Himmel, Hölle oder Houston 

Thom Erb


übersetzt von Andreas Schiffmann

  

  





This Translation is published by arrangement with SEVERED PRESS, www.severedpress.com
Title: HEAVEN, HELL OR HOUSTON. All rights reserved. First Published by Severed Press, 2014. Severed Press Logo are trademarks or registered trademarks of Severed Press. All rights reserved.

 

Diese Geschichte ist frei erfunden. Sämtliche Namen, Charaktere, Firmen, Einrichtungen, Orte, Ereignisse und Begebenheiten sind entweder das Produkt der Fantasie des Autors oder wurden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Personen, lebend oder tot, Ereignissen oder Schauplätzen ist rein zufällig.



Für Shelly.

    

Dieses Buch wäre ohne deine Liebe und Unterstützung genauso wenig wie alles andere zustande gekommen, was ich bisher geschrieben habe. Ich kann einfach nicht fassen, dass du während der vielen verlorenen Stunden, in denen ich meiner Schreibleidenschaft sowie unzähligen anderen kreativen Abenteuern nachgegangen bin, so unendlich geduldig und verständnisvoll geblieben bist. Vielen Dank!

Denk immer daran, dass mich weder Riesenunwetter noch eine Zombie-Apokalypse von dir trennen könnten. Ich werde dir niemals genügend Worte oder Bücher dafür widmen können, dass du mir solch eine Zuneigung und so eine unendliche Hilfsbereitschaft entgegenbringst. Ich liebe dich!

    


    

Dieses Buch ist eine Hommage und ein Dankeschön an vier meiner Lieblingsschriftsteller.

Freunde, danke dafür, dass mir eure Worte Freude und auch Angst bereitet haben, mich lachen ließen oder wütend machten und Spannung in mein Leben brachten … ach, und nicht zu vergessen: mehr als eine Tonne Anregungen und Sachkenntnisse.

    

Joe R. Lansdale – der Gesetzlose, der Fighter, der stille Lehrmeister.
Elmore Leonard – die Stimme, der Beat, der Groove.
Joe McKinney – der Sheriff, der Führer, der Amigo.
Jonathan Maberry – Der Krieger, der Sensei, der Freund.

    

    

Schaurige Draufgänger-Action verbunden mit Horror, der das Herz höherschlagen lässt. Ich konnte das Buch einfach nicht zur Seite legen.
– David Dunwoody

 

Thom Erbs »Himmel, Hölle oder Houston« ist ein fiebriger Roman Noir von texanischer Schroffheit, der eine gesalzene Mischung aus unheilvoller Rachegeschichte und literarischem Grindhouse bietet. Erb verleiht einem Aufgebot facettenreicher, aber nicht perfekter Charaktere eine authentische Stimme und verspricht im Laufe der Handlung mit jeder erschreckenden Wende noch mehr Action. A+++!
– Shroud Quarterly

 

Erb hat einen finsteren und harten Zombieroman voller durchtriebener Gestalten und roher Gewalt mit einer verboten coolen Hauptfigur geschaffen, die einem Film Noir entsprungen sein könnte und einen sofort einnimmt.«
– David Bernstein

 

Dieses Buch, das ihr in euren Händen haltet, ist etwas ganz Besonderes: Es zeugt von einem Autor, der gerade erst zu sich selbst findet … Texas steht auch für eine Geisteshaltung, und Thom Erb versetzt euch in genau diese hinein. Falls ihr noch nichts von ihm kennt, dann macht euch auf einen Heidenspaß gefasst …

… und lest aufmerksam.

Dann nämlich lernt ihr meiner Meinung nach eine der ehrlichsten und einfühlsamsten Stimmen aus Texas kennen, die nicht aus einem Roman von Larry McMurty stammen.
– Joe McKinney, mehrfacher Gewinner des Bram Stoker Awards

 

 

 

Impressum


Deutsche Erstausgabe
Originaltitel: HEAVEN, HELL OR HOUSTON
Copyright Gesamtausgabe © 2018 LUZIFER-Verlag
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

  

Cover: Michael Schubert
Übersetzung: Andreas Schiffmann
Lektorat: Astrid Pfister

  

Dieses Buch wurde nach Dudenempfehlung (Stand 2018) lektoriert.

  

ISBN E-Book: 978-3-95835-340-4

  

Du liest gern spannende Bücher? Dann folge dem LUZIFER Verlag auf
Facebook | Twitter | Pinterest

  

Sollte es trotz sorgfältiger Erstellung bei diesem E-Book ein technisches Problem auf deinem Lesegerät geben, so freuen wir uns, wenn du uns dies per Mail an info@luzifer-verlag.de meldest und das Problem kurz schilderst. Wir kümmern uns selbstverständlich umgehend um dein Anliegen und senden dir kostenlos einen korrigierten Titel.

  

Der LUZIFER Verlag verzichtet auf hartes DRM. Wir arbeiten mit einer modernen Wasserzeichen-Markierung in unseren digitalen Produkten, welche dir keine technischen Hürden aufbürdet und ein bestmögliches Leseerlebnis erlaubt. Das illegale Kopieren dieses E-Books ist nicht erlaubt. Zuwiderhandlungen werden mithilfe der digitalen Signatur strafrechtlich verfolgt.

  

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Vorwort von Joe McKinney

 

Texas ist ein sagenumwobenes Land.

Der Lone Star State wurde den Felsen und Sümpfen, Wäldern und schier endlosen Wüsten abgetrotzt – von Outlaws und verschuldeten Versagern aus Tennessee, von feinen Damen aus der High Society, von Cherokees und hart durchgreifenden Gesetzeshütern, mexikanischen Wanderarbeitern und milliardenschweren Ölmagnaten. Sie alle liefen vor irgendetwas davon und wollten ganz von vorn anfangen.

Texas ist die letzte und beste Chance für Menschen mit einem außergewöhnlichen Wesen.

