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Natascha, möge jeder eine Freundin finden, die so verrückt ist wie du.

Liebe ist nicht immer das, was wir wollen,
aber es ist immer das, was wir brauchen.

NEW YORK TIMES UND USA TODAY BESTSELLER AUTORIN

AURORA ROSE REYNOLDS

UNTIL YOU

JAX

Contemporary Romance

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Aus dem Amerikanischen von Friederike Bruhn

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UNTIL YOU: JAX

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Aurora Rose Reynolds

© Die Originalausgabe wurde 2015 unter dem
Titel UNTIL JAX von Aurora Rose Reynolds veröffentlicht.

© 2018 Romance Edition Verlagsgesellschaft mbH
8712 Niklasdorf, Austria

Covergestaltung: © Sturmmöwen
Titelabbildung: © vuk8691/iStock
Korrektorat: Melanie Reichert

ISBN-Taschenbuch: 978-3-903130-58-6
ISBN-EPUB: 978-3-903130-59-3

www.romance-edition.com

Inhalt

Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

Epilog

Danksagung

Die Autorin

Prolog

Ellie

Als ich ins Krankenhaus eingeliefert und in ein Zimmer gebracht werde, bin ich am Ende. Nachdem ich die letzten Tage kaum etwas zu essen oder zu trinken bekommen habe, ist mein Körper erschöpft und mein Verstand von den Dingen, die ich überlebt habe, völlig durcheinander. Darüber hinaus muss ich endlich zu Hope.

»Mir geht es gut, wirklich«, wiederhole ich zum gefühlt hundertsten Mal an den Doktor gerichtet, der mich untersucht, seit er vor einigen Minuten den Raum betreten hat.

»Ruth, lass uns mit einer Infusion beginnen«, weist er über meinen Kopf hinweg die Krankenschwester an, während er mich weiter ignoriert, meinen Arm zu sich zieht und mit seinen Fingern dagegen klopft.

»Ich muss zu Hope«, wimmere ich und entreiße dem Arzt meinen Arm, als die Krankenschwester mit einer Kanüle ums Bett herumkommt.

»Lass den Arzt die Infusion legen, Ellie«, sagt der Kerl namens Jax, nimmt meine andere Hand in seine und reibt mit dem Daumen über meinen Handrücken.

Er ist nicht von meiner Seite gewichen, seit ich den Wald verließ. Ich habe versucht, ihn auszublenden, bin aber kläglich gescheitert. Er ist ein Riese von einem Mann und bedrohlich gut aussehend, was es nahezu unmöglich macht, in seiner Nähe zu sein, ohne ihn zu beachten.

»Du verstehst das nicht, Hope braucht mich«, sage ich schluchzend, als der Doktor meinen Arm erneut nimmt und die Nadel ansetzt. Frust und Verzweiflung treiben mir die Tränen in die Augen.

»Hey, nicht weinen. Ich bin mir sicher, dass es deinem Hund gut geht.« Jax’ Stimme ist sanft und seine Finger streichen wieder über meinen Handrücken.

»W-wie bitte?«, stottere ich und sehe ihn an.

»Katze?«, fragt er stirnrunzelnd.

»Hope ist meine Tochter«, fauche ich und entziehe ihm meine Hand.

»Tochter?« Er wird bleich, sucht in meinem Gesicht nach Antworten.

Seine Reaktion überrascht mich nicht. Das ist die normale Resonanz, die ich von Männern erhalte, wenn sie herausfinden, dass ich ein Kind habe. Angesichts seiner Reaktion verkrampft sich dennoch etwas in meinem Inneren. »Ja, meine Tochter«, bestätige ich und hebe mein Kinn, bevor ich den Arzt zornig anstarre und mit zusammengepressten Zähnen knurre: »Ich muss hier raus, sofort

»Verdammte Scheiße«, murmelt Jax, aber ich ignoriere ihn und erdolche den Mediziner weiter mit Blicken, der jedoch ungerührt den Infusionsbeutel in einer Aufhängung über meinem Kopf platziert.

»Es tut mir leid, Mrs Anthony, aber Sie sind stark dehydriert und wir werden Sie noch einige Stunden hierbehalten müssen, bevor wir Sie entlassen können.«

»Dann werde ich etwas Wasser trinken«, erwidere ich und bin versucht, die Kanüle aus meiner Hand zu ziehen und ihm damit wehzutun.

»Schlafen Sie etwas.« Mit diesen Worten übergeht er mich ein weiteres Mal und wendet sich ab, um mit einer der Krankenschwestern zu sprechen.

»Das kann doch nicht wirklich passieren«, murmle ich und falle in die Kissen. Plötzlich werden meine Lider ganz schwer, was die Frage in mir aufkommen lässt, ob mir nicht noch etwas anderes in die Infusion getan wurde.

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Als ich aufwache und meine Augen langsam öffne, höre ich ein Wispern und Flüstern. Der Raum ist dunkel, das einzige Licht kommt von einem TV-Gerät in der Ecke und taucht das Zimmer in einen blauen Schein. Um mich auf den Fernseher zu konzentrieren, muss ich mehrmals blinzeln. Jax’ Onkel Nico steht mit einer Gruppe von Polizisten vor dem Haus, in das ich nach meiner Entführung gebracht wurde. Eine Frau spricht vor der Kamera, aber die Lautstärke ist so gering, dass ich nicht verstehe, was sie sagt. Schließlich schwenkt der Kameramann von der Frau hinüber zu dem Truck, der uns verfolgt hat. Ich setze mich auf, finde die Fernbedienung neben dem Bett und stelle den Ton lauter: »Die beiden Frauen wurden von diesem Fahrzeug verfolgt, während sie versuchten, auf einem Quad zu entkommen, das sie einem der Angreifer entwenden konnten. Einer der Entführer ist tot, nach dem anderen wird nach wie vor gesucht. Wenn Sie irgendwelche Informationen zum Aufenthaltsort des Verdächtigen haben, rufen Sie bitte unter der unten eingeblendeten Nummer an«, sagt die Sprecherin, bevor die Szene endet. Sie wird von einem Mann und einer Frau hinter einem Schreibtisch des Nachrichtensenders abgelöst, die verkünden: »Heute Abend können Sie Dan Seagans Spezialreport über den Frauen- und Sexhandel in der Gegend um Nashville sehen.«

Ich reiße mich vom Bildschirm los und richte mich auf, um nach dem Telefon neben dem Bett zu greifen. Dann wähle ich die einzige Nummer, die mir einfällt, um mit Hope in Kontakt zu treten.

»Hallo?«, meldet sich meine Tante bereits nach dem ersten Klingeln.

»Tante Marlene«, kommt es mir mit einem erstickten Laut über die Lippen. »Hast du meine Mom gesehen?«

»Habe ich, aber sie ist mittlerweile wieder weg«, antwortet sie und ich höre, wie sie sich eine Zigarette anzündet.

Ich bin sicher, dass sie in ihrem Lehnstuhl sitzt, ihre Füße hochgelegt, einen Glimmstengel nach dem anderen raucht und fernsieht.

»Wo ist Hope?« Mit geschlossenen Augen bete ich, dass meine Mom sie nicht mitgenommen hat.

»Hope ist bei mir. Wann kommst du, um sie abzuholen?«

»Ich bin in Tennessee«, wimmere ich. Ich habe keine Ahnung, wie weit ich von Kentucky entfernt bin.

