Inhaltsverzeichnis

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kommentar

Leserkontaktseite

Glossar

Risszeichnung Rüstgeleit der Fagesy

Impressum

PERRY RHODAN - Die Serie

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Nr. 2667

 

Der Diplomat von Maharani

 

Er verhandelt mit Sayporanern – und kämpft um ein Leben

 

Michael Marcus Thurner

 

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In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1470 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ) – das entspricht dem Jahr 5057 christlicher Zeitrechnung. Das heimatliche Solsystem verschwand vor mehr als drei Monaten spurlos von seinem angestammten Platz im Orionarm der Milchstraße.

Damit die Liga Freier Terraner nicht ins Chaos sinkt, müssen eine neue Regierung und ein neuer Zentralplanet gefunden werden. Überraschend fällt die Wahl auf die Hauptwelt der Plejaden, Maharani, und noch weitaus überraschender setzt sich der dortige Regierungschef Arun Joschannan als neuer Erster Terraner durch.

Joschannan bewegt sich nun in einer politisch brisanten Situation: Er muss die LFT als Machtfaktor erhalten und zugleich jene feindliche Macht bekämpfen, die sich offenkundig in der Milchstraße breitmacht. Allerdings hat sich der eigentliche Feind bisher nicht gezeigt, sondern agiert nur über seine Agenten, die Sayporaner und Badakk.

Auf der Zirkuswelt Thea wird Joschannan mit dem mysteriösen Geneseplasma verseucht. Es gelingt aber auch, die Kommunikation zu den Sayporanern und erstmals den Spenta zu verbessern. Zu verdanken ist dies vor allem Joschannan, der künftig wohl bezeichnet werden wird als DER DIPLOMAT VON MAHARANI ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Arun Joschannan – Der Erste Terraner gilt als »der Diplomat von Maharani«.

Ronald Tekener – Der Aktivatorträger tut sich schwer mit diplomatischen Fragen.

Chourweydes – Der Sayporaner bringt ein schwerwiegendes Anliegen vor.

Faroz Khalai – Der Mediker steht vor einer schwierigen Aufgabe.

Gashwa Perkat – Die Oxtornerin hat einen schweren Auftrag.

1.

Unweit von T9

21. Februar 1470 NGZ

 

Er schreckte hoch, vom Alarmton geweckt. Stand auf, stieß mit den Füßen gegen irgendwas, noch benommen und halb blind. Frauennamen purzelten in seinem Kopf durcheinander. Jennifer, Dao-Lin, Lisa, Sichu ...

Was hatte Sichu Dorksteiger in dieser Liste zu suchen, und wo, verdammt noch mal, lag sein Multifunktionsarmband?

Ronald Tekener tastete umher. Er war schon mal besser in Form gewesen, hatte es in vielerlei Beziehung mit dem Sofortumschalter Perry Rhodan aufnehmen können. Doch nicht an diesem Ort, zu dieser Zeit. Er musste den Anstrengungen der letzten Tage Tribut zollen.

Da war es, sein wichtigstes Stück Alltagsausrüstung! Er legte es um, zog rasch Hose und Hemd über, stolperte aus seiner Kabine und eilte in Richtung der Zentrale.

»Status!«, verlangte er, während er sich in Gedanken die Geschehnisse der vergangenen Stunden in Erinnerung rief. »Warum der Alarm?«

»Er betrifft Gebäude 42«, antwortete das Multifunktionsgerät mit der unpersönlichen Stimme, für die er sich jüngst entschieden hatte. Das lenkte ihn wenigstens nicht ab.

»Die Badakk also?«

»Richtig. Es wurden Explosionen in ihren Räumlichkeiten gemeldet.«

»Weiter!«

»Die Lage ist unübersichtlich, die Informationen sind widersprüchlich. Man weiß nicht, was auf T9 vor sich geht.«

T9 – ein USO-Stützpunkt, dem in diesen Tagen besondere Bedeutung zukam. Auf dieser für den menschlichen Metabolismus reichlich ungeeigneten Sauerstoffwelt war vor einigen Tagen der Großteil jener Badakk interniert worden, derer man auf der Zirkuswelt Thea habhaft geworden war.