Es ist die Heimat von so unterschiedlichen Musikerinnen und Musikern wie Beyoncé und Buck Owens, Buddy Holly und Meat Loaf, Selena und ZZ Top. Schriftstellerischen Talente wie Sandra Cisneros, James Michener, Justin Cronin, Larry McMurtry, Katherine Anne Porter und Joe Lansdale, um nur einige zu nennen, haben sich allesamt unter dem weiten Himmel von Texas beflügeln lassen.

Es ist ein Land kleiner Nester, durch die unbefestigte Straßen führen, und mit Schlangen hantierender Prediger, es besitzt aber auch riesige Städte voller Glaspaläste, in denen jeder Geschmack, so kosmopolitisch er auch sein mag, bedient wird. Hier gibt es nur wenig befahrene Highways, die sich am Horizont in der Ewigkeit zu verlaufen scheinen, und Raketen, die auf vertikalen Highways in eine Zukunft fliegen, von der wir nur träumen können.

Texas definiert sich durch seine Ausdehnung und seine Möglichkeiten, durch sein unerschöpfliches Potenzial, hält jedoch trotz dieser Weite fest zusammen. Ungeachtet seiner Vielfalt hat sich eine einzigartige Stimme und eine gewisse Haltung herausgebildet, die entschieden texanisch ist. Sie reicht weit über den bloßen Stil, sprachliche Eigenheiten und selbst den verbissen hervorgekehrten Stolz auf die eigene Geschichte und den eigenen Ruf unter Fremden hinaus. Texaner zu sein und mit dieser besonderen Stimme zu sprechen, drückt aus, wie man charakterlich gepolt ist.

Man kann es nachahmen.

Man kann versuchen, es sich anzueignen.

Man kann sich sogar darüber lustig machen.

Man kann es aber niemals annektieren, wenn man keine wirkliche texanische Seele in sich trägt.

Davon bin ich ganz und gar überzeugt.

Als ich zum ersten Mal in die Druckvorlage dieses Buches schaute, das euch hier vorliegt, dachte ich deshalb: Oh-oh, das wird haarig.

Denn ich war der Ansicht, irgend so ein Typ aus einem Örtchen in Wayne County im Staat New York könne unmöglich eine auch nur im Geringsten überzeugende Story über einen Texas Ranger vom Zaun brechen, über eines der erhabensten Symbole für die Unabhängigkeit und Eigenverantwortung dieser Region.

Dann las ich es, und jetzt schreibe ich das hier, um euch zu versichern, dass dieses Buch wirklich sehr stark ist.

Die Geschichte handelt von einem äußerst verkommenen Menschen auf seinem tödlichen Rachefeldzug gegen den Texas Ranger, der ihn einst in den Knast gebracht hat.

Außerdem ist sie eine staubige Odyssee in das Innere eines Mannes, der ein ums andere Mal Opfer ungünstiger Umstände und harter Zerwürfnisse wurde, aber nichtsdestotrotz immer wieder ein klein wenig mehr aus sich selbst herausholt, um das Richtige zu tun und sich niemals einfach mal einen Tag freinehmen kann.

Oh, und Zombies kommen auch noch darin vor.

All dies umweht jedoch dieses beispiellose, nahezu unbeschreibliche Etwas, das sich einzig und allein auf Texas münzen lässt. Ich schätze mal, Bücher wie »Himmel, Hölle oder Houston« entstehen nicht zufällig; sie sind Erzeugnisse entfremdeter Seelen … sie sind auf dem Mist von Texanern gewachsen, die einfach nur woanders zur Welt gekommen sind.

Ich selbst stamme gebürtig aus Cambridge in Massachusetts, kann das also durchaus nachvollziehen.

Aber der wesentliche Punkt ist der:

Dieses Buch, das ihr gerade in euren Händen haltet, ist etwas ganz Besonderes. Es zeugt von einem Autor, der gerade erst zu sich selbst findet. Sollte euch das Erb’sche Universum noch fremd sein, so bereitet euch auf Momente unaussprechlicher Brutalität vor.

Legt es also lieber nieder, falls ihr zu zartbesaitet für so etwas seid.

Denn manche Passagen in diesem Roman sind so ekelhaft (vor allem für Väter mit jungen Töchtern wie mich), dass euch die Haare zu Berge stehen werden, und dann – ja dann – besitzt der Autor auch noch die Dreistigkeit, eine Szene brüderlicher Verzeihung und Übereinkunft einzuflechten, die so geschickt entworfen wurde, dass ich nicht umhinkam, kurz davon abzulassen, meinen Kopf nach vorne zu beugen und mich in Gedanken über mein eigenes Leben und meine eigene Familie zu verlieren.

Passt also gut auf.

Dieses Buch meint es nicht gut mit euch. Vielmehr gehört es zu jener Art von Literatur, die euch genau zwischen die Beine greift und zudrückt, woraufhin sie anschließend über eure Verblüffung und Qual schmunzelt.

Qualvoll geht es auf diesen Seiten nämlich andauernd zu.

Hat man dies jedoch erst einmal überstanden, findet man auch Tapferkeit, Güte und letzten Endes sogar auch Liebe.

Dies ist keine reine Horrorstory.

Es geht nicht nur um Vergeltung.

Es ist auch keine Verschmelzung aus Grindhouse und Family-Sitcom.

Es ist nicht einmal die Geschichte eines Mannes auf der Suche nach Erlösung, der zum Schluss wenn auch schon nicht diese, so doch zumindest Frieden findet, als er frei wählen kann, Gutes zu bewirken.

Ich würde dieses Buch als Ansammlung moralischer Doppelbödigkeiten bezeichnen.

Als Knoten, der förmlich danach schreit, entwirrt zu werden.

Man lebt nicht einfach nur in Texas.

Man ist Texas!

Texas steht auch für eine Geisteshaltung, und Thom Erb versetzt euch in genau diese hinein. Falls ihr noch nichts von ihm kennt, macht euch auf einen Heidenspaß gefasst …

… und lest aufmerksam.