»Ich weiß. Deine Mutter war hier, als die Nachrichten liefen.«

Meine Augen füllen sich mit Tränen, aber ich weigere mich, ihnen freien Lauf zu lassen. Ich werde mich von diesen Leuten nicht noch mehr verletzen lassen. Es überrascht mich nicht, dass Mom meiner Tante erzählt hat, was passiert ist, und dass es sie nicht kümmert. Als mein Dad starb, hat Mom aufgehört, sich um mich zu kümmern. Ab diesem Moment musste sie nicht länger vorgeben, dass ihr mein Bruder und ich mehr bedeuten würden als ihr nächster Rausch.

»Ich bin auf dem Weg. Bitte richte Hope aus, dass ich bald da sein werde.«

»Ich muss morgen Abend arbeiten, vergiss das nicht«, sagt sie, bevor die Leitung tot ist.

Ich lege das Telefon zurück und reibe mir über die Augen.

Meine Familie ist das, was die meisten als Trailer Trash bezeichnen würden. Ich habe diesen Ausdruck gehasst, als ich aufwuchs. Es gab eine Zeit in meinem Leben, in der ich damit klarkam, dass mich die Kinder in der Schule so nannten. Zwar wusste ich, dass ich in einem Trailer lebte und arm war, aber immerhin hatte ich meine Familie. Als ich sieben wurde, starb mein Dad wegen eines Unfalls in der Kohlemiene und ließ meinen älteren Bruder und mich mit unserer Mom zurück, die von Schmerztabletten abhängig war. Obwohl sie bereits lang krank war, bevor Dad nicht mehr da gewesen ist, hatten wir dennoch nie darunter gelitten. Mein Dad sorgte stets dafür, dass wir Essen und Kleidung hatten. Wir besaßen zwar nicht viel, aber wir waren füreinander da.

»Du bist wach.«

Mein Blick wandert über meine Schulter zur geöffneten Tür und trifft den besorgten von Jax. Ich werde nicht schlau aus ihm. Ich verstehe noch immer nicht, wie jemand, den ich gerade erst getroffen habe, mir mehr Fürsorge entgegenbringen kann als die Menschen, die ich schon mein ganzes Leben lang kenne. »Ich muss zu Hope«, sage ich, während ich mir an die Kehle greife, die trocken und kratzig ist, wie ich erst jetzt feststelle.

»Ich weiß, Baby, ich werde dich zu ihr bringen«, antwortet er und betritt den Raum.

Baby? Warum mag ich das? Warum wird mir jedes Mal ganz warm, wenn er mich so nennt?

»Danke dir.« Vor Erleichterung schließe ich kurz die Augen. »Ich werde mich revanchieren, sobald ich nach Hause komme.«

»Nein«, knurrt er. Ich zucke zusammen, was ihn dazu bringt, den Kiefer aufeinanderzupressen. »Das ist nicht nötig, meinte ich damit.« Er spricht mit sanfter Stimme, schiebt die Hände in die Vordertaschen seiner Jeans und gibt mir damit die Chance, ihn zu betrachten.

Ich habe nicht gelogen, als ich sagte, er wäre ein Riese. Seine Schultern sind so breit, dass ich sicher bin, zweimal dazwischen zu passen. Seine Hüften sind schmal, seine Oberschenkel kräftig und seine Beine lang. Auf dem Kopf trägt er ein Baseballcap, die jegliche Aufmerksamkeit auf seine Augen lenkt. Diese sehen im Dunklen haselnussbraun aus. Zudem hat er ein kantiges Kinn, volle Lippen und eine nahezu perfekte, wenn auch leicht schräge Nase. »Meine Eltern sind hier. Mom hat dir einige Kleidungsstücke mitgebracht, falls du dich umziehen willst, bevor wir aufbrechen«, informiert er mich, bevor er einen Schritt auf mich zumacht, innehält und sich schließlich sein Cap vom Kopf zieht. Nun kann ich zum ersten Mal sein dunkelbraunes Haar sehen, das an der Seite kurz und oben etwas länger ist.

Ich reibe meine Hände über meine schmuddelige Jeans und schaue über seine Schulter in den Flur hinaus. Dort steht eine rothaarige Frau neben einem Mann, der wie eine ältere Version von Jax aussieht. In dem Moment, in dem mein Blick den seiner Mom trifft, betritt sie das Zimmer.

»Honey«, sagt die Frau sanft an Jax gerichtet, »warum wartest du nicht mit deinem Dad draußen, während ich Ellie beim Umziehen helfe?«

»Mom.« Er schüttelt den Kopf, ohne seine Augen von mir abzuwenden.

»Na komm, Kumpel.« Der Mann, von dem ich glaube, dass er sein Dad ist, macht einen Schritt in den Raum hinein.

Jax zieht hörbar die Luft ein, bevor er sie wieder ausstößt und mich ansieht, als wolle er nicht hinausgehen. Komischerweise möchte ich auch nicht, dass er es tut.

»Ich bin direkt vor der Tür«, antwortet er schließlich nach einigen Momenten.

»Sicher«, wispere ich, mich davon abhaltend, zu ihm zu gehen und ihn anzubetteln zu bleiben.

»Du kannst wieder reinkommen, wenn sie umgezogen ist«, meint seine Mom, als er an ihr vorbei aus dem Zimmer geht.

Sobald die Tür geschlossen ist, wird der Raum noch dunkler. Aber dann wird das Licht eingeschaltet. Überrascht kneife ich die Augen zusammen.

»Oh, verdammt, tut mir leid. Ich habe überhaupt nicht nachgedacht«, murmelt die Frau und ich sehe durch meine geschlossenen Lider, wie es wieder dunkel wird.

»Ist schon okay, Sie können das Licht ruhig anmachen.«

»Ganz sicher?«, hakt sie nach.

»Ja.« Dieses Mal brauche ich nur einen kurzen Moment, um meine Augen an die Helligkeit zu gewöhnen. Als ich sie wieder öffne, kommt Jax’ Mom auf mich zu.

»Ich weiß, mein Sohn hat uns einander nicht vorgestellt, aber ich bin Lilly und du bist Ellie, richtig?«, fragt sie und beobachtet mich.

»Richtig«, krächze ich.

Lilly runzelt die Stirn und kommt zum Bett herüber. Sie nimmt einen pinken Becher vom Nachttisch, bringt ihn zu mir und hält ihn mir hin. »Nimm nur kleine Schlucke, Liebes«, fordert sie mich sanft auf, ihre Hand unter meiner, als würde ich den Behälter vielleicht fallen lassen. »Ist das besser?«

»Ja, danke.« Ich bin überrascht, dass meine Stimme immer noch wegbricht, wenn auch dieses Mal vor lauter Rührung darüber, dass mich jemand umsorgt.

Nickend nimmt sie mir den Becher ab und stellt eine Tasche auf dem Bett ab. »Jax meinte, du wärst klein, deshalb habe ich ein paar meiner Yoga-Klamotten für dich eingepackt.«

»Danke schön«, murmle ich abwesend, während ich ihr dabei zusehe, wie sie eine schwarze Yoga-Hose als auch ein Top und eine Jacke zum Drüberziehen herausholt.

»Möchtest du dich im Badezimmer ein bisschen frisch machen?«

Ich folge ihrem Blick zu einer Tür, die ich bis jetzt noch nicht wahrgenommen habe, und nicke. Sie reicht mir die Sachen, hilft mir in den kleinen Raum hinüber. »Ich bin hier draußen, wenn du mich brauchst«, sagt sie leise, dann schließt sie die Tür hinter mir.

