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Prof. Dr. Harald Lesch

ASTROPHYSIK

KULTURGESCHICHTE DER ELEMENTE

NATURPHILOSOPHIE

EINFÜHRUNG IN DIE RELATIVITÄTSTHEORIE

EINFÜHRUNG IN DIE QUANTENMECHANIK

© Verlag KOMPLETT-MEDIA GmbH

2011, München/Grünwald

www.komplett-media.de

eBook-Herstellung und Auslieferung:

HEROLD Auslieferung Service GmbH

www.herold-va.de

Inhaltsverzeichnis

KULTURGESCHICHTE DER ELEMENTE

Informations-Explosion

Thales von Milet

Die vier Elemente

Vorsokratiker

Platon

Aristoteles

Heraklit

Die Welt

Atomos

Protonen, Neutronen, Elektronen

Quarks / Elementarteilchen

Energiebrei

Die vier Kräfte

Die elektromagnetische Kraft

Starke und schwache Kernkraft

Gravitation

Die Übertragung der Kräfte

Die Urkraft

Das große Ganze

Die Grenzen des reduktionistischen Ansatzes

Der ganzheitliche Ansatz

Das Leben

Einen Schritt zurücktreten

NATURPHILOSOPHIE

Die griechischen Naturphilosophen

Thales und das Wasser

Feuer, Wasser, Luft und Erde

Die Welt ist verstehbar

Aha – die Welt ist da

Atomos – das Unteilbare

Naturphilosophie und Naturwissenschaften

Ein unendlicher Regress

Die langweilige Welt der Quantenmechanik

Was kann ich eigentlich wissen?

Das Allerkleinste im Allergrößten

Reduktionismus und Holismus

Der Pragmatismus der Naturwissenschaften

Universalsprache Mathematik

Die Programmatik der Naturwissenschaften

Das Problem der Rekonstruktion

Das Problem des zu spät Gekommenen

Das Bild vom perfekten Bogenschützen

Die Evolution hat kein Gedächtnis für Misserfolge

Eine postfaktische Theorie

Evolution – eine Kausalität, die von unten nach oben geht

Die naturalistische Fundamentalposition

Der notwendige Dialog mit den Naturwissenschaften

EINFÜHRUNG IN DIE RELATIVITÄTS-THEORIE

Eine Frage des Bezugssystems

Lichtgeschwindigkeit

Interferenz

Licht – der Informations-Übertragungsmechanismus

Die Spezielle Relativitätstheorie

Inertialsysteme

Elektrisches und magnetisches Feld

Die Effekte der Speziellen Relativitätstheorie

Längenkontraktion

Lichtgeschwindigkeit

Zeitdilatation

E = mc²

Die Allgemeine Relativitätstheorie

Das Äquivalenzprinzip

Gerade und gekrümmte Lichtwege

Der Shapiro-Effekt

Schwarze Löcher

Der Anfang des Universums

Dunkle Materie

Gravitationslinsen

MACHOs und WIMPs

EINFÜHRUNG IN DIE QUANTENMECHANIK

Die Welt im ganz Kleinen

Die Masse des Atoms

Atomos

Teilchen oder Welle?

Die Ultraviolett-Katastrophe

Das „Planksche Wirkungsquantum“

E = h x f

Strahlung liegt immer in „Quanten“ vor

Das Überlagerungsprinzip

Die Elektronen-Welle

„Eindeutige“ Wellen

Die Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation

Spektrallinien – Gradmesser der Energie von Atomen

Das ganz Kleine und das ganz Große

Eine Theorie zum Geld verdienen

Ununterscheidbarkeit der Teilchen

Laser

Eine „bemerkenswerte“ Entwicklung

Die „Büchse der Pandora“

Die Verantwortung des Forschers

Fluktuation

Der Urknall – eine Schwankung?

Das „kausale Quant“

Die vier Grundkräfte

Quantenmechanische Fluktuationen

Dunkle Materie

Kein Leben ohne Quantenmechanik

KULTUR GESCHICHTE DER ELEMENTE

Hier ist die Rede von den großen Männern der griechischen Philosophie, die auf die Frage „Was ist die Welt“ geantwortet haben: Wasser, Luft Feuer, Erde. Es geht um den Anfang der Naturforschung, denn Naturwissenschaften sind die griechische Art über die Natur nachzudenken.

WAS IST DIE WELT? Die moderne Antwort auf eine alte Frage. Die Welt besteht aus Atomen, die wiederum nicht unteilbar sind sondern aus Neutronen, Protonen und Elektronen bestehen. Das ist aber immer noch nicht elementar. Aus Demokrits Atomen wurden Quarks und Leptonen.

AM ANFANG WAR DIE KRAFT: Vier Grundkräfte regieren die Welt der Dinge: Schwerkraft, starke Kernkraft, schwache Kernkraft und Elektromagnetismus. Das Spiel dieser Kräfte hat alles erschaffen was ist: Galaxien, Sterne, Planeten, Lebewesen und Gehirne.

DER GROSSE ZUSAMMENHANG: Naturwissenschaften können viel, aber nicht alles erklären. Wie hängt in dieser Welt auf diesem Planeten Element mit Element zusammen. Was macht das System Erde aus? Ein Blick über die Fächergrenzen hinaus zur Methodik der Wissenschaft.

Informations-Explosion

Wir leben in einer Zeit, in der das Wissen explodiert, so heißt es zumindest.

Ich persönlich bin da ganz anderer Meinung. Ich habe eher den Eindruck, die Informationsmengen explodieren, von Wissen kann noch nicht die Rede sein.

Wissen, das ist etwas ganz Anderes.

Wirklich etwas zu wissen, das ist schon enorm. Das hängt nämlich nicht nur davon ab, was man alles an einzelnen Erkenntnissen über etwas hat, sondern dass man diese Erkenntnisse miteinander verknüpft.

Heute ist es in der Tat so, dass wir vor einer riesigen Flut von Informationen stehen. Häufig bleiben wir völlig bedröppelt in diesem Regen an Informationen, die wir nicht zusammenkriegen, stehen. Auch aus den naturwissenschaftlichen Bereichen gibt es ungeheuer viele Nachrichten. Da hat wieder derjenige was gefunden, und die Gruppe hat da was entdeckt... und so weiter und so fort.

Wir leben wirklich in einer Zeit der Explosionen, vor allem der Informations-Explosionen.

Eine Wissensexplosion, das ist etwas ganz anderes.

Thales von Milet

Es gab eine Zeit, in der das Wissen der Menschheit tatsächlich explodiert ist, ungeheuer explodiert. Nicht die Informationen, die waren schon alle da, sondern das Wissen darüber, die Verknüpfungen. Die sind auf einmal ganz neu geworden. Das hatte man vorher nicht so gesehen. Durch einen genialen Lichtblitz kam gewissermaßen neues Wissen in die Welt.

Es war im 6. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung. Da stand jemand an der Küste von Kleinasien, der heutigen Türkei, in der Stadt Milet, und hat sich Folgendes überlegt: „Ist es möglich, dass man die Welt verstehen kann, ohne die Götter zu Hilfe zu nehmen? Ist es möglich, die Dinge und Vorgänge, die um uns herum passieren, mit dem eigenen, gesunden Menschenverstand zu verstehen, ohne Hilfe vom Jenseits, vom Himmel?“

Dieser Mann hieß Thales.

Thales von Milet war der erste Philosoph, der erste Freund der Weisheit. Dieser Mann hat etwas getan, das vorher niemand gemacht hat. Er hat sich überlegt, ob es neben den Göttern, die durchaus für ihn immer noch da waren, etwas Allgemeines gibt, etwas Ewiges, in das hinein sich alles erklären lässt, was auf dieser Welt passiert? Thales hat gesagt: „Alles in dieser Welt ist letztlich auf Wasser zurückzuführen.“

Wasser.

Wasser löst Dinge auf, Wasser löst Gesteine auf. Aus dem Wasser heraus wachsen Dinge. Wasser, das Feuchte, war für ihn das erste und allgemeinste Prinzip.

Was Thales da gemacht hat, steht am Anfang der griechischen Philosophie.

Naturwissenschaften, die modernen Naturwissenschaften, sind das Resultat der Anfänge der griechischen Philosophie. Mit anderen Worten: Naturwissenschaft ist die griechische Art über die Welt nachzudenken.

Man nimmt einfach das, was da ist, und versucht es mit dem eigenen Menschenverstand zu erklären. Nun hatten die Griechen noch keine Elementarteilchen-Beschleuniger. Sie hatten noch keinen elektrischen Strom. Aber sich hatten ihre Augen und ihren Kopf. Sie sahen und hörten von den Dingen, die passierten, vor allem auch von den Dingen, die sich am Himmel abspielten und wollten ein ganzes neues Weltbild kreieren.

Für sie war es zunächst einmal nicht neu. Sie wollten einfach wissen. Sie wollten die Dinge zusammenbringen.

Die vier Elemente

Thales brachte das Wasser als Urelement in die Welt. Dann aber ging es weiter. Andere bestritten, dass das Wasser das Urelement sei. Andere waren der Meinung, es gäbe ein viel wichtigeres Element: die Luft. Wenn Wasser zu heiß wird, dann löst es sich in Luft auf. Die Luft würde alles auflösen. Luft sei ohnehin auch leichter als Wasser. Deswegen sei die Luft das wichtigste Element überhaupt. Zumal man ohne Luft gar nicht leben könne. Die Luft sei auch etwas, das die Seele benetzt. Bei den Griechen war die Seele im Zwerchfell. Also, die Luft sei das wirklich Wichtige.

Ein Dritter wiederum, Heraklit in dem Fall, war der Meinung, die Luft ist es nicht. Die Luft kann es gar nicht sein. Das Feuer ist das Element, um das es geht. Das Feuer kann alles verzehren, auch die Luft. Das Feuer ist das einzig richtige .

Für Heraklit war das Feuer auch das Symbol für die ständige Verwandlung, die in der Welt stattfindet. Pausenlos verändern sich die Dinge. Deswegen ist das Feuer das einzige grundlegende Element.

Jetzt haben wir schon Wasser, Luft und Feuer. Dann gab es jemanden, den Empedokles, der sagte: Jetzt haben wir Feuer, Wasser, Luft. Was fehlt uns noch? Das, worauf wir stehen, Gaja, die Mutter Erde.

Vorsokratiker

Wir haben vier Elemente: Feuer, Wasser, Luft und Erde. Diese Elemente werden miteinander verbunden oder voneinander getrennt. Das war hoch interessant. Empedokles brauchte noch etwas, das die Elemente ineinander verwandeln konnte, beziehungsweise durch Mischung der verschiedenen Anteile der Elemente verschiedene Dinge kreierte. Zum Beispiel: feuchte Erde, trockene Erde, feuchte Luft, trockene Luft, Wasser, das flüssig ist oder zu Eis gefroren. Empedokles meinte dann:

„Was haben wir dann? Liebe und Hass.“

Je nach Mischungsverhältnis zwischen den Elementen und den jeweiligen Liebes- und Hasskomponenten setzen sich die Dinge der Welt zusammen.

So dachten die Vorsokratiker, die Männer vor Sokrates. Sie haben vor der Zeit von Sokrates über die Welt nachgedacht. Sie alle waren Naturphilosophen. Im Grunde genommen Physiker, meine Kollegen sozusagen. Früher war Physik experimentelle Philosophie.

Nun haben die damals noch keine Physik betrieben, das nicht. Aber es waren Philosophen, die darüber nachgedacht haben: Was ist die Welt, aus was besteht sie?

Die Elemente-Lehre - Feuer, Wasser, Luft und Erde - ist der menschliche Blick auf die Welt. Wir sind heutzutage ja von einem ganz anderen Welt- oder Naturbild umgeben. Da ist von Atomen die Rede. Übrigens auch eine Idee, die aus der griechischen Philosophie stammt, dass es unteilbare Teilchen gibt.

Was die Griechen da gemacht haben, war die Verbindung ihres Geistes mit ihrer Anschauung. Sie haben die Dinge so beschrieben, wie es ihrer Anschauung gemäß war. Die Anschauung ist das, wonach unter anderem auch unser Erkenntnisapparat im Kopf geschult worden ist.

Um uns herum gibt es Phänomene wie zum Beispiel die Luft, die sich bewegt. In der Atmosphäre der Luft entwickeln sich Wolken. Feuer, das verbrennt. Wasser, das verdunstet, kocht oder gefriert. Das ist alles der Anschauung gemäß. Die Erde als das stabilste unter unseren Füßen, das ist alles das, was wir direkt spüren können. Das heißt, wir haben direkte Sinneseindrücke. Die griechischen Vorsokratiker haben ihren Geist mit ihren Anschauungen verknüpft.

Platon

Der nächste Schritt ist mit dem Philosophen Platon verbunden.

Das ist schon die nächste Qualität in dieser Wissensexplosion, die sich dann beschleunigt hat.

Platon hat nämlich behauptet, die vier Elemente – Feuer, Wasser, Luft und Erde – die Dinge, die wir hier sehen, die sind nur das „Hier“. Es gibt aber eine ideale Welt wo anders, die wir gar nicht erkennen können. Da finden sich die wirklichen Urprinzipien, die der Welt zugrunde liegen, das Wirkliche, die wirklichen Ideale, das, was die Welt wirklich ist, der Kern der Welt, der Kern der Dinge. Was wir hier sehen ist nur der Abglanz.

So hat Platon die Elemente mit verschiedenen Körpern, mit regelmäßigen Polyedern zusammengebracht. Für ihn war die Mathematik, die in diesen Körpern steckt, diese Symmetrie, diese Gleichmäßigkeit, Ausdruck für die Kraft, die in den Elementen steckt.

Dabei waren ihm die Symmetrien in der idealen Welt wichtiger, als die Elemente hier auf dieser Welt. Ein Idealist eben. Er hat vor allen Dingen noch ein fünftes Element eingeführt, weil es für Platon eigentlich undenkbar war, dass die vier Elemente – Feuer, Wasser, Luft und Erde – nicht in einem Urelement zusammen zu fassen wären.

Dieses Urelement, aus dem alles heraus geflossen ist, nannte er den Äther. Er hat den Äther durchaus mit einem Urprinzip verglichen. Danach stammen die vier Elemente letztlich alle aus einem Urzustand, der mit einem fünften Element verbunden ist.

Aristoteles

Platons Schüler Aristoteles hat sich ebenfalls mit den Elementen beschäftigt. Zu den Elementen hat er noch Gründe in die Welt gebracht, in die Philosophie-Welt, warum Dinge passieren.

Aristoteles hat zum Beispiel von einer causa finalis gesprochen, dem Zweck, weshalb etwas passiert. Übersetzt heißt causa finalis die Letztbegründung, sozusagen das Ziel, auf das es hinausläuft. Aber es weiß schon von vorne herein, wo es hin will.

Das kennen wir heutzutage in den Naturwissenschaften nicht mehr, wir kennen keine Letztbegründungen mehr. Aristoteles hat noch andere Gründe gefunden. Die causa effizienz, ist das, was da tatsächlich passiert. Die causa formalis, das was zur Form gehört, und die causa materialis, also das, was es ist.

Aristoteles hat also völlig anders über die Vorgänge nachgedacht als die Sokratiker oder die Vorsokratiker, die sich gemäß ihrer reinen Anschauung darum gekümmert haben, aus was die Welt besteht.

Platon hat sich nur damit beschäftigt, wenn es um die Elemente ging. Wie kriege ich diese Elementvorstellung aus dieser Welt? Das was um uns herum ist, und was uns auch heute noch im Grunde genommen wirklich anspricht, nämlich die Elemente, die uns ausmachen. Wie bekommt man diese Elemente in seine Welt der Ideale hinaus? Aristoteles erklärte die Welt tatsächlich als eine Zweckgerichtete.

Er war ein ganz großer Beobachter der Umwelt, tatsächlich auch er ein Mann der Anschauung. Bei Lebewesen hat er sofort gesehen, dass sie sich gemäß dem Zweck entwickeln. Das Lebewesen will leben. Es ist kein Stein, der einfach nur rumliegt.

Heraklit

Die Kulturgeschichte der Elemente ist eine einzige große Wissensexplosion. Man hatte verschiedene Einzelteile, von denen man zunächst einmal völlig überzeugt war, dass diese Einzelteile es sind, die die Welt beschreiben.

Am Beispiel von Heraklit will ich noch einmal genauer erläutern, worum es eigentlich geht.

Heraklit ist derjenige unter den Vorsokratikern, der offenbar am deutlichsten gespürt und gesehen hat, was sich in der Natur als Prinzip durchsetzt. Das Prinzip der Veränderung.

Es gibt einen ruhigen Fluss von Zuständen, von Möglichkeiten, die sozusagen immer gleich bleiben. Das stimmt. So schnell verändert sich die Natur nicht. Es passiert nicht pausenlos etwas. Wenn Sie eben noch das Haus betreten haben und im nächsten Moment hinaus gucken, dann stehen da draußen keine anderen Bäume. Nein, es ist ein langer, ruhiger Entwicklungsstrom, der sich dort abspielt. Aber man kann ihn spüren.

Heraklit hat gemeint: „Du steigst niemals in denselben Fluss. Wenn du einmal aus dem Wasser gestiegen bist, dann ist das Wasser weiter geflossen.“ Das ist für Heraklit der Ausdruck der ständigen Veränderung.

An der Oberfläche dieses ständigen Veränderungsflusses gibt es allerdings immer kleine Kräuselungen, Wellen, so dass sich hier und da mal wieder leichte Veränderungen andeuten, das Ganze langsam aber sicher in neue Formen gerät. Dieser Begriff der Veränderung ist bei Heraklit mit dem Wort Feuer verbunden, der Kraft der Veränderung, der Dynamis. Heutzutage verstehen wir darunter den ganz allgemeinen Begriff der Evolution.

Die Natur scheint ein Kraftfeld zu sein, das pausenlos alle möglichen Möglichkeiten, die es hat, auszuprobieren sucht. Welche dieser Möglichkeiten sich durchsetzen, hängt davon ab, wie die Umwelt darauf reagiert. Wenn die Umwelt sozusagen zu scharf und zu hart für diese neue Möglichkeit ist, dann wird die Möglichkeit niemals anwachsen. Dann war es eben nur ein netter Versuch.

Aber eine Möglichkeit, die im entscheidenden Moment die richtigen Vorteile liefert, die kann sich durchsetzen. So ist die ganze Geschichte der Menschheit, die ganze Geschichte der Natur gewissermaßen immer das Aufspüren von neuen Möglichkeiten.

Diejenigen, die das zum aller ersten Mal klar und deutlich gedacht haben, das waren die, die die Wissensexplosion bei den Griechen hervorgebracht haben. Am Anfang stand tatsächlich das Wasser.

Die Welt

Was ist die Welt?

Diese Frage, von einem Physiker gestellt, führt natürlich zu der Frage: Aus was besteht die Welt? Was die Welt wirklich ist, in ihrer Gesamtheit, oder wie es so schön heißt, in ihrer Ganzheit, in ihrer Gänze, das wissen wir sowieso nicht. Die Grenzen wissenschaftlichen Tuns, sind da schon erkennbar. Lessing hat ja auch gesagt:

„Die wirkliche Wahrheit, das ist nur etwas für die Götter.“ Das was uns antreibt, ist im Gegenteil gar nicht so die Wahrheit - von der wissen wir inzwischen, dass wir sie nicht erreichen können - sondern es sind die Lücken, die Wissenslücken. Das ist gewissermaßen die Vitaminspritze, mit der die Wissenschaften angetrieben werden.

Etwas, was wir nicht wissen, ist das, was die Wissenschaft tatsächlich nach vorne bringt. Das ist übrigens der große Unterschied zu Weltbildern und Ideologien, die ja immer vollständig sind, etwas ganz ohne Lücken anbieten. Ideologien und Religionen sind geschlossene Denksysteme. Die Wissenschaften hingegen sind völlig offen und vor allen Dingen ständig in Veränderung.

Die Naturwissenschaften bieten auch kein Weltbild, sondern nur ein Naturbild an. Also das, was die Welt mit ihren teilweise völlig unnaturwissenschaftlichen Erfahrungen insgesamt ist. Davon weiß die Naturwissenschaft häufig nichts zu sagen und auch nichts zu erklären.

Das ist auch nicht unser Punkt. Heute, hier und jetzt, geht es nur um das, was in der Welt tatsächlich drin ist, also die Materie. Aus was besteht die Welt? Machen wir es ganz einfach. Machen wir es so, wie es auch tatsächlich passiert ist. Benutzen wir nur das, was uns tatsächlich zur Verfügung steht, ohne irgendwelche Hilfsmittel. Benutzen wir unser Gehirn und fangen an, etwas zu teilen. Dann hat man zwei Hälften. Eine Hälfte kann wieder geteilt werden.

Man kann teilen und teilen und teilen. Gedanklich kann man sich das gut vorstellen. Etwas wird immer kleiner. Es wird kleiner und kleiner, und es kann noch viel kleiner werden.

Atomos

Für Demokrit und Leukipp, für diese beiden griechischen Philosophen aus dem 5. vorchristlichen Jahrhundert war klar, dass es etwas gibt, das nicht mehr weiter teilbar ist: Atomos. Da ist Schluss. Das kannst du nicht noch mal aufteilen.

Mit diesem atomistischen Weltbild haben sie ein materialistisches Modell geschaffen. Hier ist nicht mehr die Rede von irgendwelchen Prinzipien, die da möglicher Weise durch Hass und Liebe Elemente zusammenbringen. Letztlich besteht alles aus unteilbaren Teilchen, die nichts von der restlichen Welt wissen, sondern nur aufgrund der Zusammenstöße aneinander hängen bleiben. Dann gibt es ein festes Ding oder wenn sie nicht so fest aneinander hängen, dann hat man es mit Luft zu tun. Wenn sie ganz leicht sind, hat man es mit Feuer zu tun.

Eine ganz materialistische Vorstellung, warum die Welt so ist, wie sie ist. Weil sie aus Atomen besteht. Die unteilbaren Teilchen können durchaus verschiedene Formen haben. Die einen sind Kugeln, natürlich die klarste und reinste aller Formen. Die anderen sind vielleicht Würfel. Letztlich bleibt es bei der Unteilbarkeit der Atome. Dieses Bild von den Atomen, dass am Ende der materiellen Welt Teilchen übrig bleiben, die nicht mehr zu teilen sind, das prägte bis in das 18. Jahrhundert das Bild der Naturwissenschaften.

Protonen, Neutronen, Elektronen

Im 19. Jahrhundert stellte man fest: Da gibt es nicht nur eine Sorte von Atomen, da gibt es viele. Es entstand das Periodensystem der Elemente. Man unterteilte chemische Elemente nach ihren besonderen Eigenschaften.

Da gibt es zunächst die fundamentale Eigenschaft, Metall oder nicht Metall. Dann gibt es die Gase. Dann gibt es die Edelgase, die mit nichts in Verbindung treten. Wiederum andere, die so genannten Alkalimetalle, das Natrium oder Lithium, die verbinden sich sofort mit allem Möglichen. Dann gibt es die Halogene, Chlor oder Fluor. Dann gibt es noch die Kohlenstoff-Sauerstoff-Gruppe.

Auf jeden Fall hatte man eine Klassifikation von chemischen Elementen. Noch nicht sehr viele, aber doch immerhin einige. Man stellte fest: Es gibt nicht nur eine Sorte von Atomen, sondern viele. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts ging es dann richtig los. Ein Teilchen wurde entdeckt: Das Elektron, ein elektrisch negativ geladenes Teilchen. Dann entdeckte man, dass es offenbar im Atom nicht nur ein Elektron, sondern noch etwas Anderes gibt. Atome sind ja nach außen hin elektrisch neutral. Da das Elektron negativ geladen ist, muss es in diesem Atom noch irgendetwas Positives geben. Der Entdecker des Atomkerns war Ernest Rutherford.

Der entdeckte tatsächlich, dass in einem Atom in einem verschwindend geringen Volumen positive Ladung versteckt ist.

Um eine Ahnung zu vermitteln, folgender Vergleich:

Das Atom ist so groß wie ein Bundesliga-Stadion. Das Elektron saust dann um den Atomkern, auf dem obersten Tribünenrang, kurz vor den Würstchenständen herum. Der Atomkern wäre jetzt so groß wie ein Reiskorn am Anstoßkreis. Das Atom ist offenbar im Wesentlichen ein Nichts. Wenn es Wasserstoff ist, gibt es ein Elektron, das ist das erste Element im Periodensystem. Und es gibt im Atomkern genau ein Proton.

Dann wusste man natürlich, dass ein Atom teilbar ist. Man kann so einem Atom das Elektron wegnehmen. Man muss es ionisieren, dann ist das Elektron weg. Dann bleibt nur noch der Atomkern übrig.

Dann stellte man fest, dass es bei größeren Atomkernen noch ein Teilchen gibt. In diesen Kernen eines Atoms gibt es nicht nur positiv geladene Protonen, sondern da gibt es auch noch elektrisch ungeladene, also neutrale Neutronen. Im Atomkern gibt es offenbar immer noch weitere Teilchen. Die Vorstellung, es gibt unteilbare Teilchen stimmt. Aber die haben wir noch nicht gefunden. Bis jetzt - wir sind jetzt gerade im Jahre 1930 angelangt - haben wir Protonen, Neutronen und Elektronen. Das ist aber noch nicht das Ende der Veranstaltung.

Quarks

Die Materie besteht offenbar noch aus viel mehr. Wie sich dann nämlich herausstellt, sind die Protonen und Neutronen ihrerseits zusammengesetzt aus Quarks und zwar aus Up-und Down-Quarks.