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   Gary L. Thomas– Ein Andachtsbuch für Ehepaare– Aus dem Amerikanischen von Beatrice Bleher– SCM R.Brockhaus

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Inhalt

Einführung

 1  Der gottzentrierte Ehepartner

 2  Ein denkwürdiges Gebet

 3  Den Fokus lassen, wo er hingehört

 4  Gemeinsam alt werden

 5  Gottes Sohn, Gottes Tochter

 6  Das Geschenk der Ehrfurcht

 7  Schau nicht zurück

 8  Intimität übertrifft Ruhm

 9  Eine von Gott erfüllte Seele

10  Das Fundament der Gemeinschaft

11  Das Herzensanliegen

12  Der Jäger

13  Güte lieben

14  Eine schlechte Gewohnheit

15  Seelenverwandte(r) oder Gefährte?

16  Einander genießen

17  Aus Versehen gemein

18  Sie verdienen heute eine Pause

19  Das gemeinsame Leben formt uns

20  Ich mache dich verantwortlich

21  Das große Ganze

22  Wenn es keine Sünde ist …

23  Mehr als die Summe ihrer Teile

24  Du bist großartig!

25  Eingefahrene Bahnen im Eheleben

26  Um sie zu heiligen

27  Ehe bedeutet, in Bewegung zu bleiben

28  Irdisches Training himmlischer Fähigkeiten

29  Eins

30  Das Glück, das aus der Heiligung erwächst

31  Weglaufen vor sich selbst

32  Gut im Bett

33  Göttlicher Verzicht

34  Machen Sie jemanden glücklich

35  Ich liebe ihn trotzdem

36  Eine gefestigte Ehe

37  Der großartige Ausweg

38  Zufluchtsort

39  Echte Menschen

40  Ein schwieriger Weg

41  Die Wahrnehmung schulen

42  Ein Tag nach dem anderen

43  Du verstehst das nicht: Rollentausch

44  Es ist die Mühe wert

45  Was machst du?

46  Ehrliche Ehe

47  Das wahre Bild der Liebe

48  Ein Aufruf zum Hören

49  Der Ehestand

50  Passives Verletzen

51  Die Bedeutung von Freundlichkeit

52  Oasen der Besinnung

Danksagung

Anmerkungen

Einführung

Dieses Andachtsbuch basiert zwar auf den Prinzipien, die ich bereits in meinem Buch Der heilige Hafen beschrieben habe, besteht aber zu hundert Prozent aus neuem Inhalt. Obwohl es nicht notwendig ist, Der heilige Hafen gelesen zu haben, um von diesem Andachtsbuch zu profitieren, empfehle ich, es zuerst zu lesen und dann dieses Andachtsbuch mit Ihrem Ehepartner oder in der Kleingruppe durchzugehen.

Ich habe Heilig währt am längsten so aufgebaut, dass man es in zweiundfünfzig getrennten Einheiten, eine für jede Woche des Jahres, lesen kann. Weil viele Herausforderungen thematisiert werden, könnte ein Kapitel pro Tag zu viel sein. Ich glaube, Sie werden mehr davon profitieren, wenn Sie sich an einem Tag pro Woche auf Ihre Ehe konzentrieren und an den anderen Tagen allgemeine Andachten lesen.

Manche haben mich gefragt: „Warum dieses Format?“ Das kommt teilweise daher, dass viele Paare um eine Fortsetzung zu Der heilige Hafen gebeten haben – aber das war ein Problem. Wie ich oft betont habe, ist Der heilige Hafen keine Anleitung für eine gute Ehe. Ich bin weder qualifiziert, solch ein Buch zu schreiben, noch möchte ich das. Was sollte ich also fortsetzen?

Als mich einmal ein Ehepaar zum Flughafen fuhr, schlugen die beiden vor, ich könnte ein Andachtsbuch schreiben, das einige der Prinzipien aus Der heilige Hafen aus einer neuen Perspektive aufgreift und vertieft. Ich bedanke mich bei den beiden für ihre Idee, in diese Richtung weiterzudenken. Schon das Schreiben an sich war eine großartige Erfahrung für mich, weil ich herausgefordert, inspiriert und überführt wurde, während ich mich mit einer Wahrheit auseinandersetzte, die größer ist als wir alle.

