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Alfred Bekker

Alfred Bekker schrieb als Neal Chadwick: Sonora-Geier

Neal Chadwick Western Edition





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

SONORA-GEIER

Western-Roman von Alfred Bekker

 

Der Umfang dieses Buchs entspricht 85 Taschenbuchseiten.

 

Satteltramp Jeff Corley im Kampf gegen Vigilanten und Banditen - An Bord des Flussdampfers COLORADO QUEEN erfüllt sich das Schicksal eines Revolvermanns.

 

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

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© dieser Ausgabe 2016 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen.

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1

Eine plötzliche Bewegung und ein schwarzer Schatten hoch oben, bei den Felsspitzen...

Ein unmenschlicher Schrei holte den einsamen Reiter aus der Lethargie heraus, die sich fast automatisch einstellte, wenn man, wie er, stundenlang bei vor Hitze flimmernder Luft im Sattel zugebracht hatte.

Jeff Corley sah zu den schroff und zackig in den azurblauen Himmel ragenden Felsen hinüber und zog sich die Hutkrempe ins Gesicht.

Corleys Augen wurden zu schmalen Schlitzen, als er gegen die hochstehende Sonne blinzelte.

Es war ein tierischer Schrei, den Corley gehört hatte. Über den Felsen sah der Reiter den dunklen, schemenhaften Umriss eines großen Vogels kreisen.

Ein Geier!

Das mächtige Tier krächzte erneut, und es konnte aller Erfahrung nach nicht allzu lange dauern, bis weitere Aasfresser angelockt würden. Corley ließ seinen Braunen stoppen und überlegte einen Moment. Ein kreisender Geier konnte alles Mögliche bedeuten. Vielleicht war irgendwo ein halbwildes Rind durch die Trockenheit zu Grunde gegangen oder ein Puma hatte Beute gerissen und jetzt gönnten ihm die Aasfresser seine Mahlzeit nicht...

Aber genauso gut konnte es sein, dass da jemand in einer misslichen Lage war und dringend Hilfe brauchte. Ein Verletzter vielleicht, oder einer, dem das Pferd gestorben und das Wasser ausgegangen war...

Die Geier waren immer die ersten, die erkannten, wann es mit einem Lebewesen zu Ende gehen würde. Sie hatten einen Instinkt dafür, und sie hatten Geduld. Stundenlang warteten sie, bis ihr Augenblick gekommen war...

Corley wusste, dass es seine Pflicht war, nach dem Rechten zu sehen.

In der Wildnis musste jeder jedem helfen, das war ein ungeschriebenes Gesetz - auch wenn sich lange nicht alle daran hielten.

Aber für Jeff Corley war das keine Frage und so trieb er den Braunen voran.

Nach kurzer Zeit hatte er das zackige Felsmassiv umrundet. Wenig später sah er dann, worauf es der Geier abgesehen hatte.

Es war ein Bild des Grauens!

Corley sah einen Wagen, dessen hintere Achse gebrochen war und der jetzt schräg im heißen Sand stand.

Es war ein Vierspänner gewesen. Die Deichsel ragte in Stück nach oben.

Von den Pferden sah Corley keine Spur.

Im Sand verstreut lagen die zum Teil merkwürdig verrenkten Leichen von acht Männern. Ein kurzer Blick genügte Corley, um zu wissen, dass hier ein mörderischer Kampf getobt haben musste.

Die Männer waren allesamt erschossen worden. Manche von ihnen lagen auf dem Bauch und hatten den Rücken blutrot. Es machte ganz den Anschein, als wären sie in einen Hinterhalt geraten und von hinten aus dem Sattel geschossen worden. Andere schienen gerade noch Gelegenheit gehabt zu haben, ihre Eisen zu ziehen.

Aber viel hatte ihnen das nicht genutzt.

Ihre Augen standen zumeist weit offen und waren von Schrecken gezeichnet. Sie hatten kaum die Situation erfassen können und waren schon tot gewesen, so wirkte es auf Corley, der jetzt von seinem Pferd herunterstieg.

Jeff Corleys Hand ging instinktiv zu dem Revolvergriff, der an der Hüfte aus seinem tiefgeschnallten Holster ragte. Sein Blick glitt über die Umgebung, denn er wusste, dass die Gefahr vielleicht noch nicht vorbei war.

Was hier geschehen war, konnte noch nicht allzulange her sein, denn sonst hätten die Geier sich längst in Scharen über diese Beute hergemacht.

Die Gefahr, die für die acht erschossenen Männer einen grausamen Tod nach kurzem, aussichtslosen Kampf bedeutet hatte, konnte noch immer gegenwärtig sein.

Aber Corley konnte nirgends etwas sehen.

Dennoch - zur Sicherheit blieb Corleys Hand bei dem Revolvergriff an seiner Seite.

Diejenigen, die für dieses Schlachtfeld verantwortlich waren, mussten sämtliche Pferde mitgenommen haben und es schien so, als hätten sie auch einige der Waffen ihrer toten Gegner eingesammelt.

Aber darauf konnten es diese Bestien unmöglich allein abgesehen haben. Ein solches Blutbad für ein paar Waffen und Pferde anzurichten, das war zumindest ungewöhnlich. Und dann sah Corley einen Augenblick später den eigentlichen Grund. Auf der anderen Seite des Wagens lag eine aufgebrochene Stahlkassette. Sie war selbstverständlich leer, aber ein Stück weiter im Sand fand Corley dann ein kleines Papierband, das alles erklärte.

Es war eines jener Papierbänder, mit denen Banken üblicherweise abgezählte Packen von Scheinen zu bündeln pflegten.

Corley nahm das Papier auf. Es stammte von einer Bank in Dutton, Arizona.

Ein Geldtransport also, dachte Corley.

Und acht bewaffnete Männer hatten nicht ausgereicht, um zu verhindern, dass ein paar skrupellose Banditen sich die Dollars unter den Nagel reißen konnten!

Corley zuckte mit den Schultern.

Für diese Männer konnte er nichts mehr tun.

Nichts, außer einer Sache.

Er ging zurück zu seinem Braunen und griff zu dem Klappspaten, den er hinten am Sattel hatte. Die Toten sollten ihre letzter Ruhe finden und dafür wollte Corley sorgen, auch wenn es es in der erbarmungslosen Hitze eine ziemliche Plackerei werden würde.

Mochten sich die Geier anderswo ihre Mahlzeit suchen!

Aber Corley hatte noch nicht die Schnalle gelöst, die den Klappspaten am Sattel festhielt, da vernahm er ein verräterisches Geräusch irgendwo in seinem Rücken. Instinktiv war ihm von der ersten Sekunde an klar, dass für diesen Laut weder Geier noch Coyoten verantwortlich waren - es sei denn solche, die auf zwei Beinen zu gehen pflegten. Aus mehreren Richtungen kam etwas an Corleys Ohren. Mit den Augenwinkeln nahm er zwischen den Felsen eine flüchtige Bewegung war.

Corleys Hand ging jetzt vom Klappspaten aus fast unmerklich ein Stück weiter zum Scubbard, aus dem der Kolben eines Winchester-Gewehrs ragte.

Mit einer blitzartigen, entschlossenen Bewegung hatte Jeff Corley die Waffe herausgerissen und durchgeladen. Als er dann herumwirbelte, blickte er in von abgrundtiefem Hass gezeichnete Gesichter und blanke Revolvermündungen.