Er hetzte mit weiten Sprüngen dahin und am Antigravschacht vorbei. Er stolperte beinahe über die eigenen Schuhe, deren Haltelaschen sich noch immer nicht selbstständig geschlossen hatten.

Auf dem Grafikdisplay des Armbands erschienen Szenen, die Tekener nicht einordnen konnte. Sie stammten von T9 und zeigten die Umgebung von Gebäude 42, rauchverhangen und von schwelenden Trümmern umgeben. Mehr war vorerst nicht auszumachen.

Die Zentrale. Das Schott öffnete sich, er passierte die Besatzungsmitglieder der Nachtschicht und fiel in seinen Stuhl. Augenblicklich wurden rings um ihn Holos lebendig, in das sinnverwirrende Durcheinander plapperten mehrere Stimmen. Die des Schiffsrechners NEMO, die eines aufgeregten Kadetten und die Cularta Certes, der diensthabenden Kommandantin dieser Schicht.

Ein schroffes Wort von ihr, und ringsum kehrte Ruhe ein. Selbst Tekener fühlte den Drang, sich zu ducken. So amüsant die klein gewachsene Frau auch sein mochte – in Situationen wie dieser kehrte sie all ihre beträchtliche Autorität hervor.

»Allem Anschein nach starten die Badakk einen Ausbruchsversuch«, sagte Certe und griff in eines der Holos. »Hier, hier und hier kam es zu Explosionen. Sie wurden unterirdisch gezündet, offenbar in Servicegängen. Mutmaßlich ist es ihnen gelungen, einige Reinigungsroboter umzuprogrammieren, für ihre Zwecke zu nutzen und diesen ganzen Zauber zu veranstalten.«

»Weiter!« Tekener vergrößerte Bilder, gruppierte sie um, suchte nach neuen Perspektiven. Er griff auf planetare Rechenknoten zu und setzte NEMO auf sie an. Die Müdigkeit war verflogen, er arbeitete sich immer tiefer in die Materie ein.

»Wir haben keinen Kontakt mehr zur Wachmannschaft. Alle Technik im und um das Gebäude ist entweder inaktiv oder zeigt Fehlfunktionen.«

»NEMO – die Badakk wurden doch weisungsgemäß markiert, nicht wahr?«

»Selbstverständlich. Dennoch sind sie verloren gegangen. Entweder sind die injizierten Bio-Körpermarkierungen durch das energetische Chaos rings um das Gebäude überdeckt, oder es ist ihnen gelungen, die Stoffe aus den Blutbahnen zu spülen.«

»Ich tippe auf Ersteres. – Schickt Drohnen rein.«

»Haben wir bereits versucht«, sagte Cularta Certe. »Sie sind ausgefallen. Selbst die neuen ASPIRE-Dinger. Und unsere TARAS rings um die Anlage sind energetisch tot.«

Das war eine schlechte Nachricht und würde womöglich die Entwicklung einer neuen Generation von Kampfdrohnen, deren sensorische Sensibilität erhöht worden war, weit zurückwerfen.

»Neue Kampfroboter!«, befahl Tekener. »Sechzig TARAS. Sie sollen in Keilformation vorrücken und sich gegenseitig kontrollieren.«

Certe bestätigte die Anweisung, NEMO schleuste die derzeit gewaltigsten Robot-Krieger terranischer Fertigung aus. Die grob kegelförmigen Kampfmaschinen fielen aus der JULES VERNE-1, beschleunigten umgehend und tauchten in die Stratosphäre von T9 ein. Dort wurden sie zu rot glühenden Fleckchen, zu Glühwürmchen, die nur Sekunden später knapp über dem Erdboden abbremsten und unter immenser Geräuschentwicklung nahe Gebäude 42 landeten. Die TARAS nahmen einige Messungen vor, wie sich anhand mehrerer Datenschirme rechts von Tekener erkennen ließ, und rückten weiter vor. Ihre elastischen Waffenarme bewegten sich unablässig nach oben, nach unten, zur Seite wie die Arme altindischer Gottheiten.

