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Bewegtes Training

Impulse für

Bewegtes Training

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Informationen sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-7664-8016-3

Im Vertrieb von: Jünger Medien Verlag + Burckhardthaus-Laetare GmbH, Offenbach

Herausgeber: Gabal e.V.

Umschlag: Martin Zech, Bremen

© 2014 Jünger Medien Verlag, Offenbach

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

www.juenger.de

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Von Hanspeter Reiter

Heike Andreschak/Manfred Batz

Menschen, Pferde, Emotionen: bewegende Momente im Training

Manfred Batz/Matthias Bialas

Das tanzende Klassenzimmer: ohne Bewegung ist alles nichts

Andreas Besteck/Félicie de Roche

Ganzheitliche Bewegung schafft Lösungen

Matthias Böhme

Spielerisch konzentriert

Annette Förster-Krechberger

INIKKOS

Interaktives interkulturelles Kooperationsspiel

Frank Garreis/Oliver Schumacher

Systematisch und bewegt – das ist das Erfolgskonzept

Christine Hartge

Wie ein Training das Verhalten langjährig beschäftigter Mitarbeiter optimiert

A. Peter Kunzweiler

Wer quertreibt, geht unter – Team-Training mal anders

Anja Mýrdal

Die Kunst des KreativArt-Trainingsdesigns

Liane Pankel

Einmal ist keinmal, zweimal ist Zufall und dreimal ist ein Muster

Erwin Schottler

„Walk“shop© – Worte bringen Werte auf den Weg

Christiane Wittig

Hundemüde oder mopsfidel?

Training, das Körper und Geist bewegt

Tobias Christian Würtz

Bewegte Welten – konstruierte Dynamik im Stillstand

Trainingspraxis: Bewegte Weiterbildung für bewegende Lern-Erlebnisse. GABAL setzt Impulse!

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Ausgangspunkt für diesen Sammelband hochinteressanter Beiträge von Praktikern der Weiterbildung war auch dieses Mal ein überregionales Event des GABAL e.V.: Der Herbst-Impulstag 2013 in Mainz zum Thema „Bewegte Weiterbildung“ nahm diverse Aspekte ins Visier: einmal jene rund ums Hirn, nämlich besser verstehen, wie Teilnehmer eigener Maßnahmen der Weiterbildung „ticken“ und woran es liegt, dass die einen so – die anderen anders reagieren – und: lernen. Dann fürs Herz – neben der besonderen GABAL-Atmosphäre des Beieinanderseins, wie des klassischen Netzwerkens, auch emotionale Aspekte des Weiterbildens, etwa durch das Anwenden aktivierender Lehr- und Lernmethoden: ein zentrales Thema bei GABAL, wie schon der Langname sagt*. Schließlich für „die Hand“, das Handeln: Konkret umsetzbare Ideen aus der Praxis von bewegten Trainings – und Trainings, die bewegen!

Nützliche Bausteine trugen auch dieses Mal renommierte Kolleginnen und Kollegen bei. Wobei naturgemäß nur ein kleiner Teil von Praktikern zu Wort und Tat kommen konnte, bei eben mal sieben Slots an einem Tag. Dieses Buch dagegen, das Sie nun in Händen halten, vereint fast doppelt so viele Weiterbildner aus unseren Mitgliedern, die das Thema auch für Hirn und Herz verlängern: Freuen Sie sich auf mehr als ein Dutzend durchaus unterschiedliche Perspektiven. Und darauf, übertragbare „Rezepte“ zu entdecken, die Sie für sich selbst anwenden können. Oder auch für Ihre Trainings, Beratungen, Coachings – ganz im Sinne von gelingendem Kupfern, also: Kapieren und übersetzen statt schlichtem Kopieren!

