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Der Adjutant


Der Adjutant

Die Dominikanische Tragödie, 1. Band
Die Dominikanische Tragödie, Band 1 1. Auflage

von: Wolfgang Schreyer

8,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 08.05.2012
ISBN/EAN: 9783863941017
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 554

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Santo Domingo, Frühjahr 1961: eine Handvoll junger Männer -Offiziere, Söhne der Reichen - will den Diktator Trujillo stürzen. Dessen Herrschaft aber ist perfekt gesichert, in 31 Jahren versteinert. Kann ein Putsch in diesem Polizeistaat glücken?
Im Mittelpunkt steht Juan Tomás, des Diktators 1. Adjutant. Aufgewachsen unter Trujillo und fest eingefügt in den Alltag des Regimes, das System der Korruption, totaler Kontrolle und befohlener Verehrung, löst er sich innerlich daraus erst, als man ihn nötigt, im Namen der Staatsräson seine Liebste zu verlassen, heuchlerische Texte zu schreiben und dem Chef ein Mädchen zuzuführen, das sich dem widersetzt. Gezwungen, Menschen zu vernichten, will Tomás durch die Tat sein Prätorianerdasein beenden. Er will das Beste für sein Land. Was wollen seine Gefährten?
Das Buch schildert die Verschwörung, deren Ursachen und Folgen minutiös nach Dokumenten und der Erinnerung von Augenzeugen. Es führt in die bizarre Welt einer Bananenrepublik: vom Nationalpalast, der prunkvoll-barbarischen Machtzentrale, in den uralten Stadtkern, das Villenviertel und den Hungergürtel der Metropole, an Sandstrände, in Kirchen, durch Zuckerrohrfelder zu heimlichen Rendezvous, in Armeestäbe, in die US-Botschaft und das Haus der Mätressen bis zum Ort des historischen Attentats.
Zwischen Spitzeln und Ministern, Star-Journalisten und Oppositionellen, der Millionärstochter Cindy und der Schauspielerin Angelique, zwischen aufrechten und zerbrochenen Menschen sucht Tomás seinen Weg - zwischen Ehrgeiz und Freundschaft, Hass und Liebe, Irrtum und Einsicht. Der Verfasser hat in jenen Jahren mehrfach Cuba bereist und das Geschehen auf der Nachbarinsel nach dem Zeugnis dominikanischer Emigranten festgehalten. Gestützt auf solche Erfahrungen erzählt er das Ende der Ära Trujillo ohne eine Spur von Schwarzweiß. Deutlich werden die Zwänge, die alle Akteure treiben und doch hemmen, ihr Werk fördern, entstellen oder scheitern lassen. Ein Hauch von Ironie und Tragik durchdringt diesen Roman.
Das Buch erschien erstmals 1971 beim Mitteldeutschen Verlag Halle - Leipzig
Wolfgang Schreyer, geboren 1927 in Magdeburg. Oberschule, Flakhelfer, Soldat, US-Kriegsgefangenschaft bis 1946. Debütierte mit dem Kriminalroman "Großgarage Südwest" (1952), seitdem freischaffend, lebt in Ahrenshoop. 1956 erhielt er den Heinrich-Mann-Preis für den Kriegsroman "Unternehmen Thunderstorm". Schreyer zählt zu den produktivsten und erfolgreichsten Autoren spannender Unterhaltungsliteratur in der DDR, schrieb Sachbücher, Szenarien für Funk und mehr als zwanzig Romane mit einer Gesamtauflage von 6 Millionen Exemplaren.
"Aber das müssten wir doch hören, Livio! Verdammt, warum hören wir nichts?"
"Kann sein, unser Empfänger ist defekt. Der Wagen hat was abbekommen."
Das war möglich; nur glaubte Tomás nicht, dass Imbert die Meldung durchgegeben hatte. Das Gefecht, die Erregung, der Mangel an Beherrschung, die Sorge um die Verletzten – das war zuviel für einen Mann ohne Kampfausbildung, den der Pulverdunst berauschte. Livio oder er selbst, einer von ihnen hätte am Schauplatz zurückbleiben sollen, damit man nichts vergaß. Doch sie, die Erfahrensten, mussten das Dringlichste tun, so bestimmte es der Plan.
Tomás verließ die Uferstraße zwei Ecken vor dem Hotel Jaragua. Románs Haus lag in der Calle Ramírez, am stillen Südrand des Diplomatenviertels. Er fand das Hoftor angelehnt und drückte es mit der Stoßstange auf; um die Lampen auf den Pfeilern schwärmten Moskitos. Er parkte so dicht hinter der Villa, dass der Wagen im Schatten stand. Kein Fahrzeug, kein Posten im Hof; bloß ein Springbrunnen, dessen Fontäne versiegt war. Hatte Román nicht Wachmannschaften seines Ministeriums herbeordert, wagte er nicht einmal das? Die Jalousien waren geschlossen.
Sie traten zum Kofferraum. Den Toten wollten sie nicht ins Haus schleppen; das Wie der Übergabe war nie besprochen worden. Weshalb kam der General nicht heraus, hatte er ihre Ankunft überhört? "Er telefoniert vielleicht", sagte Pimentel. Hinter ihnen, in den Gärten des Villenblocks, zwitscherten Vögel; von den Avenidas wehte Verkehrslärm, gedämpft, halb verschluckt von den Blättern und Mauern des Lugo-Viertels.
Da, ein Bremsgeräusch, klappende Autotüren, Stiefel auf dem Pflaster. Die Wachmannschaft, endlich? Tomás sah um die Ecke und fuhr zurück. Am Bordstein stoppten drei, vier Wagen, einer stand schräg im Torweg. Geheimdienstler quollen heraus, eine gepresste Stimme befahl, das Haus zu umstellen. Pezuelas Stimme! Die Leute trugen Maschinenpistolen, sie begannen, sich über das Grundstück zu verteilen.
Tomás griff nach der Waffe, doch Pimentel zog ihn zurück. Eine erdrückende Übermacht, er hatte recht. Sie wichen Schritt für Schritt aus, im Blattschatten, umgingen den Springbrunnen, die Ziersträucher und langten, von Blütenstaub überpudert, bei einer dicht bewachsenen Mauer an. Sie halfen sich hinauf. Fleischige Ranken, starker Duft; das würgende Gefühl des Rückzugs, der Preisgabe... In der Villa schrillte die Torglocke, man schlug hart gegen das Holz. "Román ist nicht da", flüsterte Tomás, als er oben war. "Ob er in sein Ministerium...?"
"Wo er auch ist, Juan, wir haben verloren. Die anderen waren schneller."
Ein Volkswagen schob sich in den Hof, sein Licht warf wandernde Schatten. Dann gellten Rufe, die Seguridad hatte den Ford entdeckt, umwimmelte ihn wie Ameisen eine tote Raupe; gleich würde sie noch mehr finden.

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