol für den Todeskampf der Freiheit der Fantasie«. Im Kontext Gauguins und des 20. Jahrhunderts scheint mir allerdings eine andere Interpretation angemessener zu sein. Was immer dort über der Industriestadt des 19. Jahrhunderts gestorben sein mochte, die Freiheit der Fantasie war es nicht. Im Gegenteil, dieses Ungeheuer stieg gerade erst aus der Tiefe hervor.

Als ich kürzlich meine Weihnachtseinkäufe erledigte, ging ich in eine Buchhandlung, um dort ein Buch von Lucy Worsley zu kaufen, der Lieblingshistorikerin meiner im Teenager-Alter befindlichen Tochter. Falls Sie das Glück haben sollten, eine Tochter im Teenager-Alter zu haben, die einen Lieblingshistoriker besitzt, brauchen Sie nicht viel Überredungskunst, um dieses Interesse zu fördern.

Die Abteilung für Geschichte befand sich in einer Ecke des dritten Stocks ganz oben im Gebäude, als handelte Geschichte von verrückten Vorfahren, die man besser auf dem Speicher versteckt wie Figuren aus Jane Eyre. Das Buch, das ich suchte, war nicht vorrätig, weshalb ich es per Smartphone online bestellte. Ich wollte eine noch offene Zeitungsapp schließen, drückte dabei auf ein falsches Icon und startete ungewollt das Video einer Rede, die Präsident Obama wenige Stunden zuvor gehalten hatte. Das war im Dezember 2014, und er sprach über die Frage, ob der Hackerangriff auf Sony Pictures Entertainment – vermutlich orchestriert vom nordkoreanischen Regime, um Vergeltung zu üben für die als Beleidigung des Diktators Kim Jong-un verstandene Filmkomödie The Interview – als kriegerischer Akt zu werten sei.

Von Zeit zu Zeit gibt es Augenblicke, da wird deutlich, wie sonderbar das Leben im 21. Jahrhundert sein kann. Da befand ich mich also in Brighton, hielt ein dünnes Stück Metall und Glas in der Hand, das in Südkorea produziert worden war, mit amerikanischer Software betrieben wurde und mir den amerikanischen Präsidenten zeigte, der dem obersten Führer Nordkoreas drohte. Da wurde mir plötzlich bewusst, wie sehr sich doch das frühe 21. Jahrhundert von allen vorangegangenen Zeiten unterschied. Was an diesem Geschehen wäre wohl Ende des letzten Jahrhunderts unglaublicher erschienen? Dass es solch ein Gerät gab, mit dem ich den amerikanischen Präsidenten während meiner Weihnachtseinkäufe sehen konnte? Dass die Definition von Krieg sich in einer Weise verändert hatte, die nun auch Unannehmlichkeiten für das Sony-Management darunter fallen ließ? Oder dass die übrigen Käufer in diesem Laden mir gar keine Beachtung schenkten, während ich auf wundersame Weise diese zufällige Sendung verfolgte?

Ich stand zu diesem Zeitpunkt gerade bei den Regalen mit Büchern über die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Auf diesen Regalen befanden sich einige wunderbare Bücher, dicke und ausführliche Darstellungen jenes Jahrhunderts, über das wir am meisten wissen. Diese Bücher dienen als Straßenkarte für den Weg, auf dem wir die Welt erreicht haben, in der wir heute leben. Sie erzählen sehr präzise Geschichten über große Veränderung in der geopolitischen Machtverteilung: über den Ersten Weltkrieg, die Weltwirtschaftskrise, den Zweiten Weltkrieg, das amerikanische Jahrhundert und den Fall der Berliner Mauer. Aber irgendwie führt uns diese Geschichte gar nicht wirklich in die Welt, in der wir heute leben, verstrickt in ein Netzwerk ständiger Überwachung, unerträglichen Wettbewerbs, eines Tsunamis aus Trivialitäten und außergewöhnlichen Möglichkeiten.