Ganz im Sinne auch des viel zitierten „Hirn-Joggings“ wünsche ich Ihnen bewegende und bewegte Handlungs-Momente bei der Lektüre …

Herzlich grüßt Sie

Hanspeter Reiter

Vorstandssprecher GABAL e.V., Februar 2014

PS: Weitere Ansätze finden Sie in den Vereins-Broschüren „Aktive Lehrmethoden“ und „Aktive Lernmethoden“, die Sie als pdf erhalten können, siehe http://gabal.de/broschueren.html.

*Gesellschaft zur Förderung angewandter Betriebswirtschaft und Aktivierender Lehr- und Lern-Methoden in Hochschule und Praxis e.V.

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Heike Andreschak

Heike Andreschak studierte Betriebswirtschaft und Organisationspsychologie. Seit mehr als 15 Jahren ist sie Beraterin für die Themen Kompetenzmanagement, Führung und Personalmarketing, Geschäftsführerin der Batz & Team Management GmbH und Autorin der Fachbücher „Erfolgreiches Personalmarketing“, „Gummibärchen für den Chef“ und „Service Business“ sowie weiterer Publikationen in Fachzeitschriften und Sammelwerken. Sie leitet den Arbeitskreis „Personalmarketing“ im Demografie Netzwerk des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (ddn) und ist lizenzierte Trainerin für Horse Assisted Education and Development.

Manfred Batz

Manfred Batz studierte Ökonomie, Soziologie und Psychologie. Er war unter anderem Mitarbeiter des renommierten Führungsexperten Prof. Dr. Rolf Wunderer (Universität St. Gallen), Leiter Internationales Dienstleistungsmarketing bei einem weltweit führenden IT-Unternehmen und Bereichsvorstand Strategie und Personal bei einem DAX-Unternehmen. Seit mehr als 20 Jahren ist er Geschäftsführer der Batz & Team Management GmbH, Autor der Fachbücher „Erfolgreiches Personalmarketing“, „Service Business“, „Meisterlich erfolgreich“, „Training & Erfolg“, „Gummibärchen für den Chef“ und „Echte Gefühle“ sowie weiterer Publikationen in Fachzeitschriften. Nach über 20 Jahren Beratungs- und Trainingserfahrung zählt er heute zu den führenden und gefragtesten Leadership-Coaches.

Menschen, Pferde, Emotionen: bewegende Momente im Training

Benutzen Sie PowerPoint oder haben Sie eine Botschaft?

Es ist Montag, der 11. November. Eine Unmenge von Fragen und Themen schwirren auch an diesem Tag durch meinen Kopf. Die Meinungsverschiedenheiten mit Dr. Böhmer, dem Chef des Controllings. Außerdem muss ich noch an die Jahresplanung denken und das Förder- und Entwicklungsgespräch mit Sandra Schäfer vorbereiten. Wie soll ich all das nur schaffen?

Es ist jetzt kurz vor 9.00 Uhr. Ich betrete den Raum, in dem gleich das Seminar „Situative Führung“ beginnen wird. In freudiger Erwartung nehme ich in der ersten Reihe Platz, richte meine Blicke gebannt auf den Trainer und schalte mein Gehirn auf Empfang.

Aber bereits kurze Zeit später hat sich die Situation grundlegend geändert. Die Formulierungen sind langweilig, die Sätze kraftlos, die Sprache blass und vor allen Dingen hat der Trainer keine richtige Botschaft, keine interessante Story. Die monotonen Darstellungen plätschern mit vielen Charts nur so dahin. Es springt keinerlei Funke über. Der angekündigte „exzellente Trainer“ wirkt neben den vielen PowerPoint-Folien klein und unscheinbar. Am liebsten würde ich dem Trainer die Frage stellen: „Benutzen Sie nur PowerPoint oder haben Sie auch was zu sagen?“ Kein einziges Aha-Erlebnis, nichts, womit er mich gefühlsmäßig begeistern konnte.

Auch die anderen Trainingsteilnehmer sinken in ihre Stühle, die Blicke werden glasig. Einige verlassen bereits nach 50 Minuten leise mit einem entschuldigenden Blick auf das iPhone den Raum.