Ich bete dafür, dass Sie mit Ihrem Ehepartner von dieser Reise über ein Jahr zumindest halb so viel profitieren, wie ich bei deren Zusammenstellung! Wenn Sie verheiratet sind, hat Gott Sie in eine wunderbare und doch schwierige, mühsame und doch tiefgehende Beziehung gestellt. Aber in all dem habe ich gelernt (und ich bin sicher, Sie auch), dass die Ehe aller Mühe mehr als wert ist.

Der gottzentrierte Ehepartner

Weil wir diese Zusagen haben, liebe Freunde, wollen wir uns von allem reinigen, was unserem Körper oder unserem Geist schaden könnte. Denn wir fürchten Gott; deshalb streben wir nach einem geheiligten Leben.

2. Korinther 7,1

Greg Nettle, Pastor der Gemeinde River Tree Christian Church in Massillon, Ohio, ging nach einem Golfturnier zu seinem Auto und stellte fest, dass sich der Kofferraum nicht per Fernbedienung öffnen ließ, genauso wenig wie die Türen. Als er schließlich im Wagen saß, sah er, dass die Tankanzeige „leer“ meldete, obwohl er weniger als vierundzwanzig Stunden zuvor getankt hatte. Noch frustrierender war, dass der Motor zwar ansprang, aber gleich darauf wieder ausging.

Nachdem ein Abschleppwagen das defekte Fahrzeug zur Werkstatt gebracht hatte, kam ein Mechaniker hinaus zu Nettle und nannte ihm das Problem: ein fehlerhaftes BSG.

„Was ist ein BSG?“

„Das Bordnetzsteuergerät ist sozusagen das Gehirn des Autos und wenn es kaputtgeht, funktioniert nichts mehr richtig.“

Nettle hätte darauf bestehen können, dass der Kofferraum, die Türschlösser und die Tankanzeige repariert und alle anderen Probleme beseitigt werden, aber all das waren nur die Symptome einer allgemeinen Funktionsstörung.

Wie oft tun wir das in der Ehe! Wir konzentrieren uns auf die Symptome:

» „Wir müssen besser kommunizieren.“

» „Wir müssen besser mit Konflikten umgehen lernen.“

» „Wir müssen einander mehr Wertschätzung zeigen.“

» „Wir müssen uns in der Kindererziehung besser abstimmen.“

» „Wir müssen uns mehr bemühen, die Romantik in unserer Beziehung nicht zu vernachlässigen.“

Wir können uns unser Leben lang auf die Symptome konzentrieren, oder wir können das BSG – das Bordnetzsteuergerät – austauschen. Ich glaube, das BSG in der Ehe ist unsere geistliche Motivation.

Letzten Endes läuft alles darauf hinaus: Sind Sie als Ehepartner gottzentriert oder ehepartnerzentriert? Eine ehepartnerzentrierte Frau behandelt ihren Mann gut, wenn er sie gut behandelt. Sie ist entgegenkommend, solange ihr Mann auf sie achtet. Ein ehepartnerzentrierter Mann scheut keine Mühen für seine Frau, solange sie verträglich und liebevoll bleibt. Er umwirbt sie, solange er sich dafür belohnt fühlt.

Aber Paulus sagt uns, wir sollen nach einem geheiligten Leben streben „in der Furcht Gottes“ (2. Korinther 7,1; ELB). Da Gott immer würdig ist, gefürchtet und verehrt zu werden, sind wir immer zur Heiligung aufgerufen; wir sind immer aufgerufen zu lieben. Ein gottzentrierter Ehepartner ist mehr von seiner Hingabe an Gott motiviert als davon, wie sein Ehepartner möglicherweise reagiert.

Ehepartnerzentrierte Christen hören auf, ihre Partner zu lieben, und benutzen deren Sünden als Ausrede dafür. Aber wenn das eine gültige Entschuldigung wäre, könnte jeder von uns das Gebot zu lieben umgehen; schließlich haben wir alle Sünder geheiratet!

Nach einem Seminar kam eine Frau auf mich zu und sagte: „Es wäre einfach, verheiratet zu sein, wenn mein Mann auch nur halb so heilig wäre wie Sie.“ Ich konnte mir nur schwer ein Lachen verkneifen und sagte ihr, sie habe keine Ahnung, wie „heilig“ ich sei; meine Frau fühlt sich in vielen Bereichen überfordert, diesen Sünder zu lieben.

