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Zum Buch:

Die Heilkräfte von Apfel, Traube und Kastanie sind beeindruckend. Ob bei Darmerkrankungen, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Kreislaufbeschwerden, Grippe oder Hautproblemen – die kostbaren Inhaltsstoffe dieser Früchte helfen. Auch bei Kosmetika und Badezusätzen entfalten sie ihre Wirkung.

Christina Niederkofler hat die Hausmittel vieler Volksheiler gesammelt, kommentiert und übersichtlich zusammengefasst.

Mit Rezepten und Tipps für Hausapotheke und Küche von:

• Hildegard von Bingen

• Maurice Mességué

• Kräuterpfarrer Weidinger und vielen mehr

Abkürzungen:

Gramm

Milliliter

Liter

Esslöffel

Teelöffel

Messerspitze

Edition Raetia, Bozen 2017

Cover: Dall’O & Freunde

Anregungen an info@raetia.com

Die Angaben und Anwendungen in diesem Buch wurden sorgfältig geprüft. Autorin und Verlag lehnen jedoch jegliche Haftung für allfällige Schäden, die sich aus dem Gebrauch oder Missbrauch der hier vorgestellten Informationen ergeben, ab. Die in diesem Buch enthaltenen Ratschläge ersetzen nicht eine ärztliche Therapie.

Inhalt

Vorwort

Einleitung

Der Apfelbaum in der Volksmedizin

Blütenknospe

Blüte

Blatt

Frucht/der Apfel

Schale

Kerne

Dreckapotheke Apfel

Dörrapfel

Baumrinde

Apfelsaft

Apfelwein

Wein und Apfel

Apfelpektin

Apfelmolke

Apfelessig

Der Apfel als Schönheitsmittel

Apfelbaumholz

Der Apfelbaum, ein Ort zum Kräfteschöpfen

Die Rebe in der Volksmedizin

Die Signatur der Rebe

Rebtropfen

Weinrebenblüte

Laub und Ranken

Frucht/die Traube

Traubensaft

Gedörrte Weintrauben

Kerne: klein, aber oho

Der Wein als Heilmittel

Mulsum

Rotwein und Weißwein als Pharmakon

Medizinalweine – Wein als Medizinpferd

Der „Nuie“ – der neue Wein

Weinessig

Schnaps als Heilmittel

Weingeist

Weinbrand

Weinstein

Rebholz

Weinfeste in Südtirol – Volksmedizin der etwas anderen Art

Gedanken zu Wein und Gesundheit

Die Edelkastanie in der Volksmedizin

Knospe/Gemme

Blüte

Blatt

Homöopathie: Castanea sativa

Kastanienkätzchen

Frucht/die Kastanie

Kastanienflocken

Getrocknete Kastanien/Kastanienmehl

Gebratene Kastanien

Gekochte Kastanien

Kastanienöl

Kastaniensalz

Heliopathie

Maroni-Sauna

Maroni-Saunaaufguss

Kastanien für die Schönheit

Rinde und Holz

Kastanie als Aphrodisiakum

Baumheilkunde: der Baum als Vermittler

Licht und Farbe

Kunst und Kastanie

Der Eisacktaler Keschtnweg: Wandern für die Gesundheit

Anwendungen und Anleitungen

Kochrezepte

Quellen

Bildnachweis

Vorwort

„Einem jeglichen lant wechst sein krankheit selbs/sein arznei selbs/sein arzt selbs …“

Theophrastus von Hohenheim, genannt Paracelsus (1493–1541)

Die Apfelanlagen, Weinberge und Kastanienselven prägen nicht nur Südtirols Landschaftsbild, sondern auch das Bruttosozialprodukt. Der Bioanbau von Apfel, Traube und Kastanie nimmt stetig und rasch zu und somit können die Früchte nicht nur als Genussmittel, sondern – wieder – als Heilmittel in Betracht gezogen werden.

