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Über dieses Buch:

Die alte Südstaaten-Villa der Familie Carrington soll abgerissen werden. Amanda findet das mehr als merkwürdig, denn: Das Gebäude ist wunderschön und wirkt gut erhalten. Sind die vom Gutachter bescheinigten Schäden wirklich so groß? Amanda will sich selbst ein Bild davon machen und verschafft sich heimlich Zutritt zum Haus: wunderschöne Marmorböden, lange Korridore und stilvolle Lüster – die Villa ist alles andere als abbruchreif. Doch in einem Raum hängt ein Gemälde, das Amanda das Blut in den Adern gefrieren lässt: Ein Kind sitzt auf einer Schaukel – es dreht den Kopf, und blickt Amanda direkt in die Augen …

Eine Serie, die Sie schaudern lässt: Tauchen Sie ein in die geheimnisvollen Welten der „Mystery Diaries“ und lassen Sie sich von übernatürlichen Kräften faszinieren!

Über die Autorin:

Xenia Jungwirth, geboren 1978 in Straubing, ist gelernte Mediendesignerin und war schon als Kind von Märchen und Mythen fasziniert. Während ihres Studiums der Kunstgeschichte entdeckte sie ihre Leidenschaft für das Schreiben. Reale und fantastische Elemente bilden die perfekte Mischung für ihre Geschichten: Der Leser soll in eine Welt eintauchen, die ihm vertraut ist – und doch ganz anders. Xenia Jungwirth arbeitet als freie Autorin. Sie ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in der Nähe von München.

Bei dotbooks erscheinen folgende Titel der Reihe Mystery Diaries:

Schattenherz

Die Spinne

Dunkles Blut

Wolfskuss

Der Spiegel der Tänzerin

Entdecken Sie die Welt der „Mystery Diaries“ auch im Internet auf http://www.mysterydiaries.com/ und https://www.facebook.com/mysterydiaries?fref=ts

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Originalausgabe Juli 2015

Copyright © 2015 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Redaktion: Haus der Sprache, Halle/Saale

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Pablos33

ISBN 978-3-95824-263-0

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Xenia Jungwirth

Mystery Diaries: Der Kinderfänger

Roman

dotbooks.

Kapitel 1

»Du schon wieder, Amanda. Du gibst wohl nie auf, was?«, seufzte Joseph und machte keinerlei Anstalten, mich herein zu lassen.

»Ja, ich schon wieder. Und nein, ich gebe tatsächlich nicht auf. Schließlich geht es hier nicht um irgendeinen alten Kasten, sondern um ein kunsthistorisch bedeutendes Bauwerk.«

Die alte Südstaaten-Villa, die Joseph Carrington in drei Tagen abreißen lassen wollte, war wirklich wunderschön. Ein weißer Prachtbau von architektonischer Raffinesse und mit Sicherheit nicht so marode, wie der neue Besitzer behauptete, und damit den Abbruch rechtfertigte. Leider war das Gebäude nicht alt genug um unter Denkmalschutz gestellt zu werden, das hatte Dr. Roberts vom kunsthistorischen Institut schon versucht. Ohne Erfolg. Seitdem wir erfahren hatten, dass Joseph sein Erbe dem Erdboden gleichmachen wollte, arbeiteten wir Tag und Nacht daran, genau das zu verhindern. Wir hatten mit Gott und der Welt diskutiert und waren schließlich an Mr. Joseph Carrington persönlich gescheitert. Das Gesetz stand leider auf seiner Seite: Die Villa und das Grundstück gehörten ihm, also konnte er damit machen, was er wollte. In diesem Fall: Abreißen. Und wenn nicht doch noch ein Wunder geschah, würde genau das in drei Tagen passieren.

Die Zeit drängte also.

Während Dr. Roberts versuchte, irgendwelche Akademiker-Freunde dazu zu bewegen ihm zu helfen, knöpfte ich mir Hindernis Nummer 1 vor: Joseph selbst. Seit einer Woche ging ich ihm auf die Nerven, und tat mein Bestes, dass er mich wenigstens einen Blick in das Innere des Hauses werfen ließ. Vielleicht schätzte er die Schäden ja falsch ein, und die Villa war noch zu retten. Aber es war alles vergeblich gewesen. Das Gebäude sei baufällig, auch wenn man das von außen nicht unbedingt sähe, und es sei viel zu gefährlich, als dass man darin herum spazieren könne. Es wäre einfach besser, das ganze Ding platt zu machen. Platt! Der Gedanke, dass in wenigen Tagen von der Villa nur noch Schutt und Asche übrig sein sollte, tat mir in der Seele weh. Vor ein paar Jahren hatte mich Dr. Roberts gefragt, ob ich ihn ehrenamtlich bei der „Rettung“ kunsthistorisch relevanter Gebäude und anderer Denkmäler unterstützen wollte. Und da ich mich schon immer für Kunst und alte Bauwerke interessierte, hatte ich natürlich zugesagt. Wir hatten auch schon einige Erfolge zu verbuchen – ein altes Brunnenhaus oder ein Relief an einer Fassade. Kunstwerke, die vielleicht nicht so spektakulär waren wie die Mona Lisa oder der Petersdom, aber trotzdem nicht weniger schön und wichtig. Ein Stück Geschichte, das es ohne uns nicht mehr gäbe.

