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John Porter

Besser Tiger als Schaf

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Für Jean und Libby MacIntyre,
Sarah Richard – und für die Berge,
die ihn in Besitz nahmen

JOHN PORTER

BESSER
TIGER
ALS
SCHAF

Alex MacIntyre und die Geburt
des Alpinstils im Himalaya

Ins Deutsche übersetzt und bearbeitet von
Jochen Hemmleb

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INHALT

Vorwort

Prolog

Kapitel 1

Stairway to Heaven

Kapitel 2

Public Image

Kapitel 3

No More Heroes

Kapitel 4

A Walk on the Wild Side

Kapitel 5

Rocking in the Free World

Kapitel 6

Let it Be

Kapitel 7

Don’t Fear the Reaper

Kapitel 8

Aladdin Sane

Kapitel 9

Picture Book

Kapitel 10

New Order

Kapitel 11

The Boys Are Back

Kapitel 12

Should I Stay or Should I Go?

Kapitel 13

Something Better Change

Kapitel 14

Kiss That Frog

Kapitel 15

Sultans of Swing

Kapitel 16

Don’t Get Me Wrong

Kapitel 17

Don’t Take Me Alive

Kapitel 18

Always the Sun

Kapitel 19

Diamond Dogs

Kapitel 20

Perfect Day

Kapitel 21

Broken English

Kapitel 22

Vertical Graffiti

Kapitel 23

Surprise Surprise

Kapitel 24

Don’t Stop Me Now

Kapitel 25

Wish You Were Here

Kapitel 26

Eye of the Tiger

Kapitel 27

Heart of Glass

Kapitel 28

Time after Time

Kapitel 29

Searching for a Heart of Gold1

Bildnachweis

1Sämtliche Kapitelüberschriften sind Namen von Bands, Alben oder Songs, hauptsächlich aus den 1970er- und frühen 1980er-Jahren, die der Autor und Alex McIntyre hörten. Sie bleiben deshalb im englischen Original.

VORWORT

Es war John Porter, der mir in Kabuls Chicken Street die Bäckerei mit den besten Donuts zeigte. Ich war auf meiner ersten Expedition und gerade erst nach einer vierwöchigen Busreise von London in der afghanischen Hauptstadt angekommen. Endlich unterwegs zu den Bergen des Hindukusch! John befand sich bereits auf dem Nachhauseweg und schlug sich meisterhaft – während er Donuts verspeiste – mit dem haarsträubend komplizierten Verfahren herum, ein Visum zur Ausreise aus Afghanistan zu erhalten. Für ihn war es doppelt kompliziert, da er Teilnehmer einer großen britisch-polnischen Expedition war, die durch die Sowjetunion reiste.

Wir schrieben das Jahr 1977, und die Welt war noch meilenweit vom Ende des Kalten Kriegs entfernt. Um ein großes Team aus Polen und Briten nach Afghanistan und wieder zurück zu bringen, brauchte es eine entschlossene Kombination aus Diplomatie, Gaunerei, Glück und kreativer Geschäftstüchtigkeit. Später an diesem Tag traf ich in Kabul den Expeditionsleiter – den äußerst charmanten und überzeugungskräftigen Andrzej Zawada –, mit dem wir ausmachten, dass er uns den übrig gebliebenen Expeditionsproviant verkaufte. Er kam gerade von der beeindruckenden Erstbegehung der Nordwand des Koh-i-Mandaras (6628 m) mit dem britischen Schauspieler und Kletterer Terry King zurück. Doch es war John Porters Splittergruppe von bergsteigenden Freibeutern, die auf uns den größten Eindruck machte.

Ihren polnischen Guru Wojchiech „Voytek“ Kurtyka trafen wir nicht. Aber wir begegneten Alex MacIntyre, und ich könnte noch immer den wilden Blick in seinen Augen malen, als er und John geradezu manisch von der gigantischen Ostwand des Koh-i-Bandaka plapperten. Sie überschlugen sich mit Erzählungen von zusammenbrechenden Felswänden und himmelhohen Eisfeldern, vernichtenden Steinlawinen, zyklopengleichen Séracs, von den zahlreichen Brücken, die sie bei der Kletterei wiederholt hinter sich abgebrochen hatten. Höhepunkt ihrer Geschichte war der große Zentralkamin, durch den die Steine fegten – und dem sie den Spitznamen „Zyklotron“ gegeben hatten: Teilchenbeschleuniger …

Verwegene Geschichten. Für manche vielleicht selbstmörderisch. Doch hinter der Bravour standen jahrelange alpine Erfahrung und eine Menge schlaues Kalkül. Und falls jemand denken sollte, Koh-i-Bandaka sei ein Glücksfall gewesen, bei dem sie gerade noch einmal davongekommen waren: Im Folgejahr kehrte das gleiche Trio in den Himalaya zurück und es glückte ihnen gemeinsam mit Krzysztof Zurek ein noch bedeutenderer Wurf in der Südwand des Granitobelisken Changabang im Nanda-Devi-Massiv. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Alex MacIntyre bereits seine zukünftige Reiseroute zurechtgelegt, die ihn in die größten undurchstiegenen Wände an den höchsten Gipfeln der Erde führen sollte. Eine Reise, die planmäßig verlief, bis sie im Oktober 1982 durch einen einzelnen tödlichen Stein in der Annapurna-Südwand ein abruptes und brutales Ende fand.

Abgesehen von ein paar zufälligen Begegnungen wie jener in Kabul kannte ich Alex MacIntyre nicht. Aber ich las mit Begeisterung die paar Artikel, die er schrieb, und ich habe aus ihnen in meinen eigenen Büchern zitiert. Er war wortgewandt, witzig, selbstbewusst und schamlos ehrlich in Bezug auf seine Ambition. Er zeigte, was an den welthöchsten Bergen möglich war. Und obwohl nur wenige seiner Zeitgenossen seinen zielstrebigen Wagemut erreichten – oder erreichen wollten –, beeinflusste er uns alle. So habe ich also vor all diesen Jahren seine Karriere aus der Ferne verfolgt und bin jetzt fasziniert, dieses Buch von jemandem zu lesen, der ihn so gut kannte. Doch Johns Buch ist nicht einfach nur eine Biografie von Alex MacIntyre. Man findet in ihm auch eine Menge über John selbst. Es ist aber auch keine Autobiografie. Und auch keine Alpingeschichte oder ein konventioneller Reisebericht. Es beinhaltet Elemente aus all diesen Kategorien und vieles darüber hinaus, womit es sich tapfer einer oberflächlichen Einstufung widersetzt.

