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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 1962

 

Das Virtuelle Schiff

 

Alaska Saedelaere geht auf eine Reise – an Bord eines rätselhaften Objekts

 

von H. G. Francis

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

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Im großen Konflikt zwischen der Koalition Thoregon, die sich für den Frieden im Kosmos einsetzt, und dem nach wie vor mysteriösen Shabazza konnten Perry Rhodan und seine Wegbegleiter vor einiger Zeit einen gewaltigen Erfolg erzielen: Es gelang ihnen, die SOL zu erobern.

Damit ist das uralte Generationenraumschiff, das von Shabazzas Hilfstruppen stark verändert wurde, nach vielen hundert Jahren wieder im Besitz der Menschheit. Doch als die SOL zu ihrer ersten Reise unter neuer Besatzung aufbricht, spielt das Bordgehirn SENECA falsch – niemand wusste, dass die Positronik unter Kontrolle einer sogenannten Nano-Kolonne steht.

Eigentlich sollte die SOL in die Galaxis Gorhoon fliegen, statt dessen kam sie in der Milchstraße an. Dort gelang es Perry Rhodan und seinen Getreuen erst nach zähen Kämpfen, die Kontrolle über das eigene Raumschiff zurückzugewinnen.

Ein anderer Terraner ist in der Zwischenzeit mit einem ganz anderen Raumschiff unterwegs: Alaska Saedelaere wurde über Alashan von einem Virtuellen Schiff an Bord genommen. Das rätselhafte Objekt, das von den Baolin-Nda erbaut wurde, gehört zu den wichtigsten Projekten der Koalition Thoregon – wobei Alaska viele Hintergründe noch gar nicht wissen kann.

Die genauen Ziele sind ihm ebenfalls unbekannt. Diese kennt offensichtlich nur DAS VIRTUELLE SCHIFF ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Alaska Saedelaere – Ein Terraner geht mit einem Virtuellen Schiff auf große Fahrt.

Vaiyatha – Eine Projektion des Bordcomputers gibt hilfreiche Ratschläge.

Aba Ossaq – Ein junger Gestalter beginnt sein Leben im Leerraum zwischen den Galaxien.

Gabrel Gurh – Ein alter Gestalter wird zum Ziehvater des »Lichts der Sterne«.

Jorim Azao – Das Familienoberhaupt der Gestalter zweifelt am Nachwuchs.

1.

 

Während auf einigen Welten Diskussionen um die Frage beginnen, ob denn wohl in anderen Teilen des Universums ebenfalls intelligentes Leben existiere – was die Einstufung des eigenen Volkes als Intelligenz impliziert –, sind auf zahllosen anderen Welten schon vor Millionen von Jahren Kulturen und Zivilisationen entstanden, haben sich über Hunderttausende von Jahren hinweg entwickelt und dabei ein Niveau erreicht, das die Vorstellungskraft anderer Intelligenzen weit übersteigt, um schließlich wieder unterzugehen und buchstäblich im Nichts zu verschwinden. Die Forschung beweist, dass Krieg in fast allen Fällen die Ursache mit dem höchsten Gewicht im Verein mit anderen Ursachen für den Untergang war.

Solas Garn, Weiser von Phar

 

*

 

In ferner Vergangenheit:

Gabrel Gurh war starr vor Entsetzen, und er bereute, dass er das Experiment überhaupt gewagt hatte. Am liebsten hätte er sich augenblicklich zurückgezogen, um sich mit dem Problem nicht auseinandersetzen zu müssen.

Er wünschte, er hätte die Entdeckung nicht gemacht.

Die Katastrophe rückte mit unwiderstehlicher Gewalt auf Sphanka zu, und absolut nichts konnte sie verhindern.

Es war jenes Unheil, das in vielen Bereichen Pharaus als DORIFER-Pest bezeichnet wurde. Es war eine Gefahr, die alles vernichtete und die das Leben auch auf diesem Planeten erlöschen lassen würde.

Es war nicht das erste Mal, dass Gabrel Gurh mit der Pest konfrontiert wurde. Er wusste, dass sie sich in der Galaxis Pharau ausbreitete und dass ihr bereits zahlreiche Welten zum Opfer gefallen waren.