Stellen Sie sich das 20. Jahrhundert als eine vor ihren Augen ausgebreitete Landschaft vor. Stellen Sie sich vor, die Ereignisse der zugehörigen Geschichte wären Berge, Flüsse, Wälder und Täler. Unser Problem liegt nicht darin, dass diese Zeit uns verborgen wäre, sondern dass wir zu viel über sie wissen. Wir alle wissen, dass diese Landschaft die Gebirge Pearl Harbors, der Titanic und der südafrikanischen Apartheid enthält. Wir wissen, dass sich in ihrem Zentrum die Verwüstungen des Faschismus und die Ungewissheit des Kalten Kriegs befinden. Wir wissen, dass die Menschen dieses Landes grausam, verzweifelt oder verängstigt sein konnten, und wir wissen auch warum. Das Gelände ist genauestens kartiert, katalogisiert und aufgezeichnet worden. Das kann überwältigend wirken.

Jedes der Geschichtswerke über das 20. Jahrhundert zeichnet einen anderen Weg durch dieses Gelände, aber diese Wege sind nicht so unterschiedlich, wie Sie vielleicht glauben. Viele stammen von Politikern oder politischen Journalisten oder besitzen eine starke politische Tendenz. Sie vertreten die Auffassung, Politiker hätten diese beschwerlichen Jahre geprägt, und folgen deshalb einem Weg, der diese Geschichte erzählt. Andere Bücher stecken Wege ab, die durch die Kunst oder die Technik der Zeit führen. Die sind möglicherweise nützlicher, können aber auch abstrakt und fern vom Leben der Menschen erscheinen. Und obwohl sich diese Wege voneinander unterscheiden, führen sie letztlich doch alle auf breite, ausgetretene Pfade.

Einen anderen Weg durch dieses Gelände zu finden ist ein einschüchterndes Unterfangen. Eine Reise durch das 20. Jahrhundert kann wie eine epische Suche anmuten. Die furchtlosen Abenteurer, die sich auf diese Reise begeben, kämpfen zuerst mit drei Riesen namens Einstein, Freud und Joyce. Sie müssen durch den Wald der quantenmechanischen Unbestimmtheit und die Burg der Konzeptkunst hindurch. Sie gehen den Drachen Jean-Paul Sartre und Ayn Rand aus dem Weg, deren Anblick sie, wenn nicht physisch, so doch emotional in Stein verwandeln könnte, und sie haben die Rätsel der Sphinxe Carl Gustav Jung und Timothy Leary zu lösen. Dann wird es schwierig. Die letzte Aufgabe besteht darin, irgendwie durch den Sumpf der Postmoderne hindurchzukommen. Es ist, wenn wir ehrlich sind, keine verlockende Reise.

Nur wenige Abenteurer, die sich an das 20. Jahrhundert heranwagen, schaffen es bis zur Postmoderne und durch sie hindurch. In der Regel gestehen sie ihre Niederlage ein und ziehen sich in ihr Basislager zurück. Das ist die Welt, wie sie am Ende des 19. Jahrhunderts verstanden wurde, gleich jenseits der Grenze, auf sicherem freundlichem Gebiet. Die großen Entdeckungen, die man bis dahin machte, behagen uns, und wir kommen gut damit klar. Aber wäre das wirklich der beste Ort für uns? Wenn wir das 21. Jahrhundert mit den Augen des 19. Jahrhunderts betrachten wollten, könnten wir es unmöglich verstehen.

