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7. Auflage, 2018

Print ISBN 978-3-415-06172-9
E-ISBN 978-3-415-06174-3

© 2003 Richard Boorberg Verlag

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Inhalt

Vorwort

Abkürzungsverzeichnis

Literaturhinweise

Logikverzeichnis

1 Allgemeines

1.1 Das gesetzliche Regelwerk

1.2 Das untergesetzliche Regelwerk

1.2.1 Verordnungen

1.2.2 Allgemeine Verwaltungsvorschriften

1.2.3 Feststellungsbescheide des Bundeskriminalamtes

1.3 Europäisierung und Internationalisierung

1.4 Sachlicher Anwendungsbereich des WaffG

1.5 Personeller Anwendungsbereich des WaffG

1.6 Geltungsbereich des WaffG

2 Rechtliche Einordnung als Waffen und Munition

2.1 Der Waffenbegriff

2.2 Schusswaffen im weiteren Sinne

2.3 Schusswaffen im engeren Sinne

2.4 Den Schusswaffen gleichgestellte Gegenstände

2.5 Wesentliche Teile von Schusswaffen, Schalldämpfer

2.6 Unbrauchbar gemachte Schusswaffen (Dekorationswaffen)

2.7 Salutwaffen

2.8 Anscheinswaffen

2.9 Sonstige Vorrichtungen für Schusswaffen

2.10 Nachbildungen von Schusswaffen

2.11 Tragbare Gegenstände

2.11.1 Tragbare Gegenstände im technischen Sinne

2.11.2 Tragbare Gegenstände im nicht-technischen Sinne

2.12 Munition

3 Rechtsfolgen der Einordnung als Waffen und Munition

3.1 Umgang mit Waffen und Munition

3.2 Verbotene Waffen

3.3 Erlaubnispflichtige Waffen und Ausnahmen

3.4 Vom WaffG ganz oder teilweise ausgenommene Waffen

3.5 Munition

4 Waffen- und Munitionserlaubnisse

4.1 Allgemeine Voraussetzungen

4.1.1 Alterserfordernis (§ 2 Abs. 1, § 3 WaffG)

4.1.2 Zuverlässigkeit (§ 5 WaffG)

4.1.3 Persönliche Eignung (§ 6 WaffG)

4.1.4 Sachkunde (§ 7 WaffG)

4.1.5 Bedürfnis (§ 8 WaffG)

4.1.6 Haftpflicht (§ 4 Abs. 1 Nr. 5 WaffG)

4.2 Allgemeine Erlaubnistatbestände

4.2.1 Waffenbesitzkarte

4.2.2 Munitionserwerbschein

4.2.3 Waffenschein und „Kleiner Waffenschein“

4.2.4 Schießerlaubnis

4.3 Erlaubnistatbestände für bestimmte Personengruppen und sonstige Erlaubnistatbestände

4.3.1 Jäger

4.3.2 Sportschützen

4.3.3 Brauchtumsschützen

4.3.4 Waffen- oder Munitionssammler und -sachverständige

4.3.5 Gefährdete Personen

4.3.6 Erwerber infolge eines Erbfalls

4.3.7 Gewerbsmäßige Waffenherstellung und Waffenhandel

4.3.8 Bewachungsunternehmer und -personal

4.4 Ausnahmen von den Erlaubnispflichten

4.5 Amnestieregelung (§ 58 Abs. 8 WaffG)

5 Verbringen und Mitnahme von Waffen und Munition nach/durch/aus Deutschland

5.1 Die EU-Waffenrichtlinie

5.1.1 Allgemeines

5.1.2 Der räumliche Geltungsbereich

5.1.3 Die Einteilung von Waffen und Munition

5.1.4 Prinzip der doppelten Erlaubnis

5.1.5 Der Europäische Feuerwaffenpass (EFP)

5.2 Das Verbringen von Schusswaffen und Munition

5.3 Die Mitnahme von Schusswaffen und Munition

6 Pflichten im Umgang mit Waffen und Munition

6.1 Anmelde- und Nachweispflichten

6.2 Aufbewahrungspflichten

6.3 Ausweispflichten

7 Verbote

7.1 Verbotene Waffen

7.2 Waffenverbote für den Einzelfall

7.3 Verbot des Führens von Waffen bei öffentlichen Veranstaltungen

7.4 Verbot des Führens von Anscheinswaffen und bestimmten tragbaren Gegenständen

7.5 Verbot des Umgangs mit unbrauchbar gemachten Kriegswaffen

8 Straf- und Bußgeldvorschriften

8.1 Strafvorschriften

8.2 Bußgeldvorschriften

9 Anlagen

9.1 Verbotene Waffen und Munition

9.2 Erlaubnisfreie Arten des Umgangs

9.3 Aufbewahrung von Waffen und Munition

9.4 Muster (Waffenrechtliche Erlaubnisdokumente)

9.5 Beschuss-, Prüf- und Zulassungszeichen

9.5.1 Bundesadler mit Kennbuchstaben, Prüfzeichen für Handfeuerwaffen

9.5.2 Ortszeichen der zuständigen Behörden (§ 9 Abs. 3 Nr. 1 BeschussV)

9.5.3 Prüfzeichen für Munition (§ 32 Abs. 2 Nr. 4 BeschussV)

9.5.4 Weitere Zulassungs- und Prüfzeichen

9.5.5 Prüfzeichen der Beschaffungsstellen für die Bundeswehr, der Bundespolizei und die Bereitschaftspolizeien der Länder (§ 9 Abs. 1 Satz 2 BeschussV)