Die Nachricht von der unaufhaltsam heranrückenden Katastrophe hatte jene Völker zur Flucht bewogen, die über eine Raumfahrttechnik mit entsprechend leistungsfähigen Raumschiffen verfügten. Sie hatten die Chance, bis ans Ende des Universums zu fliehen – um zumindest für einige Jahrtausende Zeit zu gewinnen. Ihnen blieb die Möglichkeit, die Zeit für die Entwicklung von Raumschiffen zu nutzen, mit denen ein Übergang in ein anderes, sicheres Universum möglich war. Ihnen blieb sogar die Hoffnung, dass doch irgendwann mal ein Gegenmittel gegen die DORIFER-Pest gefunden wurde.

Die Sphanken hatten überhaupt keine Chance. Sie waren das erste Volk, dem Gabrel Gurh begegnete, das sich niemals in seiner Geschichte auch nur mit dem Gedanken an Raumfahrt beschäftigt hatte. Sie waren friedliebend, moralisch und geistig hochstehend, sie lebten intensiv wie kaum ein anderes Volk, und sie besaßen eine bemerkenswerte Technik.

Vorsichtig schob er sich auf die Kuppe eines etwa zwei Meter hohen Berges hinauf, um sich von hier aus umzusehen. Er erschauerte, als er die Höhe erreicht hatte, denn das Gefühl wurde beinahe übermächtig, von hier aus in einen Abgrund gerissen zu werden.

Nur etwa einen halben Meter von ihm entfernt tat sich ein Spalt auf. Er war etwa einen Meter tief. Ein wahrhaft furchterregendes Höllenloch. Einen Sturz dort hinein würde niemand überleben. Bei einer Schwerkraft von annähernd 8,6 Gravos würde er beim Aufprall zerschmettert werden.

Vorsichtig wich Gabrel Gurh zurück. Es war nicht nötig, sich allzu nah an einer solchen Gefahrenquelle aufzuhalten.

Während er auf das unter ihm liegende Land hinausblickte, wurde ihm klar, weshalb die Sphanken keine Raumfahrt entwickelt hatten. Bei einer derart hohen Schwerkraft hätten auch andere Intelligenzen wohl kaum einen Gedanken auf eine solche Technik verschwendet. Nichts fürchteten die Sphanken mehr als Höhe, und es gab nichts auf dieser Welt, was ihre Sehnsucht, fliegen zu können, wecken könnte. Vögel oder Hautflügler existierten nicht, und fliegende Insekten waren ebenfalls nicht vorhanden.

Er spürte seine zwölf Beine, auf die sich das auf ihm lastende Gewicht verteilte. Offenbar war der von ihm gewählte Wirtskörper nicht mehr jung und kräftig, sondern schon alt und anfällig. Vielleicht hatte man ihm deswegen die hohe Verantwortung anvertraut.

Annähernd dreihundert Sphanken verteilten sich über die Flanken der Berge. Die schmalen Rücken ihrer von seidigem Fell überzogenen Körper glänzten blau im Licht der beiden Monde. Alle blickten in die gleiche Richtung, und knisternd sprühten Funken über sie hinweg zur tiefsten Senke des Tals, dorthin, wo sich wenige Schritte neben Gabrel Gurh ein violett schimmernder Obelisk erhob.

Er war das eigentliche Wunderwerk von Sphanka. Lange war der Gestalter in seiner Nähe gewesen und hatte den Botschaften gelauscht, die von den Sternen gekommen waren, fasziniert von den Möglichkeiten dieser Technik, die aus einer Kombination aus technischen Aggregaten und psionischen Wellen bestand.

Die Sphanken selbst konnten keine Nachrichten in die Weite des Universums abstrahlen, aber sie konnten jene Informationen empfangen, die per Hyperfunk unter den Sternenvölkern ausgetauscht wurden. Diese Technik blieb ihnen selbst unverständlich, aber sie waren als großes Kollektiv in der Lage, mit Hilfe ihrer psionischen Sinne Hyperwellen wahrzunehmen.

Auf diese Weise konnten sie am Leben dieser Völker teilhaben. Die Sphanken brauchten nur eine »gute Schulung«, so hatte der Gestalter nicht nur einmal überlegt, und ihre Psi-Gabe könnte ihrem Volk zu einem unerhörten Aufschwung verhelfen. Fragte sich nur, ob sie das wollten. Und jetzt war ohnehin alles zu spät.

Auf seinem Weg durch die Galaxis Pharau hatte Gabrel Gurh die geistigen Impulse der Sphanken aufgefangen, war von ihnen förmlich angelockt worden und hatte sich im Körper dieses Wesens manifestiert. Es nannte sich Sporhok und zählte zu den wichtigsten Persönlichkeiten dieser Welt.