Ein Festival der Sinnlichkeit

Welch ein Kontrast zum Führungskräftetraining im vergangenen Jahr. Ein Trainer mit einer dynamischen und lauten Stimme mit hohem Sympathiefaktor. Lachende, begeisterte Trainingsteilnehmer mit strahlenden Gesichtern und leuchtenden Augen. Der Trainer steigert seine Überzeugungskraft mal durch wissenschaftlich fundierte Studien, mal durch bildhafte Beispiele, um dann wieder die Gefühle zu berühren und interessante Impulse zu geben.

Die Trainingsteilnehmer klatschen spontan, machen Übungen begeistert mit, tauschen sich mit ihren Nachbarn über das Erlebte aus. Mal leise, dann laut, mal lustig, dann nachdenklich, mal besorgt, dann ermutigend spielt der Trainer mit den Gefühlen der Zuhörer. Alles in allem ein wirklich bewegendes Training, das die Köpfe und Herzen der Teilnehmer erreicht.

Warum hören wir manchmal gebannt zu, während wir ein anderes Mal das Ende nicht erwarten können? Warum sind wir bei einigen Trainern regelrecht gefesselt, während wir uns bei anderen nur mühsam wachhalten können? Und warum werden uns bei manchen Trainern auch schwierigste Inhalte sofort klar, während wir bei anderen rätseln und vergeblich nach dem Sinn suchen?

Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum das so ist? Die Antwort ist verblüffend einfach: Es geht um Gefühle pur – also um das, was für jeden Menschen letztendlich zählt. Gefühle sind der Schlüssel zum Erfolg. Ob Menschen an Ihren Lippen hängen, Sie deren Blicke auf sich ziehen, das hängt davon ab, wie gut Sie sich selbst fühlen. Denn dadurch entscheiden Sie, was Sie sich zutrauen, was Sie selbst ausstrahlen, wie entschlossen Sie sich verhalten und welches Gefühl Sie Ihrem Gegenüber vermitteln.

Das, was über die Sinnesorgane an Impulsen und Empfindungen in das Bewusstsein hineintritt, ist ein Gefühl. Gefühlt wird immer nur das, was wahrgenommen wird. Erst durch die Bewertung dessen, was gefühlt wurde, entstehen mehr oder weniger starke Emotionen.

Beherrschen Sie die Klaviatur der Gefühle

Gefühle sind eine rein mentale Vorstellung wie beispielsweise „ich fühle mich wertgeschätzt“ oder „ich fühle mich überzeugt“. Gefühle werden als Impuls wahrgenommen. Dieser Impuls wird an das Gehirn weitergeleitet und dort verarbeitet. Das passiert in Bruchteilen von Sekunden.

Erfolgreiche Trainer beherrschen die Klaviatur der Gefühle. Sie spielen jedoch nicht nur auf den weißen, hellen, sondern auch auf den dunklen, schwarzen Tasten virtuos und erzielen wie ein Klavierspieler ein bewegendes und harmonisches Ganzes.

Wer gute Laune hat, macht gute Laune: Erfolgreiches Verhalten beginnt im Kopf! Und bevor Sie andere mit Gefühlen positiv beeinflussen können, brauchen Sie diese zunächst einmal selbst. So wie Sie denken, so fühlen und so verhalten Sie sich. Ihre Stimmung überträgt sich.

Wollen Sie überzeugen, dann seien Sie selbst überzeugt: Zwischenmenschlicher Erfolg basiert auf Glaubwürdigkeit und Wertschätzung. Gute, sympathiefördernde Gefühle können Sie nur dann auf andere übertragen, wenn Ihre Empfindungen authentisch sind – wenn Sie diese also auch tatsächlich selbst empfinden.

