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Miriam Schreiber

Kluge Frauen werden nicht geheiratet

Alleinerziehende Chaosqueen

auf der Suche nach Mr. Right

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© 2018 Miriam Schreiber

Verlag und Druck: tredition GmbH,

Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN
Paperback: 978-3-7469-2976-7
Hardcover: 978-3-7469-2977-4
e-Book: 978-3-7469-2978-1

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung

Eins

Sometimes

good things fall apart

so that better things

can fall together

Marylin Monroe

Ok. Kein Grund zur Panik. Alles wird gut. Andere Frauen haben das auch geschafft. Ich saß in der Mitte meines noch nicht komplett möblierten Wohnzimmers und versuchte mich zu beruhigen.

Ich hatte mich nach 15 Jahren von dem Vater meiner Kinder getrennt und wir sind ganz in der Nähe in ein Einfamilienhaus gezogen. Es gab noch so viel zu tun und ich wusste gar nicht, wo ich anfangen sollte. Immerhin hatte ich seit gestern ein Sofa. Es ging also voran. Plötzlich stand ich vor allerlei unvorhergesehen Problemen. Gott sei Dank gab es Louise. Louise war ein Ossi. Sie bestand sogar darauf. Als sie acht Jahre alt war, ist sie mit ihrer Mutter aus Sachsen-Anhalt hierher nach Köln gezogen. Auf Louise ist immer Verlass. Gestern hat sie, um mein Sofa abzuholen, einen Transporter von der Arbeit ausgeliehen. Als uns an der Warenausgabe mein Sofa in zwei Teilen ausgehändigt wurde, schaute sie mich an und sagte in ihrer trockenen Art, „Das bekommen wir niemals in den Transporter und in dein Wohnzimmer bestimmt auch nicht.“ Uups. Das Sofa war ein Impulskauf und es hatte mir so gut gefallen, dass ich es zur Not auch in den Garten gestellt hätte. Wie dumm von mir mein Wohnzimmer nicht vorher auszumessen. Na toll, da brachte mir mein IQ von 142 auch nichts, wenn ich mich beim Shoppen zu Spontankäufen hinreißen ließ. Ich war einfach nicht alltagstauglich. Zu allem Überfluss fing es auch noch an zu regnen und wir mussten uns schnell etwas einfallen lassen, damit ich nicht den ersten Monat einen nassen Po auf meinem Sofa bekommen würde. Gleichzeitig mit uns kam ein Lieferwagen an, der ebenfalls Ware abholte. „Ich frage jetzt die Männer, ob sie in unsere Richtung fahren.“ Bevor ich Louise antworten konnte, hatte sie die Männer bereits angesprochen und sie fuhren tatsächlich in unsere Richtung.

„Zehn Euro, wenn Sie dieses Sofateil transportieren.“ Louise war in Verhandlungen einfach unschlagbar. Leider waren die beiden Männer mit unserem Angebot nicht zufrieden.

„Zehn Euro und wir zeigen unsere Brüste“, war Louises neues Angebot. Ich schaute sie entsetzt an. Bis heute hatte ich Probleme herauszufinden, wann sie etwas ironisch meinte und wann nicht. Jetzt konnte ich meinen Sohn Joshua verstehen. Er war Autist und seine Trefferquote bei Ironie lag bei etwas dreißig Prozent. Ich würde ganz sicher nicht meine Brüste zeigen, vorher trage ich das Sofa eigenhändig in mein Wohnzimmer. Die beiden Männer schienen auch überrumpelt und so zahlte ich zwanzig Euro und keiner musste seine Brüste zeigen. Ich gab einem der Männer meine Handynummer, damit sie mich anrufen können, falls sie die Adresse nicht finden.

„Hast du dir auch ihre Handynummer geben lassen? Nicht, dass sie sich mit dem Sofa auf und davon machen.“ Oh nein, das hatte ich natürlich vergessen. In Gedanken malte ich mir bereits aus, wie ich das eine Sofateil in meinem Wohnzimmer drapieren könnte, damit es nicht zu sehr auffiel, dass es unvollständig war. Glücklicherweise gab es noch ehrliche Menschen und mein Sofa ist vollständig.

Das Klingeln des Telefons riss mich aus meinen Gedanken.