Aber darum geht es gar nicht! Ich bin nicht aufgerufen, meine Frau zu lieben, weil sie heiliger wäre als andere Ehefrauen (obwohl ich für ihre Gottesfurcht sehr dankbar bin). Ich bin nicht aufgerufen, sie zu lieben, weil sie mich glücklich macht (obwohl ich für die vielen guten gemeinsamen Zeiten dankbar bin). Ich bin nicht aufgerufen, sie zu lieben, weil sie die Schmetterlinge in meinem Bauch flattern ließe (obwohl sie das manchmal immer noch tut). Ich bin aufgerufen, sie zu lieben „in der Furcht Gottes“. Jede andere Motivation hat nichts mit Christsein zu tun.

Wenn ich mich von allem reinige, was meinem Körper oder Geist schaden könnte, haben Eifersucht, Bitterkeit, Groll und Selbstsucht keinen Platz in meinem Leben. Ich bin immer dazu aufgefordert, Sanftmut, Freundlichkeit, Güte, Treue und Selbstbeherrschung zu üben. Niemals gibt mir die Sünde anderer – auch nicht die Sünde meines Ehepartners an mir – das Recht, mit Sünde zu reagieren. Ich soll nur eine einzige Motivation haben: Ehrfurcht vor Gott.

Gewissermaßen ist das, was mein Ehepartner sagt oder tut oder nicht tut, beinahe irrelevant. All meine Entscheidungen, all meine Worte, all meine Gedanken, all meine Bewegungen sollen von einer heiligen Sache motiviert sein: Ehrfurcht vor Gott.

Sind Sie ein gottzentrierter Ehepartner?

Ein denkwürdiges Gebet

Folgt in allem Gottes Beispiel, denn ihr seid seine geliebten Kinder. Euer Leben soll von Liebe geprägt sein, wie auch Christus uns geliebt hat, denn er hat sich selbst als Gabe und Opfer für unsere Sünden gegeben. Und Gott hatte Gefallen an diesem Opfer, das wie ein wohlriechender Duft zu ihm aufstieg.

Epheser 5,1-2

Wenn ich für ein Seminar zum Thema „Heiliger Hafen“ in eine Stadt komme, werde ich oft am Vorabend zum Essen eingeladen. Die Organisatoren bitten manchmal auch ein verlobtes Paar dazu. Ich mag das, besonders wenn ich von der Reise müde bin, weil ich dann der künftigen Braut eine Frage stellen kann, die mir eine angenehme Pause ermöglicht. Ich weiß schon vorher, dass sie sehr wahrscheinlich mindestens zehn Minuten lang antworten wird. Die Frage lautet: „Erzählen Sie mir von Ihrem künftigen Ehemann.“

Die Augen der Verlobten beginnen dann zu leuchten und sie sprudelt über vor enthusiastischem und unqualifiziertem Lob: „Oh, das mag ich so an ihm, und er ist so gut darin, und er ist so aufmerksam in diesem Bereich, und in jenem Bereich ist er einfach der Beste …“

Im weiteren Verlauf des Wochenendes treffe ich mich mit einer Gruppe von Ehefrauen und bitte sie ebenfalls: „Erzählen Sie mir von Ihren Ehemännern.“ Ich bekomme wieder eine Pause, aber ich finde sie keineswegs so angenehm. Der Grundtenor lautet: „Er tut dies nicht. Nie tut er das. Er weiß nicht, wie man ‚Geistliches Haupt‘ schreibt, und noch viel weniger, wie man sich entsprechend verhält.“

Zurück in meinem Hotelzimmer frage ich mich: „Was ist das verbindende Element, das eine Frau veranlasst, einen Mann nicht mehr darüber zu definieren, was er ist, sondern darüber, was er nicht ist?“

Die traurige Antwort ist – leider – die Ehe. All unsere Hoffnungen, Erwartungen, Träume und Ideale ergießen sich in diese reale Beziehung. Weil wir Sünder heiraten, kann jeder Tag neue und oft berechtigte Enttäuschungen bringen. In kürzester Zeit hören wir auf zu sehen, was uns angezogen hat, und werden stattdessen ganz von dem vereinnahmt, was uns enttäuscht. Während wir vor der Hochzeit noch ausschließlich die Vorzüge der Person sahen, mit der wir den Rest unseres Lebens verbringen wollten, sehen wir jetzt nur noch ihre Unzulänglichkeiten.