Sie würden eine Minute benötigen, um in den Gefahrenbereich zu gelangen. Zeit für den Aktivatorträger, gedanklich einen Schritt zurückzutreten und zu überlegen, was die Badakk mit diesem Ausbruchsversuch bezwecken wollten.

Sie hatten mehr als einmal unter Beweis gestellt, dass sie erbarmungslose Kämpfer waren und auf ihre eigene Befindlichkeit nur wenig Rücksicht nahmen. Besonders ihr Gruppenempfinden, das Sammeln in Bündeln, gab Rätsel auf. Es schien nicht nur ihre Kampfbereitschaft zu verstärken, sondern auch ihre Intelligenz zu steigern.

Tekener zoomte von Gebäude 42 weg und nahm das Umfeld in Augenschein. Das für die Badakk verwendete Lager lag ein wenig abseits und isoliert. In einer Entfernung von etwa fünf Kilometern standen USO-Labors mit Schwerpunkt Strapaziertests bodengebundener Fahrzeuge, Materiallager, Wohnbaracken, die dazugehörige Infrastruktur. Und der kleine Raumhafen mit zwölf Liegeplätzen, auf denen Schiffe bis zur Korvettengröße landen konnten. Sechs der Landefelder waren belegt, ein Schiff befand sich im Anflug.

»Landeerlaubnis für SG-42 ist aufgehoben«, befahl Tekener. »Alle geparkten Shifts, Space-Jets und Korvetten bekommen augenblicklich Startbefehl.«

»Aber ...«

»Ich will kein Aber hören, Cularta! Die Badakk sind im Begriff, aus einem USO-Hochsicherheitstrakt auszubrechen, der von einem Kontingent aus mehr als zwanzig bestens ausgebildeten Soldaten bewacht wird. Sie sind in eine Hightech-Umgebung eingebunden, die selbst bei einem leisen Mäusefurz Alarm schlagen sollte. Und dennoch ist es ihnen irgendwie gelungen, uns ein Schnippchen zu schlagen.«

Und unsere Leute zu überwältigen, sie vielleicht sogar zu töten ...

Die diensthabende Kommandantin gab seine Anweisungen weiter. Sie sorgte für einige Aufregung auf dem kleinen Raumflughafen, doch die Empörung löste sich rasch in Luft auf. Immerhin war er es, Admiral Tekener, von dem die Befehle stammten.

Die TARAS erreichten Gebäude 42. Sie drangen in Nebelschwaden vor, die gemäß ersten Analysen ätzend waren und auf einen biochemischen Kampfstoff unbekannter Herkunft schließen ließen. Sie überwachten sich gegenseitig, während sie zum Haupttor vorstießen.

Nichts geschah.

Erst als sie die glosenden Trümmer explodierter Wandverschalungen passierten und ins Innere vordrangen, schlug ihnen Widerstand entgegen. Feuer, dessen energetisches Muster auf terranische Waffen schließen ließ. Gleich darauf wurden mithilfe von Wärmewertspürern die Umrisse der Schützen gezeigt.

»Haushaltsroboter, die USO-Waffen bedienen und wild um sich schießen«, sagte Tekener betroffen. »Die Badakk haben sich unsere Technik angeeignet. Und woher die Waffen stammen – darüber möchte ich gar nicht nachdenken.«

Vom Wachpersonal. Von Terranern, Ertrusern, Epsalern. Von ... Toten.

Die TARAS änderten ihre Taktik und beschossen ihre Gegner gezielt mit energetischen Störimpulsen. Die einfachen Geräte stellten bald darauf alle Funktionen ein, es wurde ruhig.

»Gebäude durchsuchen! Rasch!«, befahl Ronald Tekener. »Landetruppen ausschleusen. Schickt diesen Curi Fecen.«

»Er ist nicht im Dienst, Admiral«, warf NEMO ein.

»Dann weck ihn, verdammt!« Er hielt viele Stücke auf den jungen, etwas blasiert wirkenden Captain, Kommandant der zweiten Kompanie. Er hatte sich einen ausgezeichneten Ruf als Taktiker erworben – und als der Mann, der seine Leute stets sicher nach Hause brachte.