9.5.6 Zulassungszeichen nach Bauartprüfungen gemäß § 9 Abs. 1 BeschussV

9.5.7 Sonstige Zeichen

9.5.8 Beschusszeichen des Übereinkommens über die gegenseitige Anerkennung der Beschusszeichen für Handfeuerwaffen (Auswahl)

9.6 Behördenzuständigkeiten

9.7 Erforderliche Erlaubnisse für das Verbringen

9.8 Erforderliche Erlaubnisse für die Mitnahme

9.9 Kategorien nach der EU-Waffenrichtlinie

9.10 EU-Feuerwaffenverordnung (Anhang I)

9.11 Unbrauchbarkeitskriterien (Deaktivierung von Feuerwaffen)

9.11.1 Technische Spezifikationen für die Deaktivierung von Feuerwaffen

9.11.2 Liste der Feuerwaffentypen (Tabelle I)

9.11.3 Spezifische Maßnahmen pro Bestandteil (Tabelle II)

9.11.4 Spezifische Maßnahmen für jeden wesentlichen Bestandteil und jeden Feuerwaffentyp (Tabelle III)

9.11.5 Muster für die Kennzeichnung deaktivierter Feuerwaffen

Stichwortverzeichnis

1 Allgemeines

1.1 Das gesetzliche Regelwerk

Das deutsche Waffenrecht wurde im Jahre 2003 durch das Gesetz zur Neuregelung des Waffenrechts (WaffRNeuRegG)1 vollständig reformiert. Einfluss auf die Reformen nahm das Ereignis in Erfurt aus April 2002, als die Amoktat eines Jugendlichen in einer Schule 17 Todesopfer forderte. Die Reformbedürftigkeit des aus dem Jahre 1976 stammenden WaffG2 lag aber insbesondere darin, dass zur Bewertung eines Lebenssachverhaltes der Blick in das bloße Gesetz nicht mehr ausreichte, sondern dem Anwender darüber hinaus eine schier uferlose Recherche innerhalb des komplexen, untergesetzlichen Regelwerkes abverlangt wurde. Das Gesetz selbst war wenig durchschaubar und in Teilen lückenhaft. Daneben hielt der Gesetzgeber eine Anpassung an die mittlerweile veränderten, gesellschaftlichen Bedingungen für dringend geboten.

Mit dem aus dem Jahre 2003 geprägten, heutigen WaffG3 wurde mehr Transparenz erzielt. Das darf auch entgegen weit verbreiteter Kritik festgestellt werden. Denn allein die Ausgliederung der Vorschriften über die technische Sicherheit von Waffen und Munition in das Beschussgesetz (BeschG)4 sorgte für mehr Übersichtlichkeit innerhalb des neuen WaffG, das seither nur noch sicherheitspolitische Belange umfasst. Das Gesetz bedient sich der Anlagentechnik, was zusätzliche Ordnung schafft. Mit Anlage 1 wurden Definitionen der waffen- und munitionstechnischen Begriffe aus der Paragrafenfolge des Gesetzes herausgelöst und logisch geordnet. Aus Anlage 2 kann jedermann relativ einfach entnehmen, welche der in Anlage 1 genannten Waffen und Munition verboten oder erlaubnisfrei sind bzw. welche unter Erlaubnisvorbehalt stehen oder etwa ganz oder teilweise vom Gesetz ausgenommen sind. Jedoch kann auch die vorbildliche Gesetzessystematik nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Gesetzgeber im WaffG insgesamt über Gebühr reglementiert hat.

Die bis heute erfolgten Neuerungen waren in der Rückschau auf das o. g. System ohne Belang. An der grundlegenden Machart des Gesetzes änderte sich nichts.

Der Gewaltentwicklung in Großstädten war es geschuldet, dass im Jahre 2007 eine Gesetzesänderung5 anlässlich einer Hamburger Initiative6 umgesetzt wurde (Waffenrechtsnovelle 2007). Seither sind die Landesregierungen im Wege des § 42 Abs. 5 WaffG ermächtigt, durch Rechtsverordnung ein Führensverbot von Waffen im Sinne des WaffG auf bestimmten öffentlichen Straßen, Wegen oder Plätzen zu verfügen7. Die Orte bedürfen dabei einer kriminellen Vorbelastung, d. h. dort müssen zuvor wiederholt Straftaten unter Einsatz von Waffen oder aber andere festgeschriebene Delikte, meist gegen die körperliche Unversehrtheit oder das Leben, begangen worden sein8. Weitere Änderungen enthielt die Gesetzesinitiative aber nicht.

Umfangreichere Modifikationen des WaffG brachte erst die Waffenrechtsnovelle 2008 durch das Gesetz zur Änderung des WaffG und weiterer Vorschriften (WaffGÄndG-2008)9 mit sich. Mit ihr sollten einerseits die internationalen Anforderungen des VN-Schusswaffenprotokolls10 zum Markieren und Nachverfolgen von Kleinwaffen und leichten Waffen in innerstaatliches Recht überführt werden11.

Andererseits war beabsichtigt, die zutage getretenen punktuellen Lücken, Schwachstellen und Unklarheiten des geltenden Regelwerkes zu beseitigen12.