„Na, wo lümmelst du dich schon wieder rum?“, fragte mein Vater. Wo sollte ich wohl sein, wenn er über Festnetz anrief?! Außerdem hatte ich ein ganzes Haus zu renovieren, nebenbei meine Kinder Ruby und Joshua zu bespaßen und musste versuchen unseren Hund Jagger davon abzuhalten, die Farbeimer umzukippen. Ich stand vor den Trümmern meiner Beziehung und musste mein Leben neu organisieren. Mein Stresslevel war auf vollem Anschlag.

„Du musst was unternehmen, Milla. Du weißt mit 38 Jahren ist der Lack ab.“ Mein Vater war wie immer ein Quell an Optimismus. Meine Eltern wohnten in Düren, einer kleinen Stadt zwischen Köln und Aachen. Hätte Papa das nicht etwas netter verpacken können? Obwohl ich mit seiner schonungslosen Ehrlichkeit und seinem eigenen Humor aufgewachsen bin, traf mich seine Bemerkung. Hätte er nicht so was sagen könne wie „Alles wird gut, Milla. Du findest schon den Richtigen.“

Die Menschen in Düren verfügen über eine ganz eigene Art von Humor. Wenn Joshua, Ruby und ich in Düren waren und dort übernachteten sagt mein Vater immer, „Besuch ist wie Fisch. Am dritten Tag fängt er an zu stinken.“ Was für ein liebevoller Rauswurf.

„Du wirkst auf die meisten Männer unnahbar und arrogant. Das macht Männern Angst. Kochen kannst du auch nicht. Du bist also unvermittelbar.“ Ich und arrogant. Null. Obwohl mir das auch schon andere gesagt haben, die nachher sehr überrascht waren, dass ich ein lustiger und sympathischer Mensch war. Mit dem Kochen hatte er allerdings Recht. Kochen stresste mich. In den sechziger Jahren wäre ich wohl wirklich unvermittelbar gewesen. Heute muss es doch Männer geben, denen andere Werte wichtig sind. Außerdem ist Pizza bestellen eine meiner Kernkompetenzen.

„Für dein Alter hast du dich aber noch ganz gut gehalten.“ Mein Vater hatte wohl bemerkt, dass eine positive Bemerkung nicht schaden konnte. Eigentlich komme ich ganz gut alleine klar und wirke auf Andere immer so als wäre ich stark und hätte ich alles unter Kontrolle. Das war aber nicht so. Ich wünschte mir auch wieder jemanden, der mich einfach mal in den Arm nahm und dem ich meine Sorgen erzählen konnte. Jemanden, der mit mir den Rest des Lebens verbringen möchte.

„Ich war übrigens letzte Woche in dem Cafè essen, wo du heiraten wolltest. Du wolltest damals unbedingt Sonnenblumen als Dekoration haben.“ Mein Vater hat wirklich kein Gespür für unpassende Situationen. Das war doch schon so lange her und immer wieder bekam ich es unter die Nase gerieben. Ich war damals Anfang zwanzig als ich fast geheiratet hätte. Es passte aber einfach nicht und wir hatten völlig unterschiedliche Vorstellungen vom Leben. Leider fiel mir das erst nach der Verlobung auf. Ich hatte immer wieder versucht anzusprechen, dass heiraten wohl keine so gute Idee sei. Das sah er anders und der Hochzeitstermin rückte immer näher. Ich war völlig panisch. Am Altar nein zu sagen wäre auch irgendwie nicht so toll gewesen. Für mich stand schon seit jeher fest, dass ich nur einmal heiraten würde und zwar den Richtigen. Das war er aber nicht. Am Abend vor der Hochzeit hatte ich noch immer keinen Plan, wie ich aus der Sache herauskommen könnte. Glücklicherweise hatte ich meinen Blinddarm noch und erstaunlicherweise fing er unglaublich an weh zu tun. Im Krankenhaus konnte keine klare Diagnose gestellt werden und man beschloss mich zu operieren. Kurze Zeit später haben wir uns getrennt. Er wollte unbedingt an den Hochzeitsplänen festhalten und ich war mir weiterhin unsicher. Vermutlich war das meine einzige Chance jemals einen Heiratsantrag zu bekommen. Also einen wenigstens halbwegs ernst gemeinten.

