Frei-Geist
„Der Poet steht außerhalb aller Ordnungen
und Systeme. Wie könnte er sonst
ihr Beobachter und Kritiker sein?“
Klaus Wohlschak
„Unabhängig leben
– in meiner kleinen, heilen Welt –
ist das Schönste!“
Eleonore Greisinger, Freigeist-Mutter, geb. 1941
Meine Seele nimmt mich an der Hand
– fort, an den Rand!
Manfred
Greisinger
- gut und selbstbestimmt
leben am Rande des Systems
Edition Stoareich All ent steig - seit 1991
„Je älter man wird,
desto ähnlicher wird man sich selbst.“
Maurice Chevalier
© Manfred Greisinger 2017
Herausgeber: Edition Stoareich
3804 Allentsteig www.stoareich.at
Autor/Fotos: Dr. Manfred Greisinger
Cover-Grafik: Stefanie Redl, wvnet
Verlag: myMorawa
von Morawa Lesezirkel GmbH
ISBN
978-3-99070-215-4 (Paperback)
978-3-99070-216-1 (Hardcover)
978-3-99070-217-8 (e-Book)
Das Werk, einschließlich seiner Teile,
ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung
ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors
unzulässig. Dies gilt insbesondere für die
elektronische oder sonstige Vervielfältigung,
Übersetzung, Verbreitung und öffentliche
Zugänglichmachung.
Widmung
Den Lebendigen,
Weltumarmern,
Warmherzigen,
Passionierten,
Rand-Wesen,
Behutsamen,
Liebenden,
Mutigen,
Echten,
Freien!
mg
„Geh Deinen Weg
und lass die Leute reden!“
Dante Alighieri (1265-1321)
Danke, Ihr liebevollen Freigeister
Lydia, Xaver, Kilian
Elli, Margit, Sanni, Caroline, Melanie, Philipp
Aida, Andrea, Anneliese, Brigitte, Conny,
Edmund, Elisabeth, Eva, Evelyn, Florentia, Felix,
Gottfried, Günther-Josef, Hans, Harald, Heidi,
Horst, Hubert, Karl, Klaus, Manuela, Martin,
Michael, Renate, Sabine, Silvia, Thomas, Ulli,
Walter, Werner
„Es ist traurig, eine Ausnahme zu sein.
Noch trauriger ist es, keine zu sein.“
Peter Altenberg
Puh: Parteipolitisches Geplänkel, Intrigen,
Karriere-Taktik, Netzwerken, Nettsein,
Medienshow, Stress um pseudowichtige
Aktualitäten, Rumgemotze, Regelwerk,
Nachbarschaftsstreit, Besserwisserei,
Mobbing, Bürokratie-Eskapaden …
Alltag im System –
das übergriffig, laut und fordernd ist.
Meine Seele nimmt mich an der Hand –
fort, an den Rand!
Hier ist durchatmen möglich.
Und loslassen. Zügellos frei sein.
Und Umorientierung:
von äußerem Lärm in innere Gelassenheit.
Runter von den Schienen –
in die eigene Spur!
Drossle die Maschine! Zähme die Ansprüche.
Weg vom inszenierten Schein
hin zum Echten, Authentischen, Ehrlichen.
Ich geh’ an den Rand, suche, genieße den
Abstand; und lasse … geschehen.
Ich übertrage den Fokus – raus aus dem
Zentrum vermeintlicher Bedeutsamkeit
an den Rand der Relativität.
Die Baumkronen wiegen sich,
ein Sonnenstrahl kitzelt die Biene –
bei ihrem Besuch der schönen, pink-violetten
Herbst-Malve;
der Sekundenzeiger gibt einen sanften Begleit-
Takt vor, keinesfalls trommelnd wie in/auf
der Großraumbüro-Galeere.
Alles ist gut.
Hier.
Am Rand des Alltagstrubels.
Im Luftschloss –
statt in der Tintenburg.
Ich bin gut zu mir –
sei Du, seien Sie gut zu sich,
liebevoll, achtsam und wertschätzend,
gelassen und ohne Druck!
Spüren wir die Freiräume im System auf!
Das Nährende, Feine, Schöne!
Ich tauch’ ein in meine Texte,
Rand-Notizen
einer Rand-Erscheinung.
- Sie wollen sie hören, lesen, mit-leben?
Danke!
Wie ehrend, vertrauensvoll.