Ich beende die „Heiliger Hafen“-Seminare mit der Geschichte von einer Frau, die sich entschied, einen Mann zu heiraten, der bei einem Arbeitsunfall schwer verbrannt worden war. Er konnte zwar emotionale und geistliche Unterstützung bieten und seinen Teil zur Beziehung beitragen. Aber solch ein Mann wird offensichtlich zahlreiche andere Dinge, die Frauen üblicherweise suchen, nicht bieten können.

„Fragen Sie sich, was ein Blinder ohne Arme und mit nur einem Bein für sich selbst nicht tun kann und noch viel weniger für Sie“, sage ich dann, „und danach erzählen Sie mir, was Ihr Ehemann alles nicht ist. Berichten Sie mir, wie Ihre Frau Sie enttäuscht, oder wie Ihr Ehepartner Ihren hohen Ansprüche nicht genügt.“

Jeden Tag wachen Millionen von Paaren auf und bewerten ihre Ehe, indem sie sich fragen: “Bin ich heute glücklicher als gestern?“ Aber ich glaube, es gibt eine viel bessere Frage, die wir stellen könnten. Sie stammt aus einem Lied, das ich im Radio gehört habe. Eine Zeile lautet: „Ain’t nobody gonna say good-bye, ain’t nobody ever really tried to love you like I love you.” („Keiner wird ‚Auf Wiedersehen‘ sagen; niemand hat je versucht, dich so zu lieben, wie ich es tue.“).

Wenn man über die schlechte Grammatik hinwegsieht, steckt darin viel gute Theologie. Ich soll meine Frau so lieben, wie sie noch nie jemand geliebt hat und wie sie nie jemand lieben wird. Ich soll diese einzige Person sein, die sich so sehr für ihr allgemeines Wohlergehen einsetzt, dass ich mich verpflichte, für sie da zu sein, unabhängig von allen Enttäuschungen und Fehlern. Trotz meiner vielen schlechten Gewohnheiten, an die sich meine Frau sicherlich erinnern wird, soll sie an meinem Todestag sagen können: „Aber wisst ihr was? Dieser Mann hat mich so geliebt, wie ich noch nie geliebt wurde. Ich kann mir nicht vorstellen, jemals wieder so geliebt zu werden.“ Wenn sie das sagen kann, weiß ich, dass ich in meiner Ehe „erfolgreich“ war. Es geht nicht darum, eines Tages glücklicher zu sterben als andere Männer, sondern darum, ob ich wirklich geliebt habe.

Das ist also die Frage – eigentlich eher ein Gebet. Statt uns beim Aufwachen zu fragen: „Bin ich heute glücklicher als gestern?“, könnten wir beten: „Herr, wie kann ich meinen Ehepartner heute lieben, wie er (oder sie) noch nie geliebt wurde oder jemals geliebt werden wird?“

Wissen Sie, was ich herausgefunden habe? Dieses Gebet erhört Gott liebend gerne und auf sehr praktische Weise. Er freut sich daran, seine Kinder zu lieben, und sucht auf Erden Menschen, die bereit sind, seinen Auftrag auszuführen.

Stellen Sie sich vor, wie sich Ihre Ehe verändern könnte, wenn Sie, bevor Ihr Mann oder Ihre Frau heute Abend von der Arbeit kommt, Gott fragen – und auf seine Antwort hören: „Herr, wie kann ich ihn (oder sie) heute lieben, wie er (oder sie) noch nie geliebt wurde?“

Die Antwort kann sehr praktisch sein: eine lästige Pflicht übernehmen, ein ermutigendes Wort, sich um etwas kümmern, was repariert werden muss. Oder es könnte etwas Romantisches oder Kreatives oder Großzügiges oder sehr Einfaches sein.

Aber bitten Sie Gott, Ihnen zu helfen. Verbünden Sie sich mit ihm, um die Person aufzubauen und zu ermutigen, mit der Sie aus eigener Entscheigung den Rest Ihres Lebens verbringen.