Joshuas und Rubys Vater hatte mir auch einmal einen Heiratsantrag gemacht. Damals waren wir ungefähr sechs Jahre zusammen. Wir haben mit Joshua einen Kurzurlaub gemacht. Bei einem Spaziergang zog er dann einen Herr der Ringe Ring aus der Tasche. Mir fehlten die Worte. Es ging mir nicht darum einen teuren Ring zu bekommen. Ich brauchte auch gar keinen Ring, aber wenn ich jemals einen Antrag bekommen sollte, dann möchte ich, dass er ehrlich gemeint ist. Da war nun dieser Herr der Ringe Fan-Ring mit irgendeiner elbischen Inschrift, der viel zu klein war.

Ich bin also, was das Thema heiraten angeht, etwas vorgeschädigt. Trotzdem war ich der festen Überzeugung, dass es da draußen irgendwo jemanden geben musste, der es ehrlich meinte. Ich musste ihn nur finden. Ich hatte die romantische Vorstellung, dass man jemanden trifft und direkt weiß, dass es der Richtige ist und den Rest seines Lebens mit ihm verbringen will. Im Idealfall wäre das bei ihm genau so. Anders wäre es auch nicht romantisch.

„Papa, ich muss jetzt mal mit Jagger raus.“ Jagger unser eineinhalb jähriger Golden Doodle stand schon mit meinem Gummistiefel im Maul neben mir. Er versuchte mir wohl etwas mitzuteilen.

„Kopf hoch auch wenn der Hals dreckig ist, Milla.“ Was anderes blieb mir auch gar nicht übrig. Mein Hals ist übrigens sauber. Das war wieder eine der Dürener Redensarten.

Zwei

Lass dich nicht unterkriegen,

sei frech und wild und

wunderbar

Astrid Lindgren

Jetzt waren die Sommerferien zu Ende und von Erholung keine Spur. Ich hatte die ganzen Ferien genutzt, um das Haus halbwegs bewohnbar zu machen. Das war natürlich Meckern auf hohem Niveau. Andere Leute hatten keine sechs Wochen Ferien. Ich bin Lehrerin an einer Realschule in der Nähe. Lehrerin ist mein absoluter Traumberuf. Nach einem stressigen Tag mit sechs Unterrichtsstunden behauptete ich vielleicht etwas anderes, aber spätestens nach der Heimfahrt konnte ich mir wieder nicht vorstellen, etwas anderes zu machen. Trotzdem war es als alleinerziehende Vollzeit arbeitende Mutter morgens eine echte Herausforderung, dass wir alle mit dem richtigen Material am richtigen Ort ankamen. „Ihr müsst euch etwas beeilen. Wir sind spät dran“, versuchte ich Ruby und Joshua anzutreiben.

„Mir geht es schlecht“, sagte Ruby und verzog dramatisch das Gesicht. Nach einer kurzen Bestandsaufnahme stellte ich fest, „Du bist völlig gesund und kannst in die Schule gehen.“ Das war nicht die Antwort, die sie gerne hören wollte. Oh Gott, ich erkenne Schulschwänzertendenzen.

Joshua kam schlaksig die Treppe herunter. Bei seinem Anblick wusste ich nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Er hatte eine karierte kurze Hose, ein gestreiftes viel zu kurzes T-Shirt und seine Winter-boots an. Keine der Farben aus dem T-Shirt fand sich in der Hose wieder. Es war ein wilder Farben- und Mustermix. Ich war mir nicht sicher, ob Joshua plötzlich einen Sinn für Ironie entwickelt hatte oder ob er sein Outfit tatsächlich als schultauglich ansah. Als Autist befolgte er Anweisungen immer wortwörtlich. Seiner Ansicht nach war er völlig angemessen gekleidet. Ich war in Kleiderfragen bestimmt aufgeschlossen, aber hier legte ich ein Veto ein.

„Du hast doch gesagt, ich solle mich anziehen. Das habe ich gemacht.“ Joshua konnte das gar nicht nachvollziehen und hatte hinsichtlich seiner Kleidung keine modischen Bedenken. Die Zeit raste und ich wurde immer gestresster. Schließlich konnte ich ihn doch noch davon überzeugen, sich umzuziehen. Unterwegs habe ich meinen Kollegen Marc eingesammelt und kam mehr oder weniger frisch in der Schule an. An der Schule schaute ich erst einmal an mir herunter. Unser Morgen ist immer so durchgetaktet, dass viele Dinge automatisiert abliefen und ich immer die Befürchtung hatte, im Schlafanzug in der Schule anzukommen. Alles gut. Es konnte losgehen.