Gerade zu jener Zeit, als er in diesen Körper geschlüpft war, hatte der Obelisk die Nachricht von der DORIFER-Pest aufgefangen und an ihn übermittelt. Aus den Informationen war eindeutig hervorgegangen, dass sich die Pest Sphanka näherte. Die Bewohner dieses Planeten hatten gerade noch acht bis zehn Tage zu leben.

Der Gestalter hatte die Nachricht nicht weitergeleitet.

Sollte er die Sphanken wissen lassen, dass sie dem Tode geweiht waren und dass es keinen Ausweg gab? Sie waren voller Hoffnung, blickten vertrauensvoll in die Zukunft und hatten große Pläne entwickelt. Bei ihren Lauschaktionen hatten sie von einer Technik erfahren, die sich mit dem Begriff Transmitter umschreiben ließ und die es ihnen in einer fernen Zukunft ermöglichen sollte, andere Welten auf direktem Wege zu erreichen.

Die Sphanken wussten, dass es Raumschiffe gab, aber sie konnten sich nicht vorstellen, ihren Planeten jemals mit so einem Gerät zu verlassen.

Ihre Höhenangst zwang sie, einen anderen Weg zu wählen, auf dem sie den Kontakt zu den Sternenvölkern suchen konnten. Sie waren überzeugt davon, dass sie willkommen waren, denn sie hatten viel zu geben.

Unter normalen Umständen hatten sie eine Lebenserwartung von etwa 60 Planetenjahren. Eine unvorstellbar kurze Zeit für ein Wesen wie den Gestalter. Nun blieben ihnen nicht einmal mehr diese Jahre, sondern nur noch wenige Tage. Sollte er ihnen deutlich machen, dass es keine Zukunft für sie gab?

Er lebte erst seit einer kurzen Zeit im Körper Sporhoks, aber lange genug, um die wichtigsten Informationen aus seinem Geist zu entnehmen. Daher wusste er, dass er das ganze Volk der Sphanken in tiefe Verzweiflung stürzen würde. Die Gewissheit, dass sie nur noch wenige Tage zu leben hatten und dass es keinen Ausweg gab, würde schier unerträglich für sie sein. Bis zu ihrem Tod würden sie entsetzliche Qualen leiden.

Musste das sein? War es nicht gnädiger, sie in Ungewissheit zu belassen, bis das Unvermeidliche kam und alles Leben innerhalb kürzester Zeit erlöschen ließ?

Er musste sich schnell entscheiden, denn schon versiegten die psionischen Ströme, die von den Sphanken ausgingen und die Technik im Obelisken unterstützten. Gleich mussten die ersten Fragen kommen, und dann musste er antworten. Das verlangten die Gesetze dieses Volkes, und da er im Körper Sporhoks lebte, konnte er sich ihnen nicht entziehen.

Nur eine Handbreit von ihm entfernt führte ein Strang aus Kristallen vom Hügel bis zum Obelisken. Gabrel Gurh griff hinein und zermalmte einige der filigranen Gebilde unter seinen Füßen. Er warf die Reste in den Abgrund, und in einer Tiefe von etwa einem halben Meter pulverisierten sie auf dem Stein.

Der Obelisk erlosch, und der Schaden war so groß, dass er in der kurzen Frist nicht behoben werden konnte, die den Sphanken noch blieb.

Gabrel Gurh fühlte sich erleichtert. Er vernahm das zornige Geschrei aus einigen hundert Kehlen. Jemand packte ihn und drängte ihn bis an den Rand des Abgrunds.

»Warum hast du das getan?«, fuhr einer der anderen ihn an.

Mitgefühl schnürte dem Gestalter die Kehle zu. Selbst wenn er gewollt hätte, wäre er jetzt nicht in der Lage gewesen, seinem Gegenüber zu verraten, welch entsetzliches Schicksal auf sie wartete. Er zog sich aus dem Körper Sporhoks zurück, und sein Bewusstsein füllte wiederum jenen Körper aus, in dem er vor Tausenden von Jahren geboren worden war.

 

*

 

Alaska blickte durch die transparenten Wände des Virtuellen Schiffes hinaus auf Alashan, aber er nahm so gut wie nichts wahr. Seine Gedanken befassten sich nicht mit der Welt, die er nun verließ, sondern mit dem seltsamen Raumschiff und dem Auftrag, dem er sich stellen musste. Er war als Pilot des Raumers ausgewählt worden – von wem auch immer.

Für diesen Raumer?

