Inhaltsverzeichnis

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kommentar

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Glossar

Impressum

PERRY RHODAN - Die Serie

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Nr. 2682

 

Schlacht an der Anomalie

 

QIN SHI sucht die Entscheidung – die Superintelligenz dringt nach Escalian vor

 

Michael Marcus Thurner

 

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Wir schreiben das Jahr 1469 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ) – das entspricht dem Jahr 5056 christlicher Zeitrechnung. Auf eine bislang ungeklärte Art und Weise verschwand das Solsystem mit seinen Planeten sowie allen Bewohnern aus dem bekannten Universum.

Die Heimat der Menschheit wurde in ein eigenes kleines Universum transferiert, wo die Terraner auf seltsame Nachbarn treffen. Die Lage spitzt sich zu, als die Planeten von fremden Raumfahrern besetzt und die Sonne Sol »verhüllt« wird. Seither kämpft die solare Menschheit um ihr Überleben.

Von all diesen Entwicklungen weiß Perry Rhodan nichts.

Auch ihn hat es in einen fremden Kosmos verschlagen: Mit dem gewaltigen Raumschiff BASIS gelangt er in die Doppelgalaxis Chanda, wo die negative Superintelligenz QIN SHI regiert. Nicht zuletzt durch die Aktivitäten des unsterblichen Terraners kann die Galaxis allerdings befreit werden.

Doch QIN SHI ist längst ins Reich der Harmonie eingedrungen.

Dort kommt es zur SCHLACHT AN DER ANOMALIE ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Terraner steckt in der Anomalie fest.

Craton Yukk – Ein treuer Diener TANEDRARS muss Entscheidungen treffen.

Carmydea Yukk – Die Anführerin der Rebellen hat einen neuen Herrn.

Pridon – Der Gardeleutnant sucht einen Weg in die Freiheit.

Alaska Saedelaere – Der Maskenträger erhält eine eindeutige Aufforderung.

1.

 

Wie so oft in seinem Leben war Perry Rhodan mit einem Phänomen konfrontiert, für das es keine Erklärung gab. Das sich jeglicher – ihm bekannten – wissenschaftlichen Betrachtung entzog und einfach nur da war.

Die Anomalie. Für die Rechner und für das menschliche Auffassungsvermögen stellte sich dieses ... dieses Bauwerk als Schlauch dar, rot und glühend, der sich in die Unendlichkeit erstreckte. Der kein Ende hatte und erst recht keinen Anfang.

Und doch steckten zig Millionen Wesen in der Anomalie. Waren Gefangene – oder Touristen –, die durch ein räumliches Medium kreuzten und dabei Phänomene zu sehen bekamen, die unerklärlich blieben und ihre Sinne bis zum Äußersten belasteten.

»Zeit und Raum«, hörte er Mondra Diamond andächtig sagen, »was haben diese Worte für eine Bedeutung angesichts dieses Chaos? Müssten wir sie nicht vollkommen neu definieren? Oder übereinanderlegen, um nach dem Trennenden und nach dem Gemeinsamen zu suchen?«

»Das hier ist tatsächlich ein klein wenig ... seltsam«, meldete sich Nemo Partijan zu Wort, in seinen Worten wesentlich nüchterner als Mondra. »Aber die Existenz der Anomalie bedeutet nicht, dass wir gleich alles über Bord werfen sollten, was wir über Höherdimensionalität wissen. Auch sie folgt gewissen Regeln.«

»Leider wissen wir nicht, um welche es sich handelt.« Perry Rhodan ließ sich in seinen Pilotenstuhl fallen. »Und ich zweifle, dass wir diese Rätsel in der wenigen zur Verfügung stehenden Zeit lösen können.«

»Spielt Zeit denn eine Rolle?« Mondra deutete auf ein analoges Laufwerk, ein archaisch wirkendes Relikt, das Teil einer Wandverkleidung in der Kommandozentrale von MIKRU-JON war.