Daneben wurde als weiteres, zentrales Element der Novelle ein bußgeldbewehrtes Führensverbot von Anscheinswaffen, Hieb- und Stoßwaffen, Einhand- und Langklingenmesser in das WaffG eingebracht (§ 42a WaffG). Hatte noch die Bundesregierung in ihrer Gesetzesinitiative lediglich ein Verbot von Anscheinswaffen vorgesehen, erfolgte vor allem auf Druck des Landes Berlin eine spätere Aufnahme von Einhand- und Langklingenmesser in die Verbotsnorm13. Dort will man eine verstärkte Bewaffnung von Jugendbanden mit solchen Gegenständen festgestellt haben. Im Gegensatz zur vorbildlichen Hamburger Initiative aus dem Jahre 2007 vermag der Berliner Vorstoß weder hinsichtlich der zugrunde gelegten Problemanalyse noch angesichts seines Rechtsrahmens zu überzeugen. Denn mit der Regelung sollen auch Gebrauchsmesser, wie bspw. Küchenmesser, in das Verbot einbezogen werden. Zu Recht erntet das unangemessene Resultat, mit dem ein solches Führensverbot nicht etwa lokal beschränkt, sondern auf Deutschland insgesamt ausgedehnt wird, heftige Kritik in der Öffentlichkeit. Die handwerkliche Rechtsetzung lässt zudem erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel an der Wirksamkeit des Führensverbots von Einhand- und Langklingenmesser aufkommen. Es wird abzuwarten bleiben, wie die Rechtsprechung auf diesen Umstand reagieren wird.

Die gesetzlichen Änderungen der Waffenrechtsnovelle 200914 waren im Wesentlichen Folge einer Amoktat im baden-württembergischen Winnenden. Dort hatte im März des Jahres ein Schüler mit einer großkalibrigen Pistole fünfzehn Menschen und sich selbst in einer Schule getötet.

Der Gesetzgeber reagierte mit weitreichenden, waffenrechtlichen Restriktionen innerhalb eines Artikelgesetzes zum Sprengstoffrecht15. Das Maßnahmenpaket sollte vor allem die Waffenbehörden stärken. Sie erhielten erweiterte Instrumente zur Bedürfnisprüfung, zu den Aufbewahrungskontrollen und der Datenübermittlung bei Zuzug von Waffenbesitzern. Darüber hinaus sind bestimmte Verstöße gegen die Aufbewahrungsvorschriften nunmehr strafbewehrt. Auch die Altersgrenze für das Schießen auf Schießstätten mit großkalibrigen Waffen wurde auf das 18. Lebensjahr angehoben. Daneben erhielt das BMI eine Rechtsverordnungskompetenz im Bereich der Nachrüstung und der Ausstattung von Schusswaffen mit mechanischen, elektronischen oder biometrischen Sicherungssystemen.

Die europäischen Maßgaben zur Einführung eines zentralen, nationalen Waffenregisters wurden im Wege des § 43a WaffG umgesetzt. Dagegen wurden andere supranationale Vorhaben der Waffenrechtsnovelle 2008, die das Verbringen und die Mitnahme von Waffen und Munition in Drittstaaten betrafen, zurückgenommen.

Letztlich hat der Gesetzgeber noch in Teilen nachgebessert.

Nur geringe Änderungen am Regelwerk besorgte die Waffenrechtsnovelle 2012, die eine EU-Verordnung zu bewaffneten, grenzüberschreitenden Straßentransporten von Euro-Bargeld umsetzt16 und auf den ersten Blick lediglich Zuständigkeitsregelungen zur Einrichtung von diesbezüglichen Kontaktstellen in den Bundesländern verspricht (§ 48 Abs. 1a WaffG). Unvermutet enthält die Novelle nach Maßgabe einer weiteren EU-Verordnung17 allerdings auch eine Kompetenzübertragung zur Erteilung von Genehmigungen auf der Grundlage des VN-Schusswaffenprotokolls an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA)18.

Das Jahr 2013 brachte gleich zwei Änderungen mit sich (Waffenrechtsnovellen 2013). Die erste Änderung19 betrifft im Kontext der Bekämpfung der Piraterie auf hoher See das Bewachungspersonal auf Schiffen, die die Bundesflagge führen. Ihm ist es seither gestattet, unter den Voraussetzungen des § 28a WaffG Schusswaffen und Munition auf solchen Schiffen zu erwerben, besitzen und zu führen.

Die zweite Änderung20 war Folge der Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes. Sie war hinsichtlich der Gebühren aus § 50 WaffG für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen, wie bspw. bei Waffenkontrollen, begrifflich klarstellend und im Einklang mit der Rechtsprechung21. Zugleich wurde die Gültigkeitsdauer der Kostenverordnung zum Waffengesetz begrenzt22.

Mit der Waffenrechtsnovelle 201723 brachte der durch Koalitionsvertrag und ablaufender Legislaturperiode, aber auch durch europäische Vorgaben in Eile geratene Gesetzgeber vor allem Neuerungen hinsichtlich der Aufbewahrungsvorschriften und einer Amnestieregelung zur straffreien Abgabe illegaler Waffen in das Regelwerk ein.

Eine zentrale Änderung der Aufbewahrungsvorschriften24 bestand in der Anpassung an aktuelle Schutzniveaus für Sicherheitsbehältnisse, mit der die Aufbewahrungsvorschriften schlechthin neu geordnet und in § 13 AWaffV zusammengeführt wurden. Die neue Sicherheit zahlt der Waffenbesitzer auch ungeachtet der gesetzlichen Besitzstandsregelungen durch nicht unerhebliche Anschaffungskosten für regelkonforme Behältnisse in Höhe von 4,5 Millionen Euro pro Jahr25.

Eine wiederbelebte Amnestieregelung26 aus den Jahren 2003 und 2009 soll dem Besitzer illegaler Waffen und Munition befristet bis zum 01. Juli 2018 Straffreiheit garantieren, soweit er dieselben nach weiteren Maßgaben der zuständigen Behörde oder einer Polizeidienststelle binnen der gesetzten Frist übergibt. Die Verwaltungspraxis zeigt sich mit weitreichenden Konsequenzen uneins angesichts der oberflächlichen Rechtsetzung in der Sache.