Das Virtuelle Raumschiff war eine etwa 450 Meter lange Walze mit silberner Hülle und einem Durchmesser von annähernd 250 Metern. Über die silberne Außenhaut lief ein Netz von Rohren, die im Durchschnitt anderthalb Meter dick waren, so dass es aus der Ferne aussah, als sei die Walze von diesem Geflecht eingesponnen. Die Rohre kreuzten und verzweigten sich in verschiedenen Winkeln. Es waren seltsame Gebilde, und der Terraner fragte sich, welche Bedeutung sie haben mochten.

Alaska Saedelaere stand in der geschlossenen Schleuse. Pforte nannte sie sich. Von außen hatte das Schott massiv und kompakt gewirkt, als sei es mit einer speziellen Panzerung versehen worden. Von innen her war es transparent und sah aus, als ob es aus zerbrechlichem Glas bestünde.

Ein Schatten glitt über seine Innenseite hinweg, und Alaska Saedelaere schreckte auf.

Er hatte das Gefühl, nicht allein zu sein. Unwillkürlich drehte er sich um, doch niemand sonst befand sich in der Schleuse.

Ein letzter Blick galt Alashan. Er glaubte nicht daran, dass er die Menschen dort jemals wiedersehen würde.

Alaska Saedelaeres Leben war weitaus merkwürdiger verlaufen als das anderer Terraner. Seit er vor vielen hundert Jahren das Cappinfragment hatte tragen müssen, hatte er Dinge erlebt, die sich andere Menschen nicht einmal hätten vorstellen können. Das hatte ihn einsam gemacht. Aber vielleicht war es ihm deshalb so leicht gefallen, dem Ruf zu folgen und an Bord dieses seltsamen Schiffes zu gehen.

Empfindungen von Bestimmung, die ihn veranlasst hatten, an Bord zu gehen, verebbten allmählich. Es schien, als kläre sich sein Geist, nachdem er sich vorübergehend verselbständigt hatte.

Was war das für ein Raumschiff, das ihn aufgenommen hatte? Wo war die Besatzung? Welcher Art waren die Wesen, die in diesem Raumer lebten? Warum hatten sie sich noch nicht gemeldet? Worauf warteten sie? Er war an Bord und flog mit ihnen. Wurde es nicht Zeit, dass sie sich zeigten?

Der Walzenraumer durchstieß die Atmosphäre und eilte in den Weltraum hinaus. Er bewegte sich lautlos, als verfüge er nicht über einen eigenen Antrieb, sondern werde von einer externen Kraft getragen. Es gab keine Vibrationen oder sonstige Anzeichen dafür, dass sich Maschinen an Bord befanden, die nun ihre Kraft entfalteten. Für einen kurzen Moment drängte sich Alaska die Vorstellung auf, dass man ihn mit holographischen Mitteln zu täuschen versuchte. Er wies sie zurück.

Willst du dich nicht umsehen?, fragte die Haut. Ihre Stimme klang in ihm auf, und sie schien voller Ungeduld zu sein, als könne der Symbiont nicht erwarten, Informationen über das Virtuelle Raumschiff zu erhalten.

»Und ob ich das will!«, sagte der Terraner laut.

Es bedurfte keiner Aufforderung. Er war nicht weniger neugierig als die Haut, und er wollte die Besatzung des Raumers kennenlernen.

Als er die Hangarschleuse verließ, warf er einen letzten Blick zurück. Da stockte ihm der Atem. Deutlich konnte er sehen, dass so etwas wie ein blaues Tuch außen am Schleusenschott vorbeiflog. Es war etwa halb so groß wie eine Bettdecke, und es flatterte leicht, als werde es vom Wind bewegt, doch das war völlig unmöglich. Das Raumschiff befand sich bereits im Weltall, und hier gab es keine Luftbewegungen.

Er blinzelte, und dann schüttelte er den Kopf, um eine gewisse Benommenheit abzuschütteln. Er kam zu dem Schluss, dass er sich getäuscht hatte. Da draußen konnte kein blaues Tuch gewesen sein.

Er schritt in einen Gang hinein, der schnurgerade in das Schiffsinnere führte. Boden, Decke und Wände waren glatt und fugenlos, als wären sie als Ganzes in den Raumer eingepasst worden. Es gab keine Türen, keine Verzierungen, Verschönerungen oder Beschriftungen, ebenso wenig wie technische Einrichtungen.

Als er etwa hundertzwanzig Meter weit gekommen war, stieß er auf einen Korridor, der von einem Ende des Raumers bis zum anderen zu reichen und so etwas wie eine Mittelachse des Raumschiffs zu bilden schien. Niemand hielt sich darin auf, und doch konnte der Terraner sich des Gefühls nicht erwehren, dass irgend jemand in seiner Nähe war.