Tekeners Befehle wurden weitergegeben. Seine Gedanken rasten. Er kramte in seinen Erinnerungen und seinem Erfahrungsfundus, forschte nach vergleichbaren Situationen. Es gab sie zuhauf. Allesamt brachte er sie mit Bauchgrummeln in Verbindung, trotz der beruhigenden Wirkung des Zellaktivators.

Er hatte es mit unbekannten Faktoren zu tun. Mit Wesen, die so fremdartig waren, dass sie sich jeglicher Bewertung entzogen.

»Meldung!«, schnarrte ein TARA in Gebäude 42.

»Ja?«

»Die Mitglieder des Wachpersonals wurden in einer Kammer im ersten Stock aufgefunden. Sie sind allesamt tot.«

Tekener schluckte. »Weiter!«, sagte er und verdrängte die Gedanken an Zorn, an Verzweiflung, an Trauer.

»Die Badakk sind entkommen, offenbar durch unterirdische Bereiche.«

»Ich brauche eine genauere Analyse. Wann, wie, wohin?«

»Allem Anschein nach bereits vor zwei Stunden. Die Explosionen wurden per Zeit verzögernden Impuls ausgelöst. Auch die Gegenwehr der Haushaltsmaschinen wurde erst aktiviert, als wir ins Innere vordrangen.«

»Sie haben also einen Vorsprung.« Sie haben einen Vorsprung!

Er nahm die Vorgänge auf dem kleinen Raumhafen in Augenschein. Fünf der sechs Schiffe hatten mittlerweile den Boden verlassen, das sechste erhielt soeben die Starterlaubnis.

»Gab's Ungewöhnliches beim Datenabgleich zwischen den Schiffen und den Leitsystemen am Raumhafen?«

NEMO schwieg ungewöhnlich lange, mindestens eine Sekunde, bevor er antwortete: »Eine Korvette hatte Startprobleme, die auf mangelhafte Beherrschung der Technik schließen ließe.«

»Kontakt aufnehmen! Und ich möchte, dass die Korvette von Begleitschiffen eskortiert wird.«

Die Badakk haben uns, haben mich reingelegt! Sie ahnten, wie meine Reaktion im Falle eines Alarms ausfallen würde, und haben ihre Vorgehensweise darauf abgestimmt. Sie wussten, dass ich den Raumhafen in aller Eile evakuieren lassen würde und in diesem Fall die Sicherheitsvorkehrungen geringer wären.

»Die Korvette verweigert Funkkontakt und beschleunigt mit Höchstwerten.« Kurze Pause. »Man hat das Feuer auf unsere Einheiten eröffnet.«

»Feuer erwidern. Das Schiff aufbringen.«

»Es befinden sich USO-Mitglieder an Bord des Schiffs«, warf Cularta Certe ein.

»Sie sind mit großer Wahrscheinlichkeit längst tot. Die Badakk agieren gnadenlos, wie wir alle wissen.«

»Dennoch ...«

»Hätten sie Gefangene gemacht und sie als Geiseln verwenden wollen, würden sie den Kontakt suchen und verhandeln.« Ronald Tekener schluckte schwer. »Die Badakk haben die Leute an Bord bei der Übernahme des Schiffs getötet.«

Die Terranerin setzte an, als wollte sie weitere Einwände vorbringen, ließ es dann aber bleiben. Sie gab seine Anweisungen mit leiser Stimme weiter.

Ronald Tekener saß da und sah zu, wie mehrere Wachschiffe, die im Orbit von T9 schwebten, beschleunigten und die Korvette in die Zange nahmen, sich ihrer Geschwindigkeit anpassten, ein klassisches Kampfmanöver ausführten.

Dem Gegner war anzumerken, dass er die Positronik der Korvette zu seinen Gunsten beeinflusst hatte. Das Schiff flog die üblichen Manöver. Ein Tanz begann, der im Jargon der USO-Waffenoffiziere als Schattenboxen bezeichnet wurde. Doch es fehlte ihm das überraschende Element: die Einflussnahme durch Kommandant und Pilot.

Zwei Minuten vergingen, dann drei. Weitere Funksprüche blieben unbeantwortet, die Korvette war gezwungen, ihre Fahrt durch Ausweichmanöver zu verringern und sich immer tiefer in jenem Netz zu verstricken, das mittlerweile zwölf Schwere Kampfraumer um sie legten. Die holografische Aufbereitung stellte den Schusswechsel in all seiner bedrückenden Klarheit dar.