Gleich im ersten Teil des Buchs erwähnt John, wie sein Freund vorhersah, dass sie eines Tages ihre Bergstiefel an den Nagel hängen und Kommentatoren ihres Sports würden. Für Alex erfüllte sich diese Vorhersehung nicht. Aber John hat nun endlich diesen Kommentar geschrieben, wobei er die Weisheit der Rückschau mit der Unmittelbarkeit einer detailreichen und intensiven Erinnerung an große Tage verbindet. Zwischen 1977 und 1982 stand er im Zentrum eines wirklich Goldenen Zeitalters des Himalayabergsteigens, als sich die gesamte Vorstellung von dem, was möglich war, radikal änderte. Er berichtet lebhaft von einigen dieser Klettereien, setzt sie gleichzeitig aber in Perspektive. Sein Blick reicht zurück in die Vergangenheit zu Edward Whymper und in die Gegenwart und Zukunft zu Ueli Steck. Doch vor allem liefert er uns viele der bislang unveröffentlichten Hintergrundgeschichten eines anarchischen Haufens, der sich auf wilde Abenteuer begab und für einige äußerst witzige Geschichten sorgte. Was für ein wundervolles Gegengift zum heutigen Regime der gesponserten Athleten, Besteiger der Seven Summits und Everest-Pauschalreisen!

Doch das Goldene Zeitalter wurde durch eine tragische Liste all jener getrübt, die ihrer Leidenschaft zum Opfer fielen, unter ihnen Peter Boardman, Joe Tasker, Roger Baxter-Jones, Georges Bettembourg – und natürlich Alex MacIntyre, die Schlüsselfigur des Buchs, der in diesem berührenden Porträt als deutlich empfindsamere, großzügigere und letztendlich notleidende Person erscheint als im Bild des frechen, ungestümen Alex, das er der Öffentlichkeit präsentierte. Bergsteiger neigen dazu, einer ernsthaften Diskussion über den Tod auszuweichen, doch John berichtet auf bewegende Weise von den schmerzlichen Gesprächen mit Schwestern, Müttern und Freundinnen – von den Wellen der Trauer, die von einem fallenden Stein ausgehend ihre Kreise ziehen. Auch liefert er einen bewegenden Bericht aus erster Hand – ich denke, es ist der erste, der jemals veröffentlicht wurde – von dieser letzten, verhängnisvollen Expedition zur Annapurna.

Stephen Venables
im Juni 2014

Stephen Venables bestieg 1988 als erster Brite den Mount Everest ohne Flaschensauerstoff über eine extrem schwierige Neuroute durch die Ostwand zum Südsattel.

PROLOG

Während ich dieses Buch schrieb, begriff ich, dass ein Erzählen von Alex’ Leben auch meine eigene, sehr persönliche Sicht der damaligen Kletterszene beinhaltet. Zweifelsohne werden einige der Personen im Buch abweichende Erinnerungen an Alex und diese Zeit haben. Es gibt viele Menschen, bei denen ich mir gewünscht habe, ich hätte die Zeit gefunden, um ihre Gedanken aufzuzeichnen. Doch ich hätte dies bis in alle Ewigkeit fortsetzen können. Am Ende musste ich eine Auswahl treffen und meine Erinnerung mit Tonbandaufzeichnungen von Interviews mit denen stützen, die damals Teil unseres engen Freundeskreises waren. Aber daneben gab es viele weitere Gespräche mit alten Freunden, oftmals während zufälliger Begegnungen und über Austausch von Emails. Auch hatte ich für die Recherche eine Fülle von Artikeln aus der Bergsteigerpresse. Mit den Jahren – als die 1970er- und 1980er-Jahre in die Ferne rückten, als würde man sie durch das falsche Ende eines Teleskops betrachten – begann ich zu verstehen, wie schwierig es ist, ein wahres Bild von allem zu bekommen, was geschehen war. Dann kam ein Moment, in dem ich fühlte, dass mehr als genug Material vorhanden war, um es zu etwas wie einem zusammenhängenden Ganzen zusammenzufügen.

Es muss daran erinnert werden, dass die meisten Ereignisse in diesem Buch in einer Zeit stattfanden, die dem Zweiten Weltkrieg inzwischen näher liegt als der Gegenwart. Ursprünglich versuchte ich, mich selbst völlig aus dem Buch herauszunehmen und so zu schreiben, als wäre ich Alex (ein Vorschlag von Ken Wilson). Doch dies stellte sich als unmöglich heraus. Teilweise weil sich die Intensität unserer gemeinsamen Zeit und Touren am besten in meinen eigenen Worten wiedergeben ließ; teilweise weil es keinen Weg gab, dass ich Alex’ unnachahmlichen Schreibstil kopierte. Daraus folgt, dass diese Geschichte von Alex keine reine Biografie im strikten Sinn ist.

Es gibt weitaus mehr Menschen, denen ich danke, als ich mich zu erinnern vermag. Zunächst danke ich jedem, der Alex kannte, ihn liebte, mit ihm kletterte und zu seinem Leben und seiner Geschichte einen Beitrag leistete. Dies betrifft vor allem Alex’ Mutter Jean, deren Einblicke in Alex und seine Freunde den Kernpunkt des Buchs darstellen, um den sich alles andere dreht. Ohne Jeans frühe Unterstützung wäre dieses Buch niemals geschrieben worden. Gleiches gilt für Alex’ Schwester Libby und Sarah Richard, seine Freundin. Ohne ihr Einverständnis hätte ich nicht über Alex geschrieben. Sie litten unter seinem Verlust mehr, als es sich der Rest von uns vorstellen kann.

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ALEX MACINTYRE 1954–1982

Im vergangenen August, just als ich feststellte, endlich genügend Material zu haben, um das Buch abzuschließen, wählte man mich dazu aus, am Mountain and Wilderness Writing Programm am Banff Centre in Alberta, Kanada, teilzunehmen. Die Intensität des Kurses zwang mich dazu, aus all den Stunden, die ich in meinem persönlichen Studio inmitten der schneebedeckten Bergwälder verbrachte, das Meiste herauszuholen. Der Kurs gab mir den Raum und die Zeit, den Kern des Buchs fertig zu stellen – deshalb mein Dank an das Banff Centre und insbesondere den Fachbereich Kunst für diese Gelegenheit. Der kritische Blick der beiden Tutoren des Kurses, Tony Whittome und Marni Jackson, lenkte mich hin zu einer Struktur, welche (hoffentlich) die verschiedenen Ebenen des Buchs zusammenhält. Und natürlich war ich nicht allein. Die Ermutigung, Kritik und Freundschaft der übrigen Kursteilnehmer – Jack Tackle, Rebecca Loncraine, Sarah Johnson, Aaron Spitzer und Lydsie Bourgon – ließen mich entschlossener denn je sein, das Werk endlich zu vollenden. Nach den letzten Wochen zu Hause danke ich Ed Douglas für das Lektorat und dem gesamten Team bei Vertebrate Publishing, allen voran John Coefield und Jon Barton.

Für ihre Beiträge in Form von Geschichten, Fotos, ermutigenden Worten und Ratschlägen danke ich John Powell, Maria Coffey, Bernard Newman, Colin Brooks, Nick Colton, Tim Jepson, Brian Cropper, Dennis Gray, Roger Martin, Leo Dickinson, Doug Scott, Chris Bonington, Tut Braithwaite, Brian Hall, Guy Lee, René Ghilini, Wojciech Kurtyka, Anna Milewska und allen meinen polnischen Freunden. Bernadette McDonald, Judith Brown, Chris Bonington und Doug Scott machten konstruktive Vorschläge zur Verbesserung des Texts und korrigierten Fakten, die ich falsch wiedergegeben hatte. Jon Popowich erinnerte mich an einen längst vergessenen Artikel in der (eingestellten) Zeitschrift Mountain Review, in dem ich aus Novalis zitiere. Pete Woolaghan stellte jene schwierige Frage, auf die kein Bergsteiger eine vollständige Antwort weiß. Ich nutzte das Zitat erneut, da es mir half, meine Ansicht über Schicksal und Alex’ Charakter zu formen. Und selbstverständlich bin ich Stephen Venables sehr dankbar, dessen Vorwort die Touren und die damalige Zeit in ihren Kontext setzt.