Fragen Sie: „Wie kann ich meinen Ehepartner heute lieben, wie er (oder sie) noch nie geliebt wurde oder jemals geliebt werden wird?“

Wenn wir uns darauf konzentrieren, was wir tun können, bleibt uns nur noch erstaunlich wenig Zeit, uns von unseren Enttäuschungen vereinnahmen zu lassen.

Den Fokus lassen, wo er hingehört

Was hältst du dich mit dem Splitter im Auge deines Freundes auf, wenn du einen Balken im eigenen Auge hast? Wie kommst du auf den Gedanken zu sagen: ,Freund, lass mich dir helfen, diesen Splitter aus deinem Auge zu ziehen‘, wenn du nicht über den Balken in deinem eigenen Auge hinausschauen kannst? Du Heuchler! Entferne zuerst einmal den Balken aus deinem eigenen Auge; dann wirst du vielleicht gut genug sehen, um den Splitter aus dem Auge deines Freundes zu ziehen.

Lukas 6,41-42

„Gary“, stand in der E-Mail, „was macht eine Ehefrau, wenn ihr Mann sie nicht so liebt, wie Christus die Gemeinde liebt?“

Ich antwortete mit dem Hinweis, dass kein Ehemann der Welt seine Frau auf diese Art liebt. Auch wenn alle christlichen Ehemänner dies anstreben sollten, wird keiner von uns diesem Anspruch gerecht.

Bald darauf erhielt ich eine zweite E-Mail.

„Das ist meine Geschichte“, schrieb sie. „Bevor ich heiratete, las ich zehn Liebesromane pro Tag und dachte, die Ehe sei so. Eine Weile war sie auch so, aber dann kühlte sich unsere Beziehung ab. Ein paar Jahre später fand ich diese spannende Liebe in einer Affäre wieder; aber nach einigen Monaten kühlte sich auch diese wieder ab.“

Daraufhin engagierte sie sich sehr in der Gemeinde, aber nach einer Weile wurde sogar Gott selbst langweilig. Daher „geriet“ sie erneut in eine Affäre, die – natürlich – schließlich ebenfalls abkühlte. Nach diesen beiden Affären, in denen sie ihren Ehemann in etwa so tief verletzt und gedemütigt hatte, wie es eine Ehefrau nur kann, schrieb sie mir. Sie war völlig auf den Gedanken fixiert, dass ihr Mann sie nicht liebte, wie Christus die Gemeinde liebt.

Zugegebenermaßen ist das ein extremes Beispiel, aber wir alle tendieren dazu, unsere eigenen Fehler kleinzureden und dagegen die Schwachstellen unserer Ehepartner zu betonen. Manchmal brauchen wir ein extremes Beispiel, das uns zeigt, wie dunkel es wirklich in uns ist.

Jesus hätte es nicht deutlicher sagen können: „Was hältst du dich mit dem Splitter im Auge deines Freundes auf, wenn du einen Balken im eigenen Auge hast? Wie kommst du auf den Gedanken zu sagen: ,Freund, lass mich dir helfen, diesen Splitter aus deinem Auge zu ziehen‘, wenn du nicht über den Balken in deinem eigenen Auge hinausschauen kannst? Du Heuchler! Entferne zuerst einmal den Balken aus deinem eigenen Auge; dann wirst du vielleicht gut genug sehen, um den Splitter aus dem Auge deines Freundes zu ziehen“ (Lukas 6,41-42).

Wenn wir denken: „Aber in meinem Fall ist mein Ehepartner wirklich der allerschlimmste Sünder“, dann sollten wir dies wissen: Jesus sagt das gerade auch zu uns. Genau das ist die Einstellung, die er so anstößig findet.

Menschen, die sich darüber streiten, wer heiliger ist, sind wie ein paar mittelmäßige Golfer, die darum kämpfen, wer den Ball am weitesten schlagen kann – während Tiger Woods ihnen über die Schulter schaut. Wir bleiben alle so weit unter Gottes Standard von Perfektion, dass selbst der heiligste Mensch immer noch dringend Gottes Güte, Gnade und Vergebung braucht.

