Adrian Kovács

Mathias Corvinus

Der bunte Lebensweg des vorletzten Ritters

Inhalt

Vorwort

Vorgeschichte

Mathias’ Kindheit

Familie und Freunde

Die Rückkehr des Königs

Mathias’ Jugend

Gefangenschaft

Mathias wird König

Die Kutsche

Kämpfe gegen die Hussiten

Die schwarze Legion

Heirat mit der tschechischen Prinzessin

Die Auslösung der Krone

Kämpfe gegen die Türken

Ausflug nach Siebenbürgen

Türkenkriege

Holubar

Heiratspläne

Die Universität Pressburg

Unruhen in Siebenbürgen

Der tschechische Krieg

Die Wahl zum tschechischen König

Besuch in Wien

Liebe auf den ersten Blick

Verschwörung

Weihnachten

Der Kampf um Breslau

Mathias wird Vater

Königin Beatrix

Kampf an mehreren Fronten

Krieg gegen den Kaiser

Ein Spaziergang in Wien

Vorkehrungen zur Thronfolge

Italienisches Abenteuer

Die Osterwoche

Nachwort

QUELLEN

Vorwort

Es gibt außer Mathias Corvinus kaum einen Menschen, der gleich in zwei Nationalhymnen besungen wird. Seine persönlichen Qualitäten und seine abenteuerliche Lebensgeschichte machten ihn zur zentralen Figur der Chronisten des europäischen Spätmittelalters und der Renaissance, wie auch eines umfangreichen übernationalen Sagenkreises, dessen Größenordnung mit jenem um den legendären König Arthus wetteiferte.

Als zweitem Sohn des Feldherrn und Reichsverwesers Johannes Hunyadi war seine berufliche Laufbahn im kirchlichen Hochadel vorgezeichnet. Als Stammhalter im weltlichen Bereich war sein älterer Bruder László vorgesehen.

Im dreisprachigen Kulturkreis Siebenbürgen zur Welt gekommen, beherrschte er schon als Kind ein halbes Dutzend Sprachen. Er lernte sehr leicht und las sehr viel, seine Neugier war geradezu grenzenlos. Auch in sportlicher Hinsicht war er außergewöhnlich begabt, er war schon in jungen Jahren ein guter Schwimmer, ein vorzüglicher Reiter, und er galt als einer der besten Turnierkämpfer Europas.

Dank seines familiären Hintergrundes hatte er alle Voraussetzungen für eine glorreiche Karriere, und er hat die mit seiner Person verknüpften Erwartungen - ausgenommen seine eigenen - auch reichlich erfüllt: Als charismatischer Landesherr und Staatsmann, als Beschützer der europäischen Christenheit gegenüber der moslemischen Expansion, als siegreicher Feldherr und Eroberer, als sachkundiger Bauherr großen Stils, und als hochgebildeter Förderer der Künste und der Wissenschaften.

Seine Beliebtheit beim Volk war beispiellos, wie von einer Fülle von Märchen und Legenden belegt ist. Schon zu Lebzeiten galt er als Inbegriff der Gerechtigkeit, und nach seinem Tod entstand das geflügelte Wort: „König Mathias ist gestorben, die Gerechtigkeit ist dahin“.

In Kroatien und Slowenien erzählt man sich eine andere Geschichte, nämlich:

König Mathias nicht tot; er sitzt im Inneren des hohlen Berges Petzen an der Grenze zu Kärnten inmitten seiner schwarzen Armee an einer eisernen Tafel, und schläft. Sobald sein Bart sich dreimal um den Tisch gewickelt haben wird, wird er erwachen, und der Berg wird sich öffnen. Dann wird der König in der Welt Frieden, Ordnung und Gerechtigkeit schaffen, wodurch das goldene Zeitalter der Menschheit seinen Anfang nehmen kann.