Komm’, kommen Sie mit …
an den Rand des Systems –
wo die Freigeister tanzen.
Staats-System, Finanz- und Steuer-System,
Gesundheits-, Sozial- und Pensions-System,
Firmen-, Politik- und Medien-System!
System, System, System …
Versorgung, Arbeitsplatz-/Renten-Garantie;
„Holt euch, was euch zusteht!“
Vor allem Schutz und Sicherheit!!!
Wenn man was mit System macht, dann
passiert das wohlüberlegt. Strategisch. Ein
Schritt nach dem anderen. A bedingt B.
Darauf folgt C. Und E weiß, dass zuerst D
dran ist. Alles programmiert; klar. Schlüssig.
Und sicher. Nachvollziehbar, genau
kontrollierbar. Geordnet. Und ordentlich.
Und so langweilig, farblos, kalt.
Geburt, Kindheit, Kindergarten, Schule,
Pubertäts-Rebellion, Lehre, „mittlere Reife“,
Führerschein, Auto, Partnerschaft, Studium,
Titel, Job, Karriere, Ehe, Familie, Hausbau,
(zumindest) Wohnung, Kinder, Hobby, Kur,
Schulden, Sorgen, Geldverdienen, Scheidung,
Alimente, Kreditrückzahlung, Therapien.
Pension nach 45 Arbeitsjahren; spätestens.
Urkunde. Krankheit. Klinik. Pflegeheim.
Exitus.
Friedhof, Reihe 11, Grab 27.
Alles mit System.
Systemkonform.
Dazwischen ein bissl Freude, ein bissl Schalk,
ein bissl Feiern, ein bissl Reisen.
Ein bissl was in die eigene Tasche
wirtschaften, an der Finanz vorbei;
ein bissl den Partner betrügen, weil’s doch eh
alle tun. Und das Leben so kurz ist.
Ein bissl Grenzgang, Abenteuer, Mut,
Verwegenes …
Ein bissl am System kratzen …
Wenn’s keiner sieht …
Ja, das ist gut.
Das belebt.
Das macht Spaß.
Das System
systematisch
entsystematisieren.
Keine Gelegenheit auslassen,
um aus der strengen Reihe zu tanzen.
Selbst an der Supermarktkasse oder vor’m
Ticketschalter einen Schritt daneben stehen.
Wo’s luftiger ist. Wo man nicht nur den
Nacken des Vordermannes, pardon:
Vordermenschen – hoch das Gendersystem! –
sieht.
Am System herumprobieren, ob es wirklich
sooo ganz perfekt ist. Es testen, auszuhebeln
versuchen. Eh nicht bösartig; wir sind doch
keinesfalls – wie heißen jene? –
Systemverweigerer, gar Systemfeinde …
Nein, nur charmant und ein bissl keck
„nachfragen“, ob das alles wirklich so rigide
gesehen werden muss. Ob man den
Buchstaben des Gesetzes soo streng
anwenden muss.
Nicht, gell?!
Wir sind doch die charmanten Ösis, nicht so
streng verkorkste, nüchterne, überkorrekte
Piefkes, oder?!
Da geht doch was. Weil immer was geht.
Haben wir’s uns nicht alle schon mal
irgendwie „gerichtet“? Oder „richten
lassen“?! Wenn der Richtige, die Richtige die
Richtigen anruft. Und sich zu erkennen gibt.
Und diese, dieser wen an einer Schaltstelle des
Systems sitzen hat, der nur mit dem richtigen
Namen – gleichsam als Code – das System
„neu aufsetzt“ …
„Klar können wir an dem Preis noch
schrauben … klar ist trotz Überbuchung noch
was möglich … klar gibt’s einen besseren
Platz – mit Meerblick!“
Eine kleine Intervention hier, eine kleine
Wohltat dort; diese „Aufbesserung“ steht uns
doch zu. Manus manum lavat. Eine Hand
wäscht die andere. Und: Pecunia non olet. Geld
stinkt nicht. Wussten die Systemdiener schon
vor 2000 Jahren.