Die Zeiger bewegten sich vor und zurück, vor und zurück. Datumsanzeigen schwankten zwischen dem 2. und dem 12. Januar 1470 Neuer Galaktischer Zeitrechnung, und für einen Augenblick wusste Rhodan nicht, ob wirklich der 6. Januar war.

Er atmete dicke, nach Rauch schmeckende Luft. Sie erschwerte das Sprechen und machte ihn glauben, kurz vor dem Ertrinken zu stehen. Er meinte, von winzigen Sonnensystemen umschwirrt zu werden. Sie einzuatmen, durch die Lungen treiben zu fühlen und sie letztlich wieder auszuspucken als tote und erkaltete Massen.

Nemo Partijan wurde zum konturlosen Schatten. Alles war in Umkehrung, was Rhodan stets als allgemeingültig angesehen hatte. Mondra Diamond hingegen stellte sich spiegelbildlich dar. Rechts wurde zu links, und die Worte, die sie sagte, ergaben keinen Sinn. Guckys Nagezahn war zu einem meterlangen Ding geworden, das im Boden MIKRU-JONS steckte und Energien daraus hervorzog. Ennerhahl – nun, Ennerhahl sah aus wie immer. Er wirkte unbeteiligt, fast gelangweilt.

Rhodan schloss die Augen. Dies alles war zu viel für menschliche Sinne, war nicht mehr zu ertragen! Die Anomalie griff nach ihnen, trotz der Schutzschirme, die sie umgaben, und aller anderen Vorkehrungen, die sie getroffen hatten.

Die Verwirrung legte sich abrupt und machte wieder der ihnen bekannten Realität Platz. Es war, als wollte ein durch die Anomalie treibender Gott mit ihnen spielen. Als wüsste er ganz genau, wie viel er der Besatzung des kleinen Schiffs zutrauen konnte.

War die Wirklichkeit denn besser, so, wie sie sich darstellte? Rhodan sah Energiewolken, die die Schutzschirme MIKRU-JONS zu perforieren drohten; Aufrisszonen, weit voraus und doch ganz nahe, die an Viibad-Klüfte erinnerten, an gewaltige Trichtererscheinungen, die zum Teil auf sechsdimensionaler Basis wirkten. Überall tobten energetische Gewitter, deren Gewalten selbst der Lichtzelle Ennerhahls gefährlich werden konnten.

Rhodan galt als Sofortumschalter. Als Mensch, der trotz widrigster Umstände rascher als andere Wesen handelte und meist das Richtige tat. Und was war richtiger in diesen Sekunden, als das Leben zu umarmen? Er zog Mondra Diamond an sich und küsste sie. Oh ja, das fühlte sich gut an! Er tat es mit einer Leidenschaft, die er meist hintanhielt, die ihm aber nun passend erschien. Sie sollte ihn spüren. Wissen, dass sie im Hier und Jetzt verankert waren – und dass es sie beide noch gab.

Rhodan fühlte ein Kribbeln auf seinen Lippen wie von einer geringen elektrischen Entladung, und er meinte, für einige Sekunden in die Vergangenheit gerissen zu werden. Um den Kuss nochmals anzusetzen und ein weiteres Mal einen elektrischen Schlag versetzt zu bekommen.

»Das schmeckt gut«, murmelte Mondra und erwiderte seine Zärtlichkeiten, bevor sie sich der Situation bewusst wurde und ihn sacht, aber bestimmt von sich schob. Unmittelbar neben ihnen war Mikru aufgetaucht, der weibliche Avatar des Schiffs.

»Ich habe die Lage im Griff«, sagte die virtuelle Frau und bedachte Rhodan mit rätselhaften Blicken. »Ich denke, dass wir nun durch eine Zone der Stabilität treiben, sowohl räumlich als auch zeitlich.«

Rhodan nickte dem Avatar zu. Er unterdrückte seinen Ärger über die Unterbrechung und kümmerte sich wieder um jene Dinge, die von ihm erwartet wurden. Wie immer trug er Lasten auf seinen Schultern, die derart gewichtig waren, dass nur wenige Menschen sie zu stemmen vermochten.