„Frau Madison und Herr Frank wir haben Sie voll vermisst“, rief eine Horde Schüler und kam uns auf dem Parkplatz entgegen. Man mag es kaum glauben, aber ich hatte meine Schüler auch vermisst.

Meine erste Stunde hatte ich in der 10. Auf dem Weg nach oben in den zweiten Stock kam mir Alihan entgegen. Er tat als hätte er eine göttliche Erscheinung gesehen und rief, „Prinzessin, Sie sind so schön. Wenn ich ein Kind bekomme, nenne ich ihn Milla.“ Für das arme Kind kann man nur hoffen, dass es ein Mädchen wird, denn für einen Jungen fände ich Milla etwas unpassend. Ich musste schmunzeln. In der Klasse 10 traf ich dann auf mehr oder minder motivierte Schüler, die Probleme hatten vom Ferienin den Schulmodus zu wechseln. Ich hielt meine Rede darüber, wie wichtig, dass kommende Jahr war.

„Habt ihr noch Wünsche, was wir vor der Abschlussprüfung wiederholen sollen?“ fragte ich in die Runde. Aleyne meldete sich.

„Frau Madison, können Sie mal bitte alle wichtigen Wörter im Englischen zusammenstellen?“ Da hatten sich bis in Klasse 10 ziemlich viele Wörter angesammelt.

„Für Textinterpretationen stelle ich euch eine Liste zusammen, für die anderen wichtigen Wörter gibt es schon ein Buch“, antwortete ich.

Aleyne kramte in ihrer Tasche eifrig nach einem Block und eine Stift. „Wie heißt das Buch?“

„Wörterbuch“, erwiderte ich ihr schmunzelnd.

„Ihr Ernst jetzt, Frau Madison. Das ist voll dick.“ Es war mein bitterer Ernst.

Ich verteilte Referatsthemen, über wichtige historische Personen. Die Schüler durften in zweier bis vierer Gruppen ein Thema wählen. Als ich Nelson Mandela nannte, meldeten sich Laura und Jenny energisch. Ich war stolz, dass sie mit dem Namen Nelson Mandela etwas anfangen konnten und ihn als Referatsthema ausgewählt hatten. Als ich als nächste Person Rosa Parks vergab, bekam ich mit halbem Ohr mit, wie Jenny Laura leise fragte, „Das ist doch der von der Castingshow, oder?“

Die Schüler fingen an, an ihren Referatsthemen zu arbeiten. Lena stellte mir eine Frage bezüglich der Abschlussprüfungen. Pablo quatschte mit seinem Sitznachbarn und alberte herum. Während des Gesprächs mit mir drehte sich Lena, ihre langen braunen Haare nach hinten werfend, um und sagte, „Du bist so ADHS, Pablo.“ Wie sehr ich meine Schüler während der Ferien vermisst hatte. Ich freute mich immer, wenn ehemalige Schüler mir erzählten, dass sie das Abitur unter den besten zehn Prozent an ihrer Schule abgeschlossen haben. Irgendetwas müssen wir richtig machen.