Leidenschaft ist Lust auf das Gespräch und Neugier auf den Menschen: Nichts wirkt auf Ihre Teilnehmer so bewegend wie echte Begeisterung und Leidenschaft. Achten Sie darauf, wie sehr Ihnen das auch selbst gefällt, was Sie gerade sagen oder tun.

Werden Sie ein Meister der Wahrnehmung: Seien Sie hellwach und aufmerksam. Hören Sie genau zu, um möglichst viele Informationen zu erfassen, und möglichst genau hin, um den Tonfall, die Botschaften zwischen den Zeilen mitzubekommen.

Der erste Eindruck zählt, der letzte bleibt: Für Ihre Ausstrahlung und Wirkung sind zwei „gefühlsstarke“ Momente besonders wichtig: der erste und der letzte Eindruck. Der erste Eindruck entscheidet über Sympathie und Vertrauen, Erwartungshaltung und Aufmerksamkeit Ihrer Trainingsteilnehmer. Der letzte Eindruck bestimmt, wie überzeugend Sie sind und was bei anderen von Ihnen im Kopf hängen bleibt.

Zaubern Sie bewegende Bilder in die Köpfe der Teilnehmer: Bauen Sie in Ihre Botschaften gezielt Wörter ein, die positive Assoziationen wecken. Es gilt, die Wirkung Ihrer Sprache gefühlsbetont zu machen. Benutzen Sie daher sogenannte Magic Words wie „innovativ“, „traumhaft“, „kostbar“, „spannend“, „wertvoll“ oder „wundervoll“.

Gewinnen Sie an Energie, Ausstrahlung und Wirkung. Haben Sie Lust auf mehr? Dann denken Sie jetzt bitte an eine Situation, die für Sie in der Vergangenheit besonders positiv war. Was passiert jetzt? Sie werden zum Gefühlsmanager. Machen Sie Ihre gute Laune selbst und strahlen Sie diese zunehmend auch auf Ihr Umfeld aus.

„Wenn Du es träumen kannst, kannst Du es auch tun.“

(Walt Disney)

Das besonders bewegende Training: Wenn Menschen von Pferden lernen

Training und Bewegung, Training und Emotionen gehen – schon wieder Bewegung – gut zusammen. Zum Training bewegen wir uns oft von A nach B; meistens bewegt sich im Training auch unser Geist. Wenn Menschen in Trainings Pferde bewegen, stellt sich dabei meist auch eine besondere Art der Bewegung ein: die E-Motion. In den meisten Trainings eher vernachlässigt, hat sie bei pferdegestützten Trainings für Mitarbeiter, Führungskräfte und Teams eine zentrale Bedeutung.

Von Bewegung für Körper, Geist und Seele handeln die folgenden Zeilen und natürlich von Mitarbeitern, Führungskräften, Teams und Pferden.

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© Heike Andreschak

Menschen und Pferde: eine grenzüberschreitende Verbindung

Was haben Menschen heute noch und gerade in Unternehmen mit Pferden zu tun? Rein sprachlich schon einmal sehr viel: Chefs nehmen ihre Mitarbeiter gelegentlich an die Kandare, Mitarbeiter lassen die Zügel auch mal schleifen und Kollegen halten sich manchmal gegenseitig auf Trab. Aber auch sonst ist der Mensch, sind auch viele große Führungspersönlichkeiten über einen langen Zeitraum sehr stark mit dem Pferd verbunden gewesen.

Pferde waren Lehrer und Partner, die halfen, Führungsqualitäten zu entwickeln und zu leben. Pferde waren aber lange Zeit auch Arbeitskollegen auf dem Feld oder im Wald. Kraftvoll und sensibel zugleich haben Pferde dem Menschen als Reit-, Last- und Zugtier jahrhundertelang geholfen, große Entfernungen zu überwinden und nicht nur sprichwörtlich Grenzen zu überschreiten. Zudem gibt es einige Parallelen in Bezug auf die Lebensumstände: Auch Pferde leben in sozialen Verbänden oder Gemeinschaften und sind in der Lage, stabile Zweierbeziehungen einzugehen. Vielleicht glauben wir aber auch einfach einem bekannten Staatsmann und passioniertem Pferdeliebhaber:

„There is something about the outside of a horse

that is good for the inside of a man.“

(Sir Winston Churchill)

Vom Know-how zum Do-how: Zielorientierung live erleben

Wie kommen Spitzenleistungen zustande, und wie können sie erhalten werden? Der Schlüssel für Spitzenleistungen liegt in einer konsequenten Unternehmensoder Teamzielsetzung. Zielkataloge, Strategien und Konzepte sind in der Praxis leider oft eher durch schillernde Begriffe als durch Umsetzungsorientierung charakterisiert. Böses Erwachen, wenn dann festgestellt werden muss, dass alles nur ein Papiertiger ist und die Umsetzung schon in der Startphase stecken bleibt.

Was tatsächlich fehlt, ist oft nicht „Know-how“, sondern „Do-how“. Oder aber es liegt daran, dass diese Kataloge und Konzepte nur mit dem Kopf erdacht wurden und dass Mitarbeiter und Teams im Alltag bisher die Kraft von Zielen und Team-arbeit nicht wirklich erlebt haben.

Deshalb können Mitarbeiter, Führungskräfte und Teams die Kraft von Zielen und Teamarbeit im pferdegestützten Training live erleben und daraus Handlungsansätze für ihre eigene zielgerichtete Umsetzung in der Praxis ableiten. Ein konzeptioneller Ansatz, der hierbei im pferdegestützten Training eingesetzt werden kann, ist Appreciative Inquiry (AI). In den USA als Problemlösungsansatz entwickelt, konzentriert sich AI auf die positiven Aspekte der momentanen Situation und hilft den Teilnehmern davon ausgehend durch klar definierte Prozessphasen und Fragestellungen, neue Möglichkeiten bis hin zum konkreten Aktionsplan zu entwickeln. In einem pferdegestützten Seminar lassen sich u.a. folgende Fragegestellungen angehen:

Mit Pferden die eigene Komfortzone erweitern

Die Komfortzone verlassen, das wird heute fast jeden Tag irgendwo gefordert. Wer mit Pferden trainiert, verlässt auf jeden Fall seine Komfortzone. Die Teilnehmer erfahren aber auch, wie und warum es ihnen möglich ist, ihre individuelle Komfortzone zu verlassen. Und wer diese Erkenntnisse mit ins Unternehmen bringt, kann mit Sicherheit auf lernbereite und motivierte Mitarbeiter zählen. Pferdeerfahrungen sind dafür nicht erforderlich. Die Teilnehmer müssen nur den Mut mitbringen, sich auf etwas Neues einzulassen – und das ist heute mehr denn je an der Tagesordnung.

Was genau bedeutet es denn nun, seine Komfortzone zu verlassen: Letztendlich geht es darum, dass Grenzen überschritten werden müssen, um Lernprozesse in Gang zu bringen. Menschen halten sich bevorzugt in ihrer Komfortzone auf, in der sie sich auskennen und sicher fühlen. Viele Dinge und Verhaltensweisen sind hier eingespielt und sind deshalb mit relativ wenig Aufwand zu bewältigen. Wenn sie die Grenzen ihrer Komfortzone überschreiten, betreten sie Neuland; schaffen sich damit aber auch die Möglichkeit zum Lernen und zur Erweiterung der eigenen Komfortzone.

Dabei gilt ein ähnlicher Grundsatz wie beim Ausdauertraining: Systematisches Training besteht aus Spitzen höchster Belastung, gefolgt von Pause und Erholung. Also verlassen sollte die Komfortzone auf jeden Fall werden – aber nur für relativ kurze Zeit, in regelmäßigen Abständen und so weit, dass der Stress dabei nicht zu groß wird.