Während wir Sünden oft nach ihrer Schwere einstufen, ist im Licht der Heiligkeit Gottes schon jedes Anzeichen von Sünde – sei es eine falsche Einstellung, Stolz oder eine Begierde – abscheulich und anstößig. Ich habe Ehefrauen erlebt, die ein missbräuchliches Essverhalten haben und ihre Männer verachten, weil diese Probleme mit Pornografie haben; oder kontrollsüchtige, arrogante Ehemänner, die ihre Frauen verachten, weil diese zu viel fernsehen. In beiden Fällen scheinen sie ihre eigenen Unzulänglichkeiten überhaupt nicht zu sehen.

Wir sollen unsere Ehepartner nicht richten – niemals; wir sollen sie lieben. Wir sollen ihre Fehler nicht in einem Gesetzlichkeitsspiel „Ich bin heiliger als du“ aufzählen; wir sollen sie ermutigen. Wir sollen nicht Beweismaterial gegen sie sammeln, wie weit sie hinter der Heiligkeit Gottes zurückbleiben; wir sollen sie ehren und respektieren.

Ein letzter Gedanke: Vielleicht sprechen Sie niemals mit Dritten über die Schwächen Ihres Ehepartners. Aber wie klingt das für Gott, wenn Sie für ihn oder sie beten? Verbringen Sie mehr Zeit damit, Gott zu fragen, wie Sie Ihren Partner lieben können, wie er oder sie noch nie zuvor geliebt worden ist? Oder wiederholen Sie endlos die Fehler Ihres Ehepartners und präsentieren Gott eine lange Liste, was er alles ändern soll?

Wenn es aussieht, als würde Gott schweigen, hofft er vielleicht, dass Sie den Hinweis verstehen und selbst in den Spiegel schauen. Für die nächste Woche: Revolutionieren Sie Ihre Ehe, indem Sie Gott fragen, wo Sie selbst unzureichend sind. Jedes Mal, wenn Sie versucht sind, den Blick auf Ihren Ehepartner zu lenken, bitten Sie um Gottes sanfte Korrektur: „Herr, wo bleibe ich hinter deinem Willen für mich zurück, ein liebender Ehemann (eine liebende Ehefrau) zu sein? In welchem Bereich muss ich wachsen? Liebe ich meinen Ehepartner mit der verschwenderischen Liebe, die uns Jesus erwiesen hat?“

Gemeinsam alt werden

Herr, du bist mein Gott, ich will dich erheben und deinen Namen preisen. Denn du hast unfassbare Dinge, die du dir vor langer Zeit vorgenommen hast, vollbracht. Darin hast du bewiesen, dass auf deine Treue wirklich Verlass ist!

Jesaja 25,1

Der Hollywood-Schauspieler Al Pacino erzählte einmal von einem Frank-Sinatra-Konzert, das er in den frühen 80er-Jahren besucht hatte. Nach seiner Ankunft erfuhr er, dass Buddy Rich, der berühmte Schlagzeuger, das Konzert eröffnen sollte. Plötzlich dämmerte es Pacino, dass Rich über sechzig war – und der sollte Schlagzeug spielen? Pacino gab zu: „Ich dachte im Stillen: ‚Jetzt sitze ich hier und höre ihm ein bisschen zu und drehe Däumchen bis Frank Sinatra auf die Bühne kommt.‘“

Und dann geschah etwas völlig Unerwartetes. Buddy Rich setzte sich und entlockte dem Schlagzeug Klänge, Rhythmen und Kadenzen, wie Al Pacino sie noch nie gehört hatte. Er saß völlig fasziniert da und gab im Rückblick zu, dass Buddy Rich „meine Erwartungen zehnmal übertraf. Und das war wirklich ein Erlebnis.“

Rich hatte das ganze Publikum in Staunen versetzt. Alle Zuhörer standen auf und klatschten und jubelten. In diesem Moment betrat Frank Sinatra die Bühne und sagte: „Sehen Sie, wie er Schlagzeug spielt? Wissen Sie, manchmal ist es gut, an etwas dranzubleiben.“1

Manchmal ist es gut, an etwas dranzubleiben.