Nach Schulschluss war ich völlig ausgelaugt. Ich freute mich schon, auf einen Kaffee zu Hause. Als ich kurz vor der Abfahrt auf mein Handy schaute, fand ich folgende Nachricht von meinem Vater, den ich nachmittags als Hundesitter eingesetzt hatte, „Jagger hatte einen weißen Hasen im Maul. Ich weiß nicht, ob es euer Hase oder der von den Nachbarn war. Den Hasen habe ich ihm weggenommen, habe ihn aber seitdem nicht mehr gesehen. Ich fahre jetzt nach Hause.“ Oh nein! Nicht, dass es Gandalf war. Neben Jagger haben wir auch noch zwei Zwergkaninchen, Gandalf und Peaches. Gandalf ist weiß, so dass die Beschreibung auf ihn passen würde. Ich war noch nie so schnell zu Hause. Mir war klar, dass ich vor Joshua und Ruby zu Hause sein musste, um die Lage zu überblicken. Unterwegs habe ich mir zu Jaggers Verteidigung Ausreden für die Szenarien „Hase tot“ und „Hase schwer verletzt“ zurechtgelegt. Wenn mir eins klar war, dann dass Joshua auf einen sofortigen Auszug Jaggers plädieren würden, sollte dem Hasen auch nur ein Schnurrhaar gekrümmt worden sein. Die Ausrede Jagdtrieb würde nicht akzeptiert werden. Es werden einfach keine Mitbewohner gefressen, Jagdtrieb hin oder her. Regel ist Regel. Joshua wollte Jagger schon wegen viel kleinerer Lappalien wieder abgeben. Für ihn sind Regeln wie Gesetze. Er hat sich schon von klein an immer an alle Regeln und Anweisungen gehalten. Typisch Autist halt. Jagger hat ihm einmal in einem unbeaufsichtigten Augenblick sein Essen vom Teller geklaut und das hatte mich schon extreme Überzeugungsarbeit gekostet und nur mein Versprechen Jagger Manieren beizubringen, hatte seinen Aufenthalt bei uns gesichert. An Ruby gar nicht zu denken. Sie wäre völlig schockiert, wenn Gandalf verletzt oder gar tot wäre.

Zu Hause angekommen fehlte nicht nur Gandalf, sondern auch Peaches jede Spur. Sie hatten sich, mit Jagger als Fluchthelfer von außerhalb, aus ihrem Käfig rausgebuddelt. Ich suchte den ganzen Garten ab und nahm als neues Szenario „Hase auf die Straße gelaufen und überfahren worden“ in mein Ausredenrepertoire. Die Dramatik der Situation wurde durch den einsetzenden Regen noch unterstützt. Ich lief zu unseren Nachbarn und klingelte Sturm.

„Geht es dir gut, Milla?“, fragte meine Nachbarin Manuela besorgt. Nein, nichts ist gut hätte ich am liebsten geschrien. Ich bin bis auf die Strümpfe nass, vermisse zwei Hasen und eigentlich möchte ich nur in Ruhe in der Küche sitzen und einen Kaffee trinken.

„Kann ich kurz bei euch im Garten nachschauen, ob unsere Hasen bei euch sind?“, fragte ich völlig außer Puste.

„Die habe ich vor einiger Zeit mal bei uns unter dem Trampolin gesehen. Die verstecken sich vor Jerry.“ Was? Oh nein, die Nachbarskatze war auch noch draußen. Ich hätte vor Verzweiflung heulen können und sah die Chance auch nur einen der Hasen lebendig wiederzusehen als relativ unwahrscheinlich an. Ich zog meine nassen, schmutzigen Schuhe aus, lief durch Manuelas Wohnzimmer, zog meine Schuhe wieder an und rannte wild suchend im Nachbarsgarten herum.

Gandalf und Peaches hatten sich in der Hecke zwischen den Grundstücken versteckt und anstatt sich erleichtert über die Rettung von mir fangen zu lassen, flüchteten sie in unseren Garten. Zu Jaggers Begeisterung rannten sie noch mehrmals zwischen den Grundstücken hin- und her. Innerhalb von Sekunden sah ich aus wie Marylin Manson nach einem wilden Konzert. Meine Wimperntusche lief mir in Strömen die Wangen herunter. Ich war klatschnass und meine Bluse hatte einen langen Riss. Bei der Rettungsaktion musste ich irgendwo hängen geblieben sein. Vor lauter Adrenalin hatte ich noch nicht mal bemerkt, dass ich an der Hand blutete. Nach einer gefühlten Ewigkeit und völlig außer Atem war die Rettungsaktion beendet. Beide Hasen waren völlig unversehrt, nur Gandalf war leicht angesabbert. Ich hatte es also geschafft Ruby ein Horrorszenario zu ersparen und Jagger würde wohl auch bei uns wohnen bleiben dürfen. Es klingelte an der Haustür. Joshua war von der Schule zurück.

„Wie siehst du denn aus?“ Ohne meine Antwort abzuwarten fügte er hinzu, „Ich hatte einen anstrengenden Tag. Bin ich froh, dass ich mich jetzt ausruhen kann.“ Zum Glück war mein Tag völlig relaxed. „Kannst du mir etwas kochen. Ich habe einen Mordshunger.“ Natürlich. Auch das.