Im Bann der Finsternis

 

Mars -

der Krieger des Lichts

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Roman von

Marc Short

 

 

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Die Namen und Handlungen sind frei erfunden.

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Erste Auflage 2018

© Marc Short

© Coverbilder: Fotolia nj_musik, Sebastian Kaulitzki, ivan mogilevchik, nokblacksheep

Covergestaltung: Verlag der Schatten

© Bilder: Clipdealer (Engelsflügel, Fledermausflügel, Symbol Mars), Fotolia ivan mogilevchik, nokblacksheep

Lektorat: Verlag der Schatten

© Verlag der Schatten, 74594 Kressberg-Mariäkappel

ISBN: 978-3-946381-45-7

 

Was bisher geschah:

 

 

Der Götterbote Mercure ist mit seinen Friedensverhandlungen gescheitert und nun mit der Vampyrin Serenety zusammen. Er musste deshalb die Verbannung aus der Götterkuppel auf sich nehmen.

Der Vampyr-König Vulcano musste mit der Zerstörung seiner Burg zahlen. Er besitzt dafür jetzt Mars’ Dolch mit dessen Seelenstein, und er hat den Orakel-Stein an sich gebracht, der die Prophezeiungen der Finsternis offenbart. Auch hat der die Möglichkeit, diese zu verstehen, und kann so in die Zukunft sehen. Die Vampyrin Shanti steht weiter auf seiner Seite und kämpft für seine Ziele.

 

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Wie es weitergeht:

 

 

Der Kampf zwischen Göttern und Vampyren ist nicht mehr aufzuhalten.

Jetzt, da der Götterbote verbannt wurde, ist es an Mars, dem Kriegsgott, seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Dabei trifft er eine alte Liebe, die Amazonen-Königin Ortrera, wieder und findet seine Herausforderung in der Vampyrin Shanti. Schon einmal ist er ihr begegnet, doch diesmal sind es ganz andere Voraussetzungen.

 

Wird Mars das Tal der Amazonen verraten, um seinen Dolch wiederzuerlangen und damit seinen Seelenstein?

Und was wird aus der Vampyrin Shanti, wenn sie erfährt, dass ein Teil einer ganz besonderen Nymphe ihr innewohnt?

 

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Danksagung

 

Mein Dank gilt den Lesern und den Rückmeldungen, die sie mir als Autor geben, um mein Schreiben ständig zu verbessern. Hierbei hat mir die Leserunde auf »Lovelybooks« sehr geholfen, und ich habe versucht, die Anmerkungen aus den Rezensionen in Band 2 einzuarbeiten.

 

Mein Dank gilt ebenso guten Freunden, Zuhörern, Testlesern und Einzelpersonen, bei denen ich immer wieder mit Fragen, Ideen und Textproben anklopfen kann und Rückmeldung erhalte. Insbesondere möchte ich hier Sina, Robert und Laura hervorheben. Aber auch jene aus ehemaligen Workshops und der Schreibgruppe, die einen ermutigen, weiter voranzuschreiten. Immer wieder finden sich neue Menschen, die einen bereichern, wie zum Beispiel Kimi.

 

Auch für das Vertrauen bin ich dankbar, das mir vom Verlag und Bettina entgegengebracht wird. Es ist nicht selbstverständlich, dass man am Anfang schon von einer Reihe sprechen darf. Doch da war von Beginn an der Glaube, dass Band 2 kommen wird und Band 3 noch in Aussicht ist.

Mein Dank gilt auch all den anderen Autoren, die meine Lesestunden gestaltet haben und gestalten. Danke für diese wunderbaren Lesevergnügen, die unendlichen Reisen und die Inspiration.

 

Ja, auf fantastische Reisen gehen zu dürfen und diese zu Papier bringen zu können, dafür bin ich dankbar. Dabei war ich nie allein, und je länger die Reise anhält, desto mehr Menschen zählen zu dieser Crew. Mein Dank gilt euch!

 

Inhaltsverzeichnis

 

Prolog

Im Amazonental

I

II

III

IV

V

VI

VII

VIII

IX

X

XI

XII

XIII

XIV

XV

XVI

XVII

XVIII

XIX

XX

XXI

XXII

XXIII

XXIV

XXV

XXVI

Epilog

Vorschau

Autorenvorstellung

 

 

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Prolog

 

 

Im Amazonental

 

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Schmerzen. Ich fühlte sie schon lange nicht mehr. Körperlich hatte ich sie abgestellt, seit ich denken kann – also seit ich geboren wurde. Anders hätte ich wohl nicht überlebt. Doch das ist eine andere Geschichte. Sie ginge zu tief. Und ich möchte davon jetzt weder erzählen noch mich daran erinnern.

Ich senkte meinen Blick und sah auf meine Hände. Sie wirkten wie die Pranken eines Silbertigers, nur dass meine Nägel geschliffener und kürzer waren als deren Krallen. Was nicht hieß, dass sie weniger tödlich wären.

Ich schrie auf, schlug mit der Faust gegen einen der roten Felsen und erinnerte mich an das erste Mal, als ich so einem Tier gegenüberstand. