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Fachbereich

ALTE GESCHICHTE

Augustus – Krieg und Frieden

Von Prof. Dr. Werner Dahlheim

Dahlheim/Augustus

An den Iden des März 44 fiel Caesar unter den Dolchen seiner Mörder. Die Nachricht versetzte die Streitkräfte in Aufruhr: Was sollte nun aus dem großen Feldzug in die iranischen Kernlande werden, was aus der erhofften Beute, was aus den versprochenen Belohnungen, wenn der Senat wieder das Ruder übenahm? Die Soldaten hatten gute Gründe, ihn zu fürchten: Wann immer in der Vergangenheit ihre Versorgung mit Land verhandelt wurde, hatte er erbittert Widerstand geleistet.

Da traf eine Meldung ein, die wie ein Geschenk der Götter klang: Ein gewisser Octavius sei in Brundisium zu den Truppen gestoßen; er sei der Großneffe Caesars und von diesem testamentarisch zu seinem Sohn und Erben erklärt worden. Die Ratlosigkeit der Soldaten schlug in Begeisterung um: Caesar war von den Toten auferstanden.

Genaues über diesen Octavius wussten nur wenige: Geboren am 23. September 63 in Rom war er in Velitrae am Südhang der Albanerberge aufgewachsen. Seine Mutter Atia war die Schwester des Caesar - und dies entschied über alles weitere. Denn dieser machte keinen Hehl daraus, dass ihr Sohn seinem Herzen nahe stand. Er sollte ihn auf seinem Feldzug in den Orient begleiten und dort die Taten vollbringen, die ihn als Nachfolger des alt gewordenen Diktators auswiesen.

Als der Inhalt des Testaments bekannt wurde, schlug die Stunde der Entscheidung für Octavius. Er hatte auf der politischen Bühne noch keinen Schritt allein getan, und dieser entschied über sein ganzes Leben. War er getan, gab es kein Zurück mehr.

Octavius nahm das Erbe an. Er schüttelte den alten Namen ab und nannte sich Julius Caesar. Von jetzt an brauchte er neben Energie und Tatkraft das Glück, das seinen Adoptivvater erst an den Iden des März verlassen hatte. Mitte April machte er sich auf den Weg nach Rom. „Seit dieser Zeit“, schrieb sein Biograph Sueton, „stand Augustus an der Spitze großer Heere, zuerst mit Marcus Antonius und Marcus Lepidus, dann nur noch mit Antonius zwölf Jahre lang. Zuletzt herrschte er 44 Jahre lang allein über den Staat.“

Das Testament und der Name Caesars verschafften dem Erben Geld, Waffen und Männer. Nur wenige von ihnen gehörten zum alten Adel, und nicht alle hatten ehrenwerte Motive. So mancher wäre in ruhigen Zeiten zu den Feinden der Gesellschaft gezählt worden: Bankrotteure, Veteranen, die ihre Landlose verspielt hatten, Hasardeure, die auf jeden Umsturz setzten. Aber es gab andere, verschwiegene und unauffällige Anhänger des toten Caesar. Ihre auf Wissen und Einfluß gegründete Macht hielt die Gefolgschaft zusammen, erschloß neue Geldquellen und öffnete die Türen zu vielen adligen Häusern, an die Caesars Adoptivsohn vergebens geklopft hätte.

Zu ihnen stießen die Generäle, allen voran Vipsanius Agrippa. Er kam aus dem Nichts, aber er lehrte die Gegner des vermeintlich unreifen Knaben schon bald das Fürchten. Mit ihm gelang die Aufstellung einer Armee, ohne die jedes noch so geschickte politische Taktieren doch nur leeres Stroh gedroschen hätte. Denn allein Soldaten sicherten das Überleben in einem Staat, in dem Ciceros prophetischer Satz Wirklichkeit zu werden begann: „Geschehen wird, was die wollen, die die Macht in Händen halten. Und die Macht wird immer bei den Waffen sein.“