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Inhalt

Eine unheimliche Nacht

Einfach aufgelegt?

Jede Menge zu tun

Eine ungewöhnliche Familie

Alex ermittelt

Viele neue Feriengäste

Irgendwas stimmt mit denen nicht …

Der erste Reituntericht

Alles nur Tarnung

Der Streit

Bibis Verdacht

Die Schmülls

Unter Druck

Viele Wahrheiten

Lauter Umwege

Gebündelte Kraft

Tariks Entschuldigung

Das Kostümfest

Der Drahtzieher

Endlich richtig Feiern!

Eine unheimliche Nacht

Es war Vollmond. Die Eule, die wie jede Nacht auf der alten Mauer von Schloss Falkenstein Wache hielt, sah im Mondlicht ziemlich unheimlich aus. Sie rief heiser und äugte aufmerksam in Richtung Schloss, wo einige Fenster noch erleuchtet waren. Hinter dem einen Fenster kam gerade eine merkwürdige Gestalt zum Vorschein. War das Frankensteins Monster?! Es sah wirklich so aus! Die gruselige Gestalt telefonierte und ging dabei auf und ab.

Doch es handelte sich nur um eine Maske – und unter der kam Alexander von Falkenstein zum Vorschein. Gut gelaunt sprach er ins Telefon: „Ich geh vielleicht als Frankensteins Monster auf Falkenstein!“

Am anderen Ende der Leitung war seine Freundin Tina Martin. Müde lag sie auf dem Martinshof auf ihrem Bett und kuschelte sich in ihr Kissen. „Echt? Ich hab überhaupt noch keinen Plan, als was ich mich verkleiden soll. Aber Bibi hat ’n paar Ideen!“ Sie blickte zu ihrer besten Freundin Bibi Blocksberg hinüber, die in einem an der Decke angebrachten Hängesessel saß.

Die Sommerferien waren angebrochen, und natürlich verbrachte Bibi sie mal wieder auf dem Martinshof. Es war auch einfach zu schön in Falkenstein, und noch viel schöner war, dass sie nun wochenlang mit Tina und Alex zusammen sein konnte. Außerdem stand ein super Event an: Graf Falko von Falkenstein hatte zu einem großen Kostümfest geladen. Bibi, Tina und Alex freuten sich schon darauf.

Graf Falko war furchtbar aufgeregt wegen des geplanten Festes und hielt mit den Vorbereitungen sowohl seinen Sohn als auch seinen Butler Dagobert auf Trab. Wie sollte er all die Gäste unterbringen, welche Musik spielen? Welches Essen sollte er anbieten – und vor allem: Als was sollte er sich kostümieren?

Dagobert, der eigentlich gerade zu Bett gehen wollte, hörte ihn schon wieder rufen: „Dagobert? Dagobert!“ Mit einer Kerze in der Hand machte er sich auf, den Grafen zu suchen. Wo steckte der eigentlich?

Und so bemerkte keiner der Schlossbewohner, dass ein alter, zerbeulter Lieferwagen vor dem großen Tor hielt. Hinter dem Steuer saß ein merkwürdiger Typ mit Lederhandschuhen und Maulwurfpelz am Mantelkragen.

Humpelnd stieg er aus dem Wagen und klopfte auffordernd mit der Faust gegen den Kofferraum: „Mäuse kassieren, aber nix tun! Euch werd ich helfen! Raus hier! Los! Ratzfatz!“

Zwei jugendliche Fußpaare in Turnschuhen schwangen sich aus dem Wagen und näherten sich vorsichtig dem Schloss.

 

Der Butler war Graf Falkos Stimme in die Rüstkammer des Schlosses gefolgt. Dort bewahrte der Schlossbesitzer alte Rüstungen, Waffen und andere Familienandenken auf. Suchend blickte Dagobert sich um. „Herr Graf?“ Doch nirgendwo konnte er den Schlossherrn entdecken.

Da vernahm er erneut dessen Stimme: „Kuckurukuuk! Finden Sie mich!“

Verwirrt tat Dagobert einen Schritt in die Richtung, aus der die Stimme zu kommen schien.

Graf Falko lenkte ihn mit seiner Stimme: „Warm!“ Der Butler machte einen weiteren Schritt und kam dem Schlossherrn nun offenbar tatsächlich auf die Spur. Denn der rief: „Wärmer!“

Mit einem leichten Gruseln ging Dagobert an einer alten Mumie, die aufrecht in einem Sarg stand, vorbei. Was der Schlossherr hier so alles aufbewahrte! Der Butler zuckte erschrocken zusammen. Oder war der Graf etwa als Mumie verkleidet?

Da aber ertönte Graf Falkos Stimme aus einer anderen Richtung: „Jetzt wird’s kalt.“

So langsam hatte Dagobert keine Lust mehr auf diese Spielchen. Der Graf allerdings dachte noch lange nicht ans Aufhören – und immerhin kam Dagobert ihm wieder näher.

„Heiß … Kochend heiß!“

Dagobert stand nun direkt vor einer Rüstung, schaute sich suchend um und klappte schließlich behutsam das Visier des Ritterhelms hoch. Der Schreck fuhr ihm in die Glieder, denn ein Augenpaar starrte ihn direkt an. In der Rüstung steckte tatsächlich Graf Falko.

„Graf von Falkenstein!“, rief Dagobert erschrocken.

„Was halten Sie von meinem Kostüm?“, fragte Graf Falko ungerührt.

Dagobert war verblüfft. „Darin wollen Sie das ganze Fest verbringen? Und wenn Sie mal – ,müssen?“

„Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht!“

Da schloss sich mit einem Mal wie von Geisterhand die Tür der Rüstkammer, und ein Schlüssel wurde knarzend umgedreht.

Graf Falkos Augen weiteten sich erstaunt. „Äh, was …“

 

Bibi hatte tatsächlich schon einige Ideen für coole Kostümierungen. Bestens gelaunt hob sie die Arme. Hexerei war hier zwar eigentlich verboten, aber sie wollte ja nur was ausprobieren – und außerdem sah es gerade niemand außer Tina. Die Junghexe grinste. „Eene mene Märchen, aus Rotkäppchen das Pärchen. Hex-hex!“

Schon war Bibi als Rotkäppchen kostümiert. Mit ihren roten Pausbacken und dem altmodischen Kleidchen sah sie wirklich märchenhaft aus.

Tina verdrehte die Augen. „Na klar, und ich bin natürlich die Oma.“

„Nee, der böse Wolf!“ Bibi lachte laut auf, und erst jetzt sah Tina das Fell auf ihren Armen.

Sie war wirklich zu einem Wolf geworden! Noch dazu zu einem Wolf im Bettjäckchen! Empört fing sie an zu schimpfen: „Ihhhh! Mach das sofort wieder weg!“

Alex, den sie immer noch am Telefon hatte, hielt erneut den Hörer vom Ohr weg. Was machten die beiden da nur?

Da hörte er plötzlich irgendwo aus dem Schloss ein leises Rufen: „Alexander?! Alexander!“

Was wollte denn sein Vater schon wieder von ihm? Alex verließ sein Zimmer, nicht ahnend, dass die ungebetenen Besucher aus dem Lieferwagen sich Zugang zum Schloss verschafft und Alex Vater und Butler Dagobert in der Rüstkammer eingeschlossen hatten.

Inzwischen stand der seltsame Lederhandschuh-Typ in der Gemäldegalerie und betrachtete im Schein seiner Taschenlampe Graf Falkos Bilder. Das Porträt des Grafen gefiel ihm gar nicht, und als sein Lichtkegel auf zwei Gemälde im expressionistischen Stil fiel, kicherte er ungläubig. Das eine Bild zeigte Graf Falkos Urgroßmutter als junge Frau, das andere ein leichtfüßiges blaues Pferd.

„Kindermalerei, oder was!“ Verächtlich schüttelte er den Kopf. „Egal, der Kunde ist König. Das nehmen wir alles mit.“ Seine großen Vorderzähne ragten über seine Unterlippe, und bei den letzten Silben sprühte der Speichel.

Seine zwei nur schemenhaft zu erkennenden Begleiter machten sich daran, die Bilder abzuhängen und in Säcken zu verstauen. Meckernd lachte der Lederhandschuh-Typ auf. Aber nur kurz, denn plötzlich hörte er Schritte vor der Tür und eine Stimme.

Es war Alex, der auf der Suche nach seinem Vater auf die Gemäldegalerie zulief und dabei weiter mit Tina telefonierte: „Bibi hat was gemacht?“

Am anderen Ende der Leitung war Tina ziemlich froh, dass ihr Freund gerade sehr weit entfernt war – und ein Selfie als Wolf wollte sie ihm auf keinen Fall schicken!

Bibi hatte langsam genug von Tinas Dauertelefonat. Wie viel – und eigentlich wie wenig – man sich so sagen konnte!, dachte sie. „Ey, Tina, können wir auch mal wieder miteinander reden?“

Doch Tina zeigte angeekelt auf ihre starke dunkle Körperbehaarung und beschwerte sich weiter bei Alex: „Ich stinke nach Wolf. Und das Schlimmste ist, ich kann noch nicht mal was dagegen machen …“

Blabla, Blabla …, dachte Bibi und verdrehte die Augen.

 

Alex war jetzt vor der Gemäldegalerie angekommen und schaute sich vorsichtig um. Was waren das denn für Geräusche hinter der Tür? Da stimmte doch was nicht! Beunruhigt flüsterte er ins Telefon: „Wart mal, Tina.“ Er näherte sich der Tür. „Ist da wer? Vater? Dagobert?“

Da knallte ihm plötzlich die Tür vor den Kopf. Benommen sank er zu Boden und konnte nicht mal mehr Tina antworten, die durch den Hörer nach ihm rief: „Alex? Hallo?“

Eine behandschuhte Hand griff nach seinem Handy und machte es mit einem leisen, hämischen „Tschüss!“ aus.

Was sollte das denn? Verblüfft schaute Tina auf ihr Handy. „Einfach aufgelegt!“

Bibi zuckte mit den Achseln. „Netzprobleme?“ Sie war ganz froh, dass die Quatscherei endlich ein Ende hatte.

Tina aber war sauer auf ihren Freund. „Na, der kann morgen was erleben!“, zischte sie.

Einfach aufgelegt?

Als Tina mit Bibi am nächsten Morgen zum Schloss Falkenstein ritt, hatte sie es sehr eilig. „Mich einfach wegdrücken!“, regte sie sich auf. „Los, schneller, Amadeus!“

Zwar verstand Bibi nicht wirklich, warum ihre Freundin immer noch so verärgert war. Andererseits setzte das eine gewisse Energie frei, und die ließ sich wunderbar für ein kleines Wettreiten ausnutzen. „Hü, Sabrina!“, rief Bibi. „Los, Tina, wer zuerst beim Schloss ist!“

Voller Elan galoppierten die beiden Mädchen über die saftigen Wiesen und Weiden Falkensteins. Kopf an Kopf ritten sie auf das Schloss zu. Tina erreichte als Erste das Tor, sprang schwungvoll vom Pferd und klopfte Amadeus den Hals.

Bibi folgte knapp hinter ihr. „Ist okay! Du hast gewonnen!“

Doch Tina reagierte gar nicht richtig auf sie, sondern zeigte erstaunt nach vorn: „Wieso ist das Tor noch verschlossen?“

Bibi drückte vorsichtig dagegen, und das Tor gab nach. Die Mädchen traten auf den Hof. Niemand war zu sehen! Ausgestorben lag das Rasenrondell vor ihnen.

„Sieht noch alles ganz verschlafen aus“, bemerkte Bibi, der das etwas merkwürdig vorkam.

Tina seufzte: „Na, super, Alex. Erst mich abhängen und heute immer noch rumhängen!“

Da entdeckten sie, dass die Tür zum Schloss sperrangelweit offen stand. Neben dem Eingang lag ein kaputter Blumentopf. Da stimmte was nicht! Eilig traten Bibi und Tina durch die geöffnete Tür in die Eingangshalle. Alles war still. Da hörten die beiden Freundinnen plötzlich ein Stöhnen. Oben auf der Empore tauchte der ratlos um sich schauende Alex auf. Jammernd hielt er sich den Kopf.

Tina eilte zu ihm. „Alex! Was ist denn mit dir passiert?

„Ich … bin eben aufgewacht … Keine Ahnung.“ Alex wirkte leicht verwirrt und fasste sich immer wieder an den Kopf. „Oh, ey, tut das weh!“

Aus der Ferne hörte man nun plötzlich ein Klopfen und leise Stimmen: „Hallo! Ja, hört uns denn niemand?!“

War das nicht Alex Vater? Alarmiert folgten Bibi, Tina und Alex der Stimme und gelangten so zur Rüstkammer.

Warum war die Tür von außen abgeschlossen? Schnell entriegelte Bibi sie – und tatsächlich: Graf Falko und der völlig erschöpfte Dagobert kamen zum Vorschein. Sie sahen ganz schön mitgenommen aus und erschraken geradezu, als das Tageslicht durch die Tür fiel und Bibi, Tina und Alexander unvermittelt vor ihnen standen.

„Alexander, was geht hier vor sich? Wir haben die ganze Nacht –“, setzte Graf Falko an.

Da fiel Alex wieder ein, was in der letzten Nacht passiert war, und unterbrach ihn: „Da war jemand in der Gemäldegalerie!“

 

Die Einbrecher hatten ganze Arbeit geleistet. Aus der Galerie waren sämtliche Bilder verschwunden! Die hellen Flecken auf der Tapete schienen zu spotten: Ätschibätschi, alles geklaut!

Bedrückt sah Bibi sich um. „Oh, oh, gar nicht gut!“

Alex pflichtete ihr bei: „Eine Katastrophe!“

Graf Falko war einfach nur fassungslos. Es war wirklich … alles weg!? Er sah sich um. Auch sein Geheimversteck, eine verborgene Schrankwand, war aufgebrochen. Davor lagen alle möglichen Papiere verstreut. Hastig öffnete er eine samtene Schatulle. Aber auch die war leer! „Selbst die Monokelsammlung!“, stöhnte er.

Der Graf taumelte und sank jammernd in seinen Sessel. Er konnte sich gar nicht mehr beruhigen. Alex beschloss, die Polizei zu rufen.

Schon bald war der Hof gefüllt mit den Wagen der Kriminalpolizei. Die Damen von der Spurensicherung packten ihre Arbeitsutensilien aus, überprüften alles und suchten in der Gemäldegalerie sorgfältig nach Spuren.

Alex stand am Fenster, ließ sich von Tina verarzten und die Beule am Kopf kühlen. „Vorsicht! Ihr glaubt gar nicht, wie das pocht … so krass“, jammerte er.

„Du Armer!“ Mitfühlend kümmerte Tina sich um ihn, während Bibi Alex prüfend ansah.

„Und du kannst dich überhaupt nicht erinnern, wie die aussahen?“, fragte sie.

„Die haben mich voll ausgeknockt!“, erwiderte Alex heftig. Die ganze Geschichte war ihm total unangenehm!

Tina beruhigte ihn: „Mensch, und ich dachte, du hättest einfach aufgelegt!“

Irritiert schaute Alex sie an. „Was denkst du denn von mir?“

Die beiden lächelten sich kurz an.

Bibi war mit den Gedanken noch voll und ganz bei dem Einbruch. „Hätte ich meinen Besen dabei, könnte ich jetzt einen Suchhexspruch anwenden und die Bilder finden. Einfach wieder so herhexen geht nicht. Dafür müsste ich wissen, wo die Bilder gerade sind!“

Am anderen Ende des Raumes beobachtete Graf Falko immer noch völlig verstört die Arbeit der Spurensicherung. Und nun kam Dagobert auch noch mit weiteren schlechten Nachrichten: Die Versicherung hatte ihm gerade am Telefon mitgeteilt, dass sie nicht zahlen würde. Dafür hätte sich der Graf rechtzeitig um eine Alarmlage kümmern müssen – oder um ein paar Wachhunde!

Graf Falko seufzte. „Was für eine Katastrophe! Wir müssen was tun!“

Erschöpft schaute er Dagobert an, der vorschlug: „Eine Wachanlage!“ Auch er war ziemlich durcheinander.

Graf Falko war froh, dass überhaupt jemand eine Idee hatte, und schickte ihn los. Er selbst wandte sich den Frauen von der Spurensicherung zu: „Wissen Sie schon irgendetwas?“

Die jedoch hatten leider noch keine Erfolge vorzuweisen.

Da meldete sich hinter Graf Falko jemand zu Wort: „Vielleicht fragen Sie lieber mich?“

Der Graf drehte sich um und musterte verdutzt die attraktive, zierliche Frau, die sich prüfend umsah. Offenbar war sie auch mit dem Fall betraut.

„Sie sind der … die … äh … Chefin?“, fragte Graf Falko ungläubig.

Die Frau nickte. „Aushilfsweise, eigentlich arbeite ich für ein Kommissariat in Brandenburg. Graf Falko von Falkenstein, wie ich annehme?“ Energisch nahm sie seine Hand und stellte sich vor: „Hauptkommissarin Greta Müller.“

„Und Sie ermitteln jetzt die Leitungen?“ Der Graf schien ziemlich verwirrt von dem Anblick der attraktiven Kommissarin. Es dauerte ein wenig, bis ihm auffiel, was für einen Blödsinn er da redete. Hastig verbesserte er sich: „Äh, Sie leiten die Ermittlungen!“ Formvollendet gab er Greta Müller einen Handkuss.

Doch die zog eilig ihre Hand zurück und begann ihn zu befragen. Schließlich war sie ja aus beruflichen Gründen hier. „Als Sie in Ihrer Rüstkammer waren, haben Sie da etwas Außergewöhnliches gehört oder gesehen?“

„Nein, ich plane gerade unser beliebtes Kostümfest, das in einer Woche stattfinden soll, und deswegen steckte ich in … äh…“ Der Graf geriet ins Stottern. Was sollte er auch sagen? Dass er letzte Nacht in einer Ritterrüstung gesteckt und mit seinem Butler Verstecken gespielt hatte?

Greta Müller lächelte ihn aufmunternd an. „Ja?“

„Nun…mitten in den Vorbereitungen“, lenkte Graf Falko hastig ab und wies auf die leeren Wände. „Aber wie soll ich unter diesen Umständen meine Familie empfangen?“

Bibi, die das Gespräch der beiden verfolgte, seufzte mitfühlend. Alex’ Vater konnte einem wirklich leidtun. Außerdem durfte das Kostümfest auf keinen Fall ins Wasser fallen!