Dann nämlich lernt ihr meiner Meinung nach eine der ehrlichsten und einfühlsamsten Stimmen aus Texas kennen, die nicht aus einem Roman von Larry McMurty stammen.

Viel Spaß!

 

Joe McKinney
Helotes, Texas
6. Dezember 2014

 

 

Ihr könnt zur Hölle fahren; ich fahre nach Texas.
Davy Crockett

 

 

Jailhouse Rock

 

Staatsgefängnis McAlester, Oklahoma
31. Mai 1985, 3:35 Uhr

 

Die Stimme machte sich jetzt lautstark und fast flehentlich in Isandro Dianiras verschrobenem Geist bemerkbar. Häftling 926934 lächelte und weidete sich an dem warmen Blut des Gefängniswärters, das gerade über seine zerkratzten und schwieligen Hände floss.

Diese Stimme verlangte nach Blut. Isandro tat sich keinen Zwang an, die Klinge tief in den Bauch des Wichsers zu stechen, und fühlte sich durch die Vorstellung, dass der Mann nun starb, beinahe sexuell erregt. Er lachte, als er den leblosen Körper des Wärters fallenließ wie einen Zigarettenstummel. Dianira war der Anführer der Los Malvados, einer der mächtigsten Banden Mexikos. Die Freiheit lockte ihn, und nur noch wenige Sekunden trennten ihn von ihr. Nach zweijähriger sorgfältiger Planung und beträchtlichen Geldausgaben hätte er sogar seinen eigenen Bruder kaltgemacht, um hier herauszukommen. Er schlich jetzt eine Stahltreppe hinunter, die zu einer Laderampe führte, wo ein Mülllaster den berühmtesten Polizistenmörder in der Geschichte Texas abholen würde, alles lief genauso wie vorgesehen.

Der Mond warf in kühlen Blautönen Schatten über den Parkplatz. Isandro sprang hinunter und blieb geduckt, während er auf das Zeichen wartete. Es sollte von einer kleinen Stiftlampe ausgehen … ein schnelles Aufblinken, gefolgt von einem kurzen Pfiff. Sein dünner aber muskulöser Körper erstarrte vor Anspannung. Die Freiheit war nun endlich zum Greifen nahe, und er konnte sie schon regelrecht schmecken, aber eine sogar noch intensivere Empfindung beschleunigte gerade seinen Puls: Rachedurst!

Er war einem gewissen Texas Ranger zu besonderem Dank dafür verpflichtet, dass dieser ihm einen zehnjährigen Aufenthalt im Staatsgefängnis von Oklahoma aufgehalst hatte. Ihm schwebte deshalb so einiges für dieses Stück Scheiße namens Jay McCutcheon vor. Er freute sich, als das Lämpchen endlich aufblinkte und leise gepfiffen wurde. Ihn traf ein erster Regentropfen ins Auge; er rieb mit der Hand darüber und grinste, da er jetzt den großen, grünen Mülllastwagen mit laufendem Motor sah, an dessen Heck ein untersetzter Mann stand.

»Hector«, rief Isandro mit gedämpfter Stimme und lief schnell zu seinem Komplizen hinüber, um ihn zu umarmen.

»Toll, dich endlich wiederzusehen, Bruder«, erwiderte Hector, während er ihn zur Klappe lotste.

»Das Ganze wird jetzt ein bisschen … schmutzig, aber die Crew wartet bereits draußen. Hoffentlich macht es dir nichts aus, dich ein paar Minuten lang im Dreck zu wälzen.« Hector versuchte, seinen Verwandten noch einmal zu umarmen, doch Isandro hatte bereits genug von dem gefühlsduseligen Unfug. Er nickte daher distanziert und umklammerte einen Griff am Laster.

»Meine Fresse, nein, ich habe mich während der letzten zwei Jahre ständig im Dreck gewälzt und komme ohne Probleme damit klar.« Nachdem er seinen Bruder einen festen Klaps auf die Wange gegeben hatte, sprang er in den Laderaum des Fahrzeugs. »Verschwinden wir von hier.«

Hector schaute hoch. »Was möchtest du denn zuerst machen?«, fragte er strahlend.

»Puta«, antwortete Isandro mit einem Blick zurück zum Gefängnis. »Danach stelle ich McCutcheon und zeige ihm endlich, was richtiger Schmerz und die Hölle auf Erden bedeuten.« Er spuckte auf den regennassen Asphalt. »Vamanos!«

Er blickte zum schwarzen Himmel hinauf und ließ kalten Regen über sein vernarbtes Gesicht strömen. Äußerlich mochte er vielleicht besonnen wirken, doch tief in ihm prasselten das Feuer des Hasses und eine Vergeltungssucht, die er jahrelang fieberhaft geschürt hatte. Jetzt war er wieder frei, und dies bedeutete, dass die Welt bluten würde!

 

 

Good Texas

 

2.700 Fuß über Dallas/dem Fort Worth International Airport
Freitag, 1. April 1985, 20:30 Uhr

 

Ich wischte mir den Schweiß aus dem Gesicht und versuchte, mich zusammen zu reißen, denn sonst hätte ich Galle gekotzt. Sie schmeckte nach schlechten Tortillas und verbrannten Arschhaaren. Beim Gedanken daran musste ich direkt einen weiteren Schwall des brennenden Safts hinunterschlucken. Nur noch ungefähr eine Viertelstunde, dann würde ich aus diesem beschissenen Vogel steigen und nach Hause zurückkehren können. Ich befürchtete jedoch, dass dies wohl knapp vierzehn Minuten zu lange dauern würde. Mein Magen fühlte sich nämlich an, als sei ich gerade auf einer Achterbahn mitgefahren, die Satan höchstpersönlich entworfen hatte. Der Flug von Washington aus hatte sich qualvoll dahingezogen, und der Gouverneur war ungefähr so charismatisch wie ein abgestorbener Baumstumpf. In der Kabine stank es nach Whiskey, Zigarren und Fürzen vom Widerlichsten. Ich arbeitete zwar erst wenige Wochen als Aufpasser für diese Witzfigur, war sein überhebliches Getue aber schon so was von leid. Allerdings konnte ich mich nicht entscheiden, was mir gerade schwerer zusetzte: Mein Hass auf das Fliegen oder die schlechten Witze, die der alte Stinkstiefel die ganze Zeit von sich gab wie eine Platte mit einer hängen gebliebenen Nadel oder Durchfall, der durch einen Rasensprenger gejagt wurde.

