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Pete Hackett

Jugurtha, die Geißel Roms #4

Jugurtha greift nach der Alleinherrschaft





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80331 München

Jugurtha, die Geißel Roms

Historisches Serial - Episode 4

von Pete Hackett

 

Der Umfang dieses Buchs entspricht Taschenbuchseiten.

 

 

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Episode 4: Jugurtha greift nach der Alleinherrschaft

Wir legten in Ostia an und machten uns auf dem Landweg nach Rom. Die vier Fuhrwerke, die wir dabei hatten, wurden jeweils von zwei Pferden gezogen. Einige Krieger, die uns und die Schätze, die uns Jugurtha mit auf den Weg gegeben hatten, begleiteten, ritten voraus. Die Wagen rumpelten und ächzten in den Aufbauten, die Achsen quietschten in den Naben, die schweren hölzernen, eisenumreiften Scheibenräder ließen den Sand der Straße knirschen und zermalmten kleine Steine.

Je näher wir Rom kamen, umso besser wurden die Straßenverhältnisse, und man hatte die Fahrbahn sogar mit flachen Steinen gepflastert. Das änderte aber auch nichts daran, dass die Fuhrwerker auf den Wagenböcken durch und durch geschüttelt wurden. Lediglich die Geräusche, die die Fuhrwerke verursachten, waren andere.

Nachdem wir einige Male von Soldaten aufgehalten und kontrolliert worden waren, betraten wir Rom. In mir wurden Erinnerungen wach, Bilder stiegen aus den Nebeln der Vergangenheit, das ganze Szenarium schien noch einmal vor meinem geistigen Auge abzulaufen. Ich sah die Quadriga, auf welcher der wie Gott Jupiter gekleidete Scipio Aemilianus mit rot gefärbtem Gesicht stand. Der Quadriga sah ich Jugurtha gemessenen Schrittes folgen, das Gepardenfell über den breiten Schultern, das Bild eines Kriegers.

Es lag sechzehn Jahre zurück.

Viel war in Rom geschehen in diesen Jahren. Gaius Sempronius Gracchus, der als Volkstribun wie sein Bruder Tiberius für mehr Gerechtigkeit eingetreten war, hatte verschiedene plebejerfreundliche Reformen durchgesetzt und damit das Missfallen der römischen Führungsriege erregt. Er war seit vier Jahren tot. Einige tausend seiner Anhänger waren hingerichtet worden. Scipio Aemilianus war vier Jahre nach seiner Rückkehr aus Spanien gestorben. An ihn konnte ich mich also nicht mehr wenden, damit er hier in Rom die Fahne meines Königs in den Wind hielt.

Uns wurde ein Quartier im Argiletum zugewiesen. Das war die Straße, die vom Forum Romanum in die Subura, jenen Stadtteil, in dem die arme Stadtbevölkerung hauste und der als Rotlichtbezirk berüchtigt war, und durch diese hindurch zur Porta Esquilina, dem Tor in der Servianischen Stadtmauer führte.

Ich ließ mich bei einem Mann namens Lucius Cornelius Thermus anmelden, einem ehemaligen Senator, der lange Jahre als Magistrat tätig gewesen war, und den mir Jugurtha ganz besonders ans Herz gelegt hatte.

Cornelius Thermus ließ mir mitteilen, dass er bereit war, mich zu empfangen.

Es war die Zeit des Sonnenuntergangs, als mich ein Sklave durch das Atrium in das Tablinum des pompösen Hauses führte, von wo aus der Blick in das Peristyl, einen rechteckigen Hof, der auf allen Seiten von durchgehenden Säulenhallen begrenzt war, und in den dahinterliegenden Garten möglich war. Im Tablinum empfing der Herr des Hauses als ‚Pater familias’ und in seiner Eigenschaft als Patron seine Klienten.

Cornelius Thermus musste ein schwerreicher Mann sein und ich fragte mich, ob er tatsächlich auf numidisches Geld angewiesen war.

In Rom ist alles und jeder käuflich! Diesen Satz hatte Jugurtha geprägt, und sicher wusste er, wovon der sprach.

Cornelius Thermus begrüßte mich wie einen alten Freund, mir blieb aber eine gewisse Zurückhaltung nicht verborgen. Er lud mich ein, Platz zu nehmen, ein Sklave brachte Wein und Obst, wir tranken und dann eröffnete Thermus das Gespräch, indem er sagte: „Adherbal, der legitime Nachfolger König Micipsas auf den numidischen Thron, weilt in Rom und er hat vor dem Senat schwere Anschuldigungen gegen Jugurtha erhoben.“

„Um seine Anschuldigungen zu dementieren bin ich im Auftrag Jugurthas nach Rom gekommen. Ich habe viele Geschenke für die alten Freunde meines Herrn mitgebracht. Ich will jedoch nicht, dass du einen falschen Eindruck gewinnst. Es liegt meinem Herrn fern, mit seinen Geschenken irgendetwas zu seinen Gunsten bewirken zu wollen. Sie sollen lediglich Beweis seiner Freundschaft, auch über die Jahre hinweg, sein.“

Ich sah in Thermus’ Augen die Habgier glimmen.

Zunächst gab ich zu verstehen, dass überhaupt nicht geklärt sei, wer Hiempsal ermorden ließ und vergaß nicht, hinzuzufügen, dass für den Mord auch Adherbal in Frage kam. Dann berichtete ich von Adherbals Einfall in Jugurthas Reich, von der Schlacht und seiner Flucht.

Als ich geendet hatte, starrte der ehemalige Senator gedankenvoll auf einen unbestimmten Punkt, schließlich murmelte er: „Mit seinen Anklagen hat Adherbal vor allem bei der Plebs Hass auf Jugurtha erzeugt, und auch bei vielen Senatoren ist dein König in Ungnade gefallen. Erste Stimmen wurden laut, die forderten, gegen Jugurtha zu intervenieren.“

Thermus wirkte nun gar nicht mehr reserviert. Wie schnell die Aussicht auf viel Geld und Gold doch die Einstellung ändern konnte. Ich frohlockte innerlich.

„Ich bin nach Rom gereist, um seinen guten Ruf und das Image, das er hier in Rom genoss, wiederherzustellen“, sagte ich wahrheitsgemäß. „Es darf nicht sein, dass die Lügen, die Adherbal über meinen König verbreitet, in Rom wie Saatgut auf nahrhaften Boden fallen, dass die Saat des Hasses in den Herzen und Gemütern keimt und dass man Jugurtha für etwas büßen lässt, das ein anderer verbrochen hat.“

„Ich kenne die Verdienste deines Königs um Rom“, murmelte Cornelius Thermus. „Und ich bin nach wie vor ein sehr einflussreicher Mann hier, dessen Wort Gewicht hat, den man achtet und respektiert. Und ich bin ein erklärter Feind jedweden Unrechts. Darum will ich meine hervorragenden Beziehungen einsetzen und arrangieren, dass du vor dem Senat sprechen darfst. Wärst du damit zufrieden?“

„Mit diesem Ziel bin ich nach Rom gekommen, werter Freund. Während du deine Beziehungen in die Waagschale wirfst, werde ich die Geschenke verteilen, die ich aus Numidien mitgebracht habe. Mein König hat sich als ausgesprochen großzügig erwiesen.“

„Die Götter mögen ihm ein langes Leben in Gesundheit und Zufriedenheit ermöglichen“, wünschte Cornelius Thermus.

Als ich das Haus des ehemaligen Senators verließ, fühlte ich mich schlecht. Ich begann, Charakterzüge anzunehmen, die denen Jugurthas nicht unähnlich waren. Im Geiste hatte ich mich mit ihm verbrüdert, und das Schlimmste an der ganzen Sache war, dass ich keine Gewissensbisse empfand.

Ich verdrängte diese unerfreulichen Gedanken in den hintersten Winkel meines Bewusstseins.