Kim Jong Undead

und weitere phantastische Geschichten

 

 

 

 

 

Twilight-Line Medien GbR

Redaktion „Dunkle Seiten“

Obertor 4

D-98634 Wasungen

 

www.twilightline.com

 

1. Auflage, Oktober 2017

ISBN 978-3-944315-59-1

eBook-Edition

 

© 2017 Twilight-Line Medien

Alle Rechte vorbehalten.

 

Inhalt

 

 

Kim Jong Untot

Bastian von Dunkelwelt

 

 

Fresst meine Asche

Iolana Paedelt

 

 

KEINE MASSNAHMEN ERFORDERLICH

Peter Stohl

 

 

Bang or Bank

Clemens Neuer

 

 

 

Kim Jong Untot

Bastian von Dunkelwelt

 

 

 

Die Landschaft war karg und menschenleer. Vor wenigen Monaten wurde auf den durstigen Äckern noch Kohl angebaut, mehr gab die am Boden liegende Landwirtschaft nicht her. Inzwischen war das Gebiet auf Anordnung aus Pjöngjang evakuiert worden. Nur ein einsamer Militärjeep kämpfte sich eine verlassene Schotterstraße entlang.

Das Ziel war ein Militärbunker, der eilig aus Betonblöcken zusammengesetzt worden war. Der Jeep kam vor dem Gebäude zum Stehen und eine kleine Delegation aus Militäroffizieren nahm den Gast in Empfang. Kim Jong Un stieg aus dem Jeep, während der Fahrer gehorsam sitzen blieb. Die anwesenden Offiziere sowie die Wache am Eingang des Bunkers salutierten augenblicklich.

„Geliebter Marschall Kim, wir möchten Sie herzlich auf dem atomaren Versuchsgelände B begrüßen. Ihre Anwesenheit ist uns eine große Ehre“, grüßte der am höchsten dekorierte General und verbeugte sich dabei tief. „Wenn wir Sie nun hereinbitten dürfen?“ Immer noch gebeugt wies er mit einer ausladenden Geste zur Eingangstür, die rasch von der Wache geöffnet wurde.

Ohne eine Antwort watschelte der untersetzte Despot in den Bunker. Einer der Offiziere führte ihn einen stark abgeschirmten Gang entlang bis zu einem Aussichtszimmer, wo bereits ein Kamerateam der Propagandaabteilung wartete. Die Wände bestanden auch im Inneren aus kahlem Beton und der Raum wurde von einer Reihe provisorischer Militärlampen erhellt. Ein weiterer Soldat salutierte knapp und drückte dann auf einen roten Knopf an der Wand neben sich. Eine Stahljalousie fuhr nach unten und gab ein getöntes Fenster aus Panzerglas frei, welches einen betrübenden Blick auf die umgebenden Felder freigab.

Kurz darauf betrat ein Wissenschaftler mit weißem Kittel und Brille den Raum. „Geliebter Marschall, welche große Ehre Sie hier…“

„Bitte!“, unterbrach der Diktator seinen Untergebenen. „Ich bin mir durchaus bewusst, dass ich von schleimigen Klötenküssern umgeben bin. Können wir also einfach mit der Demonstration beginnen? Ich muss in zwei Stunden einer Exekution beiwohnen und anschließend pünktlich zu einer Truppenparade. Mein Terminplan ist sehr voll, verstehen Sie?“

„Aber sicherlich, geliebter Marschall“, antwortete der Wissenschaftler und verneigte sich.

„Gut“, gab Un knapp zurück und wandte sich an den Kameramann. „Hey Sie, schneiden Sie das raus! Verstanden?“

Eingeschüchtert nickt der Mann schnell.

„Bitte setzen Sie nun alle ihren Schutzbrillen auf“, sagte der Physiker.

Ein Soldat teilte die Brillen an alle Anwesenden aus. Kim Jong Un und seine Generäle setzten sie auf und traten ans Fenster. Aus den Lautsprechern an der Decke war ein Countdown zu hören, der von 10 an rückwärts zählte. Bei Null erschien ein heller Blitz in der Ferne und kurz darauf erbebte die Erde. Ein grünlicher Atompilz wuchs in den Himmel und die hohen Offiziere applaudierten.

„Beeindruckend. In der Tat beeindruckend“, merkte der nordkoreanische Führer an. „Von nun an sind wir den Amerikanern ebenbürtig und müssen uns nicht mehr von diesen Kapitalisten an der Nase herumführen lassen.“

„Wir sind den Amerikanern gegenüber sogar mehr als ebenbürtig, geliebter Marschall“, sagte der Atomphysiker voller Stolz. „Wir haben es geschafft, A-, B- und C-Waffen zu vereinen. Wir nennen es das kleine ABC der Massenvernichtung.“

„Die USA werden vor uns erzittern! Köstlich!“ Kim Jong Un entfernte sich vom Fenster, wo sich die pilzförmige Wolke langsam auflöste. Er sah noch einmal zu dem Wissenschaftler. „Ich brauche 100 Stück davon. Und nun entschuldigen Sie mich bitte, ich will meinen Delinquenten nicht warten lassen.“

Kim und die Offiziere verließen den Bunker, doch kaum draußen angekommen, hielten sie den Atem an. Der Himmel war grün und die Luft stank fürchterlich. Von dem Soldaten, der am Eingang Wache gestanden hatte, war nur noch ein verkohltes Skelett übrig.

„Das ist nicht gut. Was zur Hölle geht hier vor? Ich dachte der Bunker sei weit genug entfernt?“

Die Generäle blickten ihren Führer ratlos an. Schließlich trat einer von ihnen vor. „Scheinbar ist unsere neue Superwaffe noch effektiver als gedacht. Wir werden Sie so schnell wie möglich aus der Kontaminationszone bringen.“ Der General ging zum Jeep und warf das Skelett des Chauffeurs vom Fahrersitz. „Kommen Sie, schnell!“

Kim Jong Un eilte auf die Beifahrerseite und steigt ein, während der General den Jeep startete und losfuhr. Die restlichen Offiziere eilten zurück in den Bunker.

„Ich will eine von diesen Superwaffen für jede amerikanische Großstadt“, sagte der nordkoreanische Diktator zu seinem Lakaien, während dieser mit Vollgas zurück nach Pjöngjang fuhr.

„Ja, geliebter Marschall“, kam die Standardantwort. Ein „Nein“ wäre auch umgehend mit dem Tod bestraft worden.

 

Nach wenigen Minuten Fahrt klarte der Himmel über ihnen langsam wieder auf und das erste Dorf kam in Sichtweite. Der Jeep wurde nun etwas langsamer.

„Hey, General Kim, ich habe nicht gesagt das Sie bremsen sollen. Oder glauben Sie, Sie bekommen mit mir als Fahrgast einen Strafzettel?“

„Was immer Sie sagen, geliebter Mar…“, der Offizier konnte den Satz nicht beenden, da ihm der Unterkiefer abfiel und auf dem Schoß landete.

Sein Beifahrer blickte ihn erschrocken und angeekelt an. „Das ist ja widerlich! Hören Sie sofort damit auf auseinander zu fallen oder ich lasse Sie erschießen!“

Die Drohung erübrigte sich, da dem General keine zwei Sekunden später der gesamte Kopf abfiel und der Wagen von der Straße abkam. Der Jeep überschlug sich und landete im Straßengraben.

Kim Jong Un brauchte einige Minuten, um unter dem Wrack hervorzukriechen. Wie er in der Reflektion der Scheibe erkennen konnte, hatte seine Haut inzwischen einen ungesunden Grauton angenommen und er fühlte sich ein wenig desorientiert. „Verdammt… Heutzutage ist auf niemanden mehr Verlass! Ich komme noch zu spät zur Exekution meines eigenen Großonkels…“, stammelte er und stapfte zu Fuß weiter in Richtung Pjöngjang.

 

Die Biologielehrerin Kim Kim hatte sich für diesen Tag etwas Besonderes ausgedacht. Sie machte mit ihrer Schulklasse eine Exkursion ins Umland der Hauptstadt. Die zwölfjährigen Kinder tobten in ihren Schuluniformen durch die Natur und sammelten Pflanzenproben. Eigentlich pflückten sie mehr oder weniger nur Blumen, aber so hatten sie wenigstens ein Geschenk für ihren geliebten Marschall.

Der tauchte überraschend am Horizont auf und sah gar nicht gut aus. Als er langsam näherkam, erkannte Kim, dass seine Haut aschfahl und an einigen Stellen aufgeplatzt war. Nachdem der Führer die Schulklasse bemerkte, nuschelte er ein klägliches „Hilfe!“

„Geliebter Marschall, was ist geschehen?“, fragte die Lehrerin aus einem Reflex heraus.

„Atombombe … Explosion … Unfall“, stammelte der Diktator und brach zusammen.

„Ich würde ja gern Hilfe rufen, aber Handys sind verboten“, antwortete Kim unsicher.

„Nehmen … meins.“ Mit letzter Kraft zog Un sein Smartphone aus der Jackentasche und schob es der Frau hin. Kurz darauf verlor er das Bewusstsein.

„Was muss ich damit machen?“

 

Nach drei Stunden lag Kim Jong Un im Krankenhaus von Pjöngjang. Es hatte eine Weile gedauert, bis Kim im Menü des Smartphones die richtige Nummer gefunden hatte. Noch länger dauerte es, bis ein Krankenwagen repariert und vor der Stadt aufgekreuzt war. Der Führer lag inzwischen im Koma, die Exekution seines Großonkels war vertagt worden und auf der Parade wurde er von einem Double vertreten.