Maluna Mondschein

Guten Abend, kleiner Schatz

Weit, weit weg im fernen Zauberwald lebt die kleine Gutenacht-Fee Maluna Mondschein … Moment, kann es sein, dass du gar nicht weißt, wo der Zauberwald liegt? Und dass du auch noch nicht weißt, was eine Gutenacht-Fee ist?

Dann fangen wir am besten ganz am Anfang an.

 

Also, pass auf, die Geschichte geht so:

Der geheimnisvolle Zauberwald ist wirklich ziemlich weit weg und liegt sehr gut verborgen. Guck mal aus dem Fenster, so weit in die Ferne, wie du kannst. Von dort aus geht es noch mal so weit und dann noch mal. Und dann erst ist man da.

Natürlich ist der Zauberwald kein ganz normaler Wald, wie du ihn kennst. Er ist magisch und voller Tiere und Gestalten, die du noch nie zuvor gesehen hast. Wie der kleine Drache zum Beispiel. Oder die kleine Hexe Ranunkel Krakelei und der kleine Zauberer. Irgendwann wirst du sie bestimmt alle kennenlernen.

Wenn man unter dem gewaltigen Nussbaum auf dem Feenhügel steht, hat man einen prächtigen Ausblick über den Zauberwald. Man sieht die Postluftballons, den Kleinbirnbrückenwinkel und das Reich der Schwestern Rosarot.

Und vor lauter Staunen und Gucken vergisst man ganz, dass direkt über einem die kleine Gutenacht-Fee Maluna Mondschein ihr Zuhause hat. Dort, wo sich der Stamm gabelt, hat sie das kuscheligste Feennest, das du dir vorstellen kannst.

Und wenn du dich jetzt richtig schön in deine Lieblingsdecke eingemummelt hast, warm und weich, dann kann es losgehen. Lass uns doch mal schauen, was Maluna gerade so macht.

Maluna hat Geburtstag?

Ach, du nasse Pfütze! In Malunas Höhle herrscht das größte Chaos, das ich je gesehen habe. Was ist denn bloß geschehen?

Hat die kleine Gutenacht-Fee die Tür offen gelassen, sodass ein Mini-Wirbelsturm durch ihre Wohnung sausen konnte? Oder ist im Finsterwald womöglich der Grummelolm gestolpert? Jedes Mal, wenn das passiert, gibt es nämlich ein kleines Erdbeben im Zauberwald, die Gläser zittern in den Regalen, Bilder und Spiegel fallen von den Wänden. Oder hat gar Maluna selbst dieses Durcheinander veranstaltet? Fragen wir sie doch einfach.

»Huhu, Maluna! Maluna, bist du da? Bei dir sieht es ja schrecklich unordentlich aus.«

Hm, keine Antwort. Maluna ist wohl ausgeflogen. Oder doch nicht? Hör mal! Da rumpelt doch was im Badezimmer.

»Klopf, klopf, dürfen wir reinkommen? Hallöchen, Maluna, du, bei dir herrscht ein fürchterliches Durcheinander …«

»Durcheinander, pah«, mault die kleine Gutenacht-Fee und räumt eine bunte Schachtel mit Bürsten, Kämmen und Glitzerkram nach der anderen aus dem Regal. »Darf man nicht mal gründlich etwas suchen, oder was?«

Maluna scheint ein bisschen gereizt zu sein. Schnaubend beugt sie sich über die Badewanne und drückt die Blätter einer Wasserpflanze beiseite, die darin wächst. Nacheinander hebt sie dann die großen Blätter einer Seerose an, um darunterzuschauen.

»Ähm, Maluna, du hast einen Teich in deiner Badewanne …«

»Was dagegen?«, fragt die kleine Fee und runzelt die Stirn.

Plötzlich lehnt sie sich vornüber, tunkt mit Schwung ihren Kopf ins Wasser und sagt etwas. Natürlich kann man kein Wort verstehen. Aus der Wanne dringt nur ein undeutliches, brabbeliges Geblubber.

Wasserbläschen steigen auf und zerplatzen an der Oberfläche. Doch Maluna will einfach nicht mehr auftauchen. Scheinbar hat sie dort unter Wasser etwas zu besprechen. Aber mit wem?

Nach einer langen Weile, in der wir bestimmt schon drei Mal Luft geholt haben, kommt sie prustend wieder hoch.

»Fatzwellengewoge noch mal«, japst sie und spuckt im hohen Bogen einen Schwall Wasser zurück in die Badewanne. »Pommes und Fritz wissen auch nicht, wo ich sie hingetan haben könnte.«

Ärgerlich angelt Maluna ein Handtuch vom Haken, wickelt es wie einen Turban um ihren Kopf und fummelt ihre Stimmungssträhne aus einer Lücke. Sie ist grün, nur so nebenbei. Wie wir wissen, kein gutes Zeichen. Aber das ist jetzt nicht so wichtig, erst mal müssen wir ein paar ziemlich dringende Fragen stellen.

Also …

»Stopp, bevor du jetzt tausend matscheplatschdoofe Fragen stellst, erklär ich es dir lieber selbst«, sagt Maluna und schaut uns herausfordernd an.

»Okay, dann mal los.«

»Es ist so: Ich kann sie einfach nicht mehr finden, und wenn ich sie nicht verteile, dann kann auch keiner kommen«, erklärt Maluna.

»Was, um Himmels willen, suchst du denn?«

»Moment mal«, antwortet Maluna, »nur damit das klar ist: Wenn jemand in meiner Höhle Wetterflüche von sich gibt, dann bin ja wohl ich das.«

»’tschuldigung, kleine Gutenacht-Fee. Aber mal ganz von vorne. In deiner Höhle sieht es aus, als ob ein Orkan hindurchgefegt wäre, in deiner Badewanne wachsen Teichpflanzen, und du hast dich unter Wasser mit irgendwelchen Kartoffelchips unterhalten …«

»Pommes und Fritz«, unterbricht uns Maluna und kriegt einen Lachanfall – und eine sonnengelbe Stimmungssträhne. »Das sind zwei Goldfische! Meine neuen Mitbewohner. Ich passe auf sie auf, während Nike, das Seefräulein, im Urlaub ist.«

Wie bitte? Dass Nike Ferien macht, ist ja schön für sie, aber wo bitte soll ein Seefräulein Urlaub machen? Sie kann ja nicht einfach aus ihrem Teich heraushüpfen.

Aber ich glaube, diese Fragen klären wir ein andermal, erst wollen wir erfahren, was Maluna so verzweifelt sucht.

»Irgendwo müssen sie doch sein, irgendwo, irgendwo, irgendwo«, murmelt Maluna, stapft aus dem Bad, fällt auf die Knie und schiebt sich langsam unter ihr Bett. Nur ihr Popo ragt noch heraus. Wie wir deutlich sehen können, trägt Maluna eine grüne Unterhose mit roten Elefanten drauf. Schön, irgendwie.

»Na also!«, ruft Maluna in diesem Moment. »Gefunden!« Triumphierend schwenkt sie einen Packen Briefumschläge und klopft sich damit den Staub vom Kleid. »Du liebes bisschen, da drunter sieht’s ja aus!«, seufzt sie und verdreht die Augen. »Müsste jemand mal dringend Staub wischen.« Dann springt die kleine Fee vergnügt in ihren Lesesessel, dass er nur so knarzt, zieht die Kuscheldecke über sich und breitet andächtig die Umschläge vor sich aus.

Aha, jetzt wird es spannend. Gleich ist es bestimmt so weit, und wir erfahren endlich, was es mit den Briefen und der ganzen Sucherei auf sich hat.

»Ich muss sie mir einfach noch mal anschauen«, schwärmt Maluna und zieht eine Karte aus dem Umschlag. »Sie sind mir aber auch glitzermondlichtgut gelungen.«

Doch kaum werfen wir einen Blick darauf, lässt Maluna das Kärtchen blitzschnell wieder hineingleiten.

Och, Maluna …

»Sagt bitte, bitte«, sagt Maluna grinsend und gähnt. »Macht schnell, ich schlafe gleich ein.«

»Bitte, bitte, bitte, bitte, bitte, bitte, bitte …«

»Schon besser. Also passt auf. Dies sind, tataratamm, die Einladungskarten für meine Geburtstagsfeier heute Nachmittag.« Freudestrahlend und mit großer Geste deutet Maluna auf die Karten. »Selbst gebastelt«, fügt sie stolz hinzu. Und wirklich, kaum zu glauben: Aus glänzendem Kartonpapier hat die kleine Fee schneeweiße Monde ausgeschnitten und mit silbernem Glitter bestreut. Sie lassen sich sogar aufklappen. Die Innenseite besteht aus dunkelblauem, leise raschelndem Seidenpapier, auf dem mit weißer Schrift etwas geschrieben steht. Ganz ehrlich, es sind die wunderschönsten Einladungskarten für eine Mondscheinparty, die ich je gesehen habe. Doch Moment mal …

»Sagtest du etwa heute Nachmittag? Also keine Mondscheinparty? Ist das nicht etwas sehr kurzfristig? Wo sollen denn deine Freundinnen so schnell ein Geschenk herbekommen? Und überhaupt: DU HAST HEUTE GEBURTSTAG? Echt? Das ist ja wunderbar, also erst mal allerherzlichsten Glückwunsch!«

Verlegen zwirbelt Maluna ihre Strähne um den Finger und plinkert mit den Wimpern.

»Vielen Dank. Soll ich auch gesund bleiben und so froh und glücklich und hübsch, wie ich jetzt bin, und so weiter?«

»Natürlich, Maluna, entschuldige, klar, bleib gesund und Happy Birthday to you, Marmelade im Schuh und überhaupt: Hoch soll sie leben, an der Decke kleben, runterfallen, Po verknallen.«

»Na, das sind ja Wünsche«, murrt Maluna.

»Wie alt wirst du eigentlich?«

»Wie, wie alt ich werde?«, fragt Maluna und gibt drei Teelöffel Kandiszucker in ihre Tasse. Es knistert und knackt in ihrem Tee.

»Man feiert seinen Geburtstag, weil man wieder ein Jahr älter geworden ist. Erst den ersten Geburtstag, dann den zweiten und immer so weiter.«

Maluna guckt, als hätten wir ihr erzählt, dass Schokolade sauer schmeckt. Dann lacht sie, dass man ihr beinahe bis in den Bauch gucken kann, und prustet: »Wer macht denn so was Bescheuertes?«

»Na, wir Menschen zum Beispiel. Und es macht total viel Spaß. Einmal im Jahr gibt es eine große Feier und …«