Abschließend danke ich jedem, der mich über 15 Jahre hinweg gefragt hat: „… und was macht das Buch?“ – Worte, bei denen sich mir der Magen umdrehte. Am häufigsten hörte ich diese Worte von meiner Frau Rosie und meinen Töchtern Sarah und Laura, die meine Angst ertrugen und mich sanft ermutigten, meinen Weg bis zur Vollendung des Buches zu finden.

John Porter
Cumbria (Lake District, England), im Juli 2014

KAPITEL 1

Stairway to Heaven

Eine stetige Brise streicht in seichten Wellen von unsichtbaren Gipfeln herab und bringt Erleichterung von der brennenden Sonne und Mittagshitze. Der Wind weht durch Felder reifender Gerste und Erbsen, harmonisch wiegen sich die langen Stängel hin und her. Das satte Grün der Felder scheint in einem eigenen Licht zu leuchten. Milchig braune Berge ragen von der Kante des Plateaus wie rostige Wellbleche in die Höhe, zerfurcht von tief eingeschnittenen Nullahs, Trockentälern. Ihre Flanken reichen von dem fruchtbaren Tal über eine Wüstenlandschaft mit dornigen Krummhölzern und Felstürmen bis zum Schnee des Hindukusch.

Wir zelten an einem Ort, wo vier Täler in der Ebene von Zebak zusammenlaufen. Dies ist der Eingang zum Wakhan-Korridor im äußersten Nordosten Afghanistans. Es ist kurz nach Mittag an einem Augusttag 1977. Halb erschöpft und zutiefst zufrieden döse ich vor mich hin. Es ist ein zauberhafter Ort voller Licht und sprießendem Grün inmitten einer Wüste.

Viel von einem Zeltplatz hat er nicht. Die Sturmböen der vergangenen Nacht haben unser einziges Zelt beinahe zerstört. Eine Seite ist aufgerissen, verstreute Kleidung und Ausrüstung liegt im Freien. Wir unternehmen keine Anstrengungen, das Zelt zu nähen, das Durcheinander aufzuräumen oder die Töpfe zu waschen. In diesem Moment scheint uns alles egal. Ein Wiedehopf huscht hinab zum Fluss, die Farbflecken seiner Flügel glänzen in der blendenden Sonne. Alles ist still. Lebendig zu sein, noch immer zu existieren, ist alles was zählt.

Durch das aufgerissene Zelt sehe ich Alex, wie er auf seinem Schlafsack döst. Seine hervorstehenden Rippen, seine ausgemergelten Arme und Beine erzählen von Wochen harter Anstrengung und nicht genügend Essen. Sein Gesicht wird von einem Wust an Haaren umrahmt, er gleicht einer Mischung aus Landstreicher und Rockstar, wie Marc Bolan mit Stoppelbart. Neben ihm liegt ein zerschlissenes Exemplar von The Magus von John Fowles. Ein halb ausgetrunkener Teebecher ist umgekippt und steht nun umgekehrt auf meinem Schlafsack.

Es macht nichts. Die Sonne trocknet die Sachen in Minutenschnelle. Die Welt um uns ist ein langsamer Kreislauf aus Zeit und Farben. Die einzigen Töne sind das Rauschen des fernen Flusses, der Wind im Getreide und der gelegentliche Schrei eines Raubvogels, der hoch über uns kreist. Wir haben genug zu essen. In wenigen Tagen wird die Expedition zu Ende sein und neue Reisen werden beginnen.

Doch im Moment sind wir noch immer in Afghanistan, meilenweit weg von unseren Freunden – und wir haben bislang noch keine Idee, wie wir nach Hause kommen. Wir müssen mit einem Lastwagen nach Kabul zurückfinden. Wie lange das dauert? Vielleicht sechs Tage? Dann die große Frage: Lassen uns die Russen über den Amu Darya, damit wir, wie auf der Hinreise, per Eisenbahn durch die Sowjetunion fahren können? Die Polen haben uns mit falschen Papieren ins Land geschmuggelt, also ist die Rückreise ein Problem. Wenn wir in Kabul die Erlaubnis erhalten, brauchen wir vielleicht weitere zehn Tage bis Warschau, dann nochmals drei Tage zurück nach England. Es ist nur eine Frage der Zeit – und von der haben wir eine Menge. Ich nicke wieder ein.

Wie aus einem Traum nimmt das ferne Geräusch von Motoren an Stärke zu. Jenseits der Felder, am Fuß der Hügel im Norden, liegt eine Schotterstraße, die Faizabad mit den oberen Regionen des Wakhan verbindet und dann zur Schmugglerroute ins sowjetische Asien über den Amu Darya führt. Konnten dies Wojciech Kurtyka – auch als Voytek bekannt – und der Rest von unserer Expedition auf ihrem Rückweg aus dem Mandaras-Tal sein? Voytek war seit zwei Tagen unterwegs. Schnell rechne ich nach – nein, das ist nicht genügend Zeit, um bis dorthin und wieder zurück zu gelangen. Wir verfolgen die Staubwolke, die eine halbe Meile entfernt von der Straße aufsteigt und wächst. Es tauchen ein Militärjeep und ein Lkw auf, der zur Hälfte mit Soldaten besetzt ist. Sie sind auf dem Weg nach Westen.

Die Fahrzeuge halten an einem Punkt der Straße an, der uns am nächsten liegt, etwa eine Viertelmeile von uns weg. Drei Männer steigen aus und beginnen, in schnellem Marsch in unsere Richtung zu laufen. Wir haben weit genug von der Straße entfernt gezeltet, um notfalls eine Chance zu haben, davonzulaufen. Eine bedrohliche Begegnung in Bandikan vor einer Woche ist noch immer frisch in unserer Erinnerung. Wir haben keine offizielle Aufenthaltserlaubnis, was in den Augen von Banditen so gut ist, als wären wir gar nicht da. Wir haben nun keine andere Wahl mehr, als zu warten und zu sehen, was passiert. In jedem Fall sind diese Männer eindeutig vom Militär. An der Größe und dem Schwung ihrer Schirmmützen können wir erkennen, dass zwei von ihnen Offiziere sind. Vom Besatz seiner Uniform her scheint einer ein Oberst zu sein. Vielleicht wäre eine Zelle in einem Militärlager nicht das Schlechteste.

Als die Männer näher kommen, setzt sich Alex auf, um sie besser sehen zu können. Wir erkennen deutlich, dass Voytek nicht bei ihnen ist.