Neben den vorgenannten zentralen Regelungen setzt der Gesetzgeber mit der aktuellen Novelle notwendige Anpassungen europäischer Vorgaben, insbesondere zur sog. Deaktivierung von Schusswaffen27 in das nationale Recht um. Dabei blieb die Änderung der EU-Waffenrichtlinie28 noch unbeachtet, – sie ist spätestens bis zum 18. September 2018 in das nationale Recht zu überführen.

Schließlich beabsichtigte der Gesetzgeber, das waffenrechtliche Regelwerk insgesamt anzupassen, weil ihm zwischenzeitlich regelungstechnische Mängel des Waffenrechts offenbar geworden sind29.

1.2 Das untergesetzliche Regelwerk

1.2.1 Verordnungen

Im Bereich der waffenrechtlichen Verordnungen wurde im Vergleich zum Altrecht von 1976 bereinigt. Gleichwohl besteht weiterhin Handlungsbedarf.

Die Erste30, Zweite31 und Dritte32 Verordnung zum Waffengesetz haben ihre Gültigkeit mit der Einführung der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung (AWaffV)33 und der Beschussverordnung (BeschussV)34 endgültig verloren.

Immer noch Gültigkeit besitzen bis heute die Vierte Verordnung zum Waffengesetz (4. WaffV)35 und die Fünfte Verordnung zum Waffengesetz (5. WaffV)36, beide jedoch nur in entsprechender Anwendung. Die 4. WaffV, die sog. Kostenverordnung, enthält weiterhin DM-Beträge und ist auch angesichts überholter Rechtsverweise fortwährend auf das Altrecht vor dem Jahre 2003 ausgelegt. Mit der Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes wurde ihre Anwendung in den Ländern bis zum 01. Oktober 2021 befristet, solange die Länder keine anderweitigen Regelungen getroffen haben (vgl. § 60 WaffG). Die 5. WaffV schreibt ministerielle Geschäftsbereiche fest, deren Bedienstete von der Anwendung des WaffG im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit ausgenommen sind. Die Sechste Verordnung zum Waffenrecht37 ist schon seit geraumer Zeit außer Kraft getreten. Sie hatte das Personal der US-Streitkräfte mit dessen privateigenen Waffen begünstigt.

1.2.2 Allgemeine Verwaltungsvorschriften

In der Verwaltungspraxis der Behörden nimmt die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz (WaffVwV)38 eine zentrale Rolle ein. Sie war lang ersehnt und trat seit über 9 Jahren der Überfälligkeit zum 23.03.2012 in Kraft. Die Bedeutung der Vorschrift ist für das deutsche Waffenrecht außerordentlich. Sie darf durchaus als Gebrauchsanweisung zum Waffengesetz bezeichnet werden. Nicht nur die Waffenbehörden, sondern sämtliche Behörden und Stellen, die Aufgaben nach dem Waffengesetz wahrnehmen, sind nunmehr an die Bestimmungen der WaffVwV zugunsten einer bundesweit einheitlichen Rechtsanwendung des Waffenrechts gebunden. Es entsteht durch den Vollzug in der Verwaltungspraxis mittelbare Rechtsbindung für jeden, der mit Waffen umgeht39.

Ebenfalls überfällig war die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zu Vordrucken des Waffengesetzes (WaffVordruckVwV)40, die amtliche Vordrucke für Erlaubnisscheine bestimmt und einen Rückgriff auf Alt- bzw. Hilfsmuster seither entbehrlich macht.

Das Waffenrecht und auch das Sprengstoffrecht unterliegen seit der Föderalismusreform41 der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Art. 71 Abs. 1 Nr. 12 GG). Die Länder führen das WaffG, wie auch das dem Waffenrecht unterfallende Beschussgesetz, als eigene Angelegenheit aus und bestimmen die Behörden und das Verwaltungsverfahren (vgl. Art. 83, 84 Abs. 1 GG). Diese verfassungsrechtlichen Grundsätze werden sowohl durch das WaffG als auch durch das BeschG berücksichtigt42. Beide Gesetze übertragen daher den Landesregierungen Kompetenzen zum Erlass von Rechtsverordnungen im Bereich der sachlichen Zuständigkeit, soweit nicht Bundesbehörden zuständig sind. Welche Landesbehörde für den Vollzug des WaffG zuständig ist, ergeht damit unmittelbar aus den Verordnungen der Länder zur Ausführung des Waffengesetzes.

1.2.3 Feststellungsbescheide des Bundeskriminalamtes

Besondere Bedeutung haben die mittlerweile zahlreichen Feststellungsbescheide (FSB) des Bundeskriminalamtes (BKA). Sie gründen auf § 2 Abs. 5 i. V. m. § 48 Abs. 3 WaffG und beseitigen Zweifel darüber, ob und wie ein Gegenstand nach dem WaffG einzustufen ist.