Vorgeschichte

Albert von Habsburg, Erzherzog von Österreich, Schwiegersohn des Deutsch-Römischen Kaisers Sigismund von Luxemburg, wurde am 1. Januar 1438 zum ungarischen König gekrönt, jedoch unter der Bedingung, dass er den Kaisertitel des Deutsch-Römischen Reiches nicht annehmen dürfe. Im gleichen Jahr wurde er auch zum König von Böhmen und zum Römischen König gewählt. Dieser Titel war die Vorstufe einer Wahl zum Kaiser, die ihm jedoch schon zuvor untersagt worden war. Seine kurze Regierungszeit war von Kriegen geprägt - gegen die Hussiten, gegen die Türken und gegen die Polen. Bedingt durch seine ständige Abwesenheit wurde die Macht in Ungarn von einer Sippschaft des Hochadels unter der Führung seines Schwagers, des Grafen Ulrich von Cilli (Celje, Slowenien), des Paladins Ladislaus Gara und des Bans von Bosnien und der Vojvodina, Nikolaus Ùjlaki, ausgeübt. In den Belangen der Landesverteidigung war der vom Kleinadel emporgestiegene Johannes Hunyadi die wichtigste Instanz, ein renommierter Feldherr, der dank seiner Kriegserfolge zum Ban von Sirmien und Wojwoden von Siebenbürgen aufstieg und ein beträchtliches Vermögen erwarb. Als Landesherr von Siebenbürgen hatte er das dritthöchste politische Amt des Königreichs inne. Für die Aristokratie am Königshof war er ein Fremdkörper im Hochadel, da er von niederer Geburt und mit dem König nicht verwandt war. Seine Kriegserfolge und seine hohen Auszeichnungen waren zudem ständige Zielscheiben von Neid, Missgunst und Eifersucht. König Albert verstarb, an der Ruhr erkrankt, zweiundvierzigjährig, nach einer nicht einmal zweijährigen Regierungszeit in Neszmély (Langendorf), ohne einen Thronerben zu hinterlassen.

Nach seiner Beisetzung in Székesfehérvár (Stuhlweißenburg) musste ein neuer König gewählt werden. Die Entscheidung der Ständeversammlung fiel auf den fünfzehnjährigen polnischen Thronerben Wladislaw aus dem Hause Jagello, der gemäß den Plänen der ungarischen Aristokratie die Witwe des verstorbenen Königs Albert heiraten sollte. Mit dem Plan war anfänglich auch die Königin einverstanden.

Nach seiner Berufung zum König brach Wladislaw mit einer Armee von fünftausend Mann unverzüglich nach Ungarn auf. Kaum in seinem neuen Herrschaftsbereich angekommen stellte sich jedoch heraus, dass er sein Amt nicht antreten könne, denn die verwitwete Königin Elisabeth brachte in der Zwischenzeit einen Sohn zur Welt, einen rechtmäßigen Thronerben, der den Namen Ladislaus V. erhielt. Auf das Betreiben der Oligarchen Cilli, Gara und Ùjlaki beeilte sich die Königin den Säugling zum König krönen zu lassen. Die Krone des heiligen Stephan wurde in der Schatzkammer der Burg von Visegrád aufbewahrt, die unter der Aufsicht des Paladins Gara stand. Der Habsburg-freundliche Gara stellte die Krone für die Krönung des Säuglings gerne zur Verfügung.

Die Krönung eines Königs musste an einem kirchlichen Feiertag erfolgen, und für das Vorhaben der Partei der Königin traf es sich gut, dass gerade das Osterfest bevorstand. Es wurden auch die wichtigsten formalen Erfordernisse erfüllt: Die Krönung des Säuglings wurde 1. mit der Stephanskrone, 2. in Székesfehérvár (Stuhlweißenburg) und 3. vom ungarischen Kardinal vorgenommen.

Der von der Ständeversammlung gewählte König Wladislaw wurde aufgrund der diplomatischen Bemühungen des Kleinadels, der eine Ehe mit der verwitweten Königin vermitteln wollte, zum Bleiben veranlasst. Er wurde mit einer Ersatzkrone unter Zuhilfenahme einiger Insignien, wie Szepter, Reichsapfel, dem Umhang und dem Schwert des heiligen Stephan, auf welche bei der überstürzten Krönung des Säuglings verzichtet wurde, ebenfalls zum König gekrönt. Das Land hatte somit gleich zwei Könige, und das Volk konnte sich nicht einigen, welcher der Beiden der rechtmäßige Herrscher wäre. Die Wahl der jeweiligen Gegenpartei wurde beiderseits für ungültig befunden, wodurch ein Bürgerkrieg entbrannte.