Ich drehe das Wasser auf und schaue mich gar nicht erst im Spiegel an, während ich meine Kleidung ausziehe und anschließend nach ein paar Papiertüchern greife und diese nass mache. Ich wasche mich von Kopf bis Fuß, wobei ich besonders vorsichtig mit meinen Händen bin, die noch immer empfindlich vom Herumtragen des Kantholzes sind, das ich als Waffe benutzt habe.

Sobald ich so sauber bin, wie ich ohne Dusche nur sein kann, betrachte ich mein Spiegelbild und zucke zusammen. Mein dunkles Haar ist verfilzt, meine Haut bleich und meine braunen Augen wirken matt. Ich sehe aus, als wäre ich durch die Hölle gegangen. »Du bist am Leben«, erinnere ich mich und schlüpfe in die Yoga-Hose, die ein wenig zu lang, aber sauber ist und zum Glück obenrum passt. Dann ziehe ich auch das Top und die Jacke darüber, schließe den Reißverschluss zu und schlüpfe in meine Sneakers. Mit einer Hand fahre ich mir durchs Haar und sehe zu, wie trockene Blätter und Dreck auf den Boden fallen. Ich gebe es auf, die Strähnen zu entwirren, und fasse meine Mähne stattdessen zu einem Knoten auf meinem Kopf zusammen, dessen Enden ich unter dem Haargummi feststecke, damit es hält.

»Passt alles«, sage ich beim Verlassen des Badezimmers und finde Lilly auf dem Bett sitzend vor, ihren Kopf gebeugt, als wäre sie tief in Gedanken versunken.

»Das freut mich.« Sie lächelt leicht, dann betrachtet sie mich. »Jax hat erzählt, du hättest eine Tochter.«

»Das stimmt.« Ich nicke, greife nach meinen alten Kleidungsstücken und lasse sie in den Mülleimer fallen.

»Und deine Mutter hat dir das angetan?«, fragt sie und erwischt mich damit unvorbereitet. Als Antwort versteift sich mein ganzer Körper.

Ich lecke mir über die Lippen und drehe mich um, damit ich Lilly wieder ansehen kann. »Ja, hat sie.«

»Lebt sie in deiner Nähe?«, hakt sie nach und mustert mich.

»Ungefähr zwanzig Minuten weit weg, mit meiner Tante zusammen.«

»Und … der Vater deiner Tochter?«

»Er ist tot«, erwidere ich und fühle, wie bei dem Gedanken Tränen in meine Augen steigen.

Hope ist nicht meine biologische Tochter. Edward, mein Bruder, und seine Freundin Bonnie wurden frontal von einem betrunkenen Fahrer erfasst. Beide starben bei dem Aufprall. Hope hat mit nur ein paar Kratzern am Körper überlebt. Am Tag darauf, meinem neunzehnten Geburtstag, habe ich das Sorgerecht für sie erhalten. Da war sie gerade einmal vier Wochen alt.

»Es tut mir leid«, flüstert sie.

»Es ist lang her.« Ich umfasse mit den Armen meinen Körper, in dem Versuch, nicht zusammenzubrechen.

»Hast du daheim einen Job?«

Ich versteife mich noch mehr und verenge die Augen. Ich bin es gewohnt, dass Leute aufgrund meiner Herkunft Vermutungen über mich anstellen, aber ich bin zur Schule gegangen, habe meine Lizenz als Friseurin direkt nach der Highschool erworben und war seitdem immer auf mich selbst gestellt. Ich habe hart daran gearbeitet, mir und Hope ein gutes Leben zu ermöglichen, damit ihre Zukunft rosiger ist als die von Edward und mir. Ich weiß, dass er das für sie gewollt hätte. Und für mich.

»Ich bin Friseurin«, antworte ich nur deshalb, weil ich nicht unhöflich sein will, nachdem sie so nett zu mir war.

»Ich weiß, dass das komplett seltsam klingen wird, aber hast du schon mal darüber nachgedacht, woanders hinzuziehen und neu anzufangen?«, will sie vorsichtig wissen.

Natürlich habe ich mal darüber nachgedacht, aber als alleinerziehende Mutter habe ich nur hier und da ein paar Dollar zusammensparen können. Ein Kind zu haben, ist nicht günstig, und ich weigere mich, staatliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Meine Mutter hat das über Jahre getan, obwohl sie hätte arbeiten können. »Ich frage nur, weil das hier ein schöner Ort zum Leben und Aufwachsen eines Kindes ist.«

»Vielleicht eines Tages«, murmle ich, weil ich mich unwohl fühle.

»Ich war einige Zeit als Mutter auf mich gestellt«, sagt Lilly und überrascht mich damit. »Ich weiß, wie schwierig es ist, ein Kind großzuziehen ohne Menschen, auf die man sich verlassen kann. Nicht, dass ich meine, du hättest solche Menschen nicht, aber …«

»Ich habe nur mich«, schneide ich ihr das Wort ab. Ja, ich habe ein paar Freunde, aber niemanden, dem ich vertrauen kann. Nicht wirklich. Und Familie … habe ich auch keine mehr. Es gibt nur noch Hope und mich.

Ihr Blick wird sanft und sie erhebt sich vom Bett. »Du könntest herziehen. Ein Freund von mir besitzt einen Salon in der Stadt. Er kann immer Hilfe gebrauchen und Jax hat bereits gesagt, dass du bei ihm bleiben könntest, bis du wieder auf eigenen Füßen stehst. Er ist sowieso kaum zu Hause.«

Bei Jax wohnen?

Nein, danke.

»Wir würden uns alle besser fühlen, wenn du hierbleiben würdest – zumindest so lang, bis der zweite Typ gefasst wurde.«

Oh Gott. Wie konnte ich ihn nur vergessen? Ich habe keine Ahnung, ob er weiß, wo ich lebe. Und was ist, wenn Hope etwas zustößt? Ich schließe die Augen und reibe mir über die Stirn, als ich spüre, dass Kopfschmerzen im Anmarsch sind.

»Mir ist bewusst, dass du deine Tochter in Sicherheit wissen willst, und mein Sohn würde dafür sorgen, dass dem so ist.«

»Ich weiß nicht.« Ich sehe Lilly wieder an. Das ist gerade zu viel, um damit klarzukommen.

»Manchmal muss man mit beiden Füßen von der Klippe springen, Honey. Ich weiß, es ist ein beängstigender Zeitpunkt, um dein Leben auf den Kopf zu stellen, aber ich glaube, dass alles aus einem bestimmten Grund geschieht und vielleicht … nur vielleicht … bist du dafür bestimmt, eine neue Chance zu bekommen.« Sie streckt ihre Hand nach mir aus und reibt über meinen Arm.

Nimm das Leben, wie es kommt, und hoffe, dass es dir nur Gutes bringt. Das hat mir meine Großmutter vor ihrem Tod gesagt. Konnte ich das jetzt machen? Das Risiko eingehen und hoffen, dass alles gut werden würde?

»Bist du sicher, dass dein Freund Hilfe gebrauchen kann?«, höre ich mich wie in Watte gepackt fragen.

Sie lächelt und nickt. »Das bin ich.«

»Vielleicht habe ich eine Gehirnerschütterung«, murmle ich, überrascht, dass ich wirklich darüber nachdenke, das zu tun. Es ist nicht gerade typisch für mich, unnötige Risiken einzugehen.

»Ich werde für dich da sein, wann immer du mich brauchst, und ich weiß, dass mein Mann und meine Tochter das Gleiche tun werden, ebenso wie Jax.«

Oh Gott, Jax. Ich weiß nicht, was ich mit ihm machen soll, aber ich muss Hope in einem sicheren Umfeld wissen, und je weiter ich von meiner Familie wegkomme, desto besser – nicht nur für sie, sondern auch für mich. »Okay«, stimme ich zu.

»Okay?«

»Ja, ich muss meine Tochter in Sicherheit wissen«, erkläre ich leise.

Lilly umarmt mich. »Ich verspreche dir, dass ab jetzt alles besser werden wird.«

Das kann ich nur hoffen. Ich fühle mich, als wäre ich vom Regen in die Traufe gekommen.

1. Kapitel

Jax

»Danke noch mal, dass du mich fährst.«

Mein Blick wandert kurz von der Straße zu Ellie hinüber. Ihr Kopf ruht an der Fensterscheibe, die Beine hat sie auf dem Sitz angezogen und ihre Arme sind eng darum geschlungen. Diese Haltung habe ich schon öfter bei ihr bemerkt, sie macht sich klein, so als müsse sie sich dazu zwingen, nicht zusammenzubrechen.

»Ich habe dir gesagt, dass ich für dich da sein werde«, erwidere ich sanft und möchte gleichzeitig nichts mehr, als ihre Hand in meine zu nehmen. Aber jedes Mal, wenn ich sie berühre, erstarrt sie, als würde sie darauf warten, dass ich im nächsten Moment zuschlage. Ich müsste lügen, wenn ich behaupte, dass mich das nicht verdammt anpissen würde. Tut es nämlich. Es fühlt sich jedes Mal wie ein Schlag ins Gesicht an.

»Ich weiß«, flüstert sie und die Tränen, die ich in ihrer Stimme höre, verursachen einen scharfen Schmerz in meiner Brust.

Fuck.

»Das ist die Abzweigung.« Ihre Füße wandern Richtung Boden und ihre Hände zum Armaturenbrett, während sie sich gerader hinsetzt und ihr Gesicht fast gegen die Windschutzscheibe drückt.

Wir fahren eine lange dreckige Auffahrt entlang, die von Wald und vereinzelten liegen gebliebenen Autos gesäumt wird. Als wir die Anhöhe erreichen, kommt ein typischer Trailer in Sicht, vor dem sich Schrottwagen und Müll türmen. Ich habe keine Chance, Ellie zu sagen, dass sie ihren kleinen Hintern im Wagen lassen soll. Sobald ich anhalte, öffnet sie die Tür und springt aus dem Auto. Ich habe keinen blassen Schimmer, wie ich mit der Fülle an Emotionen, die immer wieder über mir zusammenbrechen, seit ich sie zum ersten Mal gesehen habe, klarkommen soll.

»Verfickte Scheiße«, fluche ich, hechte hinter ihr her und beschleunige meine Schritte, bis ich sie eingeholt habe. Ich schlinge den Arm um ihre Taille und ziehe sie näher an mich heran. Sie ist so verdammt klein, dass mir ihr dunkler Schopf nur bis zur Brust reicht. Ihre zarte Haut, ihre zierliche Figur – alles ist so zerbrechlich. Und sie gehört mir.

»Hat ja lang genug gedauert«, sagt eine große Frau und öffnet die Vordertür des Trailers. Ihre dünnen blonden Strähnen hält sie sich mit einem Haarband aus dem Gesicht und ihr großer, breiter Körper steckt in etwas, das wie ein schlabbriges Kleid mit Ärmeln aussieht. Ich weiß sofort, dass es sich um Ellies Tante Marlene handeln muss, die Schwester ihrer Mutter.

»Wo ist Hope?«, will Ellie wissen, während ich den Druck meines Armes verstärke, um sie an Ort und Stelle zu halten.

Marlene nimmt einen Zug von ihrer Zigarette und schwingt ihren Hintern wieder in das Innere des Trailers, während wir die knarzenden Holzstufen, die zum Eingang führen, hinaufsteigen.

»Wo ist Hope?«, wiederholt Ellie, als wir das kleine Wohnzimmer betreten. Ich spüre einen Schauer durch ihren Körper wandern und drücke ihre Seite, um ihr zu verdeutlichen, dass sie nicht allein ist.

»Hope schläft im hinteren Schlafzimmer«. Ihre Tante zeigt einen langen Gang hinunter und sieht dann zu mir. »Wer ist das?«, fragt sie, aber Ellie drückt sich bereits an ihr vorbei und eilt den Flur entlang, ihre Frage übergehend.

»Wer bist du?«

Jesus. Es kostet mich unendlich viel Mühe, meine Klappe zu halten. Mit vor der Brust verschränkten Armen warte ich auf Ellie und ignoriere die Frau, aus Angst vor dem, was ich sagen würde, würde ich den Mund aufmachen.

»Biste ein Bulle?«

Fuck.

»Ich bin kein Cop«, knurre ich und will sie dadurch wissen lassen, dass sie nicht zu erleichtert dreinblicken sollte.

»Meine Nichte hat schon immer so getan, als wäre sie besser wie wir anderen. Ist klar, dass sie einen Typen getroffen hat, der das Gleiche denkt.«

Ich balle meine Hände zu Fäusten, sage aber nichts. Über Ellie weiß ich nicht viel, doch ich hege keinen Zweifel daran, dass sie besser ist als diese Müllkippe und ihre abgefuckte Familie.

»Jax.«

Mein Blick richtet sich auf den offenen Flur und kollidiert mit dem von Ellie, die ein kleines Mädchen im Arm hält. Ihr Gesicht ist an Ellies Brust gedrückt, ihr langes, dunkles Haar ergießt sich über den Arm ihrer Mutter und die Beine sind um ihre Seiten geschlungen.

»Was ist los, Baby?« Ich verringere den Abstand zwischen uns beiden.

»Kannst du sie halten, während ich ihre Sachen hole?«, fragt sie leise.

»Klar«, erwidere ich und sie lässt das schlafende Mädchen in meine Arme gleiten. Ihr kleiner, warmer Körper presst sich eng an meine Brust und ich hebe sie etwas höher, um sie besser festhalten zu können. »Beeil dich, Baby«, sage ich zu Ellie, als ihr Blick an mir haften bleibt. »Babe«, wiederhole ich und sie blinzelt, bevor sie sich umdreht und den Flur zurückläuft.

Ich sehe auf das kleine Mädchen hinab. Dank der Infos, die Ellie mir gegeben hat, weiß ich, dass sie drei ist. Ihre Haut hat denselben cremigen Ton wie die ihrer Mutter. Ihre Wangen sind vom Schlaf leicht gerötet, die Lippen zu einem kleinen Schmollmund verzogen und ihre langen, dunklen Wimpern bilden einen Fächer über ihren Wangen. Sie ist schön und dabei hat sie noch nicht mal die Augen geöffnet.

»Ihr Vater hat sie nicht aufwachsen gesehen«, sagt Marlene und schiebt sich eine weitere Zigarette in den Mund.

Ich schaue wieder zu dem kleinen Mädchen in meinen Armen und stelle mir vor, sie wäre meins und ich hätte keine Chance, sie kennenzulernen. Allein der Gedanke bringt mein Herz zum Bluten und ich schließe meine Arme fester um sie. »Zünden Sie die ja nicht an«, knurre ich, als Marlene ein Feuerzeug an die Zigarette hält, die ihr aus dem Mund hängt.

»Das ist mein Haus.«

»Ist mir scheißegal. Sie können warten, bis wir weg sind.«

Sie schneidet eine Grimasse, zieht die Zigarette aus ihrem Mund und schließt ihre Hand darum.

»Fertig«, ruft Ellie. Sie trägt eine große Tasche über der einen Schulter und eine kleinere Windeltasche in der anderen Hand.

Ich nehme ihr die größere der beiden ab und trage sie nach draußen zum Truck, immer darauf bedacht, Hope nicht zu wecken. Sobald ich sie in dem Kindersitz angeschnallt habe, den meine Mom besorgt hat, als wir noch im Krankenhaus waren, helfe ich Ellie in die Fahrerkabine und ziehe den Gurt um sie.

»Jax.«

»Ja, Baby?« Ich halte inne und sehe in ihre wunderschönen braunen Augen, die von langen, dunklen Wimpern umrahmt werden.

»Ich kann mich selbst anschnallen«, flüstert sie und mein Blick wandert zu ihrem Mund. Sie hat eine kleine Lücke zwischen ihren Vorderzähnen, in die ich ganz vernarrt bin, seit ich sie getroffen habe. Ohne Witz, ich bin besessen von ihrem Mund. Ihre Lippen sind voll, die untere etwas mehr als die obere, und das Pink ist so dunkel, dass ich mich zu ihr beugen und eine Kostprobe nehmen möchte, nur um zu sehen, ob sie so weich und süß sind, wie sie aussehen.

»Du schuldest mir was dafür, dass ich auf Hope aufgepasst habe«, meint ihre Tante hinter uns und unterbricht damit den Moment.

Ein Grollen kommt aus meiner Brust. »Bleib hier«, knurre ich, verschließe den Gurt, trete zurück und knalle die Tür zu.

Ein paar Schritte entfernt lasse ich die Schlösser zuschnappen und schalte den Alarm ein, sodass ich mitkriege, falls Ellie versucht, rauszukommen. Dann stürme ich die wenigen Stufen zum Trailer hinauf. Nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen habe, wird es in dem kleinen Raum fast schwarz. Das einzige Licht kommt vom schmalen Fenster des Wohnzimmers und aus dem noch kleineren über der Spüle in der dreckigen Küche.

»Was wird das?«, fragt Marlene und ich kann die Nervosität in ihrer Stimme hören, als sie zurückweicht.

»Ich gebe Ihnen eine Chance, ehrlich zu mir zu sein. Ich werde Sie fragen, wo Ellies Mutter ist, und ich will, dass sie mir die Wahrheit sagen. Wenn Sie mir jetzt nicht erzählen, wo sie steckt, und ich später herausfinde, dass Sie ihren Aufenthaltsort kannten und diesen vor mir verheimlicht haben, werde ich Sie für diesen Fehler büßen lassen.«

»Du bist nicht das Gesetz. Du kannst nicht so mit mir reden«, keift sie, ihre Hände in ihre breiten Hüften gestemmt, ihr Blick Richtung Tür gewandt.

»Sie haben recht. Ich bin kein Cop und gerade dieses Wissen sollte Sie dazu bewegen, das Klügere zu tun«, knurre ich sie an.

»Sie ist meine Schwester.«

»Ist mir scheißegal, selbst wenn sie der verdammte Papst wäre. Sagen Sie mir, wo sie ist.«

»Ich weiß es nicht«, erwidert sie nach einem langen Moment.

»Sind Sie sich sicher, dass das Ihre letzte Antwort ist?« Ich wende mich zum Gehen.

»Es ist die Wahrheit.«

»Vergessen Sie nicht, dass ich Sie gewarnt habe«, gebe ich zurück, öffne die Tür und gehe die wackligen Stufen hinunter.

»Was ist mit meinem Geld?«

»Holen Sie es sich von Ihrer Schwester.« Ich stelle den Alarm an meinem Truck aus und steige ein. Ich bin so wütend, dass ich meinen Herzschlag in meinem Hals spüre. Am liebsten würde ich einen Kanister Benzin nehmen und ihren verdammten Trailer anzünden.

»Was hast du gesagt?«, ertönt Ellies Stimme leise neben mir, während ich auf die Hauptstraße abbiege.

Ich löse meinen Blick vom Asphalt und sehe schnell zu ihr hinüber. Traurigkeit liegt in ihrem Blick, was dazu führt, dass ich meine Fäuste um das Lenkrad balle. »Nichts, Baby.«

»Jax.«

»Ellie«, erwidere ich im selben Ton und schmunzle.

»Ich weiß nicht, was du gerade so lustig finden könntest«, grummelt sie und ich sehe aus dem Augenwinkel, wie sie die Arme vor der Brust verschränkt.

Das lässt mich nur noch mehr grinsen. Fuck, sie ist so süß.

»So nervig«, murmelt sie kaum hörbar und bringt mich damit endgültig zum Lachen.

»Mama«, ertönt es plötzlich vom Rücksitz.

Ich sehe über meine Schulter zu Hope, deren Augen offen sind und ihre Mutter auf dem Vordersitz fixieren.

»Engelchen.« Ellie öffnet ihren Gurt, kniet sich auf den Sitz und lehnt sich zu ihr.

Ich fahre an den Straßenrand, versetze den Truck in den Parkmodus und gehe ums Auto herum, um Ellie beim Aussteigen behilflich zu sein. Aber bevor ich bei ihr bin, ist sie bereits aus dem Wagen geklettert, hat die hintere Tür geöffnet und versucht, Hope aus ihrem Kindersitz zu bekommen.

In dem Moment, in dem sie das Mädchen abgeschnallt hat und in den Armen hält, beginnen harte Schluchzer ihren schmalen Körper zu schütteln. Ohne nachzudenken, schlinge ich meine Arme um die beiden und ein Gefühl von Richtigkeit überkommt mich.

»Alles ist gut, Mama.« Hope klopft ihrer Mom auf den Rücken, was Ellie nur noch stärker weinen lässt.

»Ich weiß, mein Engel.« Ellie löst ihr Gesicht von Hopes Halsbeuge und küsst ihre Stirn. »Ich habe dich vermisst.«

»Ich habe dich auch vermisst. Grandma hat gesagt, du wärst arbeiten«, antwortet Hope, legt ihre Hände an die Wangen ihrer Mutter und sieht sie an.

»War ich, Engelchen, und rate mal.«

»Was?«, fragt Hope und mein Herz zieht sich zusammen, als sich die Gesichter der beiden mit einem Lächeln so sehr erhellen, dass es mir förmlich die Luft aus der Lunge presst.

»Mommy hat einen neuen Job.«

»Juhu.« Sie lacht.

Ellie beugt sich zu ihr und flüstert ihr ins Ohr: »Ich liebe dich.«

»Ich dich auch, Mama«, sagt sie, ehe ihr Blick zu mir wandert und sie den Kopf schief legt.

»Hope, das ist Jax«, erklärt Ellie und ich kann sehen, wie sie rot wird, als sie bemerkt, dass sie der Länge nach gegen meinen Körper gepresst ist. »Jax, das ist Hope.« Sie macht einen Schritt zurück, sodass Hope mir zugewandt ist.

»Schön, dich kennenzulernen, Hope.«

»Dich auch, Ax.« Sie lächelt und zeigt dabei eine Lücke zwischen ihren Vorderzähnen, die sie sogar noch hübscher macht.

»Okay, Engel, zurück mit dir auf deinen Platz«, fordert Ellie.

Hope setzt sich wieder in ihren Kindersitz und legt den Gurt an, als hätte sie es schon eine Million Mal zuvor gemacht. Trotzdem vertraue ich ihr nicht und überprüfe, ob alles seine Ordnung hat, ehe ich ihr auf die Nase tippe und sie dadurch zum Lächeln bringe. Anschließend schließe ich die Tür.

Sobald ich wieder hinter dem Lenkrad sitze, fahre ich zu Ellies Wohnung, um auch ihre Sachen zu holen. Fühle ich mich beschissen, weil ich meine Mom gebeten habe, einen Weg zu finden, Ellie nach Nashville zu bekommen, auch wenn sie dafür ihre Angst gegen sie benutzen musste? Ein bisschen, aber am Ende des Tages wird sie unter meinem Dach sein, also scheiß drauf. In der Liebe und im Krieg ist alles erlaubt, nicht wahr?

»Bieg hier ab«, sagt Ellie und reißt mich damit aus meinen Gedanken.

Stirnrunzelnd lenke ich den Wagen in einen großen Trailerpark. Ich kenne Orte wie diesen; die Mieten sind billig, was es wirklich jedem erlaubt, hier zu hausen. Ellies Anweisungen folgend, halten wir vor einem kleinen Trailer. Bereits aufgrund des Äußeren kann ich erkennen, dass sie eine der wenigen Menschen im Park ist, die stolz auf ihr Zuhause sind. Die Blumen auf ihrer schmalen Veranda, die während ihrer Abwesenheit vertrocknet sind, und die bunte Blumenfahne, die an der Eingangstür hängt, heißen jeden willkommen, der möglicherweise auf einen Besuch verbeikommt.

Ich mache den Truck aus, springe raus und gehe um die Motorhaube herum, um meine Umgebung zu erfassen. Zwei Trailer entfernt sitzt eine Gruppe junger Leute in Gartenstühlen und trinkt Bier. Noch ein wenig weiter sehe ich, wie ein Mann einem Kind, das höchstens siebzehn Jahre alt ist, eine kleine Tüte übergibt.

»Von nun an warte immer, bis ich deine Tür öffne«, sage ich zu Ellie und nehme ihr die schlafende Hope ab.

»Warum?« Sie verzieht fragend das Gesicht und schließt die Tür des Wagens.

»Weil meine Mom mir in den Hintern treten würde, wenn ich es nicht täte.«

»Oh.« Sie presst die Lippen aufeinander, als versuche sie, nicht zu lächeln, wodurch ich mich zu ihr beugen und sie küssen möchte.

»Bereit?«, frage ich in dem Wissen, dass ich nicht tun kann, was ich gern tun würde. Noch nicht zumindest.

»Bereit.« Sie seufzt, geht zur Veranda, hebt die Fußmatte an und holt einen Schlüssel hervor.

»Willst du mich verarschen?«, grolle ich und starre das kleine Ding in ihrer Hand an.

»Was ist?« Sie öffnet die Tür und geht hinein.

»Ellie, Baby, du kannst nicht einen Schlüssel für dein Zuhause an einem so offensichtlichen Ort deponieren. Das ist praktisch eine Einladung an jeden, der hierherkommt, um hereinzuspazieren und deine Sachen zu stehlen.«

»Bisher ist nie etwas passiert.« Sie zuckt die Schultern.

»Zum Glück, aber es gibt für alles ein erstes Mal.« Ich versuche, meine Stimme zu besänftigen, was äußerst schwierig ist, da ich angesichts der Tatsache, dass an einem Ort wie diesem eine alleinerziehende Mutter mit einer persönlichen Einladung unter ihrer verfickten Fußmatte lebt, so wütend bin.

»Ich werde es nicht wieder machen«, sagt sie, in meinem Gesicht lesend.

Ich nicke und lege Hope auf der kleinen Couch neben der Tür ab, bevor ich mich umsehe.

Ihr Zuhause ist nicht groß, aber sauber und gemütlich. Ein kleiner Flachbildfernseher steht vor dem Sofa auf einer Anrichte, umgeben von einer Menge Bilderrahmen. Auf den meisten Fotos sind Ellie und Hope zu sehen, aber auf einigen ist auch ein Mann mit einem Baby am Arm abgebildet. Es gibt auch eins mit demselben Kerl, aber dieses Mal hat er eine Frau an seiner Seite, die auf das kleine Bündel in ihrem Arm hinunterschaut, während er in die Kamera lächelt. Ich frage mich abwesend, ob das wohl Ellies Ex ist, kann aber nicht genug Mut aufbringen, sie zu fragen.

Ich wende den Blick von den Bildern ab und lasse ihn über den Rest der Umgebung schweifen. Ein stylischer Hocker steht in der Ecke, bringt Farbe in den Raum und harmoniert mit den Vorhängen am Fenster. In der Küche befindet sich ein schmaler Esstisch mit zwei Stühlen, die zwar schon älter sind, aber zur Einrichtung passen.

»Ich weiß nicht, was ich mitnehmen soll«, murmelt Ellie, geht hinüber zur Küche und sieht sich um.

»Was auch immer wir jetzt hierlassen müssen, können wir später noch holen«, sage ich sanft und geselle mich zu ihr. »Mein Zuhause hat alles, was du für den Moment brauchst.«

»Bist du dir wirklich sicher, dass wir bei dir wohnen sollen?« Fragend streicht sie sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. »Ich weiß, dass dein Dad gesagt hat, er könne uns ein Apartment in der Stadt besorgen.«

»Ich bin mir sicher.« Ärger breitet sich in meiner Brust aus. Ich möchte sie und Hope nicht außer Sichtweite haben. Und bei Gott, ich liebe meinen Dad, aber ich war kurz davor, ihn zu verprügeln, als er das vorschlug. »Wie meine Mom schon gesagt hat, bin ich selten zu Hause. Ich arbeite viel und mein Haus ist bereits mit Sicherheitsvorkehrungen ausgestattet. Dort ist es am sichersten für euch beide.«

Ihr Blick richtet sich auf die Couch und mir wird klar, dass es ohne Hope niemals auch nur eine Chance gegeben hätte, dass Ellie bei mir einzieht.

»Ich weiß das wirklich zu schätzen.«

»Baby«, murmle ich und sehe, wie sich ihre Augen halb schließen, »ich bin froh, dass ich helfen kann.«

Sie leckt sich über die Lippen, dann wird ihr Ausdruck sanft und wandert wieder zur Couch. »Hope wird ihr Bett mitnehmen wollen.«

»Zeig mir, wo es steht, und ich verstaue es im Truck, während du Kleidung und deine Sachen zusammensuchst.«

Nickend geht sie einen kurzen Flur entlang und bleibt vor einem Raum stehen, der kleiner als mein Kleiderschrank zu Hause ist. Dort befindet sich nicht viel, nur ein Bett in Kindergröße und eine weiße Kommode sowie ein pinker Vorleger voll mit Stofftieren. »Ich kümmere mich darum, geh du packen«, sage ich und reibe über ihre Arme.

Sie sieht über ihre Schulter zu mir und öffnet überrascht den Mund, als sie bemerkt, wie nah ich ihr bin. »I-Ich g-gehe schon«, stammelt sie und huscht unter meinem Arm hindurch über den Flur.

Ich sehe ihr nach, bis sie außer Sichtweite ist und lächle. Ellie mag es vielleicht nicht zugeben wollen, aber ich weiß, dass sie dieselbe Anziehung spürt wie ich.

Ich gehe in Hopes Zimmer und ziehe ihr pinkes Bettzeug und die Matratze ab, bevor ich das Gestell ins Wohnzimmer trage. Ehe ich es zum Truck hinausbringe, überprüfe ich, ob sie noch immer schläft.

Sobald wir erst einmal angefangen haben, dauert es nicht lang, bis wir alles zusammengetragen und auf der Ladefläche meines Trucks verstaut haben. Wir werden in einer Woche zurückkommen müssen, um auch den Rest auszuräumen, aber für den Moment haben wir alles, was sie brauchen.

»Baby, wir sind da«, flüstere ich und streiche mit meinem Finger Ellies Wange entlang. Eigentlich möchte ich sie gar nicht wecken. Sie ist zehn Minuten nach Verlassen des Restaurants, an dem wir nach dem Tanken Halt gemacht haben, mit dem Kopf auf meinem Oberschenkel eingeschlafen. Ich weiß, dass sie erschöpft sein muss, nach allem, was passiert ist.

Sie blinzelt zu mir hoch, wischt sich über die Mundwinkel und setzt sich dann rasch auf, um sich umzusehen. »Das ist dein Haus?«

Ich blicke durch die Windschutzscheibe und wundere mich darüber, dass sie so verängstigt aussieht. Es ist nicht das imposanteste Haus in der Straße, aber als es vor einem Jahr auf den Markt kam – hunderttausend unter dem Wert – musste ich es einfach kaufen. Seitdem bin ich dabei, es langsam zu renovieren und herzurichten. »Ja.«

»Es ist wirklich schön.« Sie schluckt, dann sieht sie sich die anderen Gebäude in der Straße an, die meinem recht ähnlich sind.

»Es ist jetzt auch dein Zuhause«, sage ich vorsichtig, weil ich diesen Ausdruck in ihrem Gesicht wegwischen möchte. Der, der sagt, dass sie das Gefühl hat, nicht hierherzugehören.

»Bis ich genug Geld zusammenhabe, um woanders unterzukommen«, murmelt sie und reibt sich über die Augen.

Ihren Kommentar ignorierend, steige ich aus dem Truck, ehe ich ihr mitteilen kann, dass es unter keinen Umständen einen Weg für sie gibt, jemals wieder auszuziehen. »Reiß dich am Riemen, bevor du sie verdammt noch mal verschreckst«, grummle ich in mich hinein und helfe ihr beim Aussteigen. Anschließend öffne ich Hopes Tür und grinse, als sich ihre Miene erhellt.

»Du lebst in einem Schloss!« Sie lächelt, löst ihren Gurt und erwischt mich unvorbereitet, als sie sich in meine Arme wirft.

Ich blicke zurück zum Haus. Vermutlich sieht es wirklich wie eine Art Schloss aus. Der alte, graue, viktorianische Backstein mit den zwei runden Räumen an der Seite des Hauses lässt es wirken, als hätte es zwei Türme. Hinzu kommen die weißen Verzierungen entlang der Kanten und jedes hat ein großes Fenster, das einem Ausblick ähnelt. »Ich vermute, das stimmt«, erwidere ich und setze die Kleine ab.

»Sooo cooool«, ruft sie aufgeregt und schaut mit ihren großen braunen Augen zu mir hoch. Meine Brust zieht sich wieder mal schmerzhaft zusammen.

Ich nehme meine Mütze ab und drehe mich zu Ellie um. »Warum bringe ich euch beide nicht nach drinnen und ihr schaut euch ein wenig um, während ich die Sachen reintrage?«

»Bist du sicher?« Ellie hebt Hope hoch und betrachtet dann unsicher all die Dinge im hinteren Teil des Trucks. Das Meiste ist in schwarzen Müllsäcken verpackt.

»Bin ich. Außerdem solltest du im Bett liegen und dich ausruhen, nach allem, was passiert ist.« Ich nehme ihre Hand und führe sie die Vordertreppe hinauf. Während ich zum Keypad laufe, um den Alarm auszuschalten, lasse ich sie weiter zur Eingangstür gehen. »Der Code lautet null-vier-null-drei. Ich möchte, dass der Alarm immer aktiviert ist, wenn ich nicht bei dir im Haus bin.« Als sie nickt, fasse ich wieder nach ihrer Hand und zeige ihr das Wohnzimmer, die Küche und das untere Bad, bevor ich sie zur Treppe bringe. »Du kannst dir ein Zimmer aussuchen.«

»Welches gehört dir?«, fragt sie, als wir ins Obergeschoss gelangen.

»Das am Ende des Flurs.« Ich nicke in Richtung meines Reichs und sie blickt in die entgegengesetzte. Ich lasse meine Hand sinken und stelle Hope auf den Boden hinunter.

Ellie öffnet die Tür vor uns – natürlich die, die am weitesten von meiner entfernt ist, und ich muss mir ein Lachen verkneifen. Ein paar Meter Entfernung und eine Tür zwischen uns werden auf lange Sicht nichts bedeuten, aber ich will ihr zumindest für den Augenblick das Gefühl von Abstand lassen. »Wir nehmen diesen Raum.«

»Es gibt hier genügend Platz, Hope kann ihr eigenes Zimmer haben«, sage ich sanft.

»Ich fühle mich besser, wenn sie in meiner Nähe ist, zumindest erst mal«, antwortet sie im gleichen Tonfall. Dabei schiebt sie sich die Haarsträhne, die sich ständig aus ihrem Knoten löst, wieder hinter das Ohr zurück.

»Mama, ich möchte im Turm wohnen wie eine echte Prinzessin.«

Ich drehe mich um und sehe, dass Hope die Tür am anderen Ende des Flurs geöffnet hat. Sie führt in ein Zimmer, das über einen runden Teilbereich verfügt, der in den Vorgarten hinausgeht und große Fenster mit einer Sitzbank darunter hat.

»Du möchtest nicht bei mir schlafen?«, hakt Ellie nach und Hopes Ausdruck wird für einen Moment bezaubernd zerknirscht, so als würde sie darüber nachdenken, dann schüttelt sie den Kopf.

»Ich bin kein Baby mehr, weißt du?«

»Nein, ich schätze, das bist du nicht.« Ellie seufzt und sieht mich an, während sie auf ihrer Unterlippe herumkaut. »Macht es dir wirklich nichts aus, wenn wir zwei Zimmer belegen?«

»Überhaupt nicht.« Ich lächle, als sie ans Ende des Flurs zu meiner Tür blickt und dann wieder zu der ihres Zimmers. Ich kann es praktisch in ihrem Kopf arbeiten hören. »Warum macht ihr zwei euch nicht etwas frisch, während ich alle Sachen reinbringe?«, frage ich und zeige ihnen das Bad.

»Badewanne, Badewanne«, quietscht Hope, springt auf und ab, und ich kann nicht anders, als zu lachen.

»Ich bringe eure Klamotten als Erstes nach oben, damit ihr im Anschluss etwas Sauberes zum Anziehen habt.«

»Danke, Jax«, flüstert Ellie.

»Kein Problem, Baby.« Ich schaue zu Hope hinunter, als diese meine Hand nimmt und daran zieht.

»Mama ist doch kein Baby.« Sie grinst und steckt auch mich damit an, als sie ins Badezimmer rennt.

Ich lehne mich gegen den Türrahmen und sehe den beiden dabei zu, wie sie das Badewasser einlassen. Als sie die Schuhe ausziehen, reiße ich mich von dem Anblick los und lasse sie allein. Ich habe mir nie viele Gedanken darüber gemacht, Kinder zu haben, aber an Hopes Lachen könnte ich mich gewöhnen.

Während ich nach unten gehe, wähle ich die Nummer meiner Mutter, da sie bereits einige Male angerufen hat.

»Ist dir nicht klar, welche Sorgen wir uns gemacht haben?«, schimpft sie gleich nach dem ersten Klingeln.

»Du wusstest, dass ich mit dem Auto unterwegs bin.« In dem Wir ist Dad nicht enthalten, sondern nur meine Mom. Sie macht sich immer Sorgen.

»Du hast Bluetooth«, antwortet sie, scheinbar etwas verärgert.

»Ellie und Hope haben geschlafen und ich gehe nicht ans Telefon, wenn die Mädchen ebenfalls im Wagen sind.«

»Oh Gott, es passiert wirklich, oder?«, sagt sie leise, was ein Stirnrunzeln meinerseits zur Folge hat.

»Was passiert?«

»Nichts«, erwidert sie rasch. »Wie geht es Ellie und wie ist Hope so?«

»Ellie ist müde, aber okay. Hope ist süß, du wirst sie lieben.«

»Ich wünschte, es wäre nicht so spät«, grummelt sie und bringt mich damit zum Lachen.

»Du kannst morgen vorbeikommen. Wenn ich Ellie auch nur ein kleines bisschen kenne, wird sie mit Sicherheit sobald wie möglich in den Salon wollen.«

»Ich kann sie hinbringen«, bietet meine Mom sofort an, während ich zwei der Tüten aus dem hinteren Teil des Trucks nehme und nach drinnen bringe.

»Danke, Mom.«

»Ich bin froh, wenn ich helfen kann.«

»Wo ist Dad?«

»Er ist hier. Warte kurz«, sagt sie und ich bin mir sicher, dass sie auf seinem Schoß oder an ihn gekuschelt sitzt, so wie immer.

»Hey, Kumpel«, höre ich seine tiefe Stimme durch den Hörer.

»Hey, Dad. Hast du morgen schon was vor?«

»Hab nichts geplant. Was steht an?«

»Ich muss Ellie einen fahrbaren Untersatz beschaffen. Hättest du Zeit, mit mir zu kommen?«

»Klar, ich bringe deine Mom am Morgen vorbei, da sie schon darauf brennt, Hope zu treffen, und dann können wir von dort aus starten.«

»Danke«, antworte ich, trage die beiden Tüten nach oben und setze sie in dem Zimmer ab, das sich Ellie ausgesucht hat.

»Jederzeit. Kommt erst mal etwas zur Ruhe und wir sehen uns dann morgen Früh.«

»Bis dann.« Ich lege auf und gehe wieder nach draußen.

Mein Handy klingelt erneut und ich schüttle den Kopf, als ich Mellissas Nummer mit dem blinkenden Schlachtermesser daneben erblicke. Dieses Emoji hat meine Schwester Ashlyn ihr verpasst. Mellissa und ich haben uns in der Highschool gedatet und hatten während des Sommers einmal was miteinander. Ich hätte gedacht, dass sie sich vielleicht mit dem Alter und durch das College verändern würde, aber sie ist heute ein noch größeres Miststück als damals. Daher ignoriere ich ihren Anruf, verstaue das Telefon in meiner Tasche und hole auch den Rest der Sachen ins Haus. Als ich alles nach oben getragen habe, liegen die beiden Mädchen in Ellies Zimmer im Bett.

»Danke, dass du alles nach drinnen gebracht hast.« Ellie klingt schläfrig.

»Kein Problem.« Ich zucke die Schultern und sehe erst jetzt, als sie aufsteht, dass sie nur ein Shirt trägt, das ihr bis zur Mitte der Oberschenkel reicht.

Ich betrachte sie, als sie zu mir herüberkommt. Beim Anblick ihrer schlanken Beine und der Art, wie ihr Haar über ihre Schultern fällt, kann ich mir vorstellen, wie sie nackt auf mich zukommt, während ihr Haar die Spitzen ihrer Brüste berührt.

»Ax, ich liebe deine Badewanne«, jubelt Hope und reißt mich damit aus meinen Gedanken.

Ich räuspere mich und sehe an Ellie vorbei zu Hope, die nun auf dem Bett steht und auf und ab hüpft.

»Das freut mich, Liebes«, antworte ich. Daraufhin lächelt sie, springt von der Matratze und landet zum Glück auf ihren Füßen, als ich bereits mit bis zum Hals pochendem Herzen zu ihr eile. »Sei vorsichtig«, murmle ich und nehme sie auf den Arm. Doch das bringt sie nur wieder zum Lachen.

»Nicht auf dem Bett herumspringen«, ermahnt Ellie sie und Hope grinst, bevor sie sich aus meiner Umarmung windet und an ihrer Mom vorbei aus dem Zimmer saust.

»Sie ist ein echter Wirbelwind«, murmelt Ellie und sieht zwischen der Tür und mir hin und her.

»Sie ist süß.« Außerdem habe ich mir bereits gedacht, dass ich alle Hände voll zu tun haben würde mit ihr und ihrer Mutter. »Du siehst fertig aus.«

»Bin ich auch, aber Hope möchte in ihrem eigenen Bett schlafen, also werde ich das für sie herrichten.« Sie wendet sich gähnend zur Tür.

»Ist bereits erledigt.«

Sie stoppt in ihrer Bewegung und sieht mich über die Schulter hinweg an. Etwas huscht über ihr Gesicht, aber sie senkt den Kopf, bevor ich entschlüsseln kann, was es ist. »Danke dir«, sagt sie und verlässt den Raum. Ich folge ihr in Hopes Zimmer und bleibe hinter ihr stehen. »Sie schläft schon«, wispert sie und legt den Kopf in den Nacken, um mich anzusehen. Mit dem Kinn deute ich nach draußen, lege ihr eine Hand auf die Schulter und fasse dann um sie herum, um das Licht auszumachen. »Du hast ihr ja sogar ein Nachtlicht besorgt«, flüstert Ellie fast schon ehrfurchtsvoll.

Ich lasse meine Hand ihren Arm hinabgleiten, lege sie auf ihre Hüfte und drücke einmal sanft zu. Dieses Mal weicht sie nicht zurück, sondern erzittert. »Leg dich hin, Babe, du musst dich ausruhen.«

»Okay.« Sie schluckt und ich bemerke die Röte auf ihren Wangen, die zuvor nicht dort gewesen ist, als sie an ihrer Schlafzimmertür Halt macht.

»Ich bin gleich den Flur runter, wenn du mich brauchst. Erinnerst du dich an den Code für das Haus?«

»Null-vier-null-drei.« Sie nickt.

»Gutes Mädchen.« Ich lächle und streiche über ihre Wange. Bei meiner Berührung senkt sie die Lider ein wenig. »Mom und Dad kommen am Morgen vorbei.«

»Oh.«

»Mom meinte, dass sie dich zum Salon bringen würde, wenn du möchtest.«

»Das würde ich gern.« Ihr Gesicht erhellt sich.

»Das habe ich mir gedacht.« Ich lächle, als sie wieder gähnt. »Schlaf etwas.«

»Gute Nacht, Jax«, sagt sie und geht in ihr Zimmer.

»Nacht, Ellie«, antworte ich leise, während ich beobachte, wie sie ihre Tür schließt, und gehe schließlich den Flur hinunter zu meinem Schlafzimmer.