Strittig war der Rechtscharakter der FSB. Ob der Antrag auf einen FSB von einem Privaten oder von einer Behörde getätigt wurde, kann für den Rechtscharakter des FSB jedenfalls nicht ausschlaggebend sein. Hier sollte es sich einerseits um einen Verwaltungsakt (Privatantrag) und andererseits um einen „Akt sui generis“ (Behördenantrag) handeln, der erst durch die in einem weiteren Schritt erfolgende Anordnung Allgemeinverbindlichkeit erlange43. Für den letztgenannten Fall spräche viel dafür, ihn gar als Verwaltungsvorschrift anzusehen44. Die Auffassung überzeugte nicht. Ihr war entgegenzuhalten, dass bereits die Entscheidung des BKA nach dem Willen und Wortlaut des Gesetzes (§ 2 Abs. 5 Satz 4 WaffG) aus sich heraus und ohne Weiteres Allgemeinverbindlichkeit hervorruft. Der Rechtschutzanspruch, bspw. von Herstellern, kann nicht davon abhängig gemacht werden, ob in derselben Sache der Antrag des Herstellers oder der einer Behörde zuerst das BKA erreicht. Soweit dem auf „Behördenfall“ gründenden FSB gar die Qualität einer Verwaltungsvorschrift beigemessen wurde, wäre dies zwar nach der differenzierenden Ansicht folgerichtig, aber weder von § 59 WaffG noch verfassungsrechtlich abgedeckt (Art. 84 Abs. 2 GG). So war vielmehr davon auszugehen, dass ein FSB schlechthin die Rechtsnatur eines Verwaltungsaktes in Form einer Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 VwVfG) besitzt45, dem zwingend ein Rechtsbehelf (Widerspruch) beigelegt werden muss. Dabei darf es nicht darauf ankommen, wer den FSB initiierte. Ein FSB ist nach verwaltungsrechtlichen Maßstäben im Bundesanzeiger bekannt zu geben (§ 41 Abs. 4 Satz 4 VwVfG) und erst dann wirksam (§ 43 Abs. 1 VwVfG).

Die Kompetenz des BKA zur Einstufung von Gegenständen als verbotene Waffen ist auf eine Beurteilung der Konstruktion bzw. Bauart begrenzt. Nicht ausreichend ist, wenn sich die Verbotseigenschaft bloß aus der Verwendung ergibt46.

1.3 Europäisierung und Internationalisierung

Die fortschreitende Europäisierung wirkt sich zunehmend auf das nationale Waffenrecht aus. Eine umfassende Angleichung der waffenrechtlichen Systeme der EU-Staaten scheint aber weiterhin nicht erreichbar. Dazu sind die Rechtssysteme zu unterschiedlich. Europäische Initiativen beschränken sich deshalb auf den kleinsten gemeinsamen Nenner aller Staaten der Europäischen Union. Zentrale Vorschrift ist die sog. EU-Waffenrichtlinie47. Sie war im Zuge des Wegfalls der Kontrollen an den gemeinsamen Binnengrenzen als Ausgleichsmaßnahme vorgesehen und enthält aus diesem Grunde lediglich Regelungen anlässlich des grenzüberschreitenden Transports von Waffen und gibt allgemeingültige Mindeststandards für deren Erwerb und Besitz vor. Mit ihr wurden auch die waffenrechtlichen Regelungen des SDÜ48 weitgehend ersetzt. Eine Änderung49 aus dem Jahre 2008 trug dem VN-Schusswaffenprotokoll Rechnung und verpflichtete die EU-Mitgliedstaaten, bis zum 28.07.2010 ihre nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzugleichen. Zudem war vorgesehen, spätestens bis zum 31.12.2014 ein computergestütztes Waffenregister in jedem EU-Staat einzuführen, was Deutschland bereits zum 01.01.2013 durch den Wirkbetrieb eines nationalen Waffenregisters (NWR) beim Bundesverwaltungsamt erreicht hatte (vgl. auch § 43a WaffG).

Das VN-Schusswaffenprotokoll50 verfolgt ausschließlich polizeiliche Zwecke. Es dient der Verhütung und Bekämpfung der Waffenkriminalität im Allgemeinen. Wesentliches Element des Protokolls ist die Rückverfolgbarkeit der Schusswaffen vom Hersteller bis zum Käufer. Sie soll vor allem durch eine eindeutige Kennzeichnung und Registrierung der Waffen gewährleistet werden.

Darüber hinaus ist ein überstaatliches Genehmigungsverfahren bei grenzüberschreitenden Waffentransfers zwischen den Vertragsstaaten vorgesehen, ähnlich wie es innerhalb der Europäischen Union bereits besteht. Die gesetzlichen Grundlagen zu dessen Umsetzung sollten in Deutschland mit der Waffenrechtsnovelle 2008 zum 01.01.2010 in Kraft treten, jedoch scheiterte die Absicht des Gesetzgebers letztlich daran, dass die Standards international nicht erreicht werden konnten. Daher wurde mit der Waffenrechtsnovelle 2009 der Rechtsstand vor dem Jahre 2008 wieder hergestellt, so dass die §§ 29 bis 33 WaffG zum Verbringen und zur Mitnahme von Waffen in dieser Hinsicht änderungsfrei blieben51.

Allerdings ist seit dem 30.09.2013 für die Ausfuhr von Waffen und Munition im Zusammenhang mit dem VN-Schusswaffenprotokoll die Verordnung (EU) Nr. 258/2012 zu beachten (EU-Feuerwaffenverordnung). Mit ihr wurde nunmehr auf EU-Ebene ein grenzüberschreitendes Genehmigungsverfahren in Bezug zu Drittstaaten für jeden EU-Mitgliedstaat verbindlich eingeführt, das die Genehmigung des Einfuhrdrittlandes für die jeweilige Einfuhr voraussetzt (vgl. Art. 7 Abs. 1 lit. a) der VO (EU)). Die Verordnung nennt in ihrem Anhang I bestimmte Waffen und Munition, für deren Ausfuhr in Drittstaaten ein Genehmigungsvorbehalt besteht52. Solche Ausfuhrgenehmigungen, die der Form aus Anhang II der Verordnung entsprechen müssen, erteilt nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gem. § 48 Abs. 3a WaffG. Die fehlende Genehmigung ist nach § 53 Abs. 1a WaffG mit Geldbuße bedroht. Allesamt sind die Regelungen im Waffengesetz fehl am Platze, weil sie Bestandteil des Außenwirtschaftsrechts sind. Hinsichtlich der vormals entgegenstehenden Regelung aus Anlage 2, A2, UA2, Ziff. 8 WaffG, die ein Verbringen von Schusswaffen und Munition in Drittstaaten weiterhin erlaubnisfrei stellte, hat der Gesetzgeber im Wege der Waffenrechtsnovelle 2017 nachgebessert53.