»Ich möchte mehr von dem sehen, was da draußen vor sich geht!«, verlangte er und wandte sich dem zentralen Bildschirm zu.

Mikru reagierte ohne erkennbare Verzögerung. Sie ließ die unmittelbare Umgebung darstellen; jenen Bereich, der das Schiff dank Ortungsschutz vor den Einheiten des Feindes verbarg. Rhodan sah eine durchaus beachtliche Streitmacht – die dennoch nichts war im Vergleich zu den Truppen, die QIN SHI in die Anomalie eingeschleust hatte.

Da war MIKRU-JON, die in Ennerhahls Lichtzelle »parkte«. Das auf etwa tausend Meter aufgeblähte Schiff aus Kosmokraten-Fertigung wiederum war wie einige terranische Kampfeinheiten an die Riesenkugel des sechs Kilometer durchmessenden BASIS-Versorgungselements angedockt.

Ennerhahl selbst hielt sich in der Zentrale MIKRU-JONS auf. Er saß nach wie vor unbeteiligt da und stierte vor sich hin, als gingen ihn die Geschehnisse rings um sie nichts an.

Dann war da noch das aus der BASIS hervorgegangene Multiversum-Okular, ein Raumriese mit 12,6 Kilometern Durchmesser. Es hielt sich ebenfalls in unmittelbarer Nähe auf und zeigte keinerlei messbare Aktivitäten.

Rhodan nahm rasch Kontakt mit einigen Flottenoffizieren auf, die an Bord des BASIS-Tenders CHISHOLM und auf den sieben Schweren Trägerkreuzern, namentlich der AMAZONAS, der HUANGHE, MEKONG, ASHAWAR, TUBLIR, CHYLAMASSA und BARKENNT, Dienst taten. Von überall her erhielt er Klarmeldungen.

Er wandte sich in Gedanken der anderen Seite zu. QIN SHI. Dem Feind.

Er kannte nun dessen Entstehungsgeschichte, zumindest weitgehend. Sie besaßen Informationen, die zweifelsohne wichtig waren, um ihren Gegner zu verstehen, die aber keinerlei Anhaltspunkt für eine Strategie im Kampf gegen die Superintelligenz boten. Immer wieder überlagerten Erinnerungen an eine über 300.000 Jahre zurückliegende Zeit die Realität. Sie stellten eine weitere Belastung seiner Psyche dar. Eine von vielen in diesen Stunden und Minuten, da er eigentlich hoch konzentriert denken und arbeiten sollte.

Die Lichtzelle Ennerhahls meldete sich, ihr Besitzer – oder Untermieter? – blieb stumm. Der zwei Meter große Humanoide vermittelte in diesen Minuten den Eindruck, als wäre er nicht Bestandteil dieses Universums. Als wäre er ein höheres Wesen, das sich mit Lappalien wie der Anomalie nicht auseinandersetzen wollte.

Die Lichtzelle hingegen zeigte sich kooperativ. Sie lieferte neue Informationen, die mit MIKRU-JONS alleinigen Mitteln nicht hatten gesammelt werden können.

Die Streitmacht QIN SHIS umfasste insgesamt 50.000 Kampfeinheiten, meist Zapfenraumer, deren Kampfkraft Rhodan bereits zur Genüge kennengelernt hatte. Dazu kamen 38 Kristallkugeln; riesige Schiffe oder Sphären mit einem Durchmesser von 18 Kilometern. Eine war sogar größer und maß 23 Kilometer. In ihrem Zentrum befand sich eine der von Badakk umgebauten bernsteinfarbenen Scheibenstationen, die einem Polyport-Hof so ähnlich waren.