»Mein Junge, kennen Sie den, über den einbeinigen Hispanier mit dem Glas Erdnussbutter?« Der Gouverneur lachte ausgelassen und boxte kumpelhaft meinen Arm.

Dieser Typ ist echt die Krönung. Ich schenkte ihm ein verkrampftes Lächeln und tat so, als sei mir das Ganze nicht scheißegal.

Dieser schleimige Politiker war mit dem berühmten goldenen Löffel im Maul geboren worden und noch dazu erheblich korrupter als die NFL, MLB sowie alle Kongressabgeordneten zusammen. Noch mehr Galle vermengte sich mit meinem Speichel; ich würgte die Flüssigkeit krampfhaft wieder hinunter, kippte einen Schluck Wasser hinterher und warf anschließend dem dicken Mann einen Blick zu, an dem er keinen Anstoß nehmen konnte. Nun zog ich die Spucktüte aus dem Beutel am Sitz vor ihm. Deren frischer Inhalt trug noch mehr zu dem herrschenden Aroma an Bord bei, das an einen Hinterhof denken ließ. Meine Eingeweide drehten sich um, während sich das Flugzeug zur Seite neigte.

»Man hört, eine kleine, heiße mamacita aus Mexiko warte auf Sie, wenn wir landen, stimmt das?« Der Gouverneur zog seine langen, weißen Augenbrauen hoch, die mich irgendwie immer an Insektenfühler erinnerten, und zwinkerte mir kumpelhaft zu.

»Ja, Sir. Ihr Name lautet Inez. Wir sind verlobt.« Ich musste unbedingt cool bleiben, aber dieser Kerl raubte mir allmählich wirklich den letzten Nerv. Ich nippte erneut an dem warmen Wasser, weil ich den Geschmack von Erbrochenem im Mund loswerden wollte. Irgendwie war dieser aber trotzdem noch angenehmer als die Gesellschaft, in der ich während der vergangenen Stunden gesessen hatte. Nicht, dass man mich falsch versteht: Ich liebe meinen Job, nie hätte ich etwas anderes werden wollen als Texas Ranger. Dieser Beruf ist ein Vermächtnis meiner Familie – von den stark belaubten Wipfeln des Stammbaums der McCutcheons bis ganz hinunter zu meinem runzligen Arsch, der noch gar nicht so alt ist. Wir alle haben ihm unser Leben gewidmet, ja einige von uns sind sogar für die Rangers gestorben, aber verdammt: Wachdienst für diesen Schürzenjäger schieben – für diesen Betrüger, der krummer war als ein Sahuaro-Kaktus im Wind – hätte selbst die ausdauerndsten unter den hartgesottenen Mitgliedern meiner Sippe vor eine Herausforderung gestellt.

»Oh, ich wollte Sie damit keineswegs beleidigen, Ranger.« Der Fettarsch mit dem zerknitterten Anzug stieß gegen meinen Oberschenkel und zwinkerte mir noch einmal scheußlich zu.

»Das dachte ich auch nicht, Sir.« Ich schluckte schwer und schob mein Bein unauffällig aus der Reichweite seiner schweißnassen Hände. Beim Lügen hatte ich mich schon immer schwergetan und ich hätte diesen nicht müde werdenden Schwätzer am Liebsten vor vollendete Tatsachen gestellt, aber ich wusste nur allzu gut, wohin das Ganze dann ausgeartet wäre. Diesen Fehler hatte ich leider schon zu häufig begangen, um noch mitzählen zu können, und war mir deshalb ziemlich sicher, meine Karriere dieses Mal nicht mehr retten zu können. Mich feuern zu lassen stand allerdings nicht auf der Liste der Aufgaben, die ich an jenem Tag erledigen wollte, also entschloss ich mich, die Kröte einfach zu schlucken und abzuwarten, bis das verfluchte Flugzeug endlich landete.

»Haben Sie zufällig Fotos von Ihrer Verlobten dabei?« Der besoffene Klops rutschte nun auf seinem Platz nach vorne, wobei das Leder knarrte, als er einen fahren ließ, der gewiss die ganze Kabine ausräuchern würde. Er selbst schien es allerdings gar nicht bemerkt zu haben. Ich ignorierte das Geräusch, doch der Geruch war leider nicht auszublenden. So ein Mist.

»Also was ist, Junge? Fotos? Warten Sie kurz, ich muss zuerst mal meinen kleinen Freund auswringen. Seien Sie so gut und schenken Sie mir in der Zeit einen Irish Whiskey ein, ja?« Nachdem er mir abermals zugezwinkert hatte, hievte er sein breites Gesäß aus dem Sitz, allerdings nicht, ohne vorher noch einmal knarzend Darmgas entweichen zu lassen.

»Oh, und ein Spritzer Cola light bitte auch, falls es Ihnen nichts ausmacht.« Er klopfte mit einer seiner fleischigen Hände auf den kleinen Kühlschrank und ging dann hastig nach hinten zur Toilette, während er sich in den Schritt fasste.

Ich hielt den alten Mann zwar für einen ausgemachten Volltrottel, führte seine Befehle aber natürlich dennoch immerzu aus und respektierte seine Position ungeachtet der Napfsülze, die sie bekleidete. Nun atmete ich einmal tief durch, nahm eine Lucky Strike aus der inneren Brusttasche meines Jacketts und zündete sie an. Der beruhigende Rauch breitete sich sofort in meiner Lunge aus, während ich zur Minibar ging, um ein Glas mit Whiskey für den spleenigen Politiker zu füllen.

Dabei wandte ich mich an Novak: »Jesus Christus, womit um alles in der Welt habe ich diesen Albtraum denn bloß verdient?« Als ich vor der Theke stand, nahm ich alles, was für den Drink des Arschlochs vonnöten war. »Ist das denn zu fassen?«, wisperte ich. Alles, was meine Kollegen zu entgegneten hatten, war ein zurückhaltendes Lachen.

Penner.

Ich war wohl weitaus angepisster, als ich gedacht hatte. Als ich mich umdrehte, schüttelten meine beiden Ranger-Freunde ihre Köpfe, so als stünden diese in Brand, und lächelten dabei einhellig spöttisch. Higdon formte wieder und wieder das Wort »Nein« mit seinem Mund; er kannte mich wohl bestens. Ich schaute nach unten und sah, dass ich die Colaflasche wohl zu fest gedrückt und deshalb den ganzen Inhalt auf die Theke gespritzt hatte.

Erneutes Gelächter folgte.

Blöde Saftsäcke.

»Oh, in Ordnung. Danke, Mom.« Ich holte mir ein Tuch, beseitigte die ganze Schweinerei und zeigte den beiden dann in Ruhe den Vogel. Als ich sie noch dazu mit einem bösen Blick strafte, nahm der Flugkapitän gerade eine weitere nicht ganz so subtile Kursanpassung vor. Mein Magen war wirklich extrem gereizt.

Der Gouverneur wankte nun mit einer ausgestreckten Hand und einer dicken Zigarre, die in seinem Mundwinkel wippte, zurück in die Kabine. Er nahm das Glas von der Bar, kämpfte sich im Zickzack zu seinem Platz vor und plumpste dann direkt hinein. Als alter Profi verschüttete er dabei natürlich nicht einen einzigen Tropfen und verlor auch keinen Krümel Asche.

»Also, Ranger, wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, erzählen Sie mir doch bitte von der süßen, kleinen mamacita, die Sie haben. Kommen Sie, zeigen Sie mir mal etwas.« Der beschwipste Alte nahm jetzt einen kräftigen Schluck aus seinem Glas, und das Eis klirrte leise darin, als er mich mit der Hand, in der er die Zigarre hielt, dazu aufforderte, ihn mit pikanten Details zu versorgen.

Es wurde langsam nervig. Ich spülte meinen Verdruss mit einem kleinen Whiskey hinunter, den ich mir freimütig selbst eingeschenkt hatte, und wischte mir den Mund mit einer Seidenserviette vom Beistelltisch ab. Na gut, altes Haus, in ein paar Stunden bist du wieder daheim, und deine Anstellung bei dieser Hackfresse ist endlich vorbei. Noch nie zuvor hatte ich mich so sehr gefreut, nach Houston zurückkehren zu können.

»Jetzt aber, mein Junge: Ich bin mir sicher, Sie haben bestimmt ein schlüpfriges Polaroid oder so etwas dabei. Immerhin verbringen Ranger wie Sie eine ganze Menge Zeit unterwegs, und jeder von Ihnen muss sich doch auch mal zu irgendetwas einen von der Palme wedeln.« Whiskey floss nun aus dem Mund des Betrunkenen, als lasse sich ein dicker Barsch einen schmackhaften Wurm entgehen.

Dieser Kerl hatte den Ruf weg, deine berufliche Laufbahn schneller, als du gucken konntest, zunichtemachen zu können. So wie es aussah, stand ich stets mit einem Fuß im Grab und mit dem anderen in einem zu schnellen Frachtzug, der mit hundertzwanzig Meilen die Stunde in die Gegenrichtung raste. Zu viel herausnehmen konnte ich mir auf keinen Fall, denn da Inez und ich eine kleine Tochter hatten – Bellia – und ein neues Haus sowie unsere Hochzeit bezahlen mussten, konnte ich mir eines auf gar keinen Fall leisten, nämlich diesen alten Perversen zu verärgern und somit der nächste Kandidat auf seiner Abschussliste zu werden. Dies und die Tatsache, dass mich nur eine läppische halbe Stunde von zwei Wochen Urlaub trennten, bewog mich deshalb dazu, tatsächlich widerwillig meine Brieftasche zu zücken und ein Foto von Inez aufzuklappen.

Der Gouverneur streckte sofort seine Wurstfinger danach aus, riss mir das Leder aus den Händen und hielt sich das Bild ganz nah vor seine Glupschaugen.

»Mein lieber Schwan, Ranger. Heiiiliges Kanooonenrohr.« Mit diesen Worten ließ er sich zurück in seinen Sitz sacken. Seine Augen blieben weit geöffnet, und er leckte sich mit seiner wulstigen, vom Rauchen ganz fleckigen Zunge die noch wulstigeren Lippen wie eine Schlange, die gerade Witterung aufnimmt.

Ich biss die Zähne so fest zusammen, dass meine Kiefermuskeln schon wehtaten, und ballte die Fäuste. Politik und all die garstigen Nutznießer, die sie anzog, waren mir extrem zuwider, und jetzt hatte ich sogar ein Gesicht, das ich diesem schmutzigen Vorurteil zuordnen konnte.
Nur noch ein paar Minuten bis zur Landung, betete ich mir mühsam vor.

Ich bemerkte, dass Novak und Higdon meine Reaktion abwägten und sich schließlich auf den nächsten Einsatz dessen gefasst machten, was sie witzigerweise McCutcheons fliegende Verliererfaust nannten – beziehungsweise vielleicht auch auf einen weiteren Fehltritt meinerseits. Da sie schon sehr lange mit mir zusammenarbeiteten, wussten sie genau über mich Bescheid. Meine Karriere war mir allerdings zu wichtig, als dass ich mich von diesem Schwein oder meinen übermütigen inneren Dämonen aus der Reserve locken lassen würde.

»Achtung: Wir setzen gleich zur Landung an, also bitte nehmen Sie alle Platz und sehen Sie zu, dass Sie Ihre Sicherheitsgurte angelegt haben«, flötete nun der Kapitän fröhlich durch die Lautsprecher im Raum, dessen Luft man gerade vor Spannung schneiden konnte.

»Also bei Gott, Jesus und allen Heiligen der Welt, wenn Sie da mal keine scharfe Braut Ihr Eigen nennen, Junge.« Der Alte griff sich wieder in den Schritt und bewegte seine Zunge. So wie er nun grinste, hätte er sich glatt die ganze Brieftasche einfahren können. Sein Lachen wuchs sich nun langsam zu einem Raucherhusten aus.

Ich wurde jetzt schlagartig erneut stinkwütend. Aber kaum, dass ich einen Schritt auf den widerlichen Politiker zuging, blieb ich auch schon wieder stehen, denn meine Partner waren sofort nachgerückt. »Der alte Wichser wird jetzt sein Amt niederlegen – und zwar unfreiwillig!«, zischte ich vor mich hin.

»Machen Sie mal halblang, Cowboy. Nur die Ruhe. Ich wollte damit doch nur sagen, dass Ihre Zukünftige eine wahre Schönheit ist.« Der feiste Lustmolch hob jetzt eine seiner Pranken hoch, um mich zu stoppen, und setzte dabei ein schmieriges Lächeln auf. Gern hätte ich ihm trotzdem seinen Zahnersatz in den nach Whiskey stinkenden Rachen gerammt, hielt mich aber zurück.

»Ja. Das … ist sie wirklich. Danke … Vielen Dank, Sir.« Ich rang mir die Worte mit angespannten Lippen ab. Immer noch passten meine Kollegen wie übertrieben fürsorgliche Kindermädchen auf mich auf.

»Aber mal eine Frage, mein Sohn: Schmeckt ihre Möse denn auch so süß, wie sie aussieht?« Das Ekel streckte nun seine Zunge wieder heraus, fuhr damit über das Foto und grunzte laut, während er es vor sein geiferndes Gesicht hielt.

So schnell, dass es selbst die anderen Ranger überraschte, sprang ich vorwärts und verpasste dem geilen Bock einen Kinnhaken, der ihn von seinem Sitz kippen ließ. Als er schließlich ausgestreckt auf dem Teppichboden liegen blieb, sah ich, wie Higdon sofort zu ihm eilte, während ich von Novak weggezogen wurde. Er drückte mich gegen die Wand, und ich wehrte mich rasend vor Wut, doch er war gut fünfzig Pfund schwerer als ich, und die paar Gläser Jameson, die ich getrunken hatte, gereichten dem großen Mann ebenfalls zum Vorteil. Er war zu stark und rang mich deshalb einfach nieder. Deswegen würden wir später unbedingt noch eine Unterhaltung führen müssen.

»Komm wieder runter, Jay. Du brauchst dich doch nicht auf diese Weise in Teufels Küche zu bringen«, flüsterte mir Novak ins Ohr. Ich starrte auf den blutenden Abschaum vor mir am Boden; wirklich, ich wollte den Bastard unbedingt umbringen. Gleichzeitig wusste ich aber auch, dass mein Kollege recht hatte – wie immer, verdammt. Letzten Endes entspannte ich mich und nahm meine Arme wieder herunter, woraufhin mir der Bärenkerl ein wenig mehr Spielraum gewährte, mich allerdings immer noch nicht vollständig losließ.

»Wieder alles klar bei dir?«, fragte er. Seine braunen Augen, mit ihrem stechenden Blick ruhten auf mir, solange er sich nicht sicher war, ob ich mich nun einsichtig zeigen würde. Er war beileibe kein Schaumschläger.

»Ja, alles wieder klar.« Wir wussten natürlich beide, dass ich log.

»Achtung.« Die gereizte Stimme des Kapitäns durchbrach nun die kurzzeitige Stille. »Nehmen Sie bitte alle Platz. Ich kann nicht genau sagen, was gerade bei Ihnen vor sich geht, doch wir landen gleich, also rate ich Ihnen, sich hinzusetzen.«

»Gute Idee. Sir, lassen Sie sich von mir aufhelfen.« Higdon versuchte, den angetrunkenen Mann hochzuziehen.

»Pfoten weg! Ich schaffe das alleine, um Himmels willen. Ich bin doch kein armer Krüppel«, empörte sich der Gouverneur und tupfte seinen blutenden Mund mit einem Taschentuch ab. Nachdem er die Hilfe brüsk abgewiesen hatte, pflanzte er sich beschwerlich zurück in seinen Ledersitz, der jetzt über und über mit Whiskey besudelt war. Er bemühte sich, seinen Anzug glatt zu streichen und sich so etwas Würde zu bewahren, scheiterte aber in Beidem kläglich. Sein bestes Stück war weiterhin erigiert, während er damit fortfuhr, sich über das verquollene Gesicht zu wischen. Er warf mir einen abfälligen Blick zu, wie ich ihn schon viel zu oft gesehen hatte.

Nach einigen hitzigen Momenten saßen wir aber wieder alle angeschnallt da und warteten darauf, dass die Maschine auf der Rollbahn landete. Als ich zur Ruhe kam, begriff ich langsam, was da passiert war. Ich hatte offenbar zum letzten Mal Scheiße gebaut. Jetzt konnte ich mir alles abschminken: Ich hatte keinen Job mehr, es würde keine Heirat und keine Flitterwochen geben … meine Karriere war futsch, Ende im Gelände. Wie konnte ich das bloß Inez beibringen? Dieses Mal würde sie mich bestimmt verlassen und Bellia gleich mitnehmen. Dann würde ich allein sein … wieder … und dieses Mal zweifelsohne verdientermaßen.

Nach dem Debakel in San Antonio und Galveston konnte ich von Glück reden, dass sie mich Taugenichts überhaupt noch so lange ertragen hatte. Ich durfte sie und das Baby aber nicht verlieren, denn ohne sie zu leben, kam mir vollkommen ausgeschlossen vor. Genauso gut hätte ich auch gleich sterben können. Zu jenem Zeitpunkt war ich mit meiner staatlichen Lebensversicherung und Rente tot sowieso weitaus mehr wert als lebendig. Diese Option hatte ich in letzter Zeit irgendwie ständig im Hinterkopf.

Ich sah mich allerdings außerstande, die Waffen bereits zu strecken. Angestrengt schluckend blickte ich hinüber zu dem zuckenden Scheißkerl und holte tief Luft.

»Sir, ich möchte mich bei Ihnen entsch…«

»Sparen Sie sich das gefälligst, Junge! Sie haben sich mit dem Falschen angelegt, mein Freund!« Der alte Mann hielt eine Hand in die Höhe und wollte nicht einmal mehr in meine Richtung schauen.

Novak und Higdon sahen mich sowohl verdrossen als auch verlegen an, was mich in keiner Weise aufbaute.

»Leckt mich doch am Arsch!«, schimpfte ich wiederholt, während die kleine Maschine endlich über dem Flughafen niederging. Um meinen Magen und meine Zukunft stand es zusehends schlimmer, je weiter sich das Flugzeug der warmen, feuchten Rollbahn näherte.

 

I’m Bad, I’m Nationwide

 

Route 45 South, Oklahoma
Freitag, 20:53 Uhr

 

Der Cadillac brauste die nasse Straße hinunter, vorbei an Bäumen und Telefonmasten. Sie hatten an einer jener Kleinstadtraststätten, die geradezu ausgeraubt worden wollten, eine kurze Pause eingelegt, um zu tanken und noch mehr Alkohol zu besorgen, aber nicht nur das.

»Was gibt es denn über diesen McCutcheon zu sagen?«, fragte Isandro und trank aus seiner Flasche, während er den Schopf der Blondine kraulte.

»Nimm’s mir nicht krumm, Boss, aber warum bist du so scharf auf diesen Typen?«, erwiderte Cahill.

Der Rest der Crew verstummte sofort und starrte durch die Fenster nach draußen – selbst Bobby und Manny, die sich gerade an einer jungen Frau mit hellblonden Haaren im Kostüm einer High-School-Cheerleaderin vergingen.

»Wer zum Geier ist denn dieses Weißbrot, dieser Käsearsch?« Isandro breitete seine dünnen, aber muskulösen Arme weit aus und verlangte mit forderndem Blick eine Antwort.

»Hey, Bruder, er ist neu; er weiß noch nicht, was abgeht«, platzte Hector hinter dem Steuer hervor.

»Genau, Boss, er ist wirklich in Ordnung«, pflichtete ihm Manny bei. »Er ist bloß dämlich, sonst nichts.« Daraufhin lachten alle, während Isandro den schmächtigen Weißen eingehend aber geringschätzig anschaute.

»Sorry … Boss. Ich habe mich nur gefra…«

Isandros Miene verfinsterte sich noch weiter, und der Knabe fing an zu zittern. »Er hat mich verdammt nochmal auflaufen lassen, esé, falls du es genau wissen willst.« Er lehnte sich auf dem Rücksitz des breiten Cadillacs zurück, während das Mädchen ihn zwangsweise bediente.

»Er und diese Schlampe von Bezirksstaatsanwältin.« Isandro spürte, wie der Zorn erneut in ihm aufstieg. Er nahm noch einen kräftigen Schluck aus der Flasche, der jedoch nichts gegen die Flammen ausrichten konnte, die in ihm loderten. Dass er in allen Punkten seiner Anklage und noch vieler weiterer Verbrechen schuldig war, von denen bisher noch niemand etwas erfahren hatte, wusste er, doch niemand durfte ihn kontrollieren oder bestrafen, vor allem nicht irgendwelche weißen Schweine, die das Gesetz vertraten, und ihre Handlanger vom Schlage dieser dreckigen Bezirksstaatsanwältin, die mitgeholfen hatte, ihn wegen seiner sechs Morde erneut in Oklahoma einzubuchten.

Diese zwei Hurensöhne würden deshalb nun langsam und qualvoll sterben. Dieser finstere Schwur war das Einzige gewesen, was den ruchlosen Killer Tag für höllischen Tag im Bau am Leben gehalten hatte.

»Die Kröte ist aber schwer zu finden. Wir haben schon etwas Kohle lockergemacht und so herausgefunden, dass er irgendwo in Houston wohnt, aber das war’s dann vorerst auch schon mit den Infos. Trotzdem konnten wir ihn irgendwann aufspüren. Das wird dir gefallen, hombre.« Manny kicherte und stieß mit jedem Husten weißen Qualm aus. »Er wird bald heiraten und hat mittlerweile ein Kind.« Dem jungen Kerl hingen die zotteligen Haare fast in den blutunterlaufenen Augen.

»Oh nein, das ist nicht wahr«, meinte Isandro lachend und packte den Kopf des Mädchens noch fester. Er nippte abermals an der Flasche und schaute dann durch die Scheibe, gegen die unentwegt der Regen prasselte, hinaus.

»Ich verarsche dich nicht, und du errätst niemals, wer die Alte ist, die er heiraten will.« Manny zog genüsslich an seinem Joint und nickte dann mit einem bekifften Grinsen, das breiter war als von einem Ohr zum anderen.

»Wer?« Isandro rieb den Kopf des Mädchens, während sie es ihm weiter mit dem Mund besorgen musste. Er ignorierte ihr Schluchzen und Winseln um Gnade mit einem fiesen Lächeln und zog sie an den Haaren zurück.

Nun lachten Manny und die anderen lautstark. »Die Santana-Fotze, esé

»Das klingt ja fast wie Musik in meinen Ohren«, entgegnete Isandro mit einem kühlen Tonfall.

Der Rest der Crew nickte und lächelte dem Anführer zu.

»McCutcheon und die Anwaltsschlampe geben sich gegenseitig das Jawort, echt?« Er drückte den Kopf des Mädchens noch fester hinunter auf seinen Schwanz und lachte dabei so bellend laut, dass es alle in dem Cadillac mit der Angst zu tun bekamen.

»Stimmt, Bruder«, bekräftigte Hector zögerlich vom Fahrersitz aus. Die anderen stimmten mit ein, woraufhin ein raues Lachen im Wagen losbrach, begleitet von Rufen nach mehr zum Saufen und grausamer blutiger Rache.

»Conchetumare

Isandro schlug gegen den Hinterkopf der Weißen, die ihm gerade die Flötentöne beibrachte. »Pass gefälligst auf, was du da mit deinen Dreckszähnen machst, puta.« Er heulte auf, wobei der stinkende Joint aus seinem Mund fiel.

Das entsetzliche Gejammer und das Flehen um Beistand des Mädchens blieb weiterhin unbeachtet, außer dass Isandro es ab und zu mit einem teuflischen Grinsen quittierte. Er starrte die am ganzen Körper Zitternde mit kalten schwarzen Augen an, bevor er seinen Kopf in abgründiger Neugierde zur Seite neigte.

»Ich habe dir nicht gesagt, dass du aufhören sollst. Lutsch gefälligst meinen Schwanz oder das hier.« Er schob ihr den Lauf einer .357er in den bebenden Mund. In dem geschlossenen Cabriolet dröhnte es daraufhin vor alkohol- und drogenschwangerem Gegröle, als dem entgeisterten Mädchen, das laut College-Ausweis zwanzig Jahre alt war, aber eher aussah, als sei es keinen Tag älter als sechzehn, wenn es hochkam, die dicke Kanone am Gaumen kitzelte. Das gefiel Isandro; schnell führte er seinen Penis wieder in ihren blutenden Mund, und dann dienten ihre Tränen gewissermaßen als Schmiermittel für den Blowjob.

»Seht ihr? Man muss nur wissen, wie man mit diesen putas umzuspringen hat.« Er zerrte wieder an den Haaren des Mädchens und lachte laut, während es wimmerte. Noch einmal sprach er seinem Tequila zu, bevor er die Flasche über dem Schopf der Weinenden auskippte. Das Lachen wurde nun noch lauter. Die vorangegangenen zweiundsiebzig Stunden waren wirklich lang gewesen; sie hatten viel Blut vergossen und zahlreiche Leben genommen, doch Isandro lebte genau dafür. Je mehr Chaos und Verwüstung er heraufbeschwor, desto steifer wurde sein Schwanz, und desto abgründiger wurden seine Sehnsüchte. Die grausame Spur seines Blutbads hatte in McAlester in Oklahoma begonnen, wurde aber immer extremer und brutaler, je weiter sein Zirkus des drogeninduzierten Wahnsinns reiste.

»Kannst du dieses Mal ein bisschen was von dieser geilen Schnecke für mich übrig lassen, Issie?«, bat ihn Cahill vom Vordersitz aus.

Der Boss schaute den Kerl böse an. »Warte gefälligst, bis du an der Reihe bist, Pisser. Außerdem ist sie viel zu gut, um eine Teigfresse wie dich ranzulassen.«

»Ach, Mensch … scheiße.« Speichel tropfte von Cahills herabhängender Unterlippe auf den Ledersitz, während er an dem zu kurz geratenen Wurm in seiner abgewetzten, blutbesudelten Jeans rieb.

»Den Mist kannst du für dich behalten, Mann«, knurrte Isandro und versuchte nun den Jungen einfach zu ignorieren.

Die Nacht zog vorüber, wie ein Film im schnellen Vorlauf, als der wütende Mexikaner seine Ladung in den Mund der verstörten Teenagerin feuerte. Dann stieß er sie nach vorne zu seinem ungeduldigen Lakaien und wischte seinen Prügel an ihren Haaren ab. Während er ihn zurück in seine Hose packte, trank er erneut aus der Flasche. Ihm gehörte jetzt endlich wieder die Welt, und er hatte vor, ihr mit Gewalt zu entreißen, was er konnte. Aus dem Knast zu türmen war nicht leicht gewesen. Gehörte man erst einmal zu einer der mächtigsten Banden im ganzen Land, wenn nicht sogar auf der ganzen Welt, konnte man mit solchen Untaten allerdings davonkommen.

Isandro hatte längst aufgehört, die verstümmelten Leichen zu zählen, die seinen Weg pflasterten. Das spielte für ihn sowieso keine Rolle. Neun harte Jahre lang hatte er mit nur einem einzigen Gedanken in seiner Zelle in Oklahoma gesessen … nun ja, vielleicht doch mehr als nur einem; immerhin konnte man nur begrenzt vögeln und saufen. Nein, sein Ziel lautete Mexiko. Denn dort lebte seine Familie und wartete auf ihn. Er hatte so gut wie gar nicht mitbekommen, wie seine Kids aufgewachsen waren, und wollte deshalb nicht noch mehr Zeit vergeuden. Ihm war egal, wie viele Cops oder Unschuldige er dafür beseitigen musste, um dorthin zu gelangen. Er würde die Dinge einfach so nehmen, wie sie sich ergaben …

Freiheit.

Jedermanns Sündenbock zu sein, ging ihm gehörig auf den Geist. Er hatte damals den Kopf für seine Crew hingehalten und war stolz darauf. Unten in Mexiko gab es viel zu viele Weicheier, die den Laden schmeißen wollten. Sie alle brauchten einen gehörigen Tritt in den Arsch. Falls dieser keine Wirkung zeigen sollte, würde eine Kugel in den Kopf diese pendejos