An einer Ehe dranzubleiben, bringt etwas Einmaliges hervor. Damit eine tiefe Ehe entsteht, braucht es Zeit und enormen Einsatz. Eine Liebe, die durchgehalten hat, hat etwas, das sogar den Nervenkitzel einer neu entdeckten Zuneigung und Verliebtheit übertrifft. Hollywood zeigt gerne die Paare, die sich gerade erst gefunden haben, die ihre Hände nicht voneinander lassen können, die pausenlos Zärtlichkeiten austauschen und einander regelrecht mit ihrer Herzlichkeit ersticken. Aber Lisa und ich bewundern inzwischen viel stärker Paare jenseits der Sechzig oder Siebzig, die regelrecht miteinander verschmolzen sind.

Die Fachzeitschrift Social Psychology Quarterly veröffentlichte 1996 eine Studie, die belegte, dass das Glücksgefühl bei den meisten Paaren in den ersten zwanzig Ehejahren etwas abnimmt; aber diejenigen, die es bis zur Silberhochzeit schaffen, fühlen sich miteinander genauso glücklich wie fünfundzwanzig Jahre vorher als Frischvermählte.2 Warum ist das so? Die Romantik wird in den ersten Ehejahren schnell von unerfüllten Erwartungen, den Pflichten der Kindererziehung, finanziellen Sorgen und der Geschäftigkeit des Lebens in den Hintergrund gedrängt. Aber während dieses emotionalen Winters graben sich unsichtbare Wurzeln in den Boden, die schließlich zu einer Frucht führen, die eine neue, aber unerprobte Liebe niemals hervorbringen kann. Eine gewisse Intimität beginnt sich zu entwickeln, vorausgesetzt wir machen ihr nicht durch die Scheidung ein Ende.

Ich beobachte das an meinen Eltern und an Paaren, die ich nicht einmal kenne. Sie haben solche Paare sicher auch schon gesehen – sie sind über siebzig oder achtzig, körperlich gebrechlich, aber stark in der Liebe, und treten als Einheit auf. Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes und in fast jeder Hinsicht eins geworden: In der Art wie sie im Restaurant einen Tisch wählen, bestellen, essen und wieder zum Auto gehen. Sie haben den Tanz der Ehe perfektioniert, sie tanzen harmonisch.

Menschen, die von Beziehung zu Beziehung flattern, wie ihre Verliebtheit sie gerade führt, sind nicht wirklich glücklich; sie sind verzweifelt. Und sie werden niemals finden, was sie suchen, weil sie ihrer Verzweiflung gestatten, den Blick auf potenzielle Lebenspartner völlig zu verstellen. Den perfekten „Seelenverwandten“ gibt es nicht, weder für diese Menschen noch für uns. Es gibt nur Sünder um Sünder um Sünder. Aber wenn man über mehrere Jahrzehnte lernt, einen bestimmten Sünder anzunehmen und zu lieben, kann man allmählich eine Verbundenheit und Intimität aufbauen, an die nichts anderes heranreicht.

Liebe muss nicht notwendigerweise allmählich dahinschmelzen wie ein Schneemann an einem warmen Tag. Sie kann wie eine Lawine an Kraft gewinnen und unterwegs immer mehr an Stärke zunehmen.

Manchmal ist es gut, an etwas dranzubleiben.

Gottes Sohn, Gottes Tochter

Kann eine Mutter etwa ihren Säugling vergessen? Fühlt sie etwa nicht mit dem Kind, das sie geboren hat? Selbst wenn sie es vergessen würde, vergesse ich dich nicht! Sieh, ich habe dich in meine Handflächen gezeichnet.

Jesaja 49,15-16

Eines Tages sagte Gott mir im Gebet sehr direkt, dass Lisa nicht nur meine Ehefrau ist, sondern auch seine Tochter, und dass ich sie entsprechend behandeln soll.

Das war eine Offenbarung für mich. Die Tragweite dieser Erkenntnis wurde mir noch stärker bewusst, als wir eigene Kinder hatten. Wer mich von meiner „guten Seite“ kennenlernen möchte, muss nur zu einem meiner Kinder nett sein. Eine großartige junge Frau aus unserer Gemeinde wurde Allisons „große Schwester“, weil sie ab und zu mit ihr Eis essen oder Kaffee trinken ging und sie positiv beeinflusste. Meine Frau und ich werden Amy lebenslänglich mögen. Warum? Weil sie zu einem unserer Kinder großzügig und liebevoll war.

