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Mel Tuville

Ausgenutzt im Gedränge





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Erstes Kapitel – Im dichten Gedränge

 

Das Gedränge war dicht, wirklich sehr dicht. Luft bekam ich noch, aber mehr Leute sollten hier nicht mehr auf engstem Raum fahren. Ein Mann, der sich ausgerechnet zur Hauptverkehrszeit ein Treffen mit einer Frau ausmachte, musste eben damit rechnen. Und auch damit, dass er von ihr kommentarlos stehengelassen wurde. Also nach eine Viertelstunde Warten gleich wieder nach Hause.

 

Vor diesem Treffen hatte ich lange überlegt, ob ich betont sehr männlich oder einfach ganz natürlich auftauchen sollte. Ich war mit stark getrimmtem Bart und einem T-Shirt mit nicht zu großem Ausschnitt dort aufgetaucht, sie aber nicht. Zumindest keine Frau, die ihrer Beschreibung entsprochen hätte. Egal. Überhaupt, war heute nicht dieses Fußballspiel? Daran lag es wohl auch, dass es hier so voll war. Ich versuchte mich nicht zu sehr an die Leute um mich zu drängen, aber nicht alle gaben sich so viel Mühe. Der Zug verlangsamte und die Türen öffneten sich, aber einsteigen konnte niemand.

 

 

 

 

Ich meinte nur „Gut!“, und nach ihrem eindringlichen „Bitte!“ und „Dürfte ich?“ drängten sich mehrere Fahrgäste kurz auf den Bahnsteig hinaus, um uns aussteigen zu lassen. Wir blieben am Rand des Bahnsteiges stehen, während der Rest einer mittelgroßen Menschenmasse zu den Ausgängen strömte.

„Hey, das war eigentlich nur Spaß, ich wollte schauen, was passiert“, redete sie nun mehr. Zitterte sie etwa leicht? Bereits bei ihrem Händedruck war es mir so vorgekommen, aber war sie wirklich nervöser als ich?

„Ich hätte aber schon Lust, also wenn du willst …“, sagte sie mit einem zarten Lächeln.

„Ja, habe ich“, klang ihre Stimme nun etwas entschlossener, „aber willst du zu mir kommen, oder …“

„Wie meinst du das?“