„Was denkst du? Werden diese Typen uns festnehmen, erschießen oder nur auf einen Tee vorbeikommen?“

„Ich hoffe, sie kontrollieren uns nur, aber vielleicht machen sie alle drei Dinge.“

Ich stehe auf, um sie zu begrüßen, während Alex sein Bestes tut, um unsere Habseligkeiten aufzuräumen. Erste Priorität: Unsere britischen Ausweise bereithalten, um sie notfalls vorzuzeigen. „Inglestani! London!“ zu sein hat sich als einer unserer stärksten Trümpfe während des ganzen illegalen Aufenthalts in dieser Region erwiesen.

Der Oberst legt die letzten Meter mit Würde und Autorität zurück.

„Hallo, woher kommen Sie?“

Er ist etwa 40 Jahre alt und hat das Aussehen eines Filmstars aus den 1950er-Jahren. Er ist eindeutig der Chef hier. Sein Kavalleriebrigade-Schnurrbart stammt aus der Ära des fatalen Rückzugs der Britischen Armee aus Kabul. Mir kommt plötzlich die Frage in den Sinn, wie das englische Militär der letzten Jahrhunderte die Schnurrbartmode entwickelt hat.

Inglestani! London!“ erwidere ich wie ein folgsamer Hund.

„Ah, wo in London leben Sie? Ich liebe das West End. Ich machte mein Diplom an der London School of Economics.“

Ich bin dabei, mich zu entspannen, und murmele, dass ich genaugenommen aus Cumbria komme. Da sehe ich zu meinem Entsetzen, wie der junge Offizier und sein Fahrer den Inhalt des Zelts durchwühlen. Alex ist machtlos, sie aufzuhalten. Die nächste Frage des Obersts kommt für mich völlig überraschend.

„Wie viel wollen Sie für ihr Zelt, für ihre Ausrüstung oder was Sie sonst noch verkaufen möchten?“

Ich schaue umher, dann drehe ich mich erstaunt wieder zu ihm um. Das Zelt ist eindeutig eine Ruine. Die Schlafsäcke und Kleidung sind geflickt und von Schweiß und Ruß verdreckt. Alles andere, inklusive unseres Kochers und der ineinander gestapelten Töpfe, ist abgenutzt und kaum mehr zu verwenden. Nur das Bündel Klemmkeile, Felshaken, Eispickel und Steigeisen, die bereits vor der Expedition in Benutzung waren, haben etwas von ihrem ursprünglichen Zustand behalten.

Tauschhandel ist in Afghanistan hochgradig komplex und potenziell gefährlich. Am ersten Tag unseres Anmarschs versuchte ein älterer Dorfbewohner Alex’ Bergstiefel zu kaufen. Alex erklärte, seine Stiefel seien mehr wert als der Stier des Dorfs. Für die Einheimischen schienen wir damit plötzlich unglaublich reich. Alles ist relativ. Von unserer Ankunft in Warschau bis zum gegenwärtigen Moment war die gesamte Reise ein Meisterstück, Pennys in Waren zum Tausch und die resultierenden Dollars in Gipfel umzuwandeln. Die Polen gingen ein gewaltiges Risiko ein, uns durch die Sowjetunion zu schmuggeln und hierher zu bringen. Nun muss ich eine Antwort auf das Handelsangebot dieses Mannes finden, das ihn nicht beleidigt und uns vielleicht die Notwendigkeit weiterer Erklärungen erspart. Mein Ehrgefühl als Pfadfinder trägt zu meiner Rettung bei.

„Ich fürchte, wir sind nicht in der Lage, unsere Ausrüstung zu verkaufen. Sehen Sie, alles gehört dem High Mountain Club in Polen. Alles ist also Eigentum der Volksrepublik Polen. Man hat es uns geliehen und es ist in unserer Obhut.“

Nun ist der Oberst dran, mich ungläubig anzustarren. Es folgt eine kurze Pause.

„Ah, nun gut“, sagt er. „In diesem Fall müssen wir uns wieder auf den Weg machen. Es ist so schwer, gute Ausrüstung für die Berge zu finden. Das ist wirklich schade.“

Und mit diesen Worten machen sie kehrt und brechen auf. Doch dann hält der Filmstar-Oberst inne und dreht sich um.

„Oh, ich muss Ihnen sagen, all Ihren polnischen und englischen Freunden geht es gut und sie lassen Sie grüßen. Wir trafen sie vor zwei Tagen, und sie waren ziemlich erfreut, uns Ausrüstung zu verkaufen. Ich vermute, diese muss ihr Privateigentum gewesen sein? Inshallah, in spätestens ein oder zwei Tagen werden Sie sie finden. In der Zwischenzeit werde ich dafür sorgen, dass man Ihnen aus dem Dorf ein paar Forellen und Brot schickt – es sieht so aus, als könnten Sie etwas zu essen gebrauchen. Auf Wiedersehen. Und möge Sie Allah beschützen.“

Die Männer verschwinden. Alex und ich stehen in der drückenden Sonne und atmen tief durch. Das Leben ist direkt und unmittelbar. Niemand braucht zu wissen, wo wir sind, wer wir sind. Wir sind uns selbst nicht mehr sicher. Wir sind nur Reisende inmitten einer Geschichte aus einer anderen Welt. Als die Motoren starten und der Konvoi losfährt, lachen wir, bis uns beinahe die Tränen kommen. Wir hören erst auf, als zwei Männer aus dem Dorf mit einer riesigen Forelle und einigen kalten Fladen Naan ankommen. Der Ramadan ist eindeutig vorbei. Wir bieten ihnen eine Handvoll kleiner Scheine Afghanis und bitten sie, sich zu uns zu gesellen. Wir kochen Tee, braten die Forelle und schauen zu, wie Schatten das Tal hinabwandern, so als wäre der Berg der Stab einer Sonnenuhr. Wir beenden unser einfaches Mahl, und die Männer verlassen uns wieder. Die kühle Bergluft, die das Tal jeden Abend füllt, hat ihre Neugierde gemindert.

Als ich mitten in der Nacht aufwache, sehe ich durch einen Riss im Zelt eine tausendfach funkelnde Sternenpracht, die den schwarzen Himmel erleuchtet. Die Milchstraße scheint für all das zu stehen, was im Leben gut und sicher ist. Ich erinnere mich an Nächte meiner Kindheit, in denen ich mich heimlich mit meinem kleinen selbstgebauten Teleskop auf das Dach unseres Hauses in Massachusetts verzog, während meine Eltern schliefen. Nun ist der Himmel über mir so klar, dass ich Nebel und Regionen sehen kann, wo undurchsichtige Gaswolken alles Dahinterliegende verdecken – so wie die undurchdringliche Dunkelheit, die sich über die Seele legt, selbst wenn sie am zufriedensten ist.

KAPITEL 2

Public Image

Mitten am Nachmittag des 15. Oktobers 1982 erreichten Alex MacIntyre und der französisch-italienische Bergsteiger René Ghilini ein steiles Felsband auf etwa 7200 Metern in der Südwand der Annapurna. Die Annapurna-Südwand ist eine der großen Wände im Himalaya, eine komplexe Mauer aus Pfeilern und steilen Couloirs, fünf Kilometer breit und drei Kilometer hoch. Von allen 14 Achttausendern forderte die Annapurna die meisten Leben im Verhältnis zu den Besteigungsversuchen. Alex und René versuchten eine neue Route, einen diagonalen Anstieg, der auf der rechten Seite der Wand begann und sie schließlich zum Mittelgipfel führen würde. Bei einem Erfolg wäre es die vierte Route durch die Wand. Die drei Hauptpfeiler waren bereits von „nationalen“ Großexpeditionen begangen worden. Eine britische Expedition unter der Leitung von Chris Bonington kletterte 1970 den damals schwierigsten Anstieg an einem Achttausender. Er führte direkt über den Pfeiler ganz links hinauf zum höchsten der drei Annapurna-Gipfel. Polen kletterten 1981 den rechten Pfeiler zum Mittelgipfel, Japaner im gleichen Jahr den Zentralpfeiler zum Hauptgipfel. Alle drei Expeditionen bestanden aus vielen Teilnehmern; die Besteigung des Berges dauerte Monate und geschah unter Verwendung von Fixseilen und fest eingerichteten Lagern. Alex und René planten, die Wand in drei Tagen zu durchsteigen. Für den Abstieg rechneten sie mit zwei weiteren. Sie waren nur zu zweit. Sollte dieser Versuch scheitern, würden sie wiederkommen.

Zusammen erkundeten sie die Möglichkeiten, die 30 Meter hohe Wand zu überklettern, die ihnen nun den Weiterweg versperrte. Vom Basislager aus wirkte sie bedeutungslos, eine Bleistiftbreite im Vergleich zu einem zweistöckigen Haus. Eine vielversprechende Schneerampe leitete nach links – vielleicht öffnete sie den Weg bis zu den offenen Schneefeldern oberhalb. Aber nach 60 Metern verengte sich die Rampe zu einem dünnen Streifen Eis. Und dann war da nur noch eine blanke Wand aus kompaktem Fels. Es war unmöglich. Sie stiegen ab bis zu einer Spalte am Beginn der Rampe und bereiteten ihr Biwak vor. Um sicher durch das 800 Meter hohe Couloir zum Wandfuß abzusteigen, würden sie bei Dämmerung aufbrechen müssen, wenn der Berg noch gefroren war. Während sie Schnee schmolzen und Getränke zubereiteten, diskutierten sie, welche Ausrüstung sie bräuchten, um das Felsband bei ihrem nächsten Versuch zu überwinden.

Als sie sich auf den Weg nach unten machten, war die Morgendämmerung bereits vorbei. Der schwierige Abstieg in das Couloir zu Beginn hatte ihr Tempo verlangsamt. Die Sonne erreichte den oberen Wandteil und senkte sich langsam wie ein gelber Vorhang zu ihnen herab. Es wurde wärmer. Gegen 10 Uhr waren beide Männer in etwa halber Höhe des Couloirs. Von meinem Beobachtungsplatz unter der Wand aus betrachtet waren sie zwei kleine Punkte in einem Meer aus Schnee und Fels. Dann schlug das Schicksal zu: Ein faustgroßer Stein schoss aus 1000 Meter Höhe hinab und traf Alex’ Helm mit der Präzision eines Scharfschützen. Er brach zusammen und stürzte die restlichen 400 Meter des Couloirs hinab.

René klammerte sich an seine Eisgeräte, betäubt vom Schock des Augenblicks. Dann rief er Alex’ Namen. Als er keine Antwort erhielt, kletterte er so schnell wie möglich hinab. Es glich einem kontrollierten Sturz, als er seine Steigeisen in den aufgeweichten Schnee stieß, sich rutschen ließ und mit den Eisgeräten über dem Kopf abbremste. Als er Alex’ leblosen Körper erreichte, sah er, dass er höchstwahrscheinlich auf der Stelle tot gewesen war. Er konnte nichts mehr tun. Er zwang sich dazu, die Ruhe zu bewahren, seinen eigenen Schock zu kontrollieren und seinen Abstieg alleine fortzusetzen. Er zog den toten Körper in eine Nische oberhalb einer Spalte und markierte die Stelle mit Alex’ Eisgeräten, die ihn an der Wand hielten. Dann rannte er den verbleibenden vierstündigen Weg hinab bis zum Basislager auf der gegenüberliegenden Seite des Gletschers.

Ich traf ihn auf halber Strecke. Ich hatte die beiden von der Seitenmoräne kurz oberhalb des Basislagers aus beobachtet und den Unfall durch die Linse meiner Kamera gesehen. Alles, was wir an diesem Tag tun konnten, war, zu den Zelten zurückzukehren; es war zu spät, um nochmals aufzusteigen. An diesem Abend erzählte mir René die Geschichte: Wie sie von der Felsstufe aufgehalten worden waren. Von den Gesprächen während ihres Biwaks in der Nacht zuvor. Von ihrer Hoffnung, dass ich mich erholt hätte, wir mit mehr Ausrüstung zurückkehren und Erfolg haben würden. Am Abend zuvor, während sie abstiegen, dachte ich, dass sich mein Schicksal zum Besseren gewendet hätte. Nach einem Anfall von Diarrhö fühlte ich mich wieder fit und hoffte, wir könnten noch immer zusammen die Wand durchklettern. Und nun dies. Am Vorabend hatte ich sie durch mein Teleobjektiv beobachtet, wie sie sich auf ihr Biwak vorbereiteten. Plötzlich leuchtete im Sucher ein intensives Rot auf. Mein Herz schien kurz stillzustehen, doch dann begriff ich, was ich gesehen hatte. Es war Alex, der das Biwakzelt ausschüttelte.

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Das Felsband auf 7200 Metern in der Annapurna-Südwand, an dem Alex und René scheiterten.

Am Morgen nach dem Unfall begannen René und ich, unsere Sachen zu packen, um in die Wand zurückzukehren und Alex’ Leiche zu bergen. Doch noch vor unserem Aufbruch zogen Wolken auf und es begann leicht zu schneien. Ein Sturm braute sich zusammen. Wir warteten einen weiteren Tag in einem Zustand der Unsicherheit. Unser Verbindungsoffizier sagte, er würde sofort aufbrechen, um die Neuigkeiten nach Kathmandu zu übermitteln. Ich dachte an Alex’ Mutter Jean und an Sarah, seine Freundin – und an die Notwendigkeit, mit ihnen zu sprechen. Wir könnten dableiben und versuchen, Alex zu bergen. Doch was würden wir damit erreichen? Es war klar, dass die Annapurna Alex’ Grab sein würde.

Heute gibt es im Annapurna-Basislager einen Gedenkstein für Alex mit der Inschrift: „Es ist besser, einen Tag als Tiger gelebt zu haben, als tausend Jahre lang als Schaf.“2 Hätten es René und Alex geschafft, die kurze Passage zu überwinden, die sie aufhielt, wären nur noch wenige Schwierigkeiten zwischen ihnen und dem Gipfel gelegen. Zwei Jahre später, 1984, kletterten die beiden Spanier Nil Bohigas und Enric Lucas die Linie, die Alex und René versucht hatten. Es war eine brillante Erstbegehung, aber ihr Erfolg war ein Zeugnis für die visionäre Kraft von Alex. Und sie hatten Glück. Ein schmaler, steiler Eisstreifen leitete über die blanke Felsbarriere, die für Alex und René unüberwindbar gewesen war.

