cover
W. A. Hary

TEUFELSJÄGER 155-156: „Der eiskalte Tod“

„Die Tauchfahrt des Grauens – unter dem ewigen Eis!“


Nähere Angaben zum Autor siehe hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Wilfried_A._Hary


BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Wichtiger Hinweis

Diese Serie erschien bei Kelter im Jahr 2002 in 20 Bänden und dreht sich rund um Teufelsjäger Mark Tate. Seit Band 21 wird sie hier nahtlos fortgesetzt! Jeder Band (siehe Druckausgaben hier: http://www.hary.li ) ist jederzeit nachbestellbar.

 

TEUFELSJÄGER 155/156

 

W. A. Hary

Der eiskalte Tod

Die Tauchfahrt des Grauens – unter dem ewigen Eis!“

 

Die russische Tokarew war bildschön, aber in der verkehrten Hand, nämlich in der eines Mörders. Ihre Mündung deutete genau auf meinen Bauchnabel. Eine Stelle, die mir gar nicht passte.

Der Mörder grinste anzüglich. In seinen Augen schien es zu blitzen, wie sonst nur bei schlechtem Wetter.

Auch ich grinste. Es war der reinste Galgenhumor. Der Vergleich mit dem Wetter gefiel mir so gut. Vor allem deshalb, weil die dunkel drohenden Wolken scheinbar direkt über meinem Haupt schwebten.

Es war ja nicht das erste Mal, dass ich mich in einer solchen Situation befand, und gegen eine Schusswaffe hatte mir mein sagenhaftes Amulett Schavall noch nie geholfen…

 

Impressum

Alleinige Urheberrechte an der Serie: Wilfried A. Hary

Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch) by www.hary-production.de

ISSN 1614-3329

Copyright dieser Fassung 2016 by www.HARY-PRODUCTION.de

Canadastr. 30 * D-66482 Zweibrücken

Telefon: 06332-481150

www.HaryPro.de

eMail: wah@HaryPro.de

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung jedweder Art nur mit schriftlicher Genehmigung von Hary-Production.

Titelbild: Lothar Bauer

Coverhintergrund: Anistasius


1


Die Waffe schwenkte ganz langsam nach oben. Das Ziel kroch auf meine Herzgegend zu.

Herrschaftszeiten, der Typ steht zu weit entfernt, um ihn anzuspringen, und ich bin zu nahe, um rechtzeitig Deckung finden zu können. Mit anderen Worten: Mein Leben ist keinen Pfifferling mehr wert.

Der Typ grinste stärker. Dann krümmte sich sein Zeigefinger um den Abzug.

Jetzt schwitzte ich Blut und Wasser, im wahrsten Sinne des Wortes. Meine Augen brannten. Mein Blick fraß sich an diesem Zeigefinger fest, der mir den Tod bringen wollte.

Druckpunkt war erreicht. Der Zeigefinger kannte keine Gnade. Er krümmte sich weiter.

Der Schuss brach.

Doch ich war Sekundenbruchteile schneller. Ich hatte jenen in die rechte Hosennaht eingebetteten Kontakt berührt und die Supermaschine des elektronischen Genies Fred Stevens in Gang gesetzt.

Diese irrsinnige Maschine war eine echte Sensation - nur wusste niemand davon. Sie diente mir hier und jetzt sozusagen als Geheimwaffe.

Für den Mörder geschah nur dieses:

Sein Opfer schien plötzlich nicht mehr da zu sein!

Aber die fantastische Maschine, die von mir ob ihrer spezifischen Geräusche nur noch „Piepmatz“ genannt wurde, hatte lediglich die Zeit verändert.

Ich bewegte mich jetzt so schnell, dass man mir nicht mehr mit den Augen folgen konnte.

Für mich hingegen war die Umgebung erstarrt. Außer der Kugel, die gerade im Begriff war, die Pistolenmündung zu verlassen. Wie in einem extremen Zeitlupenfilm bahnte sie sich ihren Weg. Ein faszinierender Anblick, doch war es nicht meine Angelegenheit, Beschaulichkeit walten zu lassen und mich an dem fantastischen Vorgang zu ergötzen. Ich rannte vielmehr zu dem Todesschützen hinüber und nahm ihm die Waffe ab.

Die Kugel war noch immer unterwegs.

Grimmig lief ich hinterher und schlug mit dem Pistolenknauf dagegen.

Das war nicht so gut. Die Bahn der Kugel war so stabil, dass man sie nicht so leicht verändern konnte. Als hätte ich auf einen dicken Stein geklopft.

Achselzuckend wandte ich mich ab und richtete die Tokarew auf den Mordschützen. Dann bestätigte ich den Kontakt. Die sagenhafte Maschine, die nach Aussage ihres Schöpfers von reiner Daedraenergie gespeist wurde, hörte auf zu zwitschern. Damit wurde alles wieder normal.

Der Mörder blickte verblüfft auf seine leere Hand und dann in die Mündung seiner eigenen Waffe.

„Was soll ich mit ihm anstellen?“, erkundigte ich mich bei Fred Stevens, der mir ausdrücklich untersagt hatte, im Beisein eines Dritten seinen Namen zu nennen, und wischte mir mit dem Ärmel den kalten Schweiß von der Stirn.

„Machen Sie bloß keine Dummheiten!“, rief er erschrocken. Er winkte mit beiden Händen ab.

Fred Stevens hatte es sich nicht nehmen lassen, dem Experiment persönlich beizuwohnen, wie er es genannt hatte.

„Experiment, eh?“, rief ich aus. „Wenn ich Zeit habe, lache ich. Mein Gott, haben Sie schon mal einen gesehen, der Blut und Wasser schwitzt? Vorhin war ich so einer. Ehrlich!“

„Na ja, es musste halt sein.“

Stevens kam näher.

Ich drehte mich ihm zu. Dabei schwenkte die Pistolenmündung wie unbeabsichtigt mit.

Als er das sah, riss er erschrocken die Augen auf.

„He, nur keinen Leichtsinn. Sie wissen gar nicht, was Sie der Menschheit antun, wenn Sie jetzt abdrücken.“

Ich warf dem Besitzer der Tokarew die Waffe einfach wieder zu, nachdem ich sie gesichert hatte. Der Mann fing geschickt.

„Haben Sie denn eine Ahnung, was Sie mir angetan haben?“, klagte ich.

„Sehen Sie, mein Freund, Sie sind unser Sonderangebot. Wer wäre denn besser dazu geeignet, unserem Gast hier die Ergebnisse unserer Forschungsarbeiten vorzuführen als Sie? Und dann auch noch möglichst effektvoll, damit wir nicht viel Zeit verlieren.“

„Wissen Sie eigentlich, was ein Schweineigel ist?“, knurrte ich unversöhnlich.

„Nein, wieso?“, fragte er unschuldig.

„Sie sollten gelegentlich mal in den Spiegel schauen!“

Stevens verzog das Gesicht. Er hatte sich noch immer nicht an meinen zuweilen etwas skurrilen Humor gewöhnt, der vor allem in absurden Situationen zutage trat. Doch das beruhte durchaus auf Gegenseitigkeit.

Kein Grund, um Feindschaft aufkommen zu lassen. Denn obwohl Fred Stevens vor nicht allzu langer Zeit mein erklärter Todfeind gewesen war, hatte ich mich inzwischen daran gewöhnt, mit ihm zusammen zu arbeiten. Manchmal zumindest. Dann, wenn es ihm angebracht erschien. Ja, ihm, nicht mir. Aber ich machte das Spiel dann halt trotzdem mit. Weil ich einen Sinn darin sah. Noch.

Kurz rief ich mir ins Gedächtnis zurück, dass Elektronikgenie Fred Stevens immerhin eine der größten Bedrohungen der Menschheit gewesen war. Und jetzt spielte er sich als ihr Retter auf? Aber er hatte mir klar machen können, dass nicht er diese Allmachtsfantasien besessen hatte, die ihn nicht weniger als die Weltherrschaft hatten anstreben lassen, sondern dass er selber nur Opfer gewesen war. Nämlich als Marionette in den Klauen eines echten Daedrafürsten.

Es war eine lange und komplizierte Geschichte, auf deren Höhepunkt ich ihn zur Strecke gebracht hatte. Allerdings war er das zu diesem Zeitpunkt nicht persönlich gewesen, sondern ein perfekter Doppelgänger, geschaffen aus Daedraenergien. Daher behauptete er immer noch, mir ob seiner Befreiung aus den Klauen des Daedrafürsten dankbar zu sein und mich keineswegs als Feind anzusehen.

Und dann hatte er mir seine Maschine vorgestellt, die ich auf Grund ihrer spezifischen Geräusche nur noch Piepmatz nannte. Mit ihr waren wirklich unglaubliche Dinge möglich. Solange sie von Daedraenergie gespeist wurde. Der von mir verjagte Daedrafürst jedoch blieb ein Unsicherheitsfaktor in diesem Spiel. Denn wenn er irgendwann einmal vom Daedrareich aus mitbekam, was Stevens hier so trieb, nachdem er nicht mehr seinem Einfluss unterlag, war nicht auszuschließen, dass er die Zufuhr an Daedraenergien kappte, auf welche Weise auch immer. Dann allerdings würde diese legendäre Maschine nur noch Schrottwert haben.

Aber noch war es nicht soweit, wie die vergangene Minute deutlich bewiesen hatte.

Der Mann mit der Tokarew steckte die Waffe weg, zupfte seine Jacke zurecht und näherte sich. In seinen Augen glitzerte es nach wie vor. Ein Zeichen dafür, dass er sich nur mühsam beherrschte. Das Erlebte klang in ihm nach.

Immerhin hatte Fred Stevens ihn aufgefordert, auf mich, seinen ausgewiesenen Verbündeten, zu schießen - ganz ungeniert. Was danach passiert war, konnte er nicht begreifen, weil es ihm an Informationen fehlte.

„Wie ist das möglich?“, knurrte er.

Eine banale Frage, auf die Stevens eine passende Antwort wusste:

„Weil wir im Institut nicht nur dösen, sondern manchmal sogar gewisse Leistungen vollbringen!“

Er sagte zwar Institut, um zu suggerieren, dass es hinter ihm ein ganzes Team gab, aber ich wusste es besser. Ich wusste, dass er wirklich allein arbeitete. Nur als er noch unter dem Einfluss des Daedrafürsten gestanden hatte, da hatte ihm ein wahres Heer an Doppelgängern und Daedrarobotern zur Verfügung gestanden. Die funktionierten jetzt zwar alle nicht mehr, aber er hatte offensichtlich alles auch allein im Griff. Eben so lange noch Daedraenergien von ihm angezapft werden konnten.

„Reden Sie kein dummes Zeug.“ Der Gast wurde ungehalten.

Fred Stevens lächelte entwaffnend.

„Es ist das Prinzip des Instituts, dass es nur dem Frieden dient - und nicht potenziellen und tatsächlichen Geldgebern! Wir haben Sie als Stellvertreter unserer möglichen Förderer um eine astronomisch hohe Geldsumme gebeten, und Sie haben dafür verlangt, einen Beweis unserer Effektivität zu sehen. War das vorhin nicht effektiv genug?“

„Uff!“, machte ich und entfernte den letzten Rest von kaltem Schweiß von meiner Stirn.

Während seiner Welteroberung hatte Stevens so viele einflussreiche Persönlichkeiten bereits unter seine Knute gezwungen – die sich inzwischen gar nicht mehr daran erinnern konnten! -, dass er natürlich nach wie vor weitreichende Verbindungen geltend machen konnte. Ich hatte jedenfalls begriffen, dass dieses riesige Vermögen, das er angesammelt hatte, nicht ganz ausreichte, um gewisse Dinge auch in Zukunft noch stemmen zu können. Oder gab es andere Gründe, die es nötig machten, so etwas wie Mitwisser zu riskieren?

Ich wusste es nicht – noch nicht!

Ein Grund mehr, das „Uff!“ zu wiederholen.

Der Vertreter der Förderer, wie Stevens es umschrieben hatte, ohne mir seinen Namen zu nennen, betrachtete mich irritiert.

Ich erwiderte ruhig den Blick und dachte an die Erklärung von Fred Stevens, als ich ihn vor diesem Treffen danach gefragt hatte:

„Kapitalisten sind ein eigenartiges Volk, Mr. Tate. Der Kampf um Reichtum, Einfluss, Macht wird gnadenlos geführt - so gnadenlos, dass manchen auf dem Höhepunkt seiner Karriere das Gewissen plagt. Der eine bekommt Magengeschwüre, der andere die sogenannte Managerkrankheit - was immer man darunter versteht - und der dritte - nun, der steckt sein Geld in eine Stiftung, die dem Guten dienen soll. Effekt: Er kann wieder ruhig weiter schlafen und kämpft unbelastet von einem schlechten Gewissen weiter. Was ich damit sagen will, Mr. Tate: Wer inzwischen hinter meiner vorgeblichen Stiftung als mächtiger Geldgeber im Einzelnen steckt, ist und bleibt für Sie völlig uninteressant. Sie haben es lediglich mit mir und bestenfalls mit einem engsten Vertrauten der eigentlichen Geldgeber zu tun.“

Diesmal war so eine Ausnahme, bei der ich einen solchen Vertrauten persönlich kennenlernen durfte. Namenlos, logisch. Zwar war auch mein Name nicht genannt worden bislang, aber ich war mir nicht sicher, ob der Mann nicht sowieso wusste, wer ich war. Und ich konnte ihn zugegebenermaßen nicht leiden - nicht nur, weil der Typ auf mich geschossen hatte.

Es gibt drei Möglichkeiten, dachte ich indessen, wenn man einen nicht ausstehen kann: Entweder man bricht erstens einen Streit vom Zaun, macht vielleicht stattdessen zweitens gute Miene zum bösen Spiel oder grinst als dritte Möglichkeit ganz einfach über das ganze Gesicht — so wie ich zurzeit.

Der Namenlose wandte sich endlich ab und fixierte Fred Stevens: „Sie müssen wohl immer Ihren Willen haben, was?“

Dieser zuckte die gleichmütig mit den Achseln.

„Es geht in unserem Fall im wahrsten Sinne des Wortes um das Wohl und Wehe der ganzen Menschheit. Das wissen Sie. Ich werde unsere Geheimnisse hüten wie der Zauberpriester seinen Kral. Sie werden mit uns zufrieden sein - oder irre ich mich und Sie erwarten, aus meiner Stiftung Profit zu schlagen?“

Der Namenlose winkte ab. Seine Nasenflügel bebten.

„Also gut, überredet. Ich habe die Kompetenzen, Ihre Sonderforderungen zu bewilligen. Aber nur aus einem Grund: Mit ihrem Eingreifen stellen Sie möglicherweise tatsächlich das Gleichgewicht der Kräfte wieder her!“

Stevens und ich sahen uns an.

Wir wussten beide, dass es keinesfalls nur um das Gleichgewicht der Kräfte ging. Ich war zumindest rudimentär informiert, und mir war auch klar, dass wir längst zu viel Zeit verloren hatten.

Unter dem Nordpoleis war ein Unterseeboot der Amerikaner unterwegs. An Bord befanden sich hochdotierte Wissenschaftler aus verschiedenen Natoländern.

Ein halbmilitärisches Experiment, das möglicherweise gescheitert war. Warum, das wusste niemand zu sagen. Seitens Stevens und mir bestand zumindest der Verdacht, dass vielleicht die X-Organisation dahinter steckte, weil sie die Gelegenheit nutzen wollte, die Weltordnung zu destabilisieren, also Ost und West wieder aufeinander zu hetzen.

Ich sollte gemeinsam mit ihm und den technischen Tricks der angeblichen Stiftung die Suche beginnen - eine Suche, die bislang mit anderen Mitteln erfolglos geblieben war. Die Suche nach dem verschollenen U-Boot und natürlich die Suche nach den Ursachen und näheren Umständen...


2


Commander Edmond Scott starrte durch das Periskop und wurde vom nackten Entsetzen gepackt. Seine Kinnlade zitterte. Seine Kehle war plötzlich wie ausgedörrt.

Er sah es ganz deutlich. Die Scheinwerfer des getauchten U-Bootes waren voll aufgeblendet und strahlten grell gegen eine steil aufragende Mauer aus Eis. Milliardenfach glitzerten Kristalle im Licht - wie Diamanten von unschätzbarem Wert.

Nur noch vielleicht zwei Schiffslängen war das Unterseeboot davon entfernt. Unaufhaltsam rückte das gewaltige Hindernis heran. Es verlor sich scheinbar in unergründlichen Tiefen.

„Tiefer!“, brüllte der Commander heiser und völlig unkonventionell - er, der ruhige, besonnene Captain, der stets auf eiserne Disziplin Wert legte.

„Negativ!“, sagte eine flache Stimme irgendwo hinter ihm.

Commander Edmond Scott hatte das Gefühl, der Schlag treffe ihn. Er stieß sich vom Periskop ab und suchte den Sprecher mit den Blicken, wobei es in seinen Augen aufloderte, als schüre der Teufel persönlich ein höllisches Feuer.

Edmond Scott sah im wahrsten Sinne des Wortes eine kopflose Mannschaft. Sämtliche Offiziere, die im Kontrollstand anwesend waren, schauten verständnislos und hilflos zugleich auf ihre Anzeigen. Ein paar betätigten Kontakte. Vergeblich.

Da erst begriff Commander Scott die ganze Tragweite. Sein Verstand hatte die Tatsachen verdrängt.

Seit zwei Wochen waren sie völlig ohne Kontakt mit der Außenwelt. Weil sie sich unter dem Nordpolareis befanden und kein normales Funkgerät in der Lage war, durch das Eis hindurch eine Verbindung zu schaffen.

Durch einen Navigationsfehler waren sie von der vorgesehenen Route abgekommen. Deshalb hatten sie die Auftauchstelle verpasst.

Gewiss hatte man bereits die Suche nach ihnen angeordnet.

Den Fehler hatten sie sehr spät gefunden: Defekt in der Computeranlage, die für die Navigation unter dem Eis verantwortlich war!

Mit anderen Worten: Sie hatten sich total verirrt!

Und jetzt fuhren sie unaufhaltsam auf diese Eismauer zu.

Commander Edmond Scott tat gerade so, als würde es ihn nicht mehr interessieren. Was sollte er auch anderes tun, denn jetzt war nicht nur der Navigationscomputer defekt, sondern es waren alle wichtigen Systeme zur Steuerung ausgefallen.

Das Unterseeboot war manövrierunfähig!

Er wagte es nicht, noch einmal durch das Periskop zu blicken, denn die Eismauer bedeutete für sie alle den sicheren Tod!


*


Der Commander des Atomunterseebootes hatte nicht die leiseste Ahnung, was ganz in seiner Nähe und zur gleichen Zeit an Bord geschah.

Die Abdeckplatte lag längst am Boden. Die Person schaute wieder mal prüfend nach allen Seiten. Sie lauschte angestrengt und war danach sicher, nicht überrascht werden zu können.

Bei dem, was sie getan hatte, war das von größter Wichtigkeit -wenigstens für Sie selbst.

Ein gewöhnlicher Schraubenzieher hatte für die Arbeit gereicht. Die Wirkung war umso toller.

Das hatte sich erst vor einer Minute gezeigt und an anderer, vorher genau ermittelten Stelle. Jetzt war die zweite Phase des Unternehmens an der Reihe.

In den Augen der bestimmten Person blitzte der Wahnsinn, als ihr rechter Arm vorstieß.

Ratschend fuhr das blanke Metall zwischen den Drähten hindurch, die hier dick gebündelt verliefen.

Einen Augenblick verharrte die Person, dann begann sie mit der scharfen Spitze des Schraubenziehers zu schaben.

Die ersten Funken sprühten und prasselten nieder.

„Das ist genug!“, murmelte sie im Selbstgespräch.

Sie ließ den Schraubenzieher los. Das Werkzeug rutschte weiter nach vorn, berührte einen blanken Kontakt und bildete für einen winzigen Augenblick eine Brücke zwischen dem Kontakt und dem blankgescheuerten Draht.

Für eine Sekunde brach in diesem Kabelbündel die Hölle los. Blaues Licht blitzte grell und blendend auf.

Die Kabel schmorten. Es stank intensiv nach Ozon und verbranntem Isoliermaterial.

Blitzschnell brachte die Person die Verkleidung über den Kabeln wieder an, nachdem sie die glühenden Überbleibsel ihres Schraubenziehers noch tiefer in die Kabelstränge gestoßen hatte.

Die Verkleidung war mit den neuen Schnappverschlüssen versehen. Beim Anbringen brauchte nicht mehr geschraubt zu werden, nur noch beim Abnehmen.

Mit einem hastigen Sprung brachte die Person sich in Sicherheit.

Ihre Sabotage trug ein weiteres Mal Früchte.

Sie hatte keine Sekunde zu früh gehandelt. Qualm drang durch die Ritzen. Ein Zischen ertönte.

Dann erfolgte eine dumpfe Detonation.

Die Verkleidung wurde zerfetzt, und Reste flogen der Person um die Ohren. Eine meterlange Stichflamme schoss aus den Kabelsträngen und knallte gegen die gegenüberliegende Gangwand. Der Qualm ließ die Person husten.

Sie wartete sekundenlang, bis die Sicht wieder einigermaßen frei war. Die Klimaanlage funktionierte im Moment noch und saugte den Qualm ab.

Die Person trat zögernd vor und nahm mit einem nassen Lappen pedantisch die heißen Reste des Schraubenziehers auf.

Damit wollte sie alle Spuren ihres schändlichen Tuns beseitigen.