„Ja, selbstverständlich, Frau Hofrat, natürlich, gerne machen wir das, Herr Direktor, aber das ist doch überhaupt kein Problem, nicht im Mindesten, nichts würde ich lieber tun … Für SIE wirklich gerne … und jederzeit wieder … G´schamster Diener!“
Was versteht man konkret unter einem "System"? - Von der altgriechischen Herkunft abgeleitet ist “systema” ein aus mehreren Einzelteilen zusammengesetztes Ganzes. Es ist eine Gesamtheit von Elementen, die aufeinander bezogen und als nach außen hin abgegrenzte Struktur organisiert sind. Das gilt auch als Synonym dafür, wie eine Regierung oder ein Staat aufgebaut und gegliedert ist. Unter diesem Begriff umreißt man auch die Prinzipien, nach denen etwas geordnet ist; eine Einheit, die als Organisationsform aus verschiedenen Komponenten besteht, zum Beispiel ein Computersystem, eine Musikanlage, das ökologische System. Das Wesen von Systemen ist, dass eine Menge von Elementen im strukturellen Ganzen miteinander interagieren. Interagieren heißt: lebendiger Austausch. Und hier entsteht das Problem: Wo Systemelemente nur noch starr und leblos blockieren, ist – wie bei einem Panzer - Fortbewegung nur mehr eingeschränkt möglich. Und das System mauert, verteidigt sich vor allem selbst, ist nur noch für die Systemkonservierung da. Systeme sollen den Menschen dienen, nicht Menschen dem System!
Der Leviathan – im Alten Testament ein Ungeheuer in Gestalt eines Drachens – wurde vom engl. Staatsphilosophen Hobbes, 1588– 1679, als durchaus positive Bezeichnung für den allmächtigen Staat eingeführt. Heute wird der Leviathan, im Gegensatz zu Hobbes, als freiheits- und wohlstandsvernichtender bürokratischer Apparat verstanden.
Genau in dieser Doppeldeutigkeit liegen Segen und Grauen der Systeme. Hobbes nimmt zunächst einen anarchischen Urzu-stand der Gesellschaft an, der im Extrem durch einen Krieg aller gegen alle gekennzeichnet ist. Zur Herstellung einer dauerhaften Friedensordnung soll durch einen Gesellschaftsvertrag der Staat als Repräsentant der Gesellschaftsmitglieder etabliert werden. Diese übertragen zugleich ihre ursprünglichen Rechte, nach eigenem Ermessen völlig frei zu handeln, an den Staat. Der dann kontrollieren und auch bestrafen kann.
Und hier wird’s herausfordernd: Wie können wir diese Übertragung dosieren?! Weil’s eben nicht gelingt, wird der Leviathan zum (Bürokratie-)Monster, das nach allem greift, was in seiner Nähe ist, um es zu verschlingen. Ursprünglich formen wir behutsam und abgestimmt auf alle Beteiligten gescheite Strukturen, um einen Ablauf effizienter zu gestalten. Gut so. Es geht ja ums größtmögliche Gemeinwohl. Und gute Aufgabenverteilung. Doch mit den Strukturen etablieren sich Verwalter – die die neu entstandenen Positionen absichern, und ausweiten. Das Wachstum wird unkontrollierbar – wie ein Krebsgeschwür – zum Moloch; einer grausamen Macht, die immer wieder neue Opfer fordert. Denn diese Entität will wachsen und gedeihen, keinesfalls in ihrer Existenz bedroht werden.
„Der Freigeist muss diese Moloche enttarnen“, weiß Freund Martin, „der Freigeist schlägt Alarm, wo Regelwerk über das Individuum herrscht, Bürokratie zur Bürokratur wird und vermeintliches Gemeinwohl vom System nur vorgegaukelt wird; der Freigeist macht deutlich warnend klar: Das ist Gemein-UNwohl – das entfernt werden soll!“
So erfolge der Aufschrei vom System: „Uiii, igitt, dort ist ein Freigeist - Vorsicht!“ Für Apparatschiks stellt dieser mutig gegen’s GemeinUNwohl ankämpfende Typus einen absoluten Albtraum dar, direkt von der Hölle entsandt: Er denkt selbst, er urteilt selbst, er erlaubt sich auch noch eine eigene Meinung – unterläuft unsere Konventionen, Regeln und Bräuche. Verweigert den selbstverständlichen Applaus. Das ist gefährlich. Und genau das Gegenteil von den gewünschten systemkonformen, bedingungslos loyalen Managern. Also muss der Freigeist punziert und vom System ausgestoßen – wenn nicht gleich exekutiert – werden.