Alex war 28, als er starb – so jung, dass sein Leben kaum mehr als ein Vorwort war. Doch ein Vorwort zu was? Alex dachte, er wüsste es. Kurz bevor wir Kathmandu verließen, um zur Annapurna zu gehen, stellte er einen Artikel für den Karrimor Technical Guide 1983 fertig. Karrimor zählte damals zu den führenden Outdoor-Ausrüstungsmarken. Ich habe ein Foto von Alex, wie er die ganzen Seiten durchsieht, die er im Licht seiner Stirnlampe während eines Stromausfalls im Lhotse Hotel geschrieben hatte. „Cut and paste“ – Ausschneiden und Einfügen – war damals wörtlich zu nehmen. Er schnitt Stücke des Artikels aus und fügte sie an einer besser passenden Stelle in den Text ein. Oder er schrieb von Hand einen neuen Absatz und klebte ihn über den alten.

Mit einer ungewöhnlich weisen Voraussicht, die jener des Schriftstellers H. G. Wells ebenbürtig war, sah Alex Veränderungen im modernen Bergsteigen und eine Revolution in der weltweiten Kommunikation kommen. Hier ist die erste seiner Voraussagen, gleich am Anfang seines Artikels: „Wie wir unsere Ausrüstung für unseren Versuch an der Annapurna-Südwand packen, tun wir dies mit dem sicheren Wissen, dass eines Tages in nicht allzu ferner Zukunft ein Kerl nur halb so viel oder noch weniger packen und aufbrechen wird, um die Wand in einer Zeit zu durchsteigen, die jenseits unseres Vorstellungsvermögens liegt. Gestützt von einer Methodik und einem Verständnis für seine Umwelt, wie wir sie heute noch nicht haben. Unsere leichtgewichtigen Rucksäcke werden wie Dinosaurier sein. Zumindest für einige wenige wird der Himalaya zu einem alpinen Spielplatz werden, während Millionen wartend zuschauen!“

Im Jahr 2013 beging der Schweizer Ueli Steck einen bedeutend schwierigeren Anstieg in der Südwand rechts der Bonington-Route direkt zum Hauptgipfel. Er kletterte im Alleingang und benötigte für Auf- und Abstieg 28 Stunden. Steck, der den Spitznamen „Swiss Machine“ trägt, stellt Geschwindigkeitsrekorde in Routen quasi jedes Mal auf, wenn er an einen Berg geht – und tatsächlich schauen sich Millionen Filme dieser Besteigungen auf YouTube und im Fernsehen an. Solch eine Begehung wäre mit der Ausrüstung von 1982 unmöglich gewesen. Und Steck hat die höchsten Standards heutiger athletischer Fitness erreicht. Es gibt keine olympischen Wettbewerbe für Bergsteiger, aber er wäre der Goldmedaillengewinner bei Alleingängen an Achttausendern. Selbst im Rahmen der generell hohen Standards des modernen Bergsteigens halten heutige aktive Bergsteiger Stecks Leistungen für erstaunlich.3

Die Kluft zwischen einem sehr guten Kletterer und einem außergewöhnlich guten wie Steck ist heute viel größer als in den 1970er- und 1980er-Jahren. Damals begingen Bergsteiger Routen in den Alpen im Alleingang, um ihr Können und ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern. Es war Training, um zu lernen, wie man sich in vergleichbarem Gelände im Himalaya sicher bewegt. Der Aspekt eines Geschwindigkeitsrekords tauchte in dieser Gleichung nicht auf. Heute ist Geschwindigkeit – Speedbergsteigen – fast eine eigenständige Disziplin. Sie gibt der Erfahrung eine neue Dimension. Es gibt nicht viel zu reflektieren, wenn man über eine zweieinhalbstündige Durchsteigung der Eigerwand schreibt. Stoppuhren und Sponsoren verwässern die Mystik. Aber was sagt Steck selbst über seine Leistungen: „Ich bin kein besserer Bergsteiger als Anderl Heckmair. Dies ist nur ein anderer Stil in einer anderen Zeit.“4

Die andere bemerkenswerte Vorhersage in Alex’ Artikel lässt das Aufkommen des Internets ahnen. „Eines Tages in nicht allzu ferner Zukunft sitzen wir vielleicht in unserem Basislager und stehen vor der Wahl, Dallas oder eine Live-Solodurchsteigung der Makalu-Westwand zu schauen, während wir mit einem Knopfdruck den Fortschritt anderer Expeditionen zu verfolgen versuchen. Aber dann haben René, John und ich vielleicht Jobs als Kommentatoren! Euer Alex.“

Man könnte sagen, dass ich ihm Recht gebe, indem ich dieses Buch schreibe.

Als Alex an jenem Septembertag 1982 mit dem Ausschneiden und Einfügen fertig war, steckte er den Artikel in einen Umschlag, adressierte ihn an Mike Parsons, den Eigentümer von Karrimor, und lief eine Meile im Monsunregen über schlammige Straßen voller Menschen zum Postamt. Glücklicherweise erreichte der Brief Mike ein paar Wochen später.

Alex MacIntyres kurze, aber brillante Bergsteigerkarriere überspannte kaum ein Jahrzehnt, von Anfang 1972 bis Herbst 1982. Am Ende dieser Dekade war er durch seine kühnen Besteigungen in den Alpen, Anden und im Himalaya international bekannt. Reinhold Messner beschrieb Alex als „den gegenwärtig stilreinsten Vertreter des Leichtgewichtstils im Himalaya.“ Etwa zur gleichen Zeit sagte Alex über Reinhold Messner: „Er hatte einige interessante Projekte, bis er sich aufs Gipfelsammeln verlegte und sich mehr für das Brechen von Zahlenrekorden interessierte.“5

Diese freche Aussage fiel in einem Interview, das Ken Wilson im Sommer vor Alex’ Tod 1982 für die Bergzeitschrift Mountain aufzeichnete. Der Kommentar war typisch für Alex – provokant, in den Augen mancher vielleicht sogar beleidigend angesichts Messners enormer Bedeutung für das Bergsteigen. Doch in Wahrheit war er nur eine von verschiedenen Möglichkeiten, die Fakten zu betrachten. Alex hatte schließlich sein Jurastudium mit Bestnote abgeschlossen. Hinter seinem Kommentar steckte keine beabsichtigte Böswilligkeit. Alex respektierte Messner. Er sah in dessen Alleingang auf den Nanga Parbat 1978 ein Modell für den Leichtgewichtstil:

„Reinhold ist sehr fit, wenn er am Berg eintrifft, und akklimatisiert sich meinem Begriff nach nur wenig. Er ist ein Athlet, und seine Taktik ist, den Gipfel sehr schnell zu besteigen und die kürzest mögliche Zeit in großer Höhe zu verbringen. … Doch diese Taktik funktioniert nur, wenn es nur wenige technische Schwierigkeiten gibt. Sobald man auf technische Schwierigkeiten trifft, muss man diesen voll akklimatisiert, stark und mit ausreichend Vorräten begegnen, um einige Tage damit zubringen zu können. Eine gute Akklimatisation und das Gewicht der Ausrüstung werden somit entscheidend.“

Wie Messner hatte Alex das Verlangen, kühne Projekte zu konzipieren, die über und jenseits des Gewöhnlichen lagen. Ueli Steck setzt diese Tradition heute mit einer anderen Geisteshaltung fort – und erzielt einen viel größeren kommerziellen Gewinn. Alex lebte in einer Zeit, in der die Ausrüstung im Vergleich zu heute recht primitiv war. Wissenschaftliche Trainingspläne für die extreme Höhe mussten erst noch vollständig entwickelt werden. Es dauerte Wochen und nicht Stunden, den Fuß der höchsten Berge zu erreichen. Wäre Alex wie Ueli Steck, wenn er heute leben würde? Möglicherweise. Sicher ist nur, dass die besten Bergsteiger einer jeden Zeit in diesem Punkt immer einer Meinung wären: „Wenn du eine Chance hast, dann nutze sie.“

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Alex steigt in die Spalte, in der er und René ihr letztes Biwak in der Annapurna-Südwand bezogen haben.