Im Gelände des 20. Jahrhunderts finden sich auch dunkle Flecken tiefer, dichter Wälder. Die üblichen Wege führen meist darum herum, streifen sie allenfalls kurz, aber dann geht es rasch weiter, als hätte man Angst, sich darin zu verirren. Das sind Gebiete wie die Relativitätstheorie, der Kubismus, die Schlacht an der Somme, die Quantenmechanik, das Es, der Existenzialismus, Stalin, Bewusstseinserweiterung, die Chaostheorie und der Klimawandel. Sie stehen im Ruf, anfangs schwierig zu sein und dann immer verwirrender zu werden, je weiter man in sie eindringt. Als sie erstmals aufkamen, waren sie so radikal, dass es eines weitreichenden Umbaus des Weltbildes bedurfte, wenn man sich mit ihnen arrangieren wollte. Früher wirkten sie beängstigend, aber heute ist das anders. Wir sind jetzt Bürger des 21. Jahrhunderts. Das Gestern haben wir hinter uns gelassen. Wir sind dabei, dem Morgen zu begegnen. Wir sind inzwischen in der Lage, uns in den dunklen Wäldern des 20. Jahrhunderts zurechtzufinden.

Und so sieht unser Plan aus: Wir wollen eine Reise durch das 20. Jahrhundert unternehmen, auf der wir die Hauptstraßen verlassen und in die dunklen Wälder eindringen werden, um dort nach Schätzen zu suchen. Uns ist bewusst, dass ein Jahrhundert eine willkürliche zeitliche Abgrenzung darstellt. Die Historiker sprechen vom langen 19. Jahrhundert (1789-1914) oder vom kurzen 20. Jahrhundert (1914 bis 1991), weil diese Zeitabschnitte jeweils einen klaren Anfang und ein klares Ende besitzen. Für unsere Zwecke reicht es allerdings, wenn wir vom üblichen 20. Jahrhundert ausgehen, denn wir unternehmen eine Reise von jenem Augenblick, da die Dinge keinen Sinn mehr ergaben, bis zu dem Punkt, an dem wir heute stehen.

Wenn wir das schaffen wollen, müssen wir auswählen. Es gibt Millionen von Themen, die es verdienten, in eine Darstellung dieser Zeit aufgenommen zu werden, aber wir kämen nicht weit, wenn wir aus nostalgischen Gründen all unseren Favoriten einen Besuch abstatten. Über alles, worauf wir stoßen, gibt es eine gewaltige Fülle an Büchern und Debatten, die wir rücksichtslos umgehen müssen, wenn wir nicht darin stecken bleiben wollen. Wir sind auf einer Mission, nicht auf einer Kreuzfahrt. Wir machen uns nicht als Historiker auf diese Reise, sondern als neugierige Reisende oder als Abenteurer, die ein Ziel verfolgen, denn wir wissen sehr genau, worauf wir unsere Aufmerksamkeit konzentrieren werden.

Wir werden nach Dingen schauen, die wirklich neu, unerwartet und radikal waren. Wir interessieren uns nicht für die Folgen und Auswirkungen dieser Ideen. Wir können davon ausgehen, dass alles, was wir hier besuchen werden, einst als Skandal empfunden wurde, Zorn auslöste und wütende Anschuldigungen vonseiten des Status quo hervorrief. Diese Nachbeben sind ein wichtiger Teil der Geschichte, aber wenn wir uns auf sie konzentrieren, verdecken sie möglicherweise ein gerade entstehendes Muster. Wir wollen unsere Aufmerksamkeit auf die Richtung lenken, in die solche neuen Ideen weisen. Und sie weisen weitgehend in eine ähnliche Richtung.

In jeder Generation gibt es einen Augenblick, da Erinnerung in Geschichte umschlägt. Das 20. Jahrhundert entfernt sich immer weiter und kommt damit erst wirklich in Sicht. Man hat den Eindruck, dass die Ereignisse dieses Jahrhunderts inzwischen zur Geschichte gehören, und so ist dies der richtige Augenblick, um Bilanz zu ziehen.

Hier nun also ein alternativer Weg durch die Landschaft des 20. Jahrhunderts. Sein Zweck ist derselbe wie der aller Wege. Er wird uns dorthin führen, wohin wir gehen.

1 RELATIVITÄTSTHEORIE

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Albert Einstein in Chicago, ca. 1930.