Elisabeth Beikirch | Hans-Dieter Nolting | Michael Wipp (Hrsg.)

Dokumentieren mit dem Strukturmodell

Grundlagen, Einführung, Management

Elisabeth Beikirch | Hans-Dieter Nolting | Michael Wipp (Hrsg.)

Dokumentieren mit dem Strukturmodell

Grundlagen, Einführung, Management

Inhalt

Geleitwort von Staatssekretär Karl-Josef Laumann Beauftragter der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten sowie Bevollmächtigter für Pflege

Geleitwort BAGFW und bpa

Vorwort der Herausgeber

Teil I: Grundlagen

Konzertierte Aktion zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation und Entlastung für die Pflege – Hintergründe und Anlass

Die pflegewissenschaftliche Fundierung des neuen Begriffs der Pflegebedürftigkeit und des Strukturmodells

Rechtliche Aspekte der Pflegedokumentation aus unterschiedlichen Blickwinkeln

3.1 Aus haftungsrechtlicher Sicht

3.2 Aus sozialrechtlicher Sicht

3.3 Aus berufsrechtlicher Sicht

3.4 Aus heimrechtlicher – respektive ordnungsrechtlicher Sicht

Teil II: Die vier Elemente des Strukturmodells

Prinzipien und Umsetzung

4.1 Element 1: Die Strukturierte Informationssammlung (SIS®) – der Einstieg in den Pflegeprozess

4.2 Element 2: Der Maßnahmenplan – Handlungsgrundlage für die Pflege und Betreuung

4.3 Element 3: Das Berichteblatt – Fokus auf Abweichungen und tagesaktuelle Ereignisse

4.4 Element 4: Die Evaluation – individuell statt schematisch

Besonderheiten der Tagespflege

Besonderheiten der Kurzzeitpflege

Teil III: Die Umstellung der Pflegedokumentation auf das Strukturmodell

Anforderung an das Management und an die Rahmenbedingungen

5.1 Einrichtungsinterne Ausgangsbasis

5.2 Entscheidungsfindung durch die Geschäftsführung

5.3 Übergang in die Implementierungsphase

Anforderungen an das Pflege- und Qualitätsmanagement

6.1 Einsetzung einer Steuerungsgruppe und einer ‚projektverantwortlichen Person‘, Erstellung eines Projektplans

6.2 Kommunikation und Qualitätssicherung

6.3 Schulung und Anleitung der Mitarbeiter und der Einbezug von Auszubildenden

6.4 Umstellung der Pflegedokumentation auf das Strukturmodell

TEIL IV: Weitere Aspekte, die eine nachhaltige Implementierung beeinflussen

Erwartungen an eine Pflegedokumentation aus Sicht der Medizinischen Dienste

Pflegegradmanagement, neues Begutachtungsinstrument, externe Qualitätssicherung

Das Strukturmodell in der theoretischen und praktischen Ausbildung von Pflegefachkräften

9.1 Perspektivwechsel durch das Strukturmodell und sich daraus ergebenden Anforderungen an die Altenpflegeausbildung

9.2 Integration des Strukturmodells in die theoretische Ausbildung der Schule

9.3 Integration des Strukturmodells in die praktische Ausbildung

9.4 Erste Erfahrungen und Visionen

10 Freiheitsentziehende bzw. -einschränkende Maßnahmen und Pflegedokumentation

10.1 Freiheitsentziehende bzw. -einschränkende Maßnahmen

10.2 FEM im Kontext zur Pflegedokumentation

Teil V: Erfahrungsberichte aus der Praxis

11 Umsetzung des Strukturmodells in der ambulanten Pflege

12 Umsetzung des Strukturmodells in der stationären Pflege

Anhang

Herausgeber- und Autorenverzeichnis

Geleitwort von Staatssekretär Karl-Josef Laumann Beauftragter der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten sowie Bevollmächtigter für Pflege