An der Universität hatte Alex einen Spitznamen: „Dirty Alex“. Das war nicht unbedingt fair. Wir waren alle ein ziemlich schmuddeliger Haufen. Aber der Spitzname blieb. Sein ungepflegtes Auftreten stand in starkem Kontrast zu seinem verdammt guten Aussehen. Er hatte neugierige, intelligente Augen und einen bisweilen etwas spöttischen Blick. Auf keinen Fall war er ein Produkt der Flower-Power-Generation, wie manche meinten. Wie viele Sportler der 1970er-Jahre orientierte sich Alex in seinem Aussehen an einer Mischung aus Punk und Glam-Rock. Sein Aussehen war sowohl ein Statement wie auch ein herausforderndes Spiel mit den zwiespältigen Gefühlen, die andere ihm gegenüber auf den ersten Blick vielleicht empfanden. Wie die meisten Kletterer in den 1970er-Jahren rauchte er gelegentlich Marihuana und witzelte häufig, Trinken sei gutes „Gehirntraining“ für den Himalaya. Alex trank jedoch nie bis spät in die Nacht – im Gegensatz zu vielen anderen führenden Kletterstars dieser Zeit wie dem genialen John Syrett oder John Barber aus Amerika, deren Spaß an durchzechten Kneipennächten legendär war.

Alex’ Vision von dem, was möglich war, wurde von einem entnervenden Intellekt und einer geradezu boshaften Lust gestützt, zu provozieren und mit den Gefühlen anderer Menschen zu spielen. Auch war er ein Pragmatiker. Sein Zugang zum Leichtgewichtstil im Bergsteigen war wohl durchdacht; entsprechend seiner Ziele entwickelte er seine eigene Ausrüstung, die oft auch in Produktion ging.

„Alex war auf vielerlei Weise einzigartig“, meinte Maria Coffey, die Autorin von Fragile Edge und anderen Büchern über die psychischen und emotionalen Auswirkungen des Bergsteigens. „Er stach aus der Masse heraus, überragte jeden. Er hatte definitiv eine Aura.“ Maria kannte Alex sehr gut; er wohnte anderthalb Jahre bei ihr zur Untermiete, als sie in Manchester als Lehrerin und er für das British Mountaineering Council arbeitete. Maria berichtete, dass nach Alex’ Tod die Bergsteiger, die von ihrer Freundschaft zu ihm wussten, sie öfters über ihn ausfragten. „Mark Twight und Tomaz Humar bewunderten ihn. Seine Einzigartigkeit entsprang seinem Karma und Charisma, welches wiederum aus einer Zielstrebigkeit stammte, nicht aus purem Ehrgeiz.“

Ich kletterte einige Male mit Humar in Paklenica an der dalmatinischen Küste von Kroatien. Alex war tatsächlich einer seiner Helden. Tomaz war in vielen Dingen wie Alex: enthusiastisch, kühn und frech. Und er reagierte spöttisch auf die Warnung, dass ihn vielleicht das gleiche Schicksal ereile. Wie viele Kletterer hatte Tomaz eine spirituelle Verbindung mit den Bergen. Für ihn manifestierte sich diese in seinem katholischen Glauben und der mystischen Verbindung seines Landes Slowenien mit dessen höchstem Berg, Triglav, auf dem es gegründet wurde. In Alex war diese spirituelle Verbindung schwerer zu erkennen, aber sie war da. Alex empfand eine wirkliche Liebe für die Berge und besaß eine Vorstellungskraft, die ihm erlaubte, neue Zugänge aufzuspüren. Doch er war auch ein Rätsel. Selbst gute Freunde sagen heute, sie wussten in Wahrheit sehr wenig von Alex.

„Als wir begannen, miteinander zu klettern, war er die meiste Zeit über eine harte Nuss“, meinte John Powell, einer der ersten Kletterpartner und Zimmergenosse von Alex an der Universität. „Er hatte nicht viel zu sagen. Die meiste Zeit verbrachte er damit, die Dinge abzuwägen. Aber wenn er schließlich einen Kommentar abgab, war dieser üblicherweise ziemlich zutreffend. Wenn er aber gelegentlich mal weit am Ziel vorbeischoss, dann gab er in einem Streitgespräch niemals zu, unterlegen zu sein. Er wurde, falls notwendig, sarkastisch, um dich kleinzukriegen.“

Als er zur Südwand der Annapurna kam, hatte er die Idee vom Leichtgewichtstil bis zum Extrem getrieben. Er und Ghilini trugen nur eine Eisschraube, zwei Felshaken, ein Seil sowie den Mantel eines zweiten zum Abseilen, leichte Schlafsäcke, ein Biwakzelt sowie Proviant und Gas für vier Tage. Manche meinten, Alex habe seine eigenen Regeln gebrochen, indem er derart leichtgewichtig in eine solch große Wand eingestiegen sei, deren technische Schwierigkeiten unbekannt waren.

Stil ist ein Balanceakt zwischen dem, was gewagt, und dem, was akzeptabel ist. Hinter Alex’ drahtiger Figur steckte ein immens starker Wille, aber er hasste schwere Rucksäcke. Niemals plante er, mehr als 18 Kilo zum Fuß einer unbegangenen Route an einem Achttausender zu tragen. Am Annapurna versuchte er dies auf noch weniger zu reduzieren. In der Theorie kletterst du schneller, wenn du leichter unterwegs bist, wodurch du weniger den Gefahren ausgesetzt bist. Es war eine einfache Theorie: Geschwindigkeit bedeutete Sicherheit. Aber das Verlangen, Erstbegehungen von großen, unbegangenen Routen an den höchsten Bergen durchzuführen, war eine Ambition voller unkalkulierbarer Gefahren, denen du dich aussetzt. Nur sehr wenige Bergsteiger haben es geschafft, auf höchstem Niveau zu klettern und dabei anhaltend Glück zu haben. Viele hatten die Einsicht, auszusteigen oder zumindest an niedrigeren Bergen zu klettern, wo die Risiken beherrschbarer waren.