Ein so außergewöhnliches Objekt wie das Carrington-Anwesen war uns allerdings noch nicht untergekommen. Vielleicht war ich deshalb so versessen darauf, die Villa zu retten. Ein offensichtlich wunderschönes Gebäude, das ohne triftigen Grund zerstört werden sollte? Aber nein, das allein war es nicht. Es lag an Joseph. Nach über zwanzig Jahren war er wieder in Forest Springs aufgetaucht und benahm sich höchst merkwürdig. Wir kannten uns schon seit frühester Kindheit, hatten den gleichen Kindergarten besucht und ab und zu zusammen gespielt. Wir waren zwar nicht die engsten Freunde gewesen, aber wir hatten uns gut verstanden. Und dann, eines Tages, war Josephs Familie weggezogen. Einfach so, von heute auf morgen. Angeblich hatte es einen riesigen Streit zwischen Josephs Vater und seinem Großvater gegeben, und daraufhin hatte der Sohn den Kontakt zu dem alten Carrington komplett abgebrochen.

Josephs Großvater hatte Forest Springs nie verlassen, und war vor ein paar Wochen gestorben. Das Anwesen hatte er seinem Enkel vermacht, und so war Joseph nach all den Jahren wieder in unserem beschaulichen kleinen Städtchen aufgetaucht. Und was war das erste, das er tat? Den Abriss der Villa veranlassen! Das war doch merkwürdig!

Und dann noch dieser fadenscheinige Vorwand mit den irreparablen Schäden. Irreparabel? Das Gebäude war alt, aber von außen sah es sehr gepflegt und vollkommen intakt aus, der alte Carrington hatte stets darauf geachtet. Ein ganzes Heer von Gärtnern hatte sich um das Grundstück gekümmert, und die Fassade war regelmäßig gereinigt und gestrichen worden. Nur ins Innere hatte niemand gedurft. Josephs Großvater hatte wie ein Einsiedler gelebt und kaum Kontakt zu anderen Menschen gehabt. Die letzten Monate vor seinem Tod hatte er die Villa gar nicht mehr verlassen. Trotzdem konnte ich mir einfach nicht vorstellen, dass das Haus innen so kaputt sein sollte. Der alte Mann würde wohl kaum das Äußere der Villa gepflegt und im Inneren alles verkommen lassen haben.

Und doch hatte Joseph ein Gutachten vorgelegt, das genau dies bestätigte. Irreparable Schäden, Abriss empfohlen. Punkt. Aber Gutachter konnten sich irren. Und mein Gefühl sagte mir, dass an der ganzen Sache etwas faul war, und das war bestimmt nicht das Gebälk!

»Ich will doch nur einmal die Villa von innen sehen«, sagte ich zu Joseph und lächelte so unschuldig wie möglich. Betteln war eigentlich nicht meine Art, aber alles andere hatte ich schon versucht.

Er schüttelte den Kopf.

»Nein, Amanda. Es geht nicht.«

»Nur ganz kurz, ein paar Minuten. Dann bist du mich los. Versprochen! Und wenn es wegen der Schäden ist –«

Ich hielt meinen Motorradhelm hoch.

»Siehst du? Herabfallende Gegenstände sind kein Problem!«

Ich sah ihn hoffnungsvoll an.

Joseph musste grinsen. Es stand ihm gut, ausgesprochen gut sogar, und erst jetzt fiel mir auf, dass ich ihn seit seiner Ankunft nur mit besorgtem Gesicht gesehen hatte. Als trüge er eine zentnerschwere Last auf den Schultern.

Doch dann wurde Joseph wieder ernst und schüttelte den Kopf. »Tut mir leid. Es geht wirklich nicht. Du kennst doch das Gutachten.«

Ich seufzte frustriert.

»Aber –«

»Kein Aber, Amanda. Ich will nicht dass dir etwas zustößt.«

Er räusperte sich.