Das Problem sei, so die Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft, dass Studierende in ein System gezwängt werden: „Sie müssen nach der Uni fit für den Arbeitsmarkt sein, auf der anderen Seite sollen sie kritisch sein und Systeme hinterfragen.“ Es heiße also: Pass dich an, sonst kriegst du keinen Job, aber sei systemkritisch, revoltiere. „Das ist eine Diskrepanz, die schwer zu meistern ist!“
Und so entscheidet man sich für … die Bequemlichkeit. Angepasst lebt sich’s doch leichter. – Das Uni-System tut das seine dazu: Vorbei die Zeiten, da man (Saurier wie ich erinnern sich an die „Alte Rigorosenordnung“ samt edlem Philosophicum) den Semesterstudienplan mit maximalem Freiraum nahezu nach eigenem Gutdünken möglichst spannend zusammengestellt hatte. Die Studiengänge heute sind verschult; eben systematisiert. Nach dem Erfolgsmuster der Fachhochschulen. Ein paar Dutzend Kurse müssen – einer nach dem anderen – absolviert werden; Abweichung ausgeschlossen. Damit haben alle das System „intus“, ehe sie als Absolventen – „optimal vorbereitet“ – in die Arbeitspraxis wechseln.
„Das freie Leben in Österreich wird erstickt
durch eine überbordende Bürokratie und
durch einen Aufpasser-/Nanny-Staat.“
Manfred Perterer, SN-CR
Nicht genug damit, dass wir bereits rund um die Uhr per Smartphone unsere Aufenthaltsorte, unsere Meinungen, Vorlieben und Gefühle bereitwilligst der Öffentlichkeit melden, so gibt es tatsächlich noch eine Steigerungsstufe, um endgültig zum völlig trans-parenten Systemsklaven zu werden: Immer mehr Menschen lassen sich zur Identifikation Mikro-Chips implantieren.
Unfassbar, aber es gibt bereits in europäischen wie amerikanischen Firmen „Chipping-Parties“, in denen sich die Mitarbeiter/-innen reiskorngroße Mini-Chips zwischen Daumen und Zeigefinger unter die Haut jagen lassen; denn das bringe NUR VORTEILE, vor allem Bequemlichkeit: Man könne sich damit problemlos in die Büro-Computer einloggen, Bürotüren öffnen, den Kopierer bedienen und für Essen und Trinken aus den Automaten „im Vorbeigehen“ zahlen.
Weitere Funktionen sollen mit der Zeit dazukommen, teilt das Unternehmen „Three Square Market (32M)“ in Wisconsin mit – jede Programmierung ist möglich; 50 der 85 Mitarbeiter seien bereits gechippt. Man kann sich gut vorstellen, wie die anderen 35 nunmehr drangsaliert und gemobbt werden, weil sie sich doch der Modernität und Zukunft verschließen.
„Die Freiwilligkeit der Körpermodifikation muss aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses der Mitarbeiter angezweifelt werden“, warnt Datenexperte Josef Zawodsky. „Jene müssen um ihren Arbeitsplatz fürchten, wenn sie diesem Implantat nicht zustimmen!“ Übrigens: „Eine Möglichkeit, die Implantate abzuschalten, gibt es offenbar nicht. Sich einer Überwachung durch den Arbeitgeber zu entziehen, ist nicht möglich und stellt damit einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre dar“, betont Zawodsky.
Die Chips kommen von der schwedischen Firma „BioHax International“, die bereits mehrere Unternehmenskunden mit Implantaten ausgestattet hat. Laut einem Bericht des britischen „Telegraph“ hat sich das schwedische Start-up Epicenter bereits Anfang 2015 dazu entschieden, seinen 150 Mitgliedern und Mitarbeitern solche Implantate zu verpassen, die mit einer Funkerkennung und einem Speicherplatz ausgestattet sind. Mit Hilfe der Funktechnik NFC (Near Field Communication) können Informationen, die auf dem Chip gespeichert sind, innerhalb einer kurzen Distanz von wenigen Zentimetern ausgelesen werden.
Mit dem Chip lässt sich natürlich auch aufzeichnen, wann die Mitarbeiter ins Büro kommen und wie ihr Gesundheitszustand ist …
Diese Verschmelzung aus Technik und Mensch nennt man Biohacking. Und ich meine, die Entwicklung ist erst gestartet. Rund 50.000 Menschen trugen im Jahr 2016 weltweit bereits Computerchips unter der Haut. Darunter seien Rechtsanwälte oder Ärzte, die den Chip als Zugangskontrolle nutzen würden, erklärt Patrick Kramer, Gründer des Chipvertriebs Digiwell. Mit SAS hat die erste Fluglinie das Einchecken im Flugzeug mittels implantierten Chip getestet.
32M will damit vor allem das Geschäft mit Selbstbedienungskassen in Supermärkten ankurbeln. Die Firma hat derzeit rund 2000 Kioske, bei denen man per Selbstbedienungscheckout zahlen kann, in 20 verschiedenen Ländern in Betrieb.
Schon bald wird man uns klar machen, dass so ein Chip jeden Ausweis, jede Kreditkarte und vor allem jede medizinische E-Card ablösen könne. Und die sicherheitsorientierten Bürger/-innen werden jubeln und vielleicht sogar fordern: Am besten lassen wir unseren Kindern gleich bei der Geburt ein solches „NFC-Reiskorn-Mikro-Chip“ einpflanzen – damit wir als – verantwortungsvolle! - Eltern stets wissen, wo sich der Sprössling aufhält und wir alle relevanten Daten stets bei uns haben …
Vor allem aber hat das globalisierte Marktwirtschafts-System dann jederzeit ALLE Informationen über uns parat.
Ende der Freiheit! Der gechippte Sklave! -Eine grauenvolle Zukunftsvorstellung!
„Wir haben den Menschen eingebläut: Ihr seid
keine Bürger, sondern Konsumenten. – Die
Identität der Menschen wird somit von ihren
Konsumentscheidungen geprägt.“
Philipp Blom
„Die einzige Konstante im Universum ist die Veränderung“, lautete bereits die Erkenntnis des griechischen Philosophen Heraklit (535 -475 v. Chr.). Wir arbeiten jedoch SYSTEMATISCH dagegen.
Und starr ruht … das System. System der Systeme: der unzähligen Sozialversicherun-gen, unterteilt noch in Landesdirektionen, multicolor besetzt; Verwaltungen von Gemeinde, Bezirk, Land, Bund bis zur EU; die Kammern, die Sozialpartnerschaft.
Es ist ja kurios: Da jagt eine Reform die nächste – egal ob bei Schulen, Versicherungen oder überhaupt in der öffentlichen Bürokratie – und die Systeme werden immer starrer. Luftundurchlässiger. Völlig aus den Fugen geraten werden stets neue Richtlinien, Abgaben, Steuern, Einschränkungen und Regelungen erfunden. Nur um die Reste von unkontrollierbarer Lebendigkeit zu unterbinden.
Klar, die Dinosaurier rotten sich in einem letzten Aufbäumen zusammen, schotten sich ab von lästigen Krawallmachern, die sich Reformer titulieren, und feiern sich weiterhin selbst. Während rundherum Entwicklung passiert. Schmetterlinge aus Raupen schlüpfen und die trägen Ungeheuer umschwirren.
Nochmals kurios: Wenn es den Systemen zu fad, zu grau und zu monoton in ihren abgegrenzten, streng bewachten Dümpeln wird, dann kaufen sie – medienwirksam – um viel Geld „Innovations-Berater“ ein. Die vor allem eines verordnen: quer-denken, Schluss mit der Langeweile und immer dem Gleichen, raus aus dem alten Fahrwasser, „out of the box“!
„Disruptive Innovationen“ hätten die Ablöse der Schallplatte durch die CD bewirkt. Oder die analoge Fotografie zur Digital-Kamera weiterentwickelt. Genial – und in etablierten Systemen wäre das wohl undenkbar gewesen – die Zusammenlegung von Kalender, Telefon und Kamera im Milliarden-Umsatzbringer Smartphone. Und auch, wenn die traditionellen Automobilhersteller noch so dagegen wirken, werden sich neue Antriebstechnologien – bis zum Selbstfahrer – durchsetzen.
Wollen Sie die letzten von gestern sein – oder die ersten von morgen? Fragen die Kreativgeister. Und locken mit neuen Ansätzen …
Na ja, wenn das der renommierte X aus dem fernen Y sagt, der schon Institutionen wie A, B, Z beraten hat, dann müssen wir uns schon ein bisserl danach ausrichten – und vielleicht gar kurz mal durchlüften. Eh nur kurz. Versprochen. Und dann schicken wir die Consulter wieder zum Teu … äh: heim. Und feiern uns weiter, einander die so verdienten Auszeichnungen zugestehend. Ist doch eh alles ganz okay. Oder?!