„Eine gute Akklimatisation und das Gewicht der Ausrüstung werden somit entscheidend sein“, hatte Alex als die goldenen Regeln des Höhenbergsteigens proklamiert. Diese beiden Elemente zählten zu den Schlüsselfaktoren jeder erfolgreichen Expedition. Doch was benötigte es noch? Natürlich das richtige Team, solange du nicht alleine kletterst. Für die Vertreter des Leichtgewichtstils bedeutete dies üblicherweise eine Zweierseilschaft, niemals aber mehr als vier. Roger Baxter-Jones, einer der führenden und stärksten britischen Alpinisten der 1970er- und 1980er-Jahre, brachte die essenziellen Dynamiken des Teamworks auf einer Himalaya-Expedition auf folgenden Nenner:

1. Kommt zurück

2. Kommt als Freunde zurück

3. Erreicht den Gipfel

Roger erreichte mit Alex und Doug Scott alle drei Ziele, als ihnen die Erstdurchsteigung der gigantischen Südwestwand des Shisha Pangma im bestmöglichen Stil gelang. Aber die Tour belastete ihre Freundschaft fast bis zum Zerbrechen. Von allen drei Geboten ist das Zurückkommen als Freunde das schwierigste. Andere Mitglieder des Teams, die für die Durchsteigung nicht stark genug waren, wurden bereits im Anfangsstadium der Expedition fallen gelassen, und es gab erhebliche Ressentiments seitens der zurückgelassenen Bergsteiger.

Die letzte und am wenigsten vorhersehbare Bedingung für einen Erfolg an den großen Bergen war – und ist noch immer – Glück. Alex wusste genau, dass er objektive Gefahren nicht kontrollieren konnte und machte sich deshalb daran, sein Glück in die eigenen Hände zu nehmen, indem er sein Konzept des Leichtgewichtstils entwickelte. Sicherheit ergab sich aus Geschwindigkeit und Geschwindigkeit ergab sich durch Verzicht auf einen Großteil des konventionellen Sicherheitsnetzes: Lager, Unterstützung, Reserveproviant und Brennstoff, Ausrüstung usw. – alles das, was Alex als „die Nabelschnur“ beschrieb. Und bei der Notwendigkeit, Gewicht zu reduzieren, ging es nicht nur um eine Verringerung der Menge. Der Leichtgewichtstil bedingte leichte Ausrüstung – und dies bedeutete neues Design und neue Materialien.

In den 1970er- und 1980er-Jahren war Bergsteigen im Himalaya noch ein Abenteuer, dem nur sehr wenige nachgingen. Doch in den niedrigeren Gebirgen von Nordamerika und Europa war alpines Klettern ein schnell wachsender Sport, der sozial akzeptiert und sogar Mode wurde. Die steigende Zahl der Anhänger führte zu einer wachsenden Nachfrage nach Ausrüstung, welche nicht nur die Risiken reduzierte, sondern die Erfahrung auch angenehmer machte. Es gibt nur sehr wenige Menschen, selbst unter den härtesten Bergsteigern, denen es wirklich Spaß macht, schwere Lasten von Ausrüstung in klobigen Rucksäcken durch die Gegend zu schleppen.

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Blick vom Basislager auf die Annapurna-Südwand nach einem Sturm. Rechts oberhalb des sonnenbeschienenen Sporns in Bildmitte die Rampe und das schmale Felsband, an dem Alex und René umkehrten.

Etablierte Firmen und innovative neue Gewerbe, die von Kletterern gegründet und geleitet wurden, reagierten auf diese neuen Märkte mit leichteren und besser entworfenen Produkten. Die Entwicklung neuer Ausrüstung bedurfte Investitionen in teure Forschung und Technologie. Weltweit wetteiferten Spezialfirmen um die Produktion der besten Aluminiumkarabiner, leichter Eisgeräte und Steigeisen, Zelte für große Höhen, wasserfester Nylonbekleidung und Plastikstiefel, und sie stellten ihre Produkte führenden Bergsteigern zum Testen zur Verfügung. Jeder, der in den 1960er- und 1970er-Jahren geklettert ist, wird sich an jenen Moment erinnern, in dem er oder sie zum letzten Mal ihre Stahlkarabiner in einen Haken einhängten, ihre Haken und geknoteten Seilschlingen durch leichte Klemmkeile und Schlauchbänder ersetzten und ihre unbequemen Rucksäcke aus Segeltuch – so komfortabel zu tragen wie ein Kartoffelsack – in den Keller verbannten.

Alex besaß gute Kontakte zu vielen Ausrüstungsfabrikanten. In dieser Zeit waren diese meistens Kletterer und damit sehr wahrscheinlich auch Freunde. Mit seiner starken Persönlichkeit überzeugte sie Alex häufig, neue Ausrüstungsgegenstände aus den neuesten Leichtgewichtsstoffen für Kleidung, Rucksäcke und Zelte zu entwickeln, die dann vielleicht nur auf einer einzigen Expedition verwendet wurden und somit ohne Abänderung niemals einen kommerziellen Wert besitzen würden. Notwendigkeit war tatsächlich die Mutter der Erfindungsgabe. Die meisten Kletterer hatten wenig Geld und lebten von dünner Luft. Kostenlose Ausrüstung im Gegenzug für schlaue Vorschläge zu innovativen und verkaufbaren Produkten zu erhalten, war ein essenzieller Bestandteil fast jeder Himalaya-Expedition. Aus der Sicht des Herstellers lag die Entwicklung von Leichtgewichtsausrüstung oftmals irgendwo zwischen einer Sache, an die man glaubte, und einem Zeichen der Freundschaft.

Die richtigen Begleiter und gute Ausrüstung bedeuteten nichts, solange man nicht genügend akklimatisiert für das Höhenbergsteigen war. Alex war sich sicher, dass die meisten Kletterer diese Akklimatisation nur als Höhenpunkt einer Entwicklung von vielen Jahren, wenn nicht Jahrzehnten in den Bergen erreichen konnten. Er glaubte, dass eine gute Leistung in großer Höhe nicht einfach nur eine Sache der körperlichen Anpassung war. Auch der Kopf musste sich anpassen. Er musste lernen, alles, was dem Bergsteiger am Berg begegnete, als absolut normal zu akzeptieren, einschließlich extremer Gefahr. Dies, so argumentierte er, könnte nur erreicht werden, nachdem man Tausende Stunden in dieser Umgebung gelebt hatte. Es gab keine Abkürzung zum Erfolg in den Bergen. Man musste seine Zeit „gedient“ haben. Am Shisha Pangma hetzte er einen Teamkollegen so lange, bis dieser zustimmte, alle Gedanken an einen Aufstieg mit dem übrigen Team fallen zu lassen.

„Im Wesentlichen hatte Nick nicht genügend Stunden damit verbracht, sich in Winterstürmen durch schottische Sümpfe zu plagen, sich durch die hektische, pausenlose 24-Stunden-Erschöpfung alpiner Kletterei zu schlagen. … Wie ein Rudel verfolgter Wölfe mit einem schwer verwundeten Tier rochen die erfahrenen Bergsteiger das Unvermeidliche.“6

und kommerziellem Bergtourismus lief die Lehrzeit in Großbritannien mehr oder minder nach folgender Formel ab: