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Es ist die Zeit nach dem verheerenden Bürgerkrieg, mit Mangelwirtschaft, Korruption und Gemauschel. Die junge Generation hat genug von den alten Seilschaften, so auch der Protagonist, ein Schriftsteller, der soeben eine satirische Erzählung über die legendäre georgische Königin Tamar aus dem 13. Jh. veröffentlicht hat. Im Zentrum des Textes steht Tamars unglückliche Heirat mit dem Russen Juri Bogoljubski. Nachdem dieser in der Hochzeitsnacht seine eheliche Pflicht nicht erfüllt, wirft Königin Tamar ihn mit dem Segen der Kirche aus dem Land. Die Satire wird gründlich missverstanden. Der Patriarch, das Oberhaupt der georgisch-orthodoxen Kirche, verlangt einen öffentlichen Widerruf von dem überraschten Autor. Als sogar seine Familie und Freunde bedroht werden, steht er vor einer schwierigen Entscheidung.

Lasha Bugadze verarbeitet auf offenherzige und humorvolle Weise ein eigenes traumatisches Erlebnis als Schriftsteller, wagt einen Blick hinter die Kulissen der georgischen Politik und enthüllt deren tief greifende Verbandelung mit der Kirche. Der erste Russe ist ein brisantes, intelligentes und zugleich hoch amüsantes Gesellschaftsporträt.

»Ich erinnere mich an keinen anderen Autor, der die jüngste Vergangenheit und Literatur in eine solche Synthese gebracht hätte.« Dato Turaschwili

 

Titel

Verlagslogo

 

Inhalt

Vorspann

1 | Geschichtsbuch. Kindheitschronik

Meine Eltern gegen Georgien

Sündenliste. Der Weg der heiligen Nino

Schule. Der Zerfall der Sowjetunion

Das erste Jahr der Unabhängigkeit. Präsidenten

Eine Welt ohne Liebe. Durchsetzungswille im Chaos

Die Kriegsverlierer. Geld in der Tasche des Zugführers

Literarischer Abend. Die Rache am Geschichtsbuch

Der Priester im Flugzeug. Februar 2002

Perversionen. Februar 2002

2 | »Freie Epoche« – Angst vor der Revolution. 2001–2002

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3 | »Der erste Russe« – Die ersten Zensoren – Drohungen und Aufruhr. Januar 2002

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Erster Auftritt im Patriarchat

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4 | Revolution – Vierter Auftritt im Patriarchat

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Ich erinnere mich, wie der Mann, der am Eichentisch stand, zwei Dokumente aus der Schublade nahm und lächelnd zu mir sagte: »Das hier«, er legte den Finger auf das linke Dokument, »ist die Erklärung über den Ausschluss aus der orthodoxen Kirche. Wenn du dich nicht öffentlich beim Volk und der Kirche entschuldigst, ist die Heilige Synode gezwungen, dieses Schriftstück zu veröffentlichen, und danach beginnt dein Ausschlussverfahren. Hier steht: ›Er lehnt den lebendigen Gott und die Gesetze der Mutterkirche ab, verhöhnt die Gefühle der Gläubigen, beschimpft und beschmutzt den Glauben orthodoxer Menschen, die Gemeinschaft der orthodoxen Heiligen und das Vermächtnis der Vorfahren der Heiligen.‹ Und hiermit«, er legte den Finger auf das rechte, »bleibst du der Heiligen Synode als verlorener Sohn in Erinnerung, dem Volk und Mutterkirche vergeben haben.«

»Aber nur, wenn wir eine Entschuldigung bekommen«, bemerkte jemand in der Tiefe des Zimmers, der in der dunklen Ecke stehende Archimandrit, »wenn nicht, dann … Anathema.«

»Ist das euer Ernst?«, fragte jemand hinter mir.

»Die Leute sind aufgewühlt«, war die Antwort.

Ausschluss. Anathema. Verlorener Sohn.

Der mit dem Dokument blickte ab und zu verlegen lächelnd zu mir auf, und ich war nicht sicher, ob ihm seine Aussagen selbst unangenehm waren oder er nur einen Tick hatte.

Ich war zu müde und verwirrt, um mit ihm zu scherzen oder höfliche Antworten zu geben.

»Du musst dich öffentlich entschuldigen«, wiederholte der am Tisch ironisch lächelnd und unaufgeregt, »anderenfalls sind die empörten Leute nicht mehr zu beschwichtigen. Heutzutage werden Menschen doch so leicht umgebracht …«

 

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Geschichtsbuch. Kindheitschronik