Die Königin ließ die Stephanskrone aus der Schatzkammer entwenden, und floh mit dem Säugling nach Wien. Sie verpfändete die Krone samt ihrem Schmuck bei ihrem Onkel Friedrich von Habsburg, um Söldner anzuwerben, und sie engagierte den böhmischen Söldnerführer Johannes Giskra von Brandeis, um gegen Wladislaw militärisch vorgehen zu können. Sie betraute Giskra mit der Herrschaft im Oberland (heute Slowakei) und der Kontrolle der dortigen Goldminen. Giskra nahm das Angebot bereitwillig an, richtete sich in der Burg von Késmárk (Kezmarok) und in Kaschau (Kosice) seine Residenz ein, und zog eine Schreckensherrschaft als Räuberhäuptling auf. Als die Königin ihn um des Friedens Willen wieder entlassen wollte, war er nicht mehr bereit das Feld zu räumen. Ihr Vetter, der Graf von Cilli, verfuhr im Südwesten des Landes gleichermaßen. Er veranlasste Überfälle und Plünderungen auf die Ländereien von Hunyadi, die mit seinem Herrschaftsgebiet benachbart waren, und ließ dort Dutzende Dörfer niederbrennen. Die Vormundschaft ihres Sohnes, des gekrönten Windelkindes, übertrug die verwitwete Königin ihrem anderen Onkel, Albrecht, dem Herzog von Oberösterreich.

Zur Sicherung der Grenzen Ungarns wurden von der Ständeversammlung zunächst sieben Kapitäne bestimmt, zwei Jahre später wurde Hunyadi zum Regenten des Landes gewählt, wodurch ihm die höchste Macht im Land zufiel, zumal der Thronerbe Ladislaus Posthumus erst sechs Jahre alt war, und bei seinem Onkel Friedrich von Habsburg, dem Römischen König, in Wien festgehalten wurde.

Mathias’ Kindheit

Die Straße war fast durchgehend verschneit, Steigungen gab es kaum. Die drei Schlitten kamen auf den schlechten Straßen im dichten Schneefall nicht so schnell voran, wie es geplant war. Es gab keine Spur von herumstreifenden Türken, hin und wieder war nur das Geheul eines Wolfrudels zu vernehmen, der den Zug in einigem Abstand verfolgte und mit der zunehmenden Dämmerung langsam näherrückte. Ansonsten verlief die Reise ruhig.

Im vorderen Gefährt fuhr die Gräfin mit ihrem zehnjährigen Sohn László, ihrem Bruder Michael Szilágyi, dessen überdimensionierter steifer Schnurrbart an die Fühler eines Zimmermannsbocks erinnerte, und dem Bischof von Várad (Großwardein), Johannes Vitéz. In den Schlitten dahinter saßen der Arzt, die Hebamme, die beiden Zofen, die Köchin, einige Freunde der Familie, und auf den hinteren Sitzen das Personal. In einem vierten Fuhrwerk, das mit einigen Minuten Abstand dem Tross folgte, wurde der Hausrat befördert. Der Zug wurde von zwanzig berittenen Söldnern eskortiert.

Gräfin Hunyadi wollte ihr Kind in Klausenburg zur Welt bringen, denn die Renovierungsarbeiten im Schloss Vajdahunyad (Hunedoara) waren noch nicht abgeschlossen. Nebst den Ausbesserungsarbeiten wurden im Herbst auch einige Zubauten errichtet, und es sollten sämtliche Räume frisch gekalkt werden.

Vajdahunyad war im Zentrum einer gefährlichen Gegend. Nur wenige Meilen im Süden musste ständig mit Überfällen türkischer Plünderer gerechnet werden. Die Türken raubten nicht nur das Vieh und die Wertgegenstände, sie nahmen auch Gefangene, die sie auf ihren Sklavenmärkten verwerteten. Die geraubten Kinder wurden zu Türken umerzogen und militärisch gedrillt, sie bildeten später die gefürchtete Eliteeinheit der türkischen Infanterie, die Janitscharen. Graf Hunyadi wollte seine Familie in Sicherheit wissen, daher mietete er von einem Freund ein Haus am Hauptplatz von Klausenburg, wo die Familie die nächsten Monate zubringen sollte. Er selbst war zu jener Zeit mit den Vorbereitungen einer großen Balkan-Offensive gegen das Osmanische Reich voll ausgelastet.

Es war am frühen Abend des 23. Februar, als die Kolonne in der Stadt eintraf. Die Wägen wurden blitzartig entladen, und das Haus wurde in Windeseile eingerichtet. Das Personal hatte alle Hände voll zu tun: Kisten und Truhen schleppen, Auspacken, Einheizen, Küchenarbeit, Kochen, Auftischen, Schlafgelegenheiten einrichten. Die Zimmer wurden schon vor der Abreise den Gästen zugeteilt, der Begleitschutz hat es sich in der Vorhalle bequem gemacht. Im größten Raum des Hauses wurde noch ein gemeinsames Nachtmahl eingenommen, dann zogen sich die Leute zur Nachtruhe zurück.