Jäger und Sportschützen sind unter weiteren Voraussetzungen von der Erforderlichkeit der Ausfuhrgenehmigung ausgenommen54.

Kaum mehr praktische Bedeutung besitzt das Europäische Übereinkommen über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Schusswaffen durch Einzelpersonen55. Es wird beinahe vollständig von den Bestimmungen des VN-Schusswaffenprotokolls und der EU-Waffenrichtlinie verdrängt56.

Im Rahmen des Beschussrechts ist das Übereinkommen über die gegenseitige Anerkennung der Beschusszeichen für Handfeuerwaffen57 relevant. Die Vertragsstaaten58 erkennen die Beschusszeichen59 der ausländischen Beschussämter über eine eigens eingerichtete Ständige Internationale Kommission (C.I.P.) an. Für Deutschland sind solche Waffen damit von der Beschusspflicht befreit (§ 4 Abs. 2 BeschG), die gem. § 3 BeschG eine amtliche Prüfung vorschreibt, wenn ausländische Waffen nach Deutschland verbracht werden.

1.4 Sachlicher Anwendungsbereich des WaffG

Das WaffG regelt gem. § 1 Abs. 1 WaffG den Umgang mit Waffen oder Munition unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung60.

Der Anwendungsbereich des WaffG ist auf zivile Waffen beschränkt. Hieraus ergibt sich auch die grundsätzliche Abgrenzung zum Kriegswaffenkontrollgesetz (KrWaffKontrG)61. Das KrWaffKontrG ist Ausfluss des verfassungsrechtlichen Verbots der Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker, insbesondere der Vorbereitung eines Angriffskrieges62. Daher dürfen zur Kriegsführung bestimmte Waffen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden.

Kriegswaffen sind Gegenstände, Stoffe und Organismen, die zur Kriegsführung bestimmt und in der Anlage zum KrWaffKontrG (sog. Kriegswaffenliste) aufgeführt sind. Sie werden entsprechend dem Stand der wissenschaftlichen, technischen und militärischen Erkenntnisse festgelegt. Derzeit beinhaltet die Kriegswaffenliste in ihrem Teil B, Abschnitt V, sog. Rohrwaffen, wie Maschinengewehre, -pistolen, halb- und vollautomatische Gewehre. Auf diese Schusswaffen findet das WaffG gem. § 57 Abs. 1 WaffG keine Anwendung.

Damit hat der Gesetzgeber eine deutliche Trennung von WaffG und KrWaffKontrG vollzogen. Das Verhältnis des KrWaffKontrG gegenüber dem WaffG als lex specialis bleibt dennoch erhalten. So wundert es nicht, wenn bspw. Schusswaffen, die zugleich Kriegswaffen sind und ihre Eigenschaft als solche durch Änderung der Kriegswaffenliste verloren haben, ohne Weiteres nach den Bestimmungen des WaffG behandelt werden. Der BGH hat darüber hinaus festgestellt, dass auch für Teile von Kriegsschusswaffen, die als solche nicht in der Kriegswaffenliste aufgeführt sind, das WaffG Anwendung findet63. Dem ist der Gesetzgeber mit dem WaffGÄndG-2008 gefolgt (vgl. Anl. 1, A1, UA1, Ziff. 1.3 WaffG).

Das WaffG findet keine Anwendung mehr auf unbrauchbar gemachte Kriegswaffen. Dies sind Kriegswaffen, die ihre Fähigkeit zum bestimmungsgemäßen Einsatz durch technische Veränderungen endgültig verloren haben und auch nicht mit allgemein gebräuchlichen Werkzeugen wieder funktionsfähig gemacht werden können64.

Das Außenwirtschaftsrecht und das WaffG ergänzen einander im Hinblick auf die Ausfuhr von Waffen und Munition als Waren. Es wird maßgeblich durch das Außenwirtschaftsgesetz (AWG)65 gestaltet. Das AWG regelt den Waren-, Dienstleistungs-, Kapital-, Zahlungs- und sonstigen Wirtschaftsverkehr mit fremden Wirtschaftsgebieten sowie den Verkehr mit Auslandswerten und Gold zwischen Gebietsansässigen (Außenwirtschaftsverkehr).

Durch die Außenwirtschaftsverordnung (AWV)66 als Rechtsverordnung zum AWG unterliegen Waffen und Munition, die in der sog. Ausfuhrliste, der Anlage AL zur AWV, genannt sind, einem außenwirtschaftsrechtlichen Genehmigungsvorbehalt für die Ausfuhr in Drittstaaten (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 1 AWV). Verstöße hiergegen sanktioniert das AWG mit Strafe (§ 18 Abs. 2 Nr. 1, 3 AWG). Hingegen ist die Ausfuhr von bestimmten Waffen und Munition in Mitgliedstaaten der Europäischen Union, für die das WaffG selbst Verbringungsvorschriften vorsieht, genehmigungsfrei (vgl. § 11 Abs. 1 AWV).

Das Sprengstoffgesetz (SprengG)67 regelt den Umgang und Verkehr mit explosionsgefährlichen Stoffen sowie die Einfuhr derselben. Es ist gem. § 1 b Abs. 1 Nr. 3 SprengG nicht auf Schusswaffen und Munition im Sinne des WaffG und des Beschussgesetzes anzuwenden. Es bleibt allerdings bei bestimmten Sachverhalten im Zusammenhang mit Munition relevant (z. B. für Fundmunition und auch für das Verbringen von Munition, das nicht dem WaffG unterliegt).