Von Authentizität, Führungsvielfalt und Shared Leadership

Pferde sind als Trainer und Coaches vorurteilslose, absolut klare Spiegel und Feedbackgeber. Sie kennen keine Rollenspiele, für sie ist die aktuelle Situation immer real. Pferde als Trainer schaffen eine Lernumgebung, in der die Teilnehmer sich einem einzigartigen, emotionalen und effektiven Lernprozess widmen können. Pferde kennen keine Masken, sie spielen keine Rollen, so wie wir das oft tun. Und eins ist sicher: Wer es mit den Rollenspielen übertreibt, der gefährdet nicht nur die Sicherheit der Pferdeherde.

Als Flucht- und Herdentiere bevorzugen Pferde deshalb Kommunikation und Führung im Sinne einer Balance zwischen Respekt und Vertrauen. Sie folgen daher auch dem Menschen nur, wenn dieser sich durch Glaubwürdigkeit, Selbstvertrauen und Zielbewusstsein auszeichnet – Eigenschaften und Werte, die auch der Mensch als sogenanntes soziales Tier gerne sucht. Kein Wunder, dass solche Werte vielfach auch als Basis erfolgreicher Führung bzw. erfolgreicher Unternehmen gefunden werden.

Leader, Manager oder Coach – welches Führungsverhalten ist gerade notwendig, welche Führposition richtig und was bedeutet in diesem Zusammenhang „shared leadership“? Zu verstehen, dass und wie visionäre Führung, perfektes Management und unterstützendes Coaching Hand in Hand gehen können, ist der entscheidende Schlüssel zum Führungserfolg. Ein Gefühl dafür zu entwickeln, gelingt am besten durch Tun und das unverfälschte Feedback der Pferde. Hier werden die Teilnehmer durch verschiedene praktische Übungen geführt. Mit Umsicht thematisiert werden in diesem Zusammenhang auch Unternehmens- und Führungsgrundsätze.

Da bewegt sich nicht nur das Pferd

Im Seminar bewegen Führungskräfte, Mitarbeiter und Teams Pferde – und werden durch die Pferde bewegt, manchmal auch physisch, aber immer emotional. Nach Prinzipien des Erfahrungslernens erleben die Teilnehmer sich und ihr Verhalten in den praktischen Übungen. Die damit verbundenen Erfahrungen und Metaphern werden in kurzen Feedbackrunden erörtert. Sie erhalten Anregungen, um Selbst-Erlebtes und Mit-Erlebtes (durch die Beobachtung anderer Teilnehmer) aus den Übungen in ihren Alltag zu übertragen. Sie nehmen Erkenntnisse und Impulse mit, die ihnen die Zusammenarbeit mit Mitarbeitern und Kollegen, das Steuern von Projekten oder Teams und den Umgang mit Kunden erleichtern. Wer hier teilnimmt, lernt immer – ob er will (bewusst) oder nicht (unbewusst)!

In diesen Prozessen sind ganz schnell und automatisch Emotionen im Spiel. Außerdem wird hier Führung und Teamarbeit nicht nur theoretisiert, sondern live erlebt. Wenn wir also einmal nicht mit unserem Großhirn, das zwar groß, aber nicht besonders schnell ist, sondern mit unserem Reptilienhirn (Limbisches System) lernen, das zwar klein, aber dafür sehr schnell ist, ist dieses Lernen im Ergebnis nachhaltiger. Und das liegt daran, dass beim sogenannten Erfahrungslernen unser Limbisches System stärker beteiligt ist als unser Großhirn; wir erwerben unbewusste Kompetenzen, die sich nachhaltiger verankern als auswendig gelernte Grundsätze der Mitarbeiterführung. Zudem ist Lernen einfacher (wir erinnern uns an die Komfortzone), wenn Emotionen – vor allem positive – im Spiel sind. Und wie hat schon vor langer Zeit ein weiser Mann gesagt:

„Ich höre und ich vergesse. Ich sehe und ich erinnere mich.