Mitten in der Nacht setzten die Wehen ein. Bei der Geburt durften nur die Hebamme und die Zofen anwesend sein, letztere hielten sich für allfällige Assistenzdienste bereit. Der Arzt wartete im Nebenzimmer, bis er hineingerufen wurde. Es gab so gut wie nichts tun, es war eine unkomplizierte Geburt.

„Ein Knabe“, stellte der Arzt fest. „Wie wird er heißen?“

„Er hat seinen Namen selbst gewählt“, erwiderte die Gräfin, „heute ist der Tag des Mathias.“

Es war der 24. Februar 1443.

Noch vor Anbruch der Morgendämmerung war das ganze Haus wach. Alle wollten den Knaben sehen, und sie feierten ihn in der üblichen abgedroschenen Form:

„Ganz der Vater“, „So ein süßer Bengel“, „Ist er nicht goldig, der Kleine?“ Der Bruder des Neugeborenen wunderte sich. Das Kind war nur hässlich und hilflos, weder süß noch goldig. Na ja, der Flaum an seinem Schädel war immerhin blond. Aber Ähnlichkeit hatte es mit niemandem, außer, dass es auch einen Mund, eine Nase, zwei Augen und zwei Ohren hatte. László zwang sich in Anpassung an die Gratulanten zu einem verkrampften Lächeln, aber er würde mit diesem Wurm nichts anfangen können, dachte er sich.

Die Gräfin, glücklich, dass die Sache vorbei war, wollte sogleich veranlassen, dass sich ein Bote mit der frohen Botschaft auf den Weg nach Vajdahunyad machte. Der Graf sollte sich keine Sorgen machen.

„Ich treffe Johannes noch heute Abend“, sagte Michael Szilágyi zu seiner Schwester. “Ich werde mit ihm nach Bulgarien ziehen. Die Reiter kommen mit mir.“

In der Kirche am Ende des Hauptplatzes zelebrierte der Bischof eine Danksagungsmesse, bei der auch die Taufe des Neugeborenen vorgenommen wurde. Die Gräfin wurde in einer Sänfte in die Kirche gebracht, um bei der Taufe auch dabei zu sein.

Nach dem Hochamt bat die Gräfin den Bischof, der auch in der Kunst der Sterndeutung bewandert war, er solle einiges über die Zukunft des Neugeborenen erzählen. Vitéz war gerne dazu bereit, und zeichnete am Nachmittag überschlagsweise den Stand des Himmels zum Zeitpunkt der Geburt des kleinen Mathias auf. Es war eine Vollmondnacht, die Sonne stand schon im Zeichen der Fische und der Schütze war das aufgehende Sternzeichen. Besonders bemerkenswert erschien die Stellung des Jupiters, der einen Winkel von 120 Grad zum kulminierenden Mond bildete und auch zur Sonne günstig stand.

„Dein Sohn ist sehr vielseitig talentiert“, erzählte er der Gräfin, „er kann es auf jedem Gebiet weit bringen, sei es als Wissenschaftler, als Rechtsgelehrter, oder als Feldherr. Seine Lebensgeschichte wird von großen Erfolgen begleitet, denn er ist mit außergewöhnlichen Geistesgaben gesegnet, und sein Schicksal ist eng mit dem Schicksal des Landes verknüpft.“

„Siehst du auch etwas, das Anlass zur Sorge geben könnte?“ wollte Frau Hunyadi wissen.

„Ich sehe eine gewisse Neigung zur Verschwendung, auch sein Vertrauen könnte einige Male schwer enttäuscht werden, aber darüber wird sein starker Charakter leicht hinwegkommen.“

„Wie sieht es mit seiner Gesundheit aus?“

„Das Horoskop zeigt einen kräftigen und gesunden Knaben, der keine Angst kennt und voraussichtlich von Seuchen verschont bleiben wird.“

„Kannst du auch etwas über seine Ehe und Familie herauslesen?“

Der Bischof zögerte kurz und lächelte. „Endlich eine Frage, die der weiblichen Neugier entspringt. Nun, er wird möglicherweise mehr als einmal heiraten, sein Eheleben erscheint mir recht wechselvoll.“