»Einzelne Teile der Flotte QIN SHIS haben die Anomalie bereits verlassen«, meldete die Lichtzelle. »Der Feind hat keinerlei Probleme mit den hiesigen Verhältnissen.«

»Wo sind wir?«, stellte Rhodan eine der wichtigsten Fragen. »Ist außerhalb mit der Galaxis Escalian gleichzusetzen?«

Die Lichtzelle sagte: »Das lässt sich von hier aus nicht feststellen. Wir müssten den feindlichen Flotten hinterher, um sicher zu sein.«

Mikru presste die Lippen fest aufeinander und schwieg. War sie etwa eifersüchtig, weil der Rechner der Lichtzelle mehr sah und wusste als sie?

Gucky, der seit mehr als einer halben Stunde kein Wort gesagt hatte, hustete unterdrückt. Wurde der Metabolismus des Mausbibers durch die besonderen Bedingungen im Inneren der Anomalie gestört?

Nein. Er zeigte Rhodan seinen Nagezahn und zwinkerte ihm zu. Der Kleine wirkte müde; doch er gab durch nichts zu verstehen, dass er Probleme hatte.

Rhodan begutachtete neues Bildmaterial. Es zeigte Zapfenraumer; winzige Pünktchen in einem roten Universum, die verschwanden. Die auf einmal nicht mehr da waren. Sie ... tröpfelten aus der Anomalie und kehrten in den Normalraum zurück.

Eine Aufrisszone näherte sich dem terranischen Konvoi. Rhodan hielt den Atem an. Sie raste vorbei, ein schmaler Riss in der Wirklichkeit, der ihnen Einblick in ein anderes, nicht definierbares Universum gewährte. Alles geschah so rasend schnell, dass kaum etwas in seinem Gedächtnis haften blieb, und als er sich Aufnahmen des Aufrisses zeigen ließ, war nichts zu sehen.

Doch in seinem Kopf waren neue Bilder entstanden. Solche, die dahintreibende Riesenobjekte zeigten. Leben, das in dieser Librationszone existierte und an Wanderfilarien gemahnte, auch Augenwürmer genannt, wie sie sich im Sehorgan des Menschen ansiedelten. Sich schlängelnde Wesen, die blitzschnelle Bewegungen vollzogen und dann wieder ruhig lagen.

Sie wollen heraus!, dachte Rhodan besorgt. Sie warten darauf, den Aufriss zu verlassen und zu uns überzuwechseln. Um ... ja, um was zu tun?

Er verdrängte die Bilder. Diese Geschöpfe, die womöglich nur in seiner Einbildung existierten, hatten nichts mit dem eigentlichen Problem zu tun, mit QIN SHI. Sie waren Treibgut, das aus einem anderen Universum stammte und die Möglichkeiten der Anomalie nutzte, um den Blick auf sie zu richten. Um sie zu studieren und dann weiterzutreiben auf der Suche nach anderen Opfern – und nach der Möglichkeit, ihren Lebensbereich zu verlassen.

»Ich möchte weg von hier«, flüsterte Nemo Partijan. Er wankte, griff blindlings um sich und fand eine Wandreling, an der er sich abstützen konnte.

»Ich auch«, meinte Rhodan leise. »Mir ist so schrecklich heiß.«

Mondra sah ihn verwundert an. »Es ist kühl im Schiff«, sagte sie unsicher.

Unterschiedliche Temperaturempfindungen. Das mag mit den Umständen zu tun haben. Oder? Rhodan konzentrierte sich, horchte in sich hinein – und stellte rasch fest, dass die Wärmeimpulse fremdbestimmt waren. Sie stammten vom Anzug der Universen, den er nun schon seit geraumer Zeit am Leib trug.

Rhodan suchte den mentalen Kontakt mit dem Kleidungsstück, dessen Möglichkeiten längst nicht von ihm ausgelotet waren und das ihm während der letzten Tage mehr Rätsel aufgegeben hatte, als ihm lieb war. Rede mit mir!, dachte er. Sag, was du zu sagen hast!

Er drängte und reizte und forderte den Anzug, erhielt aber keine Antworten. Da war bloß dieses unbestimmte Gefühl, dass er Kontakt aufnehmen wollte, aber nicht konnte – oder nicht durfte.

»Wenn wir davon ausgehen, dass die feindlichen Truppen, sobald sie den Ausgang aus der Anomalie nehmen, in einer fremden Galaxis namens Escalian landen, stellt sich die Frage: Was wollen sie dort?«

Er wartete keine Reaktion ab, sondern gab sich gleich selbst die Antwort: »Wir reisen einer Invasionsflotte hinterher. Einer, die sich eine ganze Sterneninsel einverleiben und zum Bestandteil von QIN SHIS Reich machen möchte. Weil QIN SHI sich mit seinen ›verlorenen Geschwistern‹ vereinigen möchte ...«

»QIN SHI ist eine parasitär-negative Superintelligenz«, sagte Mondra. »Er ist auf Lebensenergien aus. Womöglich vermutet er auch einfach besonders ... leckere Substanz, an der er sich laben kann.«

»QIN SHI muss sein Vorhaben von langer Hand geplant haben.« Nemo Partijan hatte sich weitgehend erholt. Er stand da, an die Wand gelehnt, und atmete ruhig. »Derartige Manöver erfordern ein großes Maß an Vorbereitung. Selbst jemand, der so mächtig ist wie QIN SHI, schüttelt so etwas nicht einfach aus dem ... ähm ... Handgelenk.«

»Ich habe neue Ortungsergebnisse.« Mikru schob sich nahe an Rhodan heran und lenkte seine Aufmerksamkeit auf ein zusätzliches Holo. »Die Anomalie wirkt instabiler als noch vor wenigen Minuten. Je mehr feindliche Einheiten den Schlauch verlassen, desto mehr Probleme entstehen.«

»Geht es ein klein wenig präziser?«

»Na ja ...« Mikru senkte den Kopf.

Errötete sie etwa? Nun – besser ließ sich die Ratlosigkeit des Schiffs nicht dokumentieren. Es stieß an seine Grenzen und wusste mit der Situation nichts anzufangen. Er verstand alles so viel besser, solange er der Pilot war.

Ein Alarmzeichen erklang. Es wirkte drängend, lauter als alle anderen, die seit geraumer Zeit im Hintergrund zu hören waren. Es strich die besondere Wichtigkeit jener Meldung heraus, die sich auf einige wenige Worte eindampfen ließ: Die Anomalie war noch unsicherer geworden. Schuld daran war ein weiterer riesiger Körper, der erschienen war.

»Es handelt sich vermutlich um die Weltengeißel«, sagte Mikru leise, die nun auch noch die Schultern einzog. »Der Körper wird von einer fünfhundert Kilometer durchmessenden Schutzschirmsphäre umgeben.«

»Du schließt also allein aufgrund der Größe, dass es sich um die Weltengeißel handelt?!«

»Ich stelle bloß Vermutungen an.« Mikru wirkte unglücklich. »Die Messergebnisse, die ich hereinbekomme, sind verfälscht. Sie ändern sich stetig, werden von den vorherrschenden höherdimensionalen Wechselbedingungen verunreinigt. Es existieren keinerlei Konstanten, mit deren Hilfe ich mich orientieren könnte.«

Es war ein Offenbarungseid, wie ihn Rhodan niemals zuvor von Mikru gehört hatte. Das Schiff war völlig ratlos. Auch die Lichtzelle, in der Ennerhahl saß, gab keinen Laut mehr von sich.

Die Hitze im Anzug der Universen wurde schier unerträglich. Er schwitzte, ihm war übel, trotz der beruhigenden Impulse, die der Zellaktivator aussandte. Rhodan zog den Kragen vom Hals. Er fühlte Abscheu, sobald er das dünne Material berührte, das in seiner Konsistenz an Lackfolie erinnerte.