Ich tue und ich verstehe.“

(Konfuzius)

Literatur:

Batz, M./Andreschak, H. (2013): Gummibärchen für den Chef, edition winterwork, Berlin

Batz, M./Bialas, M. (2013): Training & Erfolg, edition winterwork, Berlin

Batz, M./Wefelmeier, V. (2014): Echte Gefühle, edition winterwork, Berlin

Beermann, S./Schubach, M./Tornow, O. (2013): Spiele für Workshops und Seminare, Freiburg

Birkenbihl, V. (2013): Stroh im Kopf?, München

Cooperrider, D./Whitney, D. (2003): Positive Revolution in Change: Appreciative Inquiry in:

Cooperrider, D., Whitney D., & Stavros, J.: Appreciative Inquiry Handbook, Bedford Heights, OH: Lakeshore Publishers, p. 11-17.

Eberspächer, H. (2008): Gut drauf sein, wenn’s drauf ankommt, München

Ellyn, L. (2013): Neuro-Leadership with Horses presentation at EAHAE Conference 2013, Cleveland Ohio

Felton, J. (2012): Unbridled Success: How the Secret Lives of Horses Can Impact Your Leadership, Teamwork and Communication Skills, Ecademy Press, UK

Fischer, Dr. S. (2011): Raus aus der Komfortzone: Wie Potenzialmanagement zum Wettbewerbsvorteil wird; Zeitschrift Personalführung 8/2011

Froböse, I. (2010): Das neue Rückentraining, Stuttgart

Havener, Th. (2009): Ich weiß, was Du denkst, Hamburg

Hüther, G. (2007): Bedienungsanleitung für ein menschliches Gehirn, Göttingen

Hunting, P. (2006): Why Talk to a Guru? When You Can Whisper to a Horse: The art of Natural Leadership; Perfect Publishers

Kolb, D.A. (1984): Experiential learning: experience as the source of learning and development; Prentice Hall; Englewood Cliffs, NJ

Rock, Dr. D./Page, L. J. (2009): Coaching with the Brain in Mind: Foundations for Practice; John Wiley, New Jersey

Wygotski, L. S. (1987): Ausgewählte Schriften, Band 2: Arbeiten zur psychischen Entwicklung der Persönlichkeit, Köln

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Manfred Batz

Manfred Batz studierte Ökonomie, Soziologie und Psychologie. Er war unter anderem Mitarbeiter des renommierten Führungsexperten Prof. Dr. Rolf Wunderer (Universität St. Gallen), Leiter Internationales Dienstleistungsmarketing bei einem weltweit führenden IT-Unternehmen und Bereichsvorstand Strategie und Personal bei einem DAX-Unternehmen. Seit mehr als 20 Jahren ist er Geschäftsführer der Batz & Team Management GmbH, Autor der Fachbücher „Erfolgreiches Personalmarketing“, „Service Business“, „Meisterlich erfolgreich“, „Training & Erfolg“ und „Gummibärchen für den Chef“ sowie weiterer Publikationen in Fachzeitschriften. Nach über 20 Jahren Beratungs- und Trainingserfahrung zählt er heute zu den führenden und gefragtesten Leadership-Coaches.

Matthias Bialas

Matthias Bialas ist lizenzierter Fußballtrainer und ausgebildeter Sport- und Rettungstaucher. Er berät die Trainer der Batz & Team Management GmbH in sportwissenschaftlichen Themen. Er ist Autor des Fachbuches „Training & Erfolg“. Gemeinsam mit Heike Andreschak und Manfred Batz führt er für Bundesligaprofis und Führungskräfte der Wirtschaft Workshops, Seminare, Trainings und Coachings erfolgreich durch.

www.batz.de

Das tanzende Klassenzimmer: ohne Bewegung ist alles nichts

Training ohne Bewegung war gestern