»Wir haben sie!«, meldete sich der kommandierende Offizier per Funk. »Sollen wir ...?«

»Schießt das Schiff zu Schrott!«

Sekunden summierten sich zu einer weiteren Minute. In der Darstellung färbten sich Bereiche des von den Badakk übernommenen Schiffs gelb, dann rot. Es wurde von den USO-Truppen seziert und filetiert, so lange, bis nur noch ein Wrack durch den Raum trieb, das ohne Probleme aufgebracht werden konnte.

Aber ehe dies geschehen konnte, explodierte das Schiff.

Die Badakk hatten es vorgezogen, sich selbst in die Luft zu sprengen, bevor sie sich ein weiteres Mal in Gefangenschaft begaben.

»Flucht vereitelt«, meldete der Offizier mit ruhiger Stimme.

»Sehr gut«, murmelte Admiral Tekener, »sehr gute Arbeit. Aktion beenden, die Bodentruppen und die TARAS können wieder eingeschleust werden.« Er desaktivierte den Großteil der Holos.

Dann faltete er die Hände vor seinem Gesicht und starrte geradeaus. Er grinste, zeigte dieses ganz besondere Smiler-Lächeln. Ringsum herrschte Schweigen, Cularta Certe drehte sich konsterniert weg. Der Kadett war grün im Gesicht geworden; er entschuldigte sich hastig bei seiner Vorgesetzten und verließ die Zentrale in Richtung Sanitärbereich.

Fünfzig oder mehr Tote. Und alles, was ich tun kann, ist, dieses verdammte Lächeln zu zeigen ...

2.

Maharani,

zwei Tage zuvor

 

Arun Joschannan begrüßte den Smiler mit dem ihm zustehenden Respekt. Der Mann war ihm nicht sympathischer als viele andere; aber er hatte große Dinge für die Terraner geleistet, und er war die weitaus angenehmere Alternative für eine Unterhaltung als sein Vorgesetzter Monkey.

»Willkommen in Goyn, Ronald.«

»Danke!«

Der Aktivatorträger folgte seinem Wink und ließ sich auf jener Couch nieder, die Arun für derartige Unterhaltungen am liebsten nutzte. Sie war bequem, aber auch wieder nicht bequem genug, um Müdigkeit zu fördern.

Gashwa Perkat, Joschannans oxtornischer Schatten, hielt sich im Hintergrund. Die USO-Agentin erwiderte Ronald Tekeners genickten Gruß, sagte aber kein Wort.

Joschannan ließ Erfrischungsgetränke kredenzen, stellte einige unverbindliche Fragen zum Befinden Tekeners, um der Höflichkeit Genüge zu tun, und kam dann sofort zum Kern der Unterhaltung.

»Wie war dein Abstecher nach Urengoll?«

»Der Nagelraumer ist bereits übergeben«, hielt sich der Smiler betont knapp.

Mehr wollte er zu dieser sicherlich komplizierten Mission nicht sagen? – Auch gut. Joschannan würde ohnedies einen Bericht vorgelegt bekommen.

»Wir müssen uns absprechen, wie wir mit den Sayporanern und den Badakk weiter verfahren.«

»Gern.«

»Ich hielte es für vernünftig, wenn die USO bei der Abwehr weiterhin federführend agierte. Allerdings solltet ihr andere Geheimdienste in die Arbeit mit einbeziehen.«

»Ich glaube nicht, dass Monkey damit einverstanden wäre.«

»Wenn einer ihn von der Notwendigkeit einer Zusammenarbeit überzeugen kann, dann wohl du.«

»Dann überzeuge zuallererst mich.«

»Es geht um Klimaverbesserung zwischen den Großmächten der Milchstraße. Darum, dass wir uns gegenseitig mehr vertrauen sollen und müssen.«

»Die Geschäftspolitik der USO beruht auf einem anderen Credo. Wir sind die Wächter und die Kontrolleure des tagespolitischen Geschäfts. Und wir räumen den Dreck weg, den andere zurücklassen. Dazu kommt: Wir wurden vom Galaktikum autorisiert, sind also ohnedies supranational tätig.«