Soweit das Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG)68 Waffen und Munition im weiteren Sinne behandelt (z.B. § 11 LuftSiG „Verbotene Gegenstände“), sind die Maßgaben des WaffG zu beachten69. Das Luftsicherheitsrecht bildet keinen eigenständigen Regelungskreis, in dem sich Raum für Rechtsauslegungen fernab waffenrechtlicher Grundsätze böte, wie jedoch vielfach in der Praxis und bedauerlicherweise auch andernorts fälschlich angenommen wird. Beachtenswert sind zudem europäische Maßgaben des Luftsicherheitsrechts, insbesondere mit Verordnungsrang, die auf ihre Kompatibilität mit den nationalen, waffenrechtlichen Grundlagen zu untersuchen sind.

1.5 Personeller Anwendungsbereich des WaffG

Von der Anwendung des WaffG sind die obersten Bundes- und Landesbehörden, die Bundeswehr, die Polizei und die Zollverwaltung, erheblich gefährdete Hoheitsträger sowie Bedienstete anderer Staaten ausgenommen. § 55 WaffG bestimmt, dass das WaffG für diesen Personenkreis nicht gilt, soweit deren Bedienstete dienstlich tätig sind.

Polizeibedienstete und Bedienstete der Zollverwaltung sind auch außerhalb des Dienstes zum Besitz und Führen ihrer Waffen befugt, wenn sie hierzu ermächtigt wurden. Dabei reicht die Befreiung nur so weit, wie es der Rahmen der dienstlichen Ermächtigungsgrundlagen zulässt. Außerhalb dessen unterliegt der Personenkreis im vollen Umfange der Anwendung des WaffG, insbesondere auch der Strafbarkeit. Während sich noch das WaffG-1976 auf dienstlich zugewiesene Schusswaffen beschränkte, sind nunmehr alle dienstlich zugewiesenen Waffen und deren Munition erfasst.

Besondere Vorschriften bestehen gem. § 56 WaffG für Staatsgäste und andere Besucher.

1.6 Geltungsbereich des WaffG

Das WaffG gilt im gesamten Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, einschließlich des Küstenmeeres innerhalb der 12-Seemeilen-Zone70. Die waffenrechtlichen Bestimmungen erfassen damit auch Fahrzeuge, Schiffe und Luftfahrzeuge auf diesem Gebiet, ungeachtet ihrer Zulassung im Ausland oder im Inland71.

Das WaffG kennt keine ausländerrechtliche Einreisefiktion, nach der Ausländer, die über Drittstaaten reisen, erst dann dem Regime des Aufenthaltsgesetzes unterworfen sind, wenn sie sowohl die geographische Grenzlinie als auch die grenzpolizeiliche und zollrechtliche Grenzkontrolllinie überschritten haben72. Das WaffG gilt mit Betreten des Staatsgebietes der Bundesrepublik Deutschland. Daraus folgt auch, dass ein klassischer Transitaufenthalt nicht von der Anwendung waffenrechtlicher Bestimmungen befreit. Werden etwa bei Kontrollen des Großgepäcks in Transitbereichen auf Flughäfen Waffen festgestellt, unterliegen diese vollumfänglich den waffenrechtlichen Bestimmungen, insbesondere den Regelungen zum Verbringen und zur Mitnahme von Waffen (§§ 29–33 WaffG).

2 Rechtliche Einordnung als Waffen und Munition

2.1 Der Waffenbegriff

Die Bestimmung des Waffenbegriffs73 ergeht aus § 1 Abs. 2 WaffG. Hiermit hat der Gesetzgeber die Gegenstände umrissen, die vom Regelungsbereich des WaffG erfasst sind. Der Begriff ist von denen anderer Rechtsbereiche, wie bspw. innerhalb des Strafrechts, abzugrenzen74:

Der in § 1 (WaffG) verwendete Waffenbegriff gilt eigenständig für das WaffG und ist nicht etwa gleich bedeutend mit dem Begriff der „Waffe“ im allgemeinstrafrechtlichen Sinne der §§ …. StGB, wonach er jedem gefährlichen Werkzeug gleichzusetzen ist.75

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Abb. 1: „Der Waffenbegriff“ (§ 1 Abs. 2 WaffG)

  1. Schusswaffen oder ihnen gleichgestellte Gegenstände und
  2. tragbare Gegenstände,
    1. die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, insbesondere Hieb- und Stoßwaffen;
    2. die, ohne dazu bestimmt zu sein, insbesondere wegen ihrer Beschaffenheit, Handhabung oder Wirkungsweise geeignet sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, und die in diesem Gesetz genannt sind.

Allen ist für ihre Waffeneigenschaft entsprechend des historisch gewachsenen Waffenbegriffs gemein, dass sie zum Angriff oder zur Verteidigung bestimmt oder im Falle der tragbaren Gegenstände zumindest dazu geeignet und in Anlage 1, A1, UA2, Ziff. 2 WaffG ausdrücklich genannt sind. Nur bei Schusswaffen und ihnen gleichgestellten Gegenständen wird der Begriff zudem um die Zwecke Signalgebung, Jagd, Distanzinjektion, Markierung, und nicht zuletzt bereits seit dem Bundeswaffengesetz-1968 um die Zwecke des Sports und Spiels erweitert. Außerhalb dieses klar umrissenen Waffenbegriffs können Gegenstände nicht wirksam dem sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes unterworfen werden76.