Andersherum muss jemand, der mich wirklich wütend machen will, nur meine Kinder angreifen, gemein zu ihnen sein, sie mobben. Mein gerechter Zorn entbrennt dadurch schneller als durch irgendetwas, das man mir selbst antut.

Als mir also bewusst wurde, dass ich mit Gottes Tochter verheiratet bin – und dass ihr Frauen mit Gottes Söhnen verheiratet seid –, veränderte sich mein Denken über die Ehe von jetzt auf gleich. Es ging nicht mehr nur um mich und die eine andere Person; sondern vielmehr um eine Beziehung mit einem leidenschaftlich interessierten Dritten im Bunde. Wir wurden schon oft ermutigt, über die Vaterschaft Gottes nachzudenken – und auch das ist eine großartige und wahre Lehre – aber wenn Sie Ihre Ehe verändern wollen, weiten Sie diese Analogie aus und denken Sie eine Weile über Gott als Schwiegervater nach. Das ist er nämlich auch!

Wenn ich meine Frau nicht respektiere – wenn ich sie erniedrige oder ihr Mühe mache, wenn ich herablassend zu ihr bin oder sie auf irgendeine Weise schlecht behandle –, dann bekomme ich Schwierigkeiten mit dem himmlischen Vater, der sich leidenschaftlich für das Wohlergehen meiner Frau einsetzt.

Niemand von uns kann begreifen, wie umfassend Gott die Person liebt, die wir geheiratet haben. Selbst wenn wir zehn Jahre lang darüber nachdächten, würden wir immer noch nicht ganz verstehen, wie sehr Gott sich wirklich um unseren Ehepartner kümmert. Er entwarf und schuf die Person, mit der Sie verheiratet sind. Er umwarb sie, um sie verändern zu dürfen. Er liebt diese Person über alles, leidenschaftlich. Wenn wir noch an seiner Anteilnahme und Fürsorge zweifeln, sollten wir bedenken: Er sandte seinen Sohn, um an seiner oder ihrer Stelle zu sterben.

Als Vater von drei Kindern bete ich inständig, dass jedes meiner Kinder einen Ehepartner heiratet, der sie oder ihn großzügig liebt und das Zusammensein mit ihm genießt. Mir sind bei jedem meiner Kinder bestimmte Eigenarten oder Begrenzungen bewusst, die einen künftigen Ehepartner herausfordern könnten. Aber ich bete, dass ihre Ehepartner in diesen Bereichen weitherzig sind und diese nicht ausnutzen, um meine Kinder niederzumachen oder einzuschüchtern. Ich hoffe von ganzem Herzen, dass sie Partner finden, die sie reichlich ermutigen. Ich bete, dass sie niemanden heiraten, der kleinlich oder selbstsüchtig ist oder sie emotional missbraucht. Ich weiß, meine Kinder sind nicht perfekt – aber ich möchte, dass sie Ehepartner haben, die sie trotz ihrer Unzulänglichkeiten lieben.

Genauso sind Gott auch die Begrenzungen unseres Ehepartners vollkommen bewusst. Und er ist genauso darauf bedacht, dass wir nachsichtig mit diesen Fehlern umgehen, wie wir von den künftigen Ehepartnern unserer Kinder auch erwarten, dass sie diese liebevoll behandeln.

Denken Sie darüber nach, wie Sie Ihren Mann oder Ihre Frau diese letzte Woche behandelt haben – möchten Sie, dass Ihr Sohn oder Ihre Tochter von ihrem Ehepartner auch so behandelt wird? Vergessen Sie nie: Sie haben nicht nur einen Mann oder eine Frau geheiratet; Sie haben Gottes Sohn oder Gottes Tochter geheiratet.

Behandeln Sie ihn, behandeln Sie sie entsprechend.

Das Geschenk der Ehrfurcht

Denn ich fürchtete mich vor dem Zorn und dem Grimm, mit dem der Herr über euch erzürnt war.

5. Mose 9,19 (ELB)

Wenn ich nur einmal zur heutigen Christenheit predigen könnte, wäre mein Thema nicht der Glaube. Wir hören heutzutage mehr über den Glauben als jemals zuvor in der Kirchengeschichte.

Ich würde über Furcht predigen.