Rummms – und die Saurier lagen/liegen auf dem Rücken.
„Noli turbare circulos meos –
(zer-)störe meine Kreise nicht!“
Archimedes (287-212 v.Chr.)
Was hat A. erwartet? Sie, die erfolgreiche Managerin, schreibt über ihre jahrzehntelangen Erfahrungen in Top-Firmen weltweit, prangert das „menschenfeindliche“ System an, nennt sogar Namen und Machenschaften – und gibt ihr Manuskript einer „guten Freundin“, die aber noch „Säule des Systems“ ist, zum Lesen; ja, sie ersucht jene, ihre Texte zu lektorieren …
Was meinen Sie, wie ihr Kommentar ausfällt?! Eben …
Nur A. zeigt sich „tief ge- und betroffen“ vom Urteil ihrer Freundin: „Das ist deiner unwürdig. Oberflächliches Geschreibsel. Du musst dieses Projekt stoppen!“
Was hat H. erwartet? – Sie, die spirituelle Menschenliebhaberin, Priesterin als Gastwirtin, wollte ein System ummodeln, in dem die Zahlen regieren. Ein Geschäftsführer, der gut „zur Wies’n“ passt, mit Hektolitern Bier und Schweinsstelzen, ist nicht unbedingt offen für Mantren-Singen und Umarmungs-Rituale. Man reibt sich eine Zeitlang aneinander. Der „G’standene“ wundert sich nur, was für eine „Weltfremde“ man ihm da zur Seite gestellt hat; und die „Energetikerin“ schreibt täglich in ihr Dankbarkeitstagebüchlein, welch enor-me Lektion man ihr hier offeriere. – Nach ein paar Monaten ist das alles – für beide Seiten – Geschichte.
Wer das alte System aushebeln will – auch im Namen von Qualitätssteigerung oder gar grenzenloser Menschenliebe – scheitert; einfach deshalb, weil die Systembewahrer alle ihre Restkräfte mobilisieren. Und ein paar Idealisten haben, trotz unerschöpflicher Passion, nicht jene Power, die viele Bewahrer aufbringen, um ihre Haut und ihre Sessel zu retten.
Die Chance des Neuen, für’s Neue, gibt’s wohl nur am Rand. Da, wo noch keine Furchen gezogen wurden. Da, wo das System noch keine Schienen verlegt hat. Da, wo noch nicht alles an Gewogene aufgeteilt ist. Da, wo noch Gestaltungsmöglichkeiten bestehen.
„Nicht dem System zu dienen, dessen
Grundpfeiler Arbeit, Krankheit und Konsum
zu sein scheinen, bedeutet humanitären Werten
stärker nachgehen zu können, sowie dem Drang
nach Freiheit, Abenteuer, Selbstfindung und
Verwirklichung zu folgen.“
Rowin Höfer und Marvin Fritz,
„Zu Fuß durch die Welt“ www.vonwegen.at
Wer Erfolg im System genießen möchte – und tatsächlich darf, verfügt über ein feingesponnenes Netzwerk der Macht.
Man hat wen – hier, da und sogar dort – an einflussreichen Positionen sitzen, die ein persönliches Anliegen wohlwollend behandeln, etwas rascher weiterleiten bzw. sofort mit okay abzeichnen. Das kann schon was: Eine Direkt-Telefonnummer zu kennen, einen prompten Termin fernab von „üblichen“ wochenlangen Wartezeiten zu erhalten, eine spontane Zusage – begleitet von einem Händedruck samt Kopfnicken und Augenzwinkern – zu bekommen, wo andere umfassende Konzepte einreichen müssen, ehe sie nach 18 Wochen ein „Wir bedauern“-Ablehnungsschreiben im Postkasten vorfinden.
„Wenn du ein braver Bauer bist, erhältst du vom System die Höchstförderung“, macht ein Insider klar. Denn Förderungen sind Ermessensspielraum. Und in diesem spielen die Multifunktionäre von Bauernbund, Kirche, Partei und Raiffeisen all ihre Erfahrungen aus. Wehe, du bist am Stammtisch irgendwie unangenehm aufgefallen; wehe du übst Kritik am System oder willst gar neue Wege beschreiten – für „Spinner“ haben wir keine Sympathien … und kein Geld!