»Lass es bleiben!«, mahnte ihn Mondra, die seine Gedanken zu erahnen schien, wie so oft. »Der Anzug möchte dir etwas mitteilen, findet aber noch nicht die richtige ... Sprache.«

»Mittlerweile sollte er mich gut genug kennen.« Rhodan trank einen Schluck Fruchtsaft und versuchte sich einen Reim aus weiteren Datenreihen zu machen, die gegen einen Holoschirm gespiegelt wurden. Umsonst. Er verstand gar nichts.

Ein Ziehen im Magen machte, dass er sich instinktiv zusammenkrümmte. Rhodan empfand das dringende Bedürfnis, mit dem Anzug zu kommunizieren. Das Kleidungsstück wendete eine Methode an, um seine Aufmerksamkeit zu erregen, die zutiefst entwürdigend war. Es war, als würde ihm jemand eine Feder in den Mund stecken, um den Würgereiz auszulösen und ihn zum Erbrechen zu bringen.

Rhodan nahm gezwungenermaßen Kontakt auf. Er fühlte sich als Gesprächspartner akzeptiert – und gleich darauf wieder abgeschoben, um mit jemand anderem verbunden zu werden. Mit einem Etwas, das gleichermaßen Maschinenwerk, Geist, Energie war, aber auch so etwas wie seelische Substanz besaß.

»Raphael«, sagte er leise, ohne sich um die verwunderten Blicke Mondra Diamonds und Nemo Partijans zu kümmern. »Wo bist du?«

»Es kommt nicht darauf an, wo ich derzeit bin«, hörte er die Stimme wie aus weiter Ferne, vom Anzug der Universen geechot, »sondern was ich bin.«

Eine kurze Pause entstand, als hätte Raphael Schwierigkeiten, die Verbindung aus dem Nirgendwo mit Rhodan aufrechtzuerhalten. »Ich diene nunmehr als Sprachrohr des Multiversum-Okulars. Und in dieser Funktion muss ich dir mitteilen, dass die Anomalie jeden Augenblick zusammenbrechen wird, voraussichtlich früher, als du es erwartest. Sie wird die galaktischen Schiffe ins Verderben reißen.«

2.

 

Craton Yukk rückte seine Maske zurecht. Eigentlich war sie perfekt an seine Gesichtsform angepasst, war für die Linien seines Kinns, der Nase und der Wangenknochen zugeschnitten. Doch hier und jetzt fühlte er sich unwohl. Das weiche, nachgiebige Material wollte ihm einfach nicht jene Erleichterung bieten, die sich sonst einstellte, sobald er es an seiner Haut fühlte.

Hatte sich etwas geändert? War es die Anspannung? Das verkrampfte Zusammenbeißen, das stetige Kauen und Spielen mit der Nabene-Wurz, die er seit geraumer Zeit über die Zunge rollen ließ und die eine konzentrationsfördernde Wirkung hatte?

Nein. Es war die Angst. Die Angst vor diesem Objekt, das sich unweit von ihm manifestierte und Bedrohlichkeit ausstrahlte und das als Anomalie bekannt geworden war.

Der pechschwarze Körper hatte etwa denselben Durchmesser wie seine Heimatwelt Klion. Er strahlte Gefahr aus wie fast alles in dieser Umgebung, im Redondo-System, im Kugelsternhaufen Caunard, der Escalian vorgelagert war, in einer Entfernung von etwa 24.500 Lichtjahren.

Caunard beherbergte mehrere Außenposten Escalians. Einem von ihnen, Redondo, galt seit geraumer Zeit das Hauptaugenmerk der Flotte. Er wurde immer wieder mit diesem Feind namens QIN SHI in Zusammenhang gebracht. QIN SHI war ein Wesen, das von außerhalb kam und die Völker Escalians bedrohte.

Alles Fremde musste von der Heimat ferngehalten werden. So hatte er es gelehrt bekommen, so war es, so würde es immer bleiben.