2.2 Schusswaffen im weiteren Sinne

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Abb. 2: „Der Schusswaffenbegriff“

Der Schusswaffenbegriff des WaffG ist rechtssystematisch bereits mit Blick auf die Disharmonie des WaffG und dessen Anlagen misslungen77. Während noch § 1 Abs. 2 Nr. 1 WaffG Schusswaffen oder ihnen gleichgestellte Gegenstände78 unterscheidet, werden letztgenannte hingegen in Anlage 1 zum WaffG79 den Schusswaffen selbst zugerechnet.

Beabsichtigt war aber lediglich eine rechtliche Gleichstellung, die der Gesetzgeber nunmehr mit einer Übernahme gleichgestellter Gegenstände in den Schusswaffenbegriff gelöst hat. Das ist allerdings schon deshalb nicht sachgerecht, weil eben solchen gleichgestellten Gegenständen die Schusswaffeneigenschaft mangels Lauf80 fehlt. Der Wille des Gesetzgebers verlangt aber trotz der begrifflichen Irritationen im Ergebnis dasselbe wie noch im WaffG-1976. So fordert er immer dann eine entsprechende Anwendungder Vorschriften über Schusswaffen auf die ihnen gleichgestellten Gegenstände, soweit der Begriff der Schusswaffe im WaffG und dessen Anlagen Verwendung findet.

Nicht in der Sache, aber im Rechtssinne sind neben wesentlichen Teilen von Schusswaffen81 auch unbrauchbar gemachte Schusswaffen (sog. Dekorationswaffen)82 eigens als Schusswaffen zu qualifizieren.

Vorschriften über Schusswaffen sind für die wesentlichen Teile gleichermaßen anzuwenden, soweit das WaffG nichts anderes bestimmt83. Die Basiswaffe wesentlicher Teile muss stets eine Schusswaffe im engeren Sinne oder aber ein gleichgestellter Gegenstand sein. Die Erlaubnispflicht oder Erlaubnisfreiheit eines wesentlichen Teils richtet sich nämlich danach, ob die Basiswaffe erlaubnispflichtig oder erlaubnisfrei ist. Dieser Zusammenhang gilt auch bei wesentlichen Teilen, deren Basiswaffen vom WaffG ausgenommen sind84. Auch zwischen wesentlichen Teilen von Schusswaffen und den unbrauchbar gemachten Schusswaffen bestehen Zusammenhänge85.

Für unbrauchbar gemachte Schusswaffen, die zwar als Schusswaffen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 WaffG eingestuft werden, sind aber die übrigen Vorschriften des WaffG für Schusswaffen nicht entsprechend anzuwenden86. Die Anlage 1 WaffG weist sie nur deshalb den Schusswaffen zu, um die Anforderungen an eine Unbrauchbarmachung von Schusswaffen überhaupt gesetzlich regeln zu können. Das gelang eben nur dadurch, dass unbrauchbar gemachte Schusswaffen zunächst dem Anwendungsbereich des WaffG in Anlage 1 un terworfen werden mussten. Sie waren dann wiederum vom WaffG ausdrücklich auszunehmen87.

Auch Salut- und Anscheinswaffen88 sollen nach der gesetzlichen Gliederung der Anlage 1, A1, UA1 WaffG Schusswaffen sein. Ihnen fehlt es aber an einer rechtlichen Gleichstellung mit Schusswaffen im engeren Sinne, so dass sonstige Vorschriften über Schusswaffen auf sie nicht anzuwenden sind.

Mit dem WaffGÄndG-2008 erhielt Anlage 1, A1, UA1 WaffG eine neue Gliederung. Neu aufgenommen wurden Salut- und Anscheinswaffen. Nicht schussfähige Nachbildungen von Schusswaffen wurden aus Ziff. 1 ausgegliedert und in Ziff. 6 des UA1 berücksichtigt. Was Schusswaffen im Sinne des Gesetzes sind, beschreibt nicht nur Ziff. 1 des UA1, sondern der so bezeichnete UA1 „Schusswaffen“ insgesamt89. Andererseits würden Nachbildungen von Schusswaffen und sonstige Vorrichtungen für Schusswaffen (Ziff. 4) nicht dem sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes aus § 1 Abs. 2 WaffG unterfallen können. Eine tiefere, systematische Logik lässt sich aus Anlage 1, UA1 WaffG aber nicht verlässlich herleiten90.

Somit sind auch sonstige Vorrichtungen für Schusswaffen91 (bspw. Zielscheinwerfer) und Nachbildungen von Schusswaffen92 begrifflich als Schusswaffen einzuordnen, ohne dass für sie die übrigen Bestimmungen des WaffG über Schusswaffen anzuwenden sind93.

2.3 Schusswaffen im engeren Sinne

Schusswaffen im engeren Sinne sind gem. Anlage 1 zum WaffG94:

img Gegenstände, die zum Angriff oder zur Verteidigung, zur Signalgebung, zur Jagd, zur Distanzinjektion, zur Markierung, zum Sport oder zum Spiel bestimmt sind und bei denen Geschosse95 durch einen Lauf96 getrieben werden.

Die Gegenstände müssen der vorgenannten Zweckbestimmung entsprechen. Für die Zweckbestimmung der Schusswaffe nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 WaffG ist der Wille des Herstellers maßgebend, soweit er in der Bauart der Waffe zum Ausdruck kommt. Eine abweichende Erklärung des Herstellers über den Verwendungszweck ist hingegen unbeachtlich.

Wesensmerkmal von Schusswaffen im engeren Sinne ist der Lauf. Durch ihn müssen zwingend Geschosse hindurch getrieben werden können. Gegenstände mit Läufen abweichender Funktion (bspw. Gasläufe oder Laufimitationen) können damit keine Schusswaffen im engeren Sinne sein97.

Auf die Tragbarkeit9899