Südtirol ist insgesamt ein Heilmittel. Seine vielfältige Landschaft mit den unterschiedlichen Klimazonen und der entsprechenden Fauna und Flora sorgen dafür, dass der Mensch sich erholen, regenerieren und zur Besinnung kommen kann. Südtirol stillt die Sehnsucht nach dem Heil-Sein, nach dem Nach-Hause-Kommen. Es ist reich an Orten, an denen Aufgewühltes sich besänftigen kann, wo Seele und Gemüt zur Ruhe kommen, wo das Herz weit wird und der Kopf abkühlt, wo sich Räume öffnen für klärende Einsichten und wo das Auge sich sattsehen kann an heilsamer Schönheit. Südtirol bietet eine aufregende Vielfalt an Majestätischem und Erhabenem, an beglückender Ursprünglichkeit und freundlicher Beschaulichkeit. Hier ist es möglich, dem Göttlichen zu begegnen und an die eigene Gotteskindschaft als Geburtsrecht erinnert zu werden und zu glauben. In Südtirol geboren zu sein, ist ein verpflichtendes Vorrecht, und hier Gast sein zu dürfen, ebenso.

Gewachsenes und Produziertes, das unter solchen Voraussetzungen entsteht, lagert Wirk- und Heilkräfte in besonderer Intensität ein.

Einleitung

Zu allen Zeiten haben Menschen all das als Heilmittel genutzt, was ihnen als Nahrungsmittel in ihrem unmittelbaren Lebensraum zur Verfügung stand. Getreide, Milchprodukte, Honig, Garten-, Feld-, Wald- und Wildfrüchte und eben auch Obst und Nussfrüchte wurden zu Heilzwecken verwendet, getreu der Empfehlung des großen und genialen Arztes und Heilers Theophrastus von Hohenheim, genannt Paracelsus (1493–1541): „Eure Nahrungsmittel seien eure Heilmittel und eure Heilmittel seien eure Nahrungsmittel.“

Das vorliegende Buch beschäftigt sich vorrangig mit der Heilkraft von Apfel, Traube und Esskastanie, den edelsten Gaben der Natur in Südtirol. Das Buch beschreibt deren heilsame Anwendungsformen in der Volksmedizin.

Unter „Volksmedizin“ sind all jene Mittel und Maßnahmen zu verstehen, die vom sogenannten Volk zur Heilung von kleineren und größeren Beschwerden bei Mensch und Tier angewendet wurden und werden; ihren Ursprung hat die Volksmedizin in altem, meist mündlich überliefertem Wissen. Ich berufe mich auch auf Ärzte und Heilkundige, deren Erkenntnisse und Verordnungen mir aus alten Texten zugänglich waren oder von denen ich über die Studien anderer Texte Kenntnis bekommen habe.

Es erscheint mir an dieser Stelle wichtig darauf hinzuweisen, dass ich mich nicht als Garantin für Heilerfolge betrachte. Ich bin weder für Erfolg noch für Misserfolg bei der Anwendung der vorgestellten Rezepturen verantwortlich.

Ich verstehe mich als Mittlerin zwischen den Zeiten, die Einblick gewährt in ihre Sammlung.

Die Angaben zu Mengen, Koch- oder Backdauer, Temperatur und Einnahme überlieferter Rezepte sind aus heutiger Sicht häufig ungenau und sind von mir so übernommen worden. Es liegt also im Ermessen des Anwenders, die Rezepte sinnvoll zu nutzen. In den volksmedizinischen Rezepturen für Kräuteranwendungen finden sich Maßangaben wie „eine Handvoll“ oder „ein Griff“. Ein Griff ist die Menge an Heilkräutern, die mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger gefasst werden kann. Der Mensch war – und darf es heute noch sein – das Maß aller Dinge, auch bei der Verwendung der Arzneimittel.

Christina Niederkofler

Der Apfelbaum in der Volksmedizin

Große Heiler und Volksmediziner aus allen Jahrhunderten, wie Hildegard von Bingen, Paracelsus, Pfarrer Künzle, Pfarrer Kneipp, Pfarrer Weidinger, Maurice Mességué und Susanne Fischer-Rizzi haben den Apfel als gutes Diät- und Heilmittel in ihren Rezeptsammlungen aufgenommen. Regelmäßiger Apfelgenuss hat einen tief greifenden Einfluss auf alle Organe und auf den Stoffwechsel.

Bei Maurice Mességué, dem berühmten französischen Arzt und Pflanzenheilkundler, fand ich folgende Empfehlung: „Sollten Sie nur einen Baum pflanzen können, dann muss es unbedingt ein Apfelbaum sein.“ Und er fügt als Begründung das alte Sprichwort an: „Iss einen Apfel am Tag und du hast dir den Doktor gespart.“

Ein mir unbekannter Gedichteschreiber hat entsprechend und ganz im volksmedizinischen Geist ein „Lob dem Apfel“ angestimmt.

„Eines solltest du dir merken:

Wenn du schwach bist, Äpfel stärken!

Äpfel sind die beste Speise,

für zu Hause, für die Reise,

für die Alten, für die Kinder,

für den Sommer, für den Winter.“

Blütenknospe

Die große Heilkundige und christliche Mystikerin des Hochmittelalters Hildegard von Bingen (1098–1179), die dem Apfel als Heilmittel allergrößte Beachtung beimisst, empfiehlt ihn bei Migräne, diesen heftigen Attacken von meist einseitigem Kopfschmerz mit Übelkeit. Sie schlägt hierfür einen Ölauszug aus Apfelblütenknospen vor.

Apfelknospenöl

20 g frische Apfelblütenknospen in 100 ml Olivenöl ansetzen und eine Woche lang auf die sonnige Fensterbank stellen. Dann abfiltern und vor dem Schlafengehen die Schläfen damit sanft massieren.

Blüte

Einen schönen, beruhigenden Tee, der sich auch als Einschlafhilfe eignet, ergibt die Apfelblüte.

Einschlafmittel

Getrocknete Apfelblüten und etwas Apfelschale zu einem Blütenabsud kochen, mit Bienenhonig und 10 Tropfen Baldrianwurzeltinktur anreichern und vor dem Zubettgehen trinken.

Bachblüte „Crab apple“

Aus der wunderbar reinen und klaren Blüte des Holzapfels (malus sylvestris) wird eine potente Bachblütentinktur hergestellt. Crab apple aktiviert ganz allgemein Reinigungsund Entgiftungsprozesse. Es unterstützt die Lust, nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich „alte Kleider“ abzulegen, eingefahrene Verhaltensweisen zu ändern und das eigene Lebensprogramm zu überdenken, aufzufrischen oder zu erneuern. Crab apple ist auch nützlich, eine Umstimmung im Körper zu erwirken, etwa bei immer wiederkehrenden Infekten.

Einnahmeempfehlung: Wenn es schnell gehen soll, träufelt man vier Tropfen direkt aus dem Originalfläschchen auf die Zunge und lässt sie dort zerlaufen.

Standardmäßig greift man besser zum Wasserglas: Zwei Tropfen der Essenz in ein Glas Wasser ohne Kohlensäure geben und verrühren. Davon trinkt man schluckweise über den Tag verteilt.

Blatt

Junge, eben ausgetriebene und ungespritzte Blättchen kann man zu Salaten oder zu Gemüse verarbeiten. Sie lassen sich in der Küche integrieren, sind sozusagen eine Apotheke am Teller. Die Blätter enthalten wertvolle Bitterstoffe für die Aktivierung und Regulierung der Lebertätigkeit.

Bei Hildegard von Bingen finden sich frische Apfelbaumblätter als Universalheilmittel für die Augen.

Augenheilmittel

Dieses Rezept aus Apfelblättern und -blütenknospen zusammen mit Rebtropfen findet sich auf Seite 50.

Frucht/der Apfel

Als großer Befürworter des Obstverzehrs im Allgemeinen und des Apfelgenusses im Besonderen ist mir der bayrische Pfarrer Sebastian Kneipp (1821–1897) begegnet, der als Naturheilkundiger das Zusammenspiel von Ernährung und Bewegung beim Menschen sowie die Wirkung von Pflanzen erforschte. Vor allem verfocht Kneipp die Heilkraft von Wasser.

Seinem Grundlagenwerk „So sollt ihr leben“ aus dem Jahr 1889 entnehmen wir Folgendes: „Eine vielfach bestätigte Thatsache ist es, dass neben der Wasserkur eine kleine Apfelkur, wie man sie früher getrieben, von außerordentlich großer Wirkung ist, indem eine solche Kur ungemein auf Ableitung der schlechten Stoffe wirkt.“

Übrigens: Kneipp findet den Apfel „am zuträglichsten und besten im ungekochten Zustande“.

Am häufigsten wird der Apfel als das Herz stärkend, einem Herzinfarkt vorbeugend und die Verdauung auf vielfältige Weise anregend benannt. Dabei beeinflusst er gleichermaßen wirksam so gegensätzliche Beschwerden wie Durchfall und Verstopfung, je nachdem, in welcher Darreichungsform er zubereitet wird.

Der Kräuterpfarrer und legendäre Volksmediziner Hermann-Josef Weidinger (1918–2004) beschreibt den Apfel als bestes Mittel gegen den Herzinfarkt. Es sei nie zu spät, aber auch nie zu früh, etwas dagegen zu unternehmen und also täglich mindestens einen Apfel zu essen. Er empfiehlt hierzu pektin reiche Sorten wie Lederrenette, Ontario, Schöner aus Boskoop, Roter Boskoop und den Berner Rosenapfel. Wohl dem, der solche Sorten noch im Anger stehen hat!

An anderer Stelle rät Weidinger, zur Vorbeugung der Arteriosklerose täglich ab dem „Wintersterben“, also mit Winterbeginn, zwei Äpfel zu essen und dies fortzusetzen bis Ende März.

Hierher gehört auch der Vorschlag, mit Äpfeln den zu hohen Cholesterinspiegel zu senken.

Cholesterin senken

Dazu mischt man einen Esslöffel Weizenkleie mit einem zu Mus geriebenen Apfel und isst diesen Brei abends vor dem Schlafengehen.

Apfel als Schlafmittel

In allen mir zur Verfügung stehenden Quellen begegnete mir der Ratschlag, den Apfel am Abend zu verzehren, er gilt gar als Einschlafhilfe wegen seiner beruhigenden Wirkung. Der französische Kräuterpapst und berühmte Naturarzt Maurice Mességué verspricht nach dem Verzehr einen besonders guten Schlaf und weist darüber hinaus auf die desinfizierende Wirkung des Apfels hin, der für weiße, gesunde und kariesfreie Zähne sorge.

Apfelmus

Es ist bekannt als vorzügliches, wohlmundendes und nahrhaftes Babyfutter. Besonders bei Durchfallerkrankungen hat sich Apfelmus bewährt – allerdings roh und ohne Zuckerzugabe.

In hohen Tönen lobt Pfarrer Weidinger das Apfelmus als zuverlässiges Hausmittel. Er empfiehlt, dreimal am Tag einen Apfel mit Schale zu reiben und diese „schwammige Füllmasse“ dem Magen zuzuführen, sodass schädliche Darmrückstände und Gase aufgesaugt werden und rasch den Darmausgang finden. Er benennt sogar zwei bestimmte Apfelsorten, die sich dafür hervorragend eignen: die Lederrenette und der Schöne aus Boskoop.

Übrigens: Apfelmus für Kinder braucht nicht den Umweg über die Apotheke oder den Supermarkt zu machen – der Weg vom Baum zum Menschen ist nicht nur der kürzeste, sondern auch der gesündeste.