Er zögerte nur kurz, um dann seinen Weg fortzusetzen. Rasch meinte er, schon aus der Ferne erkennen zu können, dass sich vor ihm eine Art Knotenpunkt befand. Er vermutete, dass er dort auf einen Hinweis auf eine Zentrale stoßen würde.

Das Virtuelle Schiff hatte ihn wissen lassen, dass er als Pilot vorgesehen war. Folglich erwartete er, dass es ihn in das technische Nervenzentrum führte. Nur von dort aus konnte er seine Aufgabe erfüllen.

Ein Lichtfleck glitt vor ihm über den Boden des Korridors, eilte einige Meter weit vor ihm her und löste sich dann auf. Zugleich meinte Alaska, eine Stimme zu hören.

Da ist jemand!, teilte ihm die Haut mit ihrer lautlosen Stimme mit.

»Wer?«

Ich weiß es nicht. Ich spüre, dass da jemand ist. Ganz nah bei uns.

Er hatte das Gefühl, als richte jemand seine Blicke auf ihn, als müsse sich ihm schon beim nächsten Atemzug eine Hand auf die Schulter legen.

Voller Unbehagen blieb er stehen, drehte sich um und versuchte, die in ihm aufkommende Angst zu verdrängen. Ganz gelang es ihm nicht. Er war allein an Bord, und bis jetzt hatte er keinen Grund, seiner neuen Umgebung zu vertrauen.

Der Gang war so leer wie zuvor. Nirgendwo zeigte sich eine Lücke in den Wänden. Nirgendwo verwandelte sich das Material, um ein Hologramm zu bilden oder ihm eine Tür zu öffnen. Niemand hielt sich in seiner Nähe auf. Niemand war ihm gefolgt. Nirgendwo war die Optik einer Kamera zu erkennen, die ihn anpeilte.

Nichts!

»Das hat nichts zu bedeuten«, redete er sich ein. »Das Auge einer Kamera braucht nicht größer zu sein als ein Staubkorn, um funktionstüchtig zu sein. Wenn ich es nicht sehe, bedeutet das noch lange nicht, dass es nicht vorhanden ist.«

Als sich Alaska der Mitte der Walze näherte, stieß er auf einen Bereich, von dem mehrere Gänge abzweigten. Exakt im Mittelpunkt des Verteilers befand sich eine kreisförmige Galerie. Er ging hin zu ihr, blieb dort stehen und legte seine Hände auf ein Geländer. Es fühlte sich warm und angenehm an.

Darüber hinweg blickte er auf eine Art Bassin, das einen Durchmesser von ungefähr zehn Metern hatte. Saedelaere beugte sich vor und versuchte zu erkennen, wie tief es war, aber er sah keinen Grund. Das Bassin, das mit einer Flüssigkeit gefüllt zu sein schien, wirkte, als reiche es möglicherweise bis in eine uferlose Tiefe.

Irgendwo da drinnen entdeckte er einen Mikrokosmos voller Sterne. Sie glitzerten und gleißten, als seien sie Bestandteil eines eigenen Kosmos, Tausende von Lichtjahren entfernt. Alaska blickte sie an, er hatte für einen Augenblick das Gefühl, sie wollten ihn anziehen. Er wandte den Blick ab.

Wieder meinte der Aktivatorträger, die Nähe eines anderen Wesens zu fühlen.

Er fuhr herum, und da sah er einen grauen, schemenhaften Kopf, der etwa fünf Meter von ihm entfernt mitten im Gang schwebte. Für einen kurzen Moment nahm das bis dahin verschwommen aussehende Gesicht menschliche Züge an.

»Kytoma!«, rief er. Wie betäubt stand er auf der Stelle, während sich der Kopf allmählich auflöste, transparent wurde und dann gänzlich verschwand.

Alaska Saedelaere war sicher, das Gesicht seiner rätselhaften Freundin gesehen zu haben.

Beruhige dich!, ermahnte ihn die Haut.

Alaska schloss die Augen und bemühte sich, seiner Gefühle Herr zu werden. Er atmete einige Male tief durch, und dann lehnte er sich mit dem Rücken gegen das Geländer.

Was war das für ein Spiel, das irgend jemand mit ihm trieb? Hatte man ihn wirklich nur an Bord gelockt, weil er Pilot dieses Raumschiffs werden sollte? Oder gab es ein ganz anderes Motiv?