»Kontrolle ist weiterhin wichtig. Doch die USO sollte nicht ihre gesamte Energie aufwenden, Arkoniden, Blues oder Akonen zu misstrauen und ihre Tätigkeiten zu überwachen ...«

»Die diverser LFT-Mitglieder nicht zu vergessen ...«

Joschannan schluckte. Tekener besaß eine ganz besondere Art, seine Gesprächspartner zu verunsichern. Selbst ihn, der jahrzehntelange Erfahrung im Stahlbad überregionaler Diplomatie aufwies.

Nach einer Weile setzte er fort: »Wir haben es mit Invasoren zu tun, die bereits seit Jahren in der Milchstraße tätig sind, ohne dass irgendjemand etwas bemerkt hätte. Die Geheimdienste aller Völker haben versagt wie auch die USO, die sich ja nach wie vor gern als galaktische Feuerwehr titulieren lässt. – Wir müssen mehr Energien für das Miteinander aufwenden.«

Tekener zeigte einen Gesichtsausdruck, der nicht zu deuten war wie so oft. Pokerface.

»Das sind Allerweltsargumente, Arun, und du weißt das.«

Tekener schlug die Beine übereinander.

»Bloß weil sie allgemein gehalten sind, heißt es noch lange nicht, dass sie falsch wären.«

»Aber Monkey kann ich damit nicht beikommen. Er würde sie in der Luft zerreißen.«

»Dann denk dir selbst was Besseres aus.« Joschannan grinste.

»Du machst es mir nicht leicht. – Aber reden wir einmal darüber, wie sich die LFT das Vertrauen der Arkoniden und anderer Völker erarbeiten möchte.«

»Gern.« Arun Joschannan sammelte seine Gedanken. »Wir haben auf den Liga-Welten 120 Sayporaner in Gewahrsam genommen. Ich möchte sie der USO übergeben. Ich erhoffe mir, dass die anderen Machtblöcke der Milchstraße ähnlich verfahren.«

»Aber?«

»Wie bitte?«

»Ich kann dein Aber heraushören. Verkauf mich nicht für dumm, Erster Terraner!«

War er denn wirklich so leicht zu durchschauen? »Ich möchte einige Sayporaner hierbehalten«, sagte er zögernd.

»Du meinst wohl unter anderem diesen Chourweydes?«

»Ja. Ich möchte selbst versuchen, mit ihm in intensiveren Kontakt zu treten.«

»Du bist kein ausgebildeter Xenopsychologe, verfügst nicht über das nötige Rüstzeug für Verhöre.«

»Auch und vor allem als Politiker braucht man ein besonderes Gespür für sein Gegenüber. Ob es sich nun um einen Menschen, einen Jülziish oder einen Matten-Willy handelt.« Er lächelte. »Wie sollte man seinen Verhandlungspartner sonst übers Ohr hauen?«

Auch Tekener lächelte. »Da hast du nicht unrecht. – Also schön. Dein Angebot ist angemessen, die USO ist damit einverstanden und, um es im offiziellen Jargon auszudrücken, höchst erfreut über die Bereitschaft der LFT, mit den Organen der USO zusammenzuarbeiten.«

»Ich möchte, dass dieses hochoffizielle Erfreutsein weitervermittelt wird. Ich möchte, dass Regierungschefs, Potentaten, Dikatoren, tausendäugige Hoheiten, was auch immer, sich ebenfalls verpflichtet fühlen, festgesetzte Badakk und Sayporaner an die USO zu übergeben.«

»Mag sein, dass wir damit durchkommen und uns tatsächlich die meisten feindlichen Agitatoren übergeben werden. Aber du wirst nicht so naiv sein und glauben, dass wir alle einsammeln können?«

»Wäre ich derart naiv, würde ich keinen Tag in meinem Amt als Erster Terraner überleben. – Natürlich werden sich zum Beispiel unsere Freunde von Arkon einige Gefangene zurückbehalten und eigenständig Verhöre durchführen, in welcher Form auch immer. Dennoch würden wir die USO stärken.«