„Lieber Johannes, ich wünsche, dass du dich auch um seine Erziehung kümmerst. Er soll die denkbar beste Grundausbildung bekommen.“

„Ich danke dir für dein Vertrauen und verspreche, mein Bestes für deinen Mathias zu tun.“

Elisabeth Hunyadi widmete die folgenden Monate gänzlich ihrem Neugeborenen, und der kleine Mathias bereitete ihr sehr viel Freude. Er erwies sich schon als kleines Kind sehr aufgeweckt. Ein unruhiges Kind, ständig in Bewegung und von unbändiger Neugier. Alles, was er hörte und sah, sog er gierig in sich auf, und seine liebevolle Umgebung begünstigte seine rasche Entwicklung. Er lernte sehr früh sprechen, und das gleich in mehreren Sprachen. Die Familie konnte auf keinen illustren Stammbaum verweisen, sie war neu im engen Kreis des ungarischen Hochadels. Er sollte eine hervorragende Erziehung erhalten, wie sie auch seinem um rund zehn Jahre älteren Bruder László zuteil wurde, denn die beiden Söhne sollten eines Tages hohe Stellungen in der politischen Hierarchie des Landes bekleiden.

Ihren Vater bekamen die Kinder nur selten zu sehen, denn als oberster Feldherr der königlichen Armee und Wojwode von Siebenbürgen war er immer sehr beschäftigt und kaum auf seinem Stammsitz.

Burgschloss Vajdahunyad,
Nachbau im Stadtpark von Budapest

Der kleine Mathias hörte sehr gerne Geschichten, seine Mutter erzählte ihm oft abenteuerliche Märchen, an denen Siebenbürgen sehr reich war. Von Feen, Riesen und Zwergen, von Zauberei, von kleinen Prinzen, die zu großen Königen wurden, von schönen Prinzessinnen, deren Gunst zu gewinnen nur dem Tapfersten unter den Freiern möglich war, nachdem er seinen Mut in drei lebensgefährlichen Abenteuern bewiesen hatte.

Am liebsten hörte er Geschichten von Drachentötern, vom Ritter Roland, von den Rittern der Tafelrunde um den König Arthus, von den Helden der alten Griechen und Römer, wie auch Berichte aus der Bibel und aus den ungarischen Chroniken. Was er besonders spannend fand, waren Schlachten, denn sein Vater war einer der führenden Generäle des Landes, und vielfacher Sieger in den Kämpfen gegen die Türken. Sein Bruder László wurde vom Vater schon in jungen Jahren oft ins Kriegslager mitgenommen, er war auch schon bei einigen Schlachten gegen die Türken als Zuschauer dabei, und der kleine Mathias erlebte die Erzählungen als unmittelbare Gegenwart. Wenn er Kampfszenen geschildert bekam, vollführte er Bewegungen, als wäre er mitten im Geschehen.

Die Elementarschule besuchte er in Klausenburg, außerdem kümmerte sich Johannes Vitéz, Freund seines Vaters, Leiter der königlichen Kanzlei und Bischof von Várad, um seine Erziehung. Zwischendurch verbrachte Mathias immer wieder einige Wochen beim Bischof in Várad, wo er besonders an der Bibliothek und an der Sternwarte Interesse fand. Die Schule kam ihm dafür ziemlich langweilig vor, weil er seinen gleichaltrigen Kameraden fast in allen Belangen voraus war. Er war körperlich gut entwickelt und konnte es auch im Raufen mit jedem aufnehmen, obwohl er bei Weitem nicht der Kräftigste, dafür aber sehr flink und geschickt war.

Später übersiedelte die Familie in die Burg von Vajdahunyad, die von Mathias als riesengroßer Spielplatz erlebt wurde. Auch die Umgebung bot alle Möglichkeiten, die seine kindliche Phantasie anregten. Die Stadt war zwar viel kleiner als Klausenburg, dafür gab es Wälder, Flüsse und auch Berge in der Umgebung.

Pferde haben ihn fasziniert, im Reiten machte er schon als Kind eine gute Figur. Das Reiten musste ihm niemand beibringen, er sah, wie es andere machten, und er machte es ihnen nach. Schwimmen lernte er auf die gleiche Art. Mit dem Geigenspiel war es schon schwieriger. Er ertastete beharrlich die richtigen Töne, und konnte bald auch einige einfache Volkslieder nachspielen. Dann sah er aber ein, dass es die Zigeunerbuben besser konnten, und er wollte ohnehin Feldherr werden, wie sein Vater.