Über Katharina Peters

Katharina Peters, Jahrgang 1960, wurde in Wolfsburg geboren. Sie lebt heute als freie Autorin in Berlin und auf Rügen.

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Rügen sehen und sterben

Romy Becarre glaubt auf Rügen, ein wenig zur Ruhe zu kommen. Doch kaum hat sie sich auf ihrer neuen Dienststelle eingerichtet, hat sie ihren ersten Fall. Nach einem anonymen Anruf findet die Polizei auf dem Gelände einer Fischfabrik im Sassnitzer Hafen die Leiche des seit anderthalb Tagen vermissten Kai Richardt. Der 45-jährige Geschäftsmann, Familienvater und Triathlet aus Bergen, verlor im Keller eines Lagerhauses sein Leben. Bei der Durchsuchung des Lagerhauses stößt Romy auf eine zweite Leiche. Das Skelett einer Frau wird gefunden, die im Jahr 2000 spurlos verschwand, als sie auf der Insel merkwürdigen Geschäften des toten Richardts nachging. Doch wo ist der Zusammenhang zwischen den beiden Mordfällen?

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Katharina Peters

Hafenmord

Ein Rügen-Krimi

Inhaltsübersicht

Über Katharina Peters

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Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Epilog

Leseprobe aus: Katharina Peters – Dünenmord

Impressum

PROLOG

Der Typ war topfit. Von Buschvitz nordöstlich von Bergen über die Boddenstraße und Lietzow bis nach Sassnitz an den Hafen waren es gut und gerne zwanzig Kilometer, für die er mit seinem schwarz-roten Crossbike kaum fünfundvierzig Minuten brauchte. Der Mann sei ein bestens trainierter Triathlet, der keine Mühe habe, mal eben fünfzig Straßenkilometer unter die Pedale zu nehmen, hatte Tim gesagt. So sah er auch aus: Eine drahtige Gestalt in Radsportklamotten, der kleine Rucksack saß perfekt, windschnittiger Helm. Man dürfe ihn keinesfalls unterschätzen, hatte Tim noch betont, und der, selbst Ausdauersportler, musste es ja wissen.

Steffen folgte dem Mann seit einigen Tagen wie ein Schatten. An diesem Morgen war er, wie abgesprochen, in aller Herrgottsfrühe über die Rügenbrücke von Stralsund herübergekommen, vorbei an der blaugrün gestrichenen Volkswerft. Die ersten Angler hatten bereits ihre Plätze eingenommen und trotzten stoisch dem Wind. Steffen hatte keine Ahnung, warum Tim wissen wollte, was dieser Kerl trieb.

»Sein Name ist Kai Richardt, und er ist ein mieses Schwein. Alles Weitere wirst du zu gegebener Zeit erfahren«, hatte er nur gesagt.

Aber eigentlich spielte das ohnehin nur eine untergeordnete Rolle. Es war Tim wichtig, über jeden seiner Schritte Bescheid zu wissen, ob der Mann nun geschäftlich unterwegs war, zu Hause auf der Terrasse saß, mit seinen Kindern herumalberte oder sein Trainingsprogramm abspulte. Also machte Steffen seinen Job, und er war felsenfest davon überzeugt, dass er ihn völlig unbemerkt erledigte.

Es gab kaum etwas, was Steffen für Tim nicht getan hätte – seit jener Nacht, als er ihn davor bewahrt hatte, von einer Horde rechter Arschlöcher fertiggemacht zu werden. Wie lange war das her – drei Jahre? Vier? Egal – eine halbe Ewigkeit. Steffen hatte damals auf der Straße gelebt und war richtig heruntergekommen. Seine eigene Mutter hätte ihn kaum wiedererkannt – wenn sie sich die Mühe gemacht hätte, ihm einen Blick zuzuwerfen.

Eines Nachts hatte er in einem Hauseingang in der Heinrich-Mann-Straße in Knieper-Nord Schutz gesucht. Die vier Glatzen waren ihm erst aufgefallen, als sie direkt vor ihm gestanden hatten. Einer hatte ihn festgehalten, ein Zweiter zugetreten, ein Dritter losgedroschen wie ein Irrer, der Vierte hatte zugesehen und höhnisch dazu gegrölt. Wenn Tim nicht zufällig vorbeigefahren und angehalten hätte, um ihm zu helfen, wäre die Sache übel für ihn ausgegangen. Sehr übel.

Seitdem hatte sich nicht alles, aber doch manches grundlegend geändert. Steffen lebte nicht mehr auf der Straße, sondern wohnte in einem Zimmer unter dem Dach des Vereinsheims in Stralsund, in dem Tim sich regelmäßig mit seinen Sportsfreunden traf, und erledigte im Lokal und in Tims Sportgeschäft alle möglichen Jobs. Er fuhr einen alten weinroten 500er Fiat, an dem er wochenlang herumgeschraubt hatte. Hin und wieder soff er noch, aber deutlich weniger und niemals, wenn er mit dem Wagen unterwegs war. Darauf hatte er Tim sein Ehrenwort geben müssen. Er trieb Sport, vornehmlich Kampfsport, und es verschaffte ihm ein tiefes Gefühl der Befriedigung, wenn er spürte, wie gut er in Form war – trotz allem, was er seinem Körper im Laufe der Jahre zugemutet hatte.

Doch gegen die bleischwere Mutlosigkeit, die ihn seit seiner Jugend regelmäßig heimsuchte, schien kein Kraut gewachsen zu sein und auch nicht gegen diese eindringliche Gewissheit, dass sie ihn eines Tages zerstören würde – egal, wie sehr er bemüht war, sein Leben in den Griff zu bekommen, und egal, ob ihn jemand wie Tim zu retten versuchte.

Hinter dem Großen Wostevitzer Teich bog Kai Richardt zunächst in Richtung Fährhafen ab, um dann im Affenzahn am Kriegerfriedhof und Schmetterlingspark vorbeizusausen und Kurs auf den Sassnitzer Stadthafen zu nehmen. Dort drosselte er das Tempo deutlich und radelte schließlich gemütlich auf das Gelände der Fischfabrik, um am Haupteingang des Bürotrakts zu halten. Er stieg ab, lockerte kurz seine Beine, löste den Verschluss des Helms und betrat das Gebäude mit schwungvollen Schritten.

Steffen lenkte seinen alten Fiat auf den Parkplatz am Fischimbiss und parkte ihn hinter einem Transporter. Er stieg aus, hielt die Nase in den Wind und überlegte gerade, sich ein Matjesbrötchen zu besorgen, als der Biker wieder auftauchte. Steffen trat rasch hinter den Transporter und ging in die Hocke, ohne den Mann aus den Augen zu lassen.

Statt sich erneut in den Sattel zu schwingen, sah Richardt sich zunächst unauffällig um, bevor er dann – das Rad locker mit einer Hand neben sich herschiebend – bis ans Ende der Fischfabrik schlenderte. Tim glaubte nicht, dass er sich nur die Beine vertreten und einen Blick auf die geschwungene und zugegebenermaßen eindrucksvolle Fußgängerhängebrücke werfen wollte, die Hafen und Stadtzentrum miteinander verband. Steffen richtete sich auf und folgte ihm in gebührendem Abstand.

Auf dem Fabrikgelände war wenig los. Zwei Männer standen im Gespräch vertieft an einem offenen Tor und sahen nicht mal zur Seite, als Steffen vorbeiging. Auch Richardt hatten sie keines Blickes gewürdigt. Ein LKW fuhr rumpelnd vom Hof. Eine frische Brise trug das Geschrei der Möwen und den satten Klang eines Schiffshorns herüber. Richardt beschleunigte aus unerfindlichen Gründen plötzlich seine Schritte und bog um die Ecke. Steffen musste sich sputen, um zu ihm aufzuschließen.

Hinter der Fabrik und dem Bürotrakt verwaisten einige alte abgelegene Gebäude in trübem Graubraun, die teils zerfielen, teils als Lager- und Geräteschuppen genutzt wurden, wie Steffen vermutete. Zwischen den Gebäudeteilen stand dürftiges Gras; ein mindestens zwanzig Jahre alter LKW samt Anhänger verrottete; ausrangierte Fischkisten und zerschlissene Seile dümpelten vor sich hin; aus einem ausgeschlachteten Trabant quoll Unrat. Ein Ort für Ratten. Betreten verboten.

Steffen schlich gebückt hinter einen Schuppen und beobachtete mit angehaltenem Atem, wie der Mann gerade das Tor eines langgestreckten Backsteingebäudes mit zwei blinden vergitterten Fenstern öffnete und sein Rad hineinschob. Das Tor klackte leise, als das Schloss hinter ihm zuschnappte.

Steffen runzelte die Stirn. Er griff nach seinem Handy und rief Tim an, um ihm mit gedämpfter Stimme Bericht zu erstatten. Die Anweisung, die er nach kurzer Pause erhielt, war unmissverständlich.

Steffen stand auf, straffte die Schultern und sah sich aufmerksam um, bevor er mit eiligen und leisen Schritten zum Tor hinüberlief und lauschte. Im Gebäude war es still, und das Tor ließ sich nicht öffnen. Steffen verharrte. Nach etwa zehn Minuten hörte Steffen plötzlich Schritte und leises Pfeifen. Dann knarzte es, und das Tor wurde ein Stück zur Seite geschoben.

Steffen fuhr herum, schob sich blitzschnell in den Spalt und schlug den Typen nieder, bevor der auch nur einen Mucks von sich geben konnte. Er verriegelte das Tor von innen, fesselte und knebelte den Mann und nahm sein Handy an sich. Dann wartete er auf Tim.

1

Kommissarin Ramona Beccare war erleichtert, als das Telefon klingelte und Kollege Kasper Schneider ihr Wochenende am Sonntagabend vorzeitig beendete. Sie war gerade in ihre Wohnung nach Binz zurückgekehrt: Salzgeruch auf der Haut und das aufgewühlte Meer noch vor Augen. Moritz im Herzen. Melancholisch bis auf die Knochen und gar nicht italienisch temperamentvoll, wie man es ihr gerne nachsagte, geschweige denn unbeschwert und fröhlich.

Sie legte den Motorradhelm auf die Küchenbank, schüttelte ihr schwarzes lockiges Haar zurecht und meldete sich nach kurzem Blick aufs Display. »Guten Abend, Kollege. Gibt es Arbeit für uns?«

»Kann man so sagen. Üble Sache«, erwiderte Schneider nach knapper Begrüßung. Er klang angestrengt. Das war selten.

»Geht das genauer?«

»Jo – ’ne Leiche auf dem Gelände hinter der Fischfabrik am Sassnitzer Hafen. Vorher gab’s ’nen anonymen Anruf.«

Mehr hatte er im Moment nicht zu sagen. Die Kommissarin seufzte. Kasper Schneider war wie die meisten Rüganer nicht gerade als exzessiver Redner oder leutseliger Plauderer verschrien. Das war häufig hilfreich, zeitsparend und angenehm, manchmal jedoch nervtötend und mühsam.

In Rostock und Schwerin, wo Ramona Beccare, genannt Romy, in den vergangenen Jahren als Ermittlerin in verschiedenen Mordkommissionen gearbeitet hatte, bevor sie vor einem guten halben Jahr als leitende Kommissarin nach Bergen auf Rügen wechselte, war es im Gespräch auch selten ausschweifend zugegangen. Romy war also mit einer gewissen nördlichen Sturheit durchaus vertraut und hatte bereits gelernt, ihr südländisches Temperament zu zügeln. Besser gesagt: Sie bemühte sich immer wieder darum, und der Lernprozess war noch lange nicht abgeschlossen.

So nahm sie die landestypisch verbale Zurückhaltung ihres Kollegen Kasper Schneider meist gelassen zur Kenntnis. Der Mann war ein hervorragender Organisator mit einem bemerkenswerten Gedächtnis, und sie konnte bestätigen, dass sein Ruf als bester Hobbykoch auf Rügen – zumindest in Polizeikreisen – völlig angemessen war. Außerdem hatte er ihr den Neubeginn in Bergen leichtgemacht. Mit gut über sechzig Jahren fürchtete der Mann keine Konkurrenz mehr, sondern freute sich über die Verstärkung in Gestalt einer jungen Kommissarin, die in ihrer Freizeit boxte und im Einsatz gerne in vorderster Linie zeigen durfte, was sie drauf hatte. Wenn er sein verschmitztes Lächeln zeigte, hatte er sogar was von Hardy Krüger. Aber das durfte sie ihm vielleicht mal in zwanzig Jahren sagen. Wenn überhaupt.

Die 35-jährige gebürtige Münchnerin hatte ihre Laufbahn in der bayerischen Landeshauptstadt bei der Sitte begonnen und kurze Zeit später in Köln fortgesetzt. Ihre Eltern waren entsetzt gewesen, als es sie schließlich sogar nach Mecklenburg-Vorpommern verschlagen hatte – der Liebe wegen. Der Liebe zum Meer. Der Liebe zu Moritz, der aus Rostock stammte und Polizeischüler unterrichtet hatte. Mit dem sie die schönsten Tage ihres Lebens auf Rügen verbracht hatte, in einem kleinen Bungalow in Gager, im Südosten auf der Halbinsel Mönchgut, wo sie sich gar nicht satthören konnte am Rauschen des Meeres und sich den heftigsten Sonnenbrand ihres Lebens geholt hatte. Moritz war im letzten Sommer seinen vierten Marathon gelaufen – und er war bei Kilometer sechsunddreißig den plötzlichen Herztod gestorben.

Romy hatte ihre Eltern nicht zum ersten Mal enttäuscht. Bereits die Entscheidung, zur Kripo zu gehen, statt ihre berufliche Zukunft im elterlichen Restaurant zu suchen, hatte fast den Bruch bedeutet und leidenschaftlich geführte Auseinandersetzungen nach sich gezogen. Romys Vater Frederico stammte aus Neapel und führte zusammen mit seiner Frau, einer waschechten Münchnerin, seit Jahrzehnten ein angesehenes Lokal in Schwabing. Nach seinem Familien- und Selbstverständnis hatten die Kinder die Tradition im Sinne der Eltern fortzusetzen, und zwar voller Begeisterung, Hingabe und Dankbarkeit. Romy liebte ihre Eltern, aber das Leben in Schwabing war nie ihres gewesen, ihr Kochtalent verdiente kaum diese Bezeichnung, und ihr Interesse an der Gastronomie tendierte gegen null.

Leider führte das Thema immer wieder zu hitzigen und lautstarken Diskussionen – auch und gerne am Telefon –, zumal Romys älterer Bruder Roberto inzwischen ebenfalls andere berufliche Pläne hatte, oder besser gesagt: Er hatte keine Lust mehr, unter der Fuchtel des Vaters zu stehen. Romy hatte volles Verständnis für ihn und hielt mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg.

Die Kommissarin schüttelte die Gedanken ab, schlüpfte in ihre Lederjacke und griff zum gerade abgelegten Helm. Ihre Vespa war noch warm, ein kräftiger Ostwind hatte merklich aufgefrischt. Sie fuhr auf der Prorarer Chaussee die Küste entlang in Richtung Norden, links den Kleinen Jasmunder Bodden, rechts die Prora hinter sich lassend.

Die von den Nazis erbaute gigantische Ferienanlage, die weder fertiggestellt noch je ihrer ursprünglichen Bestimmung übergeben worden war, versetzte Romy mit ihrer wuchtigen Präsenz stets aufs Neue in Erstaunen. Mehr noch – die Anlage war ihr unheimlich, auch noch beim dritten und vierten Rundgang. Der dunkle Koloss war mehrere Kilometer lang und beherbergte nach der wechselweisen Nutzung von Militär, Volkspolizei und Bundeswehr inzwischen zahlreiche Ausstellungen und Projekte und bot Platz für kulturelle Veranstaltungen der unterschiedlichsten Art. Doch ein Großteil des Gebäudekomplexes, der in beeindruckendem Kontrast zum ansonsten schicken Binzer Bäderambiente stand, verfiel in stummer Anklage. So hatte sie es Moritz gegenüber ausgedrückt. Der hatte gelacht, sie geküsst und dabei ein Handyfoto von ihnen beiden gemacht, direkt vor dem Haupteingang. Glücklich auch im Angesicht der Prora, hatte er es genannt.

Das Ostseebad Binz war auf der Suche nach einer Wohnung nicht Romys erste Wahl gewesen – zu edel und zu viele Touristen, so hatte ihr Urteil gelautet. Am liebsten hätte sie sich in einem kleinen, abseits gelegenen Fischerdorf in einem reetgedeckten Haus verkrochen. Aber ums Verkriechen ging es nicht und um ewigen Urlaub auf Rügen auch nicht. Also verband sie den Wunsch, in direkter Nähe zu Meer und Wald zu wohnen, mit der Notwendigkeit, mit ihrem Roller bis Bergen nicht länger als fünfzehn Minuten zu brauchen, zumindest außerhalb der Urlaubssaison, und fand schließlich im östlichen Teil des Ostseebades im Buchenweg eine schöne, bezahlbare Bleibe. Sie hatte schnell zugegriffen, ohne es bislang bereut zu haben. Allerdings hatte sie auch noch keine Hochsaison auf Rügen erlebt. Manchmal hörte sie vom Balkon aus den Rasenden Roland.

Der Zugang zu den alten Gebäuden hinter der Fischfabrik war weiträumig abgesperrt, und das Gelände wurde mit Baustrahlern ausgeleuchtet. Uniformierte Polizisten suchten die Umgebung ab oder befragten Leute. Fischkutter schaukelten im Hafenbecken. Kasper Schneider kam ihr entgegen, als Romy ihren Roller abstellte. Eine Windböe blies ihr ins Gesicht und nahm ihr für einen Moment den Atem.

»Die KTU kommt gleich«, sagte er statt einer Begrüßung und fuhr sich mit beiden Händen durch den eisgrauen Haarschopf. »Die Leiche liegt im Keller.«

»Weiß man schon …?«

»Kai Richardt, fünfundvierzig, Geschäftsmann und Familienvater aus Buschvitz. Seine Frau hat ihn gestern Nachmittag als vermisst gemeldet«, erklärte er gemächlich, aber in konzentriertem Tonfall. »Er ist frühmorgens zu einer Radtour aufgebrochen und nicht wieder nach Hause gekommen. Thomas Bittner, der Inhaber der Fischfabrik, hat gerade ausgesagt, dass Richardt ihn am Morgen kurz im Büro besucht hat. Die beiden sind alte Freunde und Sportkollegen. Richardt wollte eine Kleinigkeit an seinem Fahrrad reparieren – in dem Gebäude gibt es eine Werkstatt – und dann wieder zurückfahren. Wahrscheinlich ist er dort überfallen worden. Man hat ihn in den Keller gebracht, gefesselt und totgeschlagen.«

Romy nickte. Für Kaspers Verhältnisse war das ein Vortrag mit Überlänge gewesen. »Haben wir es hier mit einem Raubüberfall zu tun?«

Kasper schüttelte den Kopf. »Glaub ich nicht – Geld, Ausweis und Schlüssel haben wir in seinem Rucksack gefunden. Allerdings fehlt das Handy, zumindest nach der ersten Sichtung. Und die Werkstatt sieht auch nicht nach Beutemachen aus.«

»Hat ihn bereits jemand eindeutig identifizieren können?«

»Ja. Wir haben Bittner ein Foto gezeigt, das wir im Keller gemacht haben – da unten soll niemand rumlatschen, solange die Techniker nicht durch sind«, fügte er erklärend hinzu.

»Weiß die Ehefrau schon Bescheid?«

Er schüttelte den Kopf. »Nö. Da war noch niemand. Sollten wir vielleicht anschließend zusammen machen.«

»Okay. Gehen wir.«

Meine letzte Leiche liegt schon eine ganze Weile zurück, dachte Romy, während sie Kasper ins Gebäude folgte – meine letzte berufliche Leiche, verbesserte sie sich rasch. Sie riss sich nicht um die Tatortbesichtigung, aber sie wich ihr auch nicht aus. Es erforderte Mut, genau hinzusehen, alles zu registrieren und dabei nichts zu bewerten: emotional zu bewerten. So hatte es Moritz seinen Schülern immer geraten.

Die Schule war das eine, der Einsatz das andere. Aber es war hilfreich, Ereignisse und Gegebenheiten zu versachlichen, in ihrem speziellen Kontext zu belassen und niemals auf sich selbst zu beziehen. Hätte sie das nicht frühzeitig gelernt, wäre sie keine drei Wochen bei der Sitte oder der Mordkommission geblieben.

Kasper und Romy durchquerten einen Raum, der offensichtlich als Werkstatt und Lager für Fahrräder, Zubehör und Kajaks diente. Es roch nach altem Gemäuer, feucht, erdig und dezent nach Fisch. Aber hier roch alles mehr oder weniger dezent nach Fisch. Durch eine weitere Tür gelangten sie an einen Treppenabgang. Ein kalter Luftstrom ließ Romy erschaudern. Kasper wies nach unten.

»Das Haus ist komplett unterkellert«, erklärte er. »Die Räume sind voller Gerümpel, dienen als Abstellkammern oder sind leer – sagt Bittner.«

Die Leiche von Kai Richardt lag ausgestreckt im ersten Keller rechts neben der Treppe – ein düsteres, kaltes Verlies, das – abgesehen von einigen Brettern, Holzkisten und Bohlen – leer war. Ein Strahler war direkt auf den Leichnam gerichtet, ein zweiter leuchtete den Raum aus. Romy nestelte Handschuhe aus der Innentasche ihrer Jacke und hockte sich neben ihn. Sie sammelte sich kurz, hob den Blick und sah ihn an.

Der Tote lag in seinen Radsportklamotten auf der Seite. Der Kopf war blutverkrustet, Hände und Füße waren mit dünnen Seilen straff hinter seinem Rücken gefesselt. Ein weiteres Seil verband die Fesseln miteinander und führte zu einem robusten, in der Wand verankerten Eisenring, wo es mehrfach verknotet war. Da hatte jemand ganz sichergehen wollen. Ein Knebel lag auf dem Boden. Romy wies Kasper mit beiläufigem Nicken darauf hin. Der nickte ebenso beiläufig zurück.

Der Mann muss mal sehr gut ausgesehen haben, dachte sie – bevor man ihm den Schädel eingeschlagen hatte. George-Clooney-Typ, aber drahtiger und durchtrainierter – vermutete sie zumindest, ohne George Clooney mit dieser Einschätzung zu nahe treten zu wollen. Sie tastete nach seinem Nacken und prüfte, ob der Kopf noch beweglich war. In ähnlicher Weise kontrollierte sie Kniegelenke und Ellenbogen. Die Totenstarre war fast vollständig ausgebildet. Richardt war also mindestens seit acht, angesichts der niedrigen Temperaturen im Keller wahrscheinlich zehn oder sogar schon zwölf Stunden tot.

»Man hat ihn ziemlich übel zugerichtet«, bemerkte sie und erhob sich wieder. »Ohne dem Rechtsmediziner vorgreifen zu wollen: Ich schätze, der ist heute Morgen gestorben.«

Von oben waren plötzlich Stimmen und Schritte zu hören, die sich schnell näherten. Zwei Kriminaltechniker in weißen Schutzanzügen eilten die Treppe herunter. Der ältere von beiden, ein hagerer Mann mit stechend blauen Augen, runzelte die Stirn, als er die beiden Kommissare bemerkte. Romy zeigte ihm rasch ihre behandschuhten Hände.

»Wir machen euch sofort Platz, Kollegen«, versicherte sie.

»Besser ist es.«

»Könnt ihr mir Aufnahmen …«

»Wir machen das nicht zum ersten Mal«, unterbrach der Hagere sie ruppig. »Wer sind Sie überhaupt?«

Romy wischte die wütende Entgegnung, die ihr auf der Zunge lag, mühsam beiseite und zwang sich zu einem Lächeln. »Darf ich mich vorstellen? Ich bin die neue leitende Kommissarin aus Bergen: Ramona Beccare, und ich verschaffe mir gerade einen Überblick über den Tatort.«

»Ach ja …« Er nickte. Ein Anflug von Unsicherheit stahl sich über das Gesicht des Hageren. »Hab davon gehört. Die Italienerin.«

»Nicht ganz«, gab Romy zurück, ohne den genervten Tonfall zu überdecken. »Ich bin in Deutschland geboren – in München. Allerdings ist mein Vater in Neapel zur Welt gekommen.« Sie hob die Brauen. »Ich hoffe, Sie sind jetzt nicht allzu enttäuscht.«

»Aha. München. Verstehe.« Er runzelte die Stirn und warf Kollege Schneider einen fragenden Blick zu. »Na gut. Wir machen dann mal unsere Arbeit.«

»Jo«, meinte Kasper zustimmend. »Nur zu.«

Ramona ging jede Wette ein, dass für den Kriminaltechniker zwischen München und Neapel lediglich ein gradueller Unterschied bestand. Wenn überhaupt.

»Ich möchte Detailaufnahmen von den Fesseln«, sagte sie ruhig.

»Kriegen Sie.« Der Mann wandte sich ab, ohne die Kommissarin noch eines weiteren Blickes zu würdigen.

Romy drehte sich zur Treppe um. »Ist es hier passiert?«, fragte sie Kasper, während sie hochgingen.

»Sieht ganz so aus. Kampf- und Blutspuren sind bislang auf dem Gelände nicht gesichert worden. Aber die Kollegen haben ja ihre Arbeit gerade erst aufgenommen.«

Romy atmete erleichtert auf, als sie wieder ins Freie traten. Ihr Blick fiel auf einen hochaufgeschossenen, schlaksigen Mann in auffallend feinem Zwirn, der direkt hinter der Absperrung neben zwei Polizisten stand und zu ihnen herüberstarrte.

»Ist das Bittner?«, fragte sie Kasper.

»Ja, das ist er. Willst du gleich mit ihm reden?«

»Gute Idee. Kümmerst du dich um den anderen Kram hier?«

Schneider nickte. Romy ging auf den Mann zu, der sichtlich mitgenommen wirkte. »Herr Bittner?«

»Ja.« Er sah sie zugleich ernst und verdutzt an. »Sind Sie auch von der Polizei?«

»Kommissarin Beccare aus Bergen«, stimmte Romy zu. »Ich leite die Ermittlungen. Können wir uns irgendwo ungestört unterhalten? In Ihrem Büro vielleicht?«

Bittner nickte und führte sie zum Bürotrakt. Romy hatte Mühe, mit ihm Schritt zu halten. Das Chefbüro befand sich im ersten Stock. Der Raum war groß, hell und freundlich. Großformatige Fotos mit typischen Rügenmotiven – die Kreidefelsen, Kap Arkona, der Große Jasmunder Bodden, Insel Vilm, Ralswiek, wo die Störtebeker-Festspiele stattfanden – schmückten neben Aufnahmen von alten Fischkuttern und romantisch-wilden Strandszenen die Wände. Das einzelne Bild einer imposanten Buche musterte Romy eine ganze Weile. Sie hätte fast eine Wette darauf abgeschlossen, dass der Maler im Jasmund unterwegs gewesen war, wo es den ihrer Ansicht nach schönsten Buchenwald der Welt gab. Schließlich wandte sie sich dem Fabrikbesitzer zu.

»Nehmen Sie doch Platz«, sagte Thomas Bittner und machte eine fahrige Handbewegung in Richtung einer ledernen Sitzecke vor einer breiten Fensterfront. »Was ist mit Kai passiert?«

»Das wissen wir noch nicht genau.«

Romy ließ sich in einen Sessel fallen und schlug ein Bein über das andere, nachdem sie Block und Stift bereitgelegt hatte. Bittners Gesicht war von einer ungesunden Blässe überzogen, seine Augen irrten hektisch umher, die Hände zitterten.

»Aber er ist … tot?«

»Ja.«

Bittner schluckte, und der Adamsapfel hüpfte in seinem dünnen Hals auf und ab. »Mein Gott …«

»Sie kannten ihn gut?«

Bittner nickte. »Seit über zwanzig Jahren. Seit er nach der Wende herkam, um sein Geschäft aufzubauen – anfangs zusammen mit einem Partner.«

»In welcher Branche?«

»Innenausstattung, gehobene Klasse. Kai hat sich auf Arztpraxen, Büro- und Geschäftsräume spezialisiert und sich in ganz Mecklenburg-Vorpommern einen Namen gemacht«, erwiderte Bittner prompt. »Wir gehen oft zusammen joggen und Rad fahren, schwimmen, sind bei Triathlons dabei … Manchmal waren wir auch mit den Kajaks unterwegs.« Seine Stimme senkte sich. Er blickte zur Seite. »Kai war besser als ich. Viel besser. Er hat härter trainiert und ist manchen Marathon zusätzlich gelaufen. Daneben hat er sogar noch die Zeit gefunden, sich an der Organisation von Wettkämpfen zu beteiligen.« Er räusperte sich und schloss kurz die Augen. »Ich fasse es einfach nicht.«

Hartes Training, Wettkämpfe, Marathon, dachte Romy und schob tief durchatmend die stechende Wehmut beiseite. Sie hatte den Eindruck, dass Bittner zutiefst getroffen war. Der Mann wirkte überzeugend erschüttert. »Wann haben Sie Richardt zum letzten Mal gesehen?«

Thomas Bittner blickte sie wieder an. »Gestern Morgen. Das sagte ich bereits einem Kollegen von Ihnen. Er hat eine Radtour gemacht und …«

»Wie spät war es, als er hier eintraf?«

»Halb acht ungefähr.«

»So früh sind Sie an einem Samstagmorgen im Büro?«

»Ich war gegen sieben Uhr an meinem Schreibtisch. Wie immer«, entgegnete Bittner. »Ich bin Frühaufsteher. Allerdings mache ich samstags immer gegen Mittag Feierabend.«

»Und was wollte Richardt?«

»Kurz klönen, einen Lauf verabreden. Nichts Besonderes. Er kam manchmal auf einen Sprung vorbei. Anschließend ist er noch nach hinten in die Werkstatt, um die Gangschaltung einzustellen.« Er schluckte.

»Wer hat einen Schlüssel zu diesem abgelegenen Gebäude und zu der Werkstatt?«, fragte Romy.

»Nur wir beide«, antwortete Bittner sofort. »Die Werkstatt haben wir uns vor etlichen Jahren dort eingerichtet. Die alten Gebäude werden nur noch zum Teil genutzt, und dahinten ist ja genug Platz.«

»Verstehe. Haben Sie gesehen, wie Richardt nach seinem Werkstattbesuch wieder aufgebrochen ist?«

»Nein.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe allerdings auch nicht darauf geachtet. Ich bin davon ausgegangen, dass er wenige Minuten später wieder in den Sattel steigen würde, um zurückzufahren.«

»Würde es auffallen, wenn hier ein Fremder herumliefe?«

»Kaum. Das Gelände ist weitläufig, meist geht es sehr betriebsam zu, und hinten zwischen den alten Gebäudeteilen kann man sich gut verbergen – jedenfalls, wenn man es darauf anlegt.«

Romy überlegte kurz. »Herr Bittner, ich muss Sie das fragen: Wie haben Sie das Wochenende verbracht?«

»Mit meiner Familie. Wir hatten Besuch von meiner Schwester und ihren Kindern«, antwortete er prompt.

»Und wo waren Sie am Sonntagmorgen?«

»Zu Hause, es gab ein gemeinsames Frühstück mit der Familie. Vorher war ich joggen«, erwiderte Bittner.

»Wann?«

»Zwischen sieben und halb neun.«

»Allein?«

»Ja. Ich bin von Sassnitz nach Blandow gelaufen, hin und zurück circa achtzehn Kilometer.«

»Ganz schön schnell«, bemerkte Romy.

»Geht so. Fünfer-Schnitt.«

Romy nickte. Moritz war vier dreißig gelaufen. »Hat Sie jemand gesehen?«

»Ich habe nicht darauf geachtet.«

»Wir werden das überprüfen müssen – reine Routine«, erläuterte Romy.

»Ich weiß.«

»Richardt hinterlässt eine Familie, nicht wahr?«

»Ja, seine Frau Vera und zwei kleine Kinder. Ich glaube, die sind vier und sieben oder so.«

Die Kommissarin machte sich eine Notiz und blickte wieder hoch. »Herr Bittner, ich entnehme Ihren Worten, dass Kai Richardt ein erfolgreicher und beliebter Mann gewesen ist, der ein rundherum erfülltes Leben führte …«

»So ist es!«

»Wissen Sie von irgendwelchen Streitereien oder Konflikten?«

»Nein. Nichts.«

»Geschäftliche Probleme?«

Bittner hob die Hände. »Die haben wir doch alle mal. Aber ich weiß von keinem aktuellen Fall, wenn Sie das meinen. Und er würde mir erzählen, wenn er Ärger hätte – ganz sicher.«

Romy steckte nach kurzem Überlegen ihren Block ein und stand auf. »Danke vorerst. Wir kommen sicherlich noch mal auf Sie zurück, Herr Bittner.«

Der Fabrikbesitzer erhob sich ebenfalls und begleitete sie zur Tür. »Der Mann war erst fünfundvierzig«, sagte er leise. »Im besten Alter, wie man so schön sagt. Letztens erzählte er noch, wie stark und fit er sich fühle. Ich …«

Moritz war gerade vierzig geworden, fuhr es Romy durch den Kopf, und bevor sie den Gedanken daran hindern konnte, hatte er schon ihr Herz erreicht. Auf dem Weg zum besten Alter. Eine verschleppte Grippe hatte sich in seinem Herzen eingenistet und ihm den Garaus gemacht. Innerhalb von Sekunden. Bei Kilometer sechsunddreißig, wo Ramona mit Apfelsaft und Banane gewartet hatte, um seine leeren Kohlenhydratspeicher für den Endspurt aufzufüllen. Er hatte persönliche Bestzeit laufen wollen.

Sie verabschiedete sich und lief eilig die Treppe hinunter. Vor der Tür wartete bereits Kasper. Sein tiefblauer Blick huschte prüfend über ihr Gesicht. »Alles klar?«

»Hm, fürs Erste ja.« Sie sah kurz hinüber zur Mole und zum Leuchtturm. »Wir sollten ihn in den nächsten Tagen zum Protokoll bitten.«

»Machen wir.«

»Habt ihr noch was gefunden?«

»Nö. Die Jungs brechen gerade ab«, erläuterte Schneider. »Es geht gleich morgen früh bei Tageslicht weiter. Fahren wir zusammen zur Witwe?«

»Machen wir gleich.« Romy zog ihren Rollerschlüssel aus der Tasche. »Aber sag erst mal was zu dem anonymen Anruf. Gibt’s da schon was Genaueres?«

Kasper kratzte sich am Hinterkopf. »Männliche Stimme, wahrscheinlich verstellt. Kurzer und knackiger Hinweis, wo wir Kai Richardt finden. Ende.«

»Und wann genau war das?«

»Kurz vor achtzehn Uhr.«

»Wer hat den Anruf angenommen?«

»Fine. Ich hab mir die Aufnahme zweimal angehört.«

Fine Rohlbart war die entscheidende Frau im Innendienst des Kommissariats. Mädchen für alles seit über fünfundzwanzig Jahren. Wobei »Mädchen« für ihre wuchtige Erscheinung denkbar unpassend war, aber diese Meinung behielt man besser für sich.

»Was meinst du – wollte er einen Hinweis auf einen Toten oder einen Verletzten geben?«, hakte Romy nach.

Kasper überlegte einen Moment. »Gute Frage. Da ist beides drin.« Er nickte. »Ja. So oder so.«

»Und warum ruft er die Polizei in Bergen an und nicht die in Sassnitz?« Sie wies mit dem Daumen über die Schulter in Richtung des nur wenige Meter entfernten Polizeigebäudes.

»Keine Ahnung. Vielleicht Zufall.«

Romy runzelte die Stirn. »Nun gut, lass uns mal zusammenfassen«, meinte sie dann. »Samstagmorgen fährt Kai Richardt mit seinem Rad hier aufs Gelände, hält einen kurzen Plausch mit Bittner und wird danach nicht mehr gesehen. Sonntagabend, also anderthalb Tage später, meldet sich ein anonymer Anrufer. Geschätzter Todeszeitpunkt: heute Morgen … Hm.«

»Wollte ich auch gerade sagen.«

»Lass uns fahren.«

Familie Richardt bewohnte auf einem abgelegenen Grundstück, das nur über eine schmale holprige Nebenstraße zu erreichen war, ein prachtvolles, reetgedecktes Fachwerkhaus mit großem Garten und Blick auf den Kleinen Jasmunder Bodden, über dem eine zierliche Mondsichel stand. Wahrscheinlich hört man bei offenem Fenster das Wispern des Schilfs und das Geschrei der Seevögel, dachte Romy. Und in der frostigen Jahreszeit kriechen Eisblumen über die Scheiben und leuchten im kalten Licht der Wintersonne. Das reinste Idyll. Bis jetzt jedenfalls.

Sie klingelte, ohne auch nur einen Moment zu zögern. Sie legte sich niemals Worte zurecht. Vorformulierte Sätze waren wie Schablonen, die nie richtig passten. Sie musste erst den Menschen sehen, dem sie die Todesnachricht zu überbringen hatte.

Von drinnen ertönte Kindergeschrei.

»Geh bitte nach oben«, war eine weibliche Stimme zu hören. Ihr Ton war drängend. »Es ist schon spät. Ich komme gleich nach.«

»Es hat aber geklingelt!«, beharrte das Kind – ein Junge, wie Romy annahm.

»Ich weiß. Aber du gehst jetzt auch nach oben zu deiner Schwester.«

»Ooch …«

Die Tür wurde einen Augenblick später geöffnet. Eine zierliche Frau mit kastanienbraunem mittellangem Haar und püppchenhaftem Gesicht öffnete. Romy schätzte sie auf vierzig, wobei Vera Richardt zu den Frauen gehörte, die viel dafür taten, auf unaufdringliche Weise jünger zu wirken. Ihr Blick wanderte von Romy zu Kasper und wieder zurück zu Romy, um dann einen Moment an deren Lederjacke hängen zu bleiben. Es wurde still.

»Polizei?«, fragte sie dann und ließ das Fragezeichen nur langsam ausklingen.

»Ja«, sagte Romy und stellte sich und Kasper vor. »Dürfen wir hereinkommen?«

Vera Richardt hielt die Klinke umfasst. »Haben Sie schlechte Nachrichten?«

»Wir sollten nicht zwischen Tür und Angel darüber sprechen«, entgegnete Romy.

Vera Richardts Miene versteinerte sich. Sie nickte, trat beiseite und führte sie schließlich durch eine großzügig angelegte Diele, in der ein großformatiges Naturaquarell merkwürdig deplatziert neben der Garderobe hing, in eine Stube mit bequemen und schreiend bunten Sitzmöbeln. Dem verstreuten Spielzeug nach zu urteilen, wurde der Raum vornehmlich als Kinderzimmer genutzt.

Romy setzte sich auf einen giftgrünen Stuhl und berichtete, dass die Polizei nach einem anonymen Anruf am Abend in den Sassnitzer Hafen gefahren war.

»Wir sind sicher, dass wir dort Ihren Mann gefunden haben«, fügte sie hinzu und ließ Vera Richardt nicht aus den Augen.

»Wie? Was für ein anonymer Anruf?«, fragte sie perplex.

»Jemand informierte uns darüber, dass Ihr Mann in einem der alten Gebäude hinter der Fischfabrik zu finden sei. Die Polizei entdeckte ihn dann im Keller einer Werkstatt, die er gemeinsam mit Thomas Bittner benutzte«, entgegnete Romy. Die Frage irritierte sie.

Vera Richardt biss sich auf die Unterlippe und begann ihre Finger zu kneten.

»Wir konnten nichts mehr für ihn tun«, sagte Romy schließlich. »Es tut uns leid.«

Die Witwe atmete tief durch und hob plötzlich das Kinn. »Nun sagen Sie schon: Was ist passiert?«

Sie will es hinter sich haben, dachte Romy. Verständlich.

»Im Moment gehen wir davon aus, dass Ihr Mann dort überfallen und niedergeschlagen wurde«, erörterte sie leise. »Er erlag wahrscheinlich heute Morgen seinen tödlichen Verletzungen. Die genauen Einzelheiten erfahren wir jedoch erst nach der rechtsmedizinischen Untersuchung.«

»Aber …?« Vera Richardt schüttelte den Kopf und starrte zum Fenster hinaus.

»Frau Richardt, können wir Ihnen einige Fragen stellen? Für unsere Ermittlungen ist es immens wichtig …«

Sie stand abrupt auf und setzte sich ebenso plötzlich wieder. »Ja, ja, natürlich … fragen Sie. Fragen Sie ruhig. Ich werde antworten, so gut ich kann.«

»Danke für Ihr Verständnis. Wir sind sicher, dass wir Ihren Mann gefunden haben – Thomas Bittner hat ihn nach einem Foto vom Tatort bereits identifiziert«, erklärte Romy. »Dennoch: Wäre es Ihnen möglich, einen kurzen Blick auf die Aufnahme zu werfen und ihn morgen persönlich zu identifizieren?«

Die Kommissarin sah ihren Kollegen auffordernd von der Seite an und wandte sich dann wieder der Frau des Opfers zu, während Kasper Schneider das Foto aus seiner Tasche zog. Vera Richardt reckte den Hals und betrachtete es nur flüchtig. Sie zwinkerte, nickte und sah rasch wieder zur Seite.

»Ja. Natürlich. Das ist er«, betonte sie mit rauer Stimme. »Eindeutig – dazu muss ich ihn nicht mehr sehen …«

»Ich fürchte, schon, Frau Richardt. Er sollte zusätzlich von einem nahen Angehörigen identifiziert werden«, erklärte Kasper ruhig.

Die Frau schüttelte heftig den Kopf. »Auf keinen Fall! Das kann ich nicht, und außerdem kann mich niemand dazu zwingen …«

»Lassen wir das Thema im Augenblick beiseite«, unterbrach Romy sie kurzerhand. »Ihr Mann ist gestern früh mit seinem Fahrrad losgefahren. Allem Anschein nach hatte er eine längere Trainingstour vor. Am Nachmittag haben Sie sich bei der Polizei gemeldet.«

Vera Richardt strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, das plötzlich weich und verträumt wirkte. »Ja, er war manchmal stundenlang unterwegs. Das war nichts Ungewöhnliches. Am Vormittag bin ich zunehmend unruhiger geworden, weil ich ihn zurückerwartete. Aber ich konnte ihn nicht erreichen. Das Handy war ausgestellt, und im Geschäft in Bergen war er auch nicht – manchmal radelt er dort noch vorbei, um nach der Post zu sehen.«

»Haben Sie mit Freunden telefoniert und nachgefragt?«

Ein verblüffter Blick streifte Romy. »Nein.«

»Warum nicht?«

Vera zog die Achseln hoch und ließ sich Zeit mit der Antwort. »Kai schätzte es nicht, wenn ich ihm hinterhertelefonierte – schon gar nicht beim Training. Eine Stunde mehr oder weniger spielte keine Rolle. Sollte keine Rolle spielen. Durfte keine Rolle spielen. Das war seine Sache.«

Romy lehnte sich zurück. »Aber als Sie anfingen, sich ernsthaft Sorgen zu machen …«

»Hab ich mich gleich mit der Polizei in Verbindung gesetzt, ja. Das schien mir das Sicherste. Er hätte ja auch einen Unfall haben können.«

»Verstehe.« Allerdings nur teilweise, überlegte Romy. Ruft man nicht zunächst Freunde und Bekannte an, wenn der Mann, Freund, Lebensgefährte vermisst wird, bevor man sich an die Behörden wendet?

Sie schob den Gedanken vorerst beiseite. Es war noch nicht der richtige Zeitpunkt für insistierende Fragen – nicht wenige Minuten nachdem die Frau erfahren hatte, dass ihr Mann einem Verbrechen zum Opfer gefallen war.

»Wer hat von der Trainingstour Ihres Mannes gewusst, Frau Richardt?«, fuhr Romy fort.

Die Witwe zuckte mit den Achseln. »Er hat fast immer Samstagmorgen trainiert – mal ist er gejoggt, mal mit dem Rad unterwegs gewesen. Ich denke, das wissen alle, die ihn kennen.«

Romy nickte. »Wie haben Sie den heutigen Tag verbracht, Frau Richardt?«

Die Witwe sah sie erstaunt an. »Ist die Frage ernst gemeint?« Dann lachte sie unfroh auf und winkte ab. »Schon gut – Sie müssen das wohl fragen.«

»So ist es, und wir müssen es sogar überprüfen – reine Routine.«

»Reine Routine …«, wiederholte sie. »Nun, ich war zu Hause, habe lange geschlafen, nachdem ich in der letzten Nacht kaum ein Auge zugemacht hatte, und mich dann um meine Kinder gekümmert. Gewartet. Mich abzulenken versucht …«

»Und gestern?«

»Gestern?«

»Nachdem Sie mit der Polizei gesprochen hatten.«

»Ach so. Ich war abends mit einer Freundin im Kino. Die Kinder hatte ich zu meinen Eltern gebracht. Die Warterei war zermürbend – ich wollte mich ablenken«, schob sie eilig hinterher.

Ablenken, wiederholte Romy stumm. Nun gut. Warum auch nicht? Jeder Mensch reagiert anders in Ausnahme- und Stresssituationen. Kasper gab ihr ein unauffälliges Zeichen mit der Hand. Seiner Ansicht nach sollte die Befragung fürs Erste genügen. Wahrscheinlich hatte er recht. Im Flur waren plötzlich wispernde Kinderstimmen zu hören.

»Sie sind uns gleich los, Frau Richardt«, versicherte Romy, als die Witwe nervös zur Tür blickte und erneut ihre Hände zu kneten begann. »Nur noch ein paar Kleinigkeiten, damit wir unverzüglich mit den Ermittlungen anfangen können: Wir benötigen Namen und Adressen von Freunden, Familienangehörigen, Sportkollegen, Geschäftspartnern ihres Mannes und ein aktuelles Foto von ihm. Außerdem bitte ich Sie um die Kontaktdaten Ihrer Eltern und der Freundin, mit der Sie unterwegs waren.«

Vera Richardt stand sofort auf. »Natürlich. Kein Problem.«

»Und es wäre hilfreich, wenn Sie uns seine Handynummer sowie den Mobilfunkanbieter aufschreiben und uns seinen PC mitgeben könnten«, fügte Romy hinzu, während sie sich ebenfalls erhob.

»Kai hat sich gerade einen neuen Laptop für zu Hause gekauft«, erklärte Vera Richardt bereitwillig. »Er wollte ihn am Wochenende einrichten.« Sie runzelte die Stirn. »Ich glaube, er hat bereits am Freitagabend damit angefangen. Er ist in seinem Büro unterm Dach.« Sie zeigte zur Decke und wandte sich zur Tür. »Warten Sie, ich hole ihn.« Damit eilte sie aus dem Zimmer.

Romy warf Kasper einen fragenden Blick zu, den dieser achselzuckend zurückgab, während sie in die Diele gingen und warteten. Wieder waren die Stimmen der Kinder zu hören. Ein kleines Mädchen und ein älterer Junge, erinnerte Romy sich an Bittners Hinweis.

»Da darfst du nicht rein, Mama!«, rief der Junge empört. »Das ist Papas Arbeitszimmer.«

Die Tür klappte. Einige Minuten später huschte die Witwe wieder die Treppe herunter und übergab Kommissar Schneider einen Laptop. Obenauf lag ein Farbfoto von ihrem Mann, an das seine Visitenkarte mit mehreren Telefonnummern sowie einem handschriftlichen Vermerk bezüglich des Mobilfunkanbieters geheftet war. Auf einem zweiten Notizzettel waren die gewünschten Adressdaten von Veras Eltern und ihrer Freundin akkurat aufgelistet.

Die Aufnahme zeigte Richardt im enganliegenden Laufdress, das ihm hervorragend stand: Mit strahlendem Lächeln und blitzweißen Zähnen hielt er eine Medaille in die Kamera. Graue Augen, dunkelblondes kurz geschnittenes und sehr volles Haar, kräftiges Kinn, ein winziges Grübchen, harmonische Gesichtszüge, braungebrannt. Er wirkte jünger als Mitte vierzig. Ein Frauentyp. Ein Mann, dem auch Romy hinterherblicken würde, und zwar lange und interessiert.

»Und die anderen Kontaktdaten finden wir auf dem Laptop?«, fragte sie.

»Ich denke, ja. Ansonsten müssten Sie im Geschäft nachfragen. Dort hilft man Ihnen gerne weiter.«

»Danke für den Hinweis. Hatte Ihr Mann sonst noch irgendwelche Speichermedien zu Hause, die uns weiterhelfen könnten – USB-Sticks, CDs?«

Vera Richardt schüttelte den Kopf. »Ich denke, das ist alles in seinem Geschäftsbüro …« Sie brach ab und hob dann mit einer fahrigen Geste die Hände. »Bitte gehen Sie! Ich muss jetzt unbedingt alleine sein. Ich …«

»Kümmert sich jemand um Sie?«, fragte Schneider und musterte sie mit besorgter Miene.

»Ja, ich rufe gleich meine Eltern an.« Sie wies mit ausgestrecktem Arm zur Haustür. »Bitte!«

Romy setzte sich auf ihre Vespa und atmete laut aus. »Jede Wette – die beste Ehe war das nicht.«

Kasper runzelte die Stirn. »Wie kommst du darauf? Sie ist völlig durch den Wind. Da kannst du nichts drauf geben, in einer solchen Situation.«

»Doch«, behauptete Romy. »Da kann ich was drauf geben.«

Auch wenn ich sie nicht mag und Antipathie ein mieser Ratgeber ist, fügte sie in Gedanken hinzu. Fast genauso mies wie übertriebene Sympathie.

»Außerdem ist sie genau das nicht: durch den Wind, und schon gar nicht völlig. Aber gut – wir werden sehen.«

Dazu sagte Kasper nichts. Romy warf noch einen sehnsüchtigen Blick zum Bodden, setzte ihren Helm auf und startete den Roller. »Wir sehen uns morgen früh: in alter Frische!«

Der Kollege hob eine Hand und winkte ihr nach.

Mirjam wohnte mit ihrem Mann Ben in der Altstadt von Stralsund. Von der Mühlenstraße bis in die Langenstraße, wo die Praxis, in der sie als Tierarzthelferin arbeitete, in einem sanierten Fachwerkhaus residierte, brauchte sie mit dem Rad gerade mal fünf Minuten.

Am Montagmorgen klingelte das Telefon, als sie gerade eingetroffen war und die Kaffeemaschine angestellt hatte. Mirjam vermutete, dass ihre Kollegin mal wieder verschlafen hatte und sie in zuckersüßem Ton langatmig um Entschuldigung bitten wollte. Seit Petra einen neuen Freund hatte, passierte das ungefähr dreimal in der Woche, und Mirjam stellte sich bereits darauf ein, auch an diesem Morgen ohne Unterstützung die üblichen Vorbereitungen für einen langen Praxistag treffen zu müssen.

Sie stellte die Verbindung her, klemmte das Telefon zwischen Ohr und Schulter und schlug das Kalenderblatt mit dem Tages-OP-Plan auf. Zwei Kastrationen waren für den Vormittag angesetzt.

»Lass mich raten: Du bist wieder nicht aus dem Bett gekommen«, bemerkte sie in ironischem Ton. »Der Junge muss ja unbeschreiblich gut sein!«

Stille.

»Hallo? Petra? Hörst du mich?«, fragte Mirjam. Dann blickte sie aufs Display. Dort leuchtete eine Nummer auf, die sie nicht kannte. »Wer ist denn da?«

»Ich bin’s – Tim.«

Mirjam schluckte. Damit hatte sie nicht gerechnet. Natürlich nicht. »Ach? Tut mir leid, ich dachte …«

»Schon gut. Ich wollte dich nicht stören, aber …«

»Ja? Stimmt was nicht?«

»Er ist tot.«

Mirjam riss die Augen auf. Sie musste nicht fragen, wen Tim meinte.

»Das wollte ich dir sagen. Ein Bekannter aus Sassnitz, auch ein Läufer, hat mich heute früh angerufen«, erklärte er leise. »Man hat Kai am Hafen gefunden.«

»Aber …?« Sie schüttelte verwirrt den Kopf.

»Die Polizei ermittelt. Wahrscheinlich wird morgen was in der Zeitung stehen. Fest steht nur eins: Er ist tot.«

Mirjam wusste nicht, was sie sagen sollte. »Tim?«, meinte sie schließlich mit einer Stimme, die ihr selbst fremd war.

»Ja.«

»Ich muss aufhören, jeden Moment kann meine Kollegin kommen.«

»Ja, schon gut. Tust du mir einen Gefallen?«

»Welchen?«

»Vergiss, dass wir letztens über ihn gesprochen haben.«

»Aber …« Sie schloss kurz die Augen.

»Ich will mich mit dieser Geschichte nicht mehr befassen«, flüsterte er. »Nie wieder. Sie hat zu vieles zerstört, unter anderem unsere Beziehung.«

»Ich weiß, Tim, und es tut mir leid, dass ich dich …«

»Vergiss es!«, unterbrach er sie barsch. »Du sollst nur wissen, dass ich sonst was dafür geben würde, sie ungeschehen machen zu können, hörst du?«

»Ja, natürlich. Das weiß ich.«

»Sprich nicht darüber und vergiss einfach alles! Auch diesen Anruf. Bitte! Es ist wichtig.« Damit legte er auf, ohne ihre Antwort abzuwarten.

Mirjam ließ den Arm sinken. Alles vergessen. Wenn das so einfach wäre, hätte sie es längst getan.

2

Fine Rohlbart war rotblond, groß und breit. Ihre Stimme hatte eine beachtliche Resonanz. Als Romy ihr das erste Mal begegnete, war sie gerade dabei, zwei junge Polizisten auf Spur zu bringen, was die alles andere als erquicklich fanden, und Romy hatte augenblicklich an eine resolute Wikingerfrau gedacht. Später erfuhr sie, dass Fine den Vergleich schon häufiger gehört hatte, aber weder zutreffend noch sonderlich geistreich oder witzig fand, und Romy war heilfroh, eine entsprechende Bemerkung heruntergeschluckt zu haben. Wer es sich mit Fine verdarb, war selber schuld.

Als Romy am Montagmorgen in dem schmucklosen, dreistöckigen Polizeigebäude das Kommissariat betrat, beendete Fine gerade ein Telefonat mit dem Rechtsmedizinischen Institut in Greifswald.

»Kaffee ist fertig«, dröhnte sie statt einer Begrüßung. »Der Richardt liegt bereits auf dem Tisch. Das ging richtig schnell. Die melden sich, sobald es was zu berichten gibt.«

Angesichts des vergleichsweise besonderen Falls hatte Romy sich eigentlich eine emotionalere Reaktion von Fine vorgestellt, doch die agierte wie immer und typisch rüganisch: pragmatisch und tatkräftig.