Die Pflegedokumentation hat sich immer mehr verselbständigt, sie frisst Arbeitszeit der Pflegekräfte, die für die eigentliche Pflege und Betreuung der pflegebedürftigen Menschen fehlt. In meinen zahlreichen Gesprächen mit Pflegekräften und Vertretern des Managements von Pflegeeinrichtungen wurde mir diese Botschaft immer wieder vorgetragen. Die überbordende Bürokratie ist einer der größten „Motivationskiller“ und eine wesentliche Ursache für Arbeitsverdichtung in der Altenpflege. Bei meinem Amtsantritt als Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung fand ich die Blaupause für ein stark entschlacktes Dokumentationssystem vor: Das „Strukturmodell“ war 2013 von der damaligen Ombudsfrau für die Entbürokratisierung der Pflege, Elisabeth Beikirch, in Zusammenarbeit mit Experten aus Pflegewissenschaft und Pflegepraxis sowie mit breiter Unterstützung durch die Verbände der Pflegebranche, die Kostenträger, die Prüfinstanzen von MDK/MDS, Heimaufsichten der Länder und Prüfdienst der PKV entwickelt worden. Ein im Februar 2014 abgeschlossener Praxistest mit 57 ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen konnte zeigen, dass dieser neue Ansatz zu einer deutlichen Entbürokratisierung ohne Qualitätseinbußen führt. Das entlastet die Pflegekräfte und setzt Ressourcen für die eigentliche Pflege der ihnen anvertrauten Menschen frei.

Wir haben darum in breitem Konsens aller Beteiligten und mit ausdrücklicher Unterstützung der Länder eine gemeinsame Strategie zur Implementierung des „Strukturmodells zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation“ in allen interessierten ambulanten Diensten und stationären Pflegeeinrichtungen beschlossen. Zur Unterstützung dieses Prozesses habe ich Anfang 2015 das Projektbüro Ein-STEP bei der Berliner IGES Institut GmbH beauftragt, das noch bis zum Herbst 2017 die Umsetzung begleiten wird. Außerdem hat der Gesetzgeber auf mein Betreiben klargestellt, dass die erreichte Zeiteinsparung nicht zu einer niedrigeren Pflegevergütung führen darf. Damit ergänzt das Entbürokratisierungsprojekt die Pflegereformen der Bundesregierung, um die Arbeitsbedingungen in der Altenpflege spürbar zu verbessern.

Seitdem wurde viel erreicht: Zum Jahresende 2016 hatten sich mehr als 10.000 ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen beim Projektbüro als Teilnehmer der Implementierung registriert. Das bedeutet, dass bereits über 42 Prozent aller Pflegeeinrichtungen auf den Zug der Entbürokratisierung aufgestiegen sind. Und viele sind bereits am Ziel, haben ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschult und die Dokumentation erfolgreich umgestellt. Im ersten Quartal 2017 wird als nächster Schritt die Anpassung und Erprobung des Strukturmodells für die besonderen Belange der Tages- und Nachtpflege sowie der Kurzzeitpflege abgeschlossen sein.

Ich freue mich, dass mit diesem Buch nun eine umfassende Darstellung des Strukturmodells vorliegt, die alle wichtigen Aspekte des Themas beleuchtet – von der Entstehungsgeschichte über die pflegewissenschaftlichen Grundlagen, juristische Aspekte, Hinweise für das Management bis hin zur Berücksichtigung des Strukturmodells in der Ausbildung von Pflegekräften. Vor allem bietet das Buch eine Gesamtdarstellung, wie die Pflegedokumentation mit dem Strukturmodell funktioniert und welche Erfahrungen Praktiker damit gemacht haben.

Das Jahr 2017 stellt mit der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und allen damit zusammenhängenden Umwälzungen einen Meilenstein für die Pflege in Deutschland dar. Wenn das Projekt der Entbürokratisierung der Pflegedokumentation im November 2017 in die alleinige Verantwortung der Verbände und Institutionen des Pflegesektors übergeht, wünsche ich mir, dass alle Beteiligten weiterhin mit hohem Engagement an diesem Ziel arbeiten: Mehr Zeit für die Pflege. Ich danke Ihnen für die Unterstützung bei diesem erfolgreichen Projekt!

Ihr Karl-Josef Laumann

Geleitwort BAGFW1 und bpa2

Das neue Strukturmodell der Pflegedokumentation – Eine Erfolgsbilanz

Jahrelang beklagten Pflegekräfte und Einrichtungsträger die ausufernde Bürokratie der Pflegedokumentation. Der Aufwand für die Dokumentation jeder einzelnen Tätigkeit, die Angst vor dem fehlenden Nachweis der erbrachten Leistung verbunden mit behaupteten rechtlichen Anforderungen wurde von den Pflegekräften und Einrichtungen als Misstrauen und fehlendes Vertrauen in deren Fachlichkeit gewertet. Viel Zeit wurde damit verbracht, sinnlos irgendwelche Regeltätigkeiten aufzuschreiben, wodurch weniger Zeit zur Verfügung stand, sich um die Pflegebedürftigen zu kümmern. Die Pflegedokumentation wurde am Ende häufig als pflegefremde Tätigkeit und unnützer, zeitraubender Ballast wahrgenommen.

Mit der Umsetzung des neuen Strukturmodells der Pflegedokumentation konnte dieser Entwicklung entschieden entgegengetreten werden. Es hat sich als sehr erfolgreiches Projekt, sowohl was die Beteiligung der Pflegeeinrichtungen und -dienste als auch was Vorgehensweise und Wirkung angeht, erwiesen.

Zentraler Erfolgsfaktor war, dass alle Akteure einbezogen wurden und alle an einem Strang in die gleiche Richtung gezogen haben. Das Bundesgesundheitsministerium, die Länder, die Kostenträger und die Prüfinstanzen zusammen mit der Pflegewissenschaft und den Juristen. Diesem breiten Bündnis haben wir den Erfolg zu verdanken. Ohne die Moderation und den Einsatz der handelnden Akteure wäre das Signal für die Praxis nicht möglich gewesen. Die Träger und die Pflegekräfte haben das Angebot angenommen und die neue Dokumentation in einer atemberaubenden Geschwindigkeit umgesetzt. Die BAGFW und der bpa, als projektverantwortliche Trägerverbände, haben sich konzeptionell, organisatorisch sowie finanziell eingebracht und zusammen mit ihren Mitgliedern fast 7 Millionen Euro in die Umsetzung investiert.

Und die Ergebnisse können sich sehen lassen: Bis September 2016 haben sich bundesweit über 40 % aller Pflegeeinrichtungen für eine Teilnahme an der Umsetzung des neuen Strukturmodells entschieden. Die Rückmeldungen der teilnehmenden Einrichtungen bzgl. der Ergebnisse der Umstellung sind dabei ganz überwiegend sehr positiv:

Die Bedarfe und Wünsche des pflegebedürftigen Menschen werden wieder stärker in den Fokus des Pflegeprozesses gerückt.

Die Mitarbeitenden werden von dem unnötigen Nachweisdruck, der durch zunehmende Regulierung der Pflege in den letzten Jahren entstanden war, und den daraus resultierenden Ängsten befreit.

Die Kompetenz und Fachlichkeit der beruflich Pflegenden vor Ort wird gestärkt.

Die Pflegedokumentation wird wieder als handlungsleitendes und sinnvolles Arbeitsinstrument angenommen.

Das neue System schafft Entlastung, sowohl zeitlich aber auch was die gefühlte Belastung durch die bisherige, z. T. ausufernde und als sinnlos empfundene Art der Dokumentation betrifft.

Das neue Strukturmodell der Pflegedokumentation hilft damit nicht nur den pflegebedürftigen Personen, sondern trägt auch in hohem Maße zur Steigerung der Arbeitszufriedenheit der beruflichen Pflegenden bei und leistet damit auch einen Beitrag zur Attraktivitätssteigerung des Berufs. Und nicht nur das, es ist auch anschlussfähig an aktuelle und künftige Entwicklungen, wie beispielsweise die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und die neue Pflegebegutachtung.

Die vorliegenden Ergebnisse des Projekts der Umsetzung des neuen Strukturmodells der Pflegedokumentation sollten daher alle Beteiligten ermuntern weiterzumachen, andere dazu ermutigen den Weg der Umsetzung doch noch zu gehen und für zukünftige Projekte liegt eine erfolgreiche Blaupause für erfolgreiche Problemlösungsprozesse vor. Gemeinsam wollen wir diese Blaupause auf andere Bereiche in der Pflege übertragen und die Entbürokratisierung auch dort vorantreiben. Nicht jedoch ohne mit allen relevanten Akteuren dafür einzutreten, dass nicht neue fachfremde Anforderungen an die Dokumentation diese erneut überfrachten.

Dr. Gerhard Timm und Bernd Tews

1 Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege

2 Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V.

Vorwort der Herausgeber

ELISABETH BEIKIRCH, HANS-DIETER NOLTING, MICHAEL WIPP / Das „Strukturmodell zu Entbürokratisierung der Pflegedokumentation“ wird seit Jahresbeginn 2015 von einer zunehmenden Zahl ambulanter Dienste und stationärer Einrichtungen in die eigene Dokumentationspraxis übernommen. Der Prozess der Umstellung bzw. der Implementierung des Strukturmodells in der Langzeitpflege in Deutschland ist von Beginn an durch eine breite Koalition der relevanten Akteure unterstützt worden: Leistungserbringer und ihre Verbände, Kostenträger und Prüfinstanzen, Ausbildungseinrichtungen, Pflegewissenschaftler, Juristen und nicht zuletzt die Politik, vertreten durch das Bundesgesundheitsministerium, den Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung und die Bundesländer, haben sich im Lenkungsgremium des bundesweiten Implementierungsprojekts engagiert. Viele der an dieser bundesweiten „Konzertierten Aktion“ Beteiligten kommen nun in diesem Buch zu Wort. Sie nehmen aufgrund ihrer jeweiligen Expertise zu Grundsätzen der Pflegedokumentation Stellung und erläutern besondere Aspekte im Zusammenhang mit dem Strukturmodell und seiner Umsetzung.

Die Verbände der Pflegebranche haben für ihre Mitgliedsunternehmen sowie alle interessierten Pflegeeinrichtungen spezielle Schulungs- und Beratungsangebote installiert. Zahlreiche Aus- und Weiterbildungsträger haben das Strukturmodell inzwischen in ihre Lehrpläne integriert.

Ziel des vorliegenden Bandes ist es, das Informationsangebot zum Strukturmodell nicht nur zusammenzufassen, sondern zu vertiefen und um wichtige Gesichtspunkte zu ergänzen. Im Laufe von zwei Jahren Implementierungsstrategie hat sich das von Beginn an verfolgte Konzept des Strukturmodells einerseits bewährt, andererseits konnten an zahlreichen Stellen Konkretisierungen vorgenommen und viele anfangs offene Fragen geklärt werden: Für spezielle Probleme der Dokumentationspraxis wurden Antworten gefunden. Das Wissen über die besten Wege bei der Umstellung der Pflegedokumentation – von kleinen Diensten bis zu großen Einrichtungsträgern – ist gewachsen. Die ersten Fragestellungen im Zusammenhang mit der Anpassung an die Rahmenbedingungen des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs wurden geklärt.

Dieses Fachbuch ist durch die vielen an dem Prozess der Entbürokratisierung direkt und indirekt beteiligen Autoren sowie die Bündelung dieses Wissens, mehr als die Vorstellung des Strukturmodells: Es stellt für die Praktiker und das Pflege- und Qualitätsmanagement von Pflegeeinrichtungen (ambulant, teilstationär wie stationär) eine umfassende Arbeitshilfe für den Einführungsprozess und die erfolgrei che Umsetzung im Alltag dar. Für wissenschaftlich Interessierte bietet es Informationen zu Hintergründen und Entwicklung des Modells und für Bildungsträger der Aus-, Fort- und Weiterbildung Anregungen zur Implementierung in die praktische und theoretische Ausbildung sowie die Förderung der Fachlichkeit. Grundlegende Ausführungen zu rechtlichen Aspekten bieten Informationen und (erneute) Klarstellungen zu Anforderungen an eine Pflegedokumentation sowie die Bedeutung eines fundierten Fachwissens in diesem Zusammenhang.

Das Buch gliedert sich in fünf Hauptteile:

Teil I widmet sich den pflegewissenschaftlichen Grundlagen sowie rechtlichen Aspekten der Pflegedokumentation bzw. des Strukturmodells. Teil II bietet eine umfassende Darstellung des Strukturmodells auf dem aktuellsten Stand angereichert um die Ergebnisse aus dem Praxistest für die Tages- und die Kurzzeitpflege. Im Mittelpunkt von Teil III steht das Management der Umstellung der Dokumentation auf das Strukturmodell. In Teil IV werden schließlich Einzelfragen und besondere Perspektiven behandelt. Den Abschluss bilden zwei Erfahrungsberichte zur Umsetzung des Strukturmodells in der ambulanten bzw. stationären Pflege.

Anstelle einer Einleitung beginnt der erste Teil mit einem Rückblick auf die Entstehungsgeschichte des Strukturmodells: Elisabeth Beikirch, Hildegard Entzian und Michael Wipp haben den Prozess der Entwicklung und Erprobung des Strukturmodells von Beginn an mitgestaltet und begleitet. Auch die Vorgeschichte der Entbürokratisierungsprojekte auf Initiative einzelner Bundesländer wird in ihrem Beitrag mit dem Titel Konzertierte Aktion zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation und Entlastung für die Pflege – Hintergründe und Anlass reflektiert.

Das Strukturmodell wurde auf der Grundlage einer umfangreichen Analyse pflegewissenschaftlicher Theorien zum Pflegeprozess und daran anknüpfender Dokumentationslogiken entwickelt. Der Beitrag von Andreas Büscher stellt die pflegewissenschaftlichen Hintergründe des Strukturmodells dar, setzt sich mit alternativen Konzepten auseinander und macht damit die seinerzeit getroffenen Entscheidungen nachvollziehbar. Ferner erläutert der Beitrag die gemeinsamen pflegewissenschaftlichen Fundamente des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und des Strukturmodells und beleuchtet die Frage, ob aus der Einführung des neuen Begutachtungsinstruments Konsequenzen für den Umgang mit der Strukturierten Informationssammlung resultieren.

Von kaum zu überschätzender Bedeutung für die bislang erreichte Akzeptanz und Verbreitung des Strukturmodells sind die Stellungnahmen der „Juristischen Expertengruppe“ gewesen, beginnend mit der ersten „Kasseler Erklärung“ aus dem Jahr 2014 bis hin zu den jüngsten Stellungnahmen. Die Mitglieder der Expertengruppe – Albrecht Philipp, Jörn Bachem, Karlheinz Börner, Peter Frings, Alexandra Jorzig, Peter Udsching und Thomas Weiss – geben in ihrem Beitrag einen komprimierten Überblick über haftungs-, sozial-, berufs- und ordnungsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Pflegedokumentation.

Teil II des vorliegenden Buches bietet eine umfassende Gesamtdarstellung des Strukturmodells und seiner vier Elemente – Strukturierte Informationssammlung, Maßnahmenplan, Berichteblatt und Evaluation. Der Beitrag der Autorinnen, die von Januar 2015 bis Ende 2016 das Kernteam des Projektbüros Ein-STEP gebildet haben (Elisabeth Beikirch, Ellen Fährmann, Sabine Hindrichs, Elke Erika Rösen, Anke Schulz, Kerstin Triftshäuser, Sabrina Umland-Korsch), kann als Einführung in das Strukturmodell gelesen werden. Er bietet jedoch auch für erfahrene Anwender eine Fülle von ergänzenden Hinweisen und Erläuterungen, die die Quintessenz aus den Erfahrungen von zwei Jahren Implementierung darstellen.

Teil III setzt sich mit den tiefgreifenden Veränderung von Prozessen bei der Umstellung der Pflegedokumentation auf das Strukturmodell auseinander. Sie kann nur gelingen und zu den gewünschten Ergebnissen führen, wenn die Leitung bzw. Geschäftsführung ein klares Bild von den zu schaffenden Voraussetzungen und der notwendigen Unterstützung hat. Der Beitrag von Friedhelm Rink und Michael Wipp schildert die Einführung des Strukturmodells in ambulanten Diensten und stationären Einrichtungen aus der Entscheiderperspektive: Fragen der Projektplanung werden ebenso wie Auswirkungen auf die verschiedenen Unternehmensfunktionen und die IT-Infrastrukturen beschrieben. Ein weiterer Beitrag des Teams Ein-STEP komplettiert den dritten Teil: Die Beschäftigten im Pflege- und Qualitätsmanagement sind üblicherweise die Hauptakteure einer Umstellung der Pflegedokumentation. Sie müssen den Übergang von der bisherigen Dokumentationspraxis auf das neue Modell planen, die übrigen Beschäftigten schulen, Verfahrensanweisungen anpassen und vieles mehr. Die zentralen Aufgaben und Arbeitsschritte werden in diesem Beitrag erläutert.

Teil IV versammelt Beiträge, die besondere Aspekte fokussieren oder spezielle Perspektiven auf die Pflegedokumentation bzw. das Strukturmodell einnehmen. Jürgen Brüggemann, Bernhard Fleer und Thomas Muck befassen sich mit der Funktion der Pflegedokumentation im Gesamtkontext der externen Qualitätssicherung und erläutern, warum die Medizinischen Dienste die Entwicklung und Einführung des Strukturmodells von Beginn an begleitet und unterstützt haben.

Der Beitrag von Hans-Dieter Nolting stellt die These auf, dass das Strukturmodell zwar wesentliche Faktoren adressiert, die als ursächlich für die Bürokratisierung der Pflegedokumentation anzusehen sind, dass allein mit der Umstellung auf eine neue Dokumentationssystematik aber keineswegs sichergestellt ist, dass die „Bürokratisierungstreiber“ damit ein für alle Mal gebannt wären. Am konkreten Beispiel des Pflegegradmanagements werden einerseits die künftigen Herausforderungen für die entbürokratisierte Pflegedokumentation diskutiert, zum anderen wird erläutert, wie man durch aktive Gestaltung den Gefahren einer „Re-Bürokratisierung“ entgegenwirken kann.

Mit der bereits in zahlreichen Diensten und Einrichtungen vollzogenen Umstellung auf das Strukturmodell wird eine immer größere Zahl von künftigen Pflegefachkräften während des praktischen Teils ihrer Ausbildung mit der neuen Art zu dokumentieren konfrontiert. Mona Frommelt und Michael Roloff zeigen, wie die Integration des Strukturmodells in die Lehrpläne sowie die theoretischen und praktischen Unterrichtsinhalte der Ausbildungsinstitutionen erfolgt.

Ein spezielles juristisches Thema – Anforderungen an die Dokumentation bei freiheitsentziehenden Maßnahmen – wird in dem Beitrag von Karlheinz Börner unter Bezugnahme auf das Strukturmodell aus der Perspektive der Hessischen Betreuungs- und Pflegeaufsicht vertieft.

Teil V schließt mit zwei Erfahrungsberichten zur Umsetzung des Strukturmodells aus der Praxis: Holger Hegemann berichtet über die Erfahrungen, die sein ambulanter Dienst bei der Umsetzung des Strukturmodells gemacht hat, Claudia Hillenbrand-Illies schildert den Einführungsprozess in einer stationären Pflegeeinrichtung. Beide Beiträge belegen eindrucksvoll, welche Herausforderungen auf die Pflegeeinrichtungen bei der Einführung des Strukturmodells zukommen. Sie zeigen auf, dass hiermit auch die Reflexion innerbetrieblicher Prozesse der Organisation von Pflege verbunden sind und eine gründliche Vorbereitung, Schulung und der Zeitfaktor wesentliche Erfolgsfaktoren der Umsetzung darstellen.

Bei der Konzeption des Buches haben die Herausgeber versucht, die Interessen unterschiedlicher Gruppen von Leserinnen und Lesern zu berücksichtigen, indem sowohl Beiträge zu pflegewissenschaftlichen Grundlagen, juristischen Fragen sowie speziellen Aspekten des Strukturmodells aufgenommen wurden, als auch praxisorientierte Beiträge, die die neue Pflegedokumentation eingehend erläutern und die Managementprozesse bei der Implementierung in Pflegediensten und -einrichtungen schildern. Grundsätzlich wurde Wert darauf gelegt, dass alle Kapitel des Buches einzeln und in beliebiger Reihenfolge gelesen werden können. Dabei lässt es sich nicht vermeiden, dass bisweilen inhaltliche Überschneidungen auftreten, was u. E. bei einem neuen Thema kein Nachteil sein muss.

Das Strukturmodell zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation ist kein abgeschlossenes Konzept, sondern befindet sich in einer kontinuierlichen Weiterentwicklung. Die in diesem Buch – insbesondere in Teil II – präsentierten Umsetzungen einer schlanken Pflegedokumentation sind offen für Ergänzungen und Anpassun-gen. Mit den wachsenden Praxiserfahrungen erwarten wir auch eine zunehmende Zahl von Vorschlägen und Hinweisen, wie das Strukturmodell und die zugrundeliegenden Prinzipien einer schlanken Pflegedokumentation mit Blick auf künftige Herausforderungen weiterentwickelt werden können.

Berlin und Karlsruhe im November 2017

Elisabeth Beikirch, Hans-Dieter Nolting, Michael Wipp

In diesem Buch wird zugunsten der besseren Lesbarkeit auf die Nennung der weiblichen Schreibformen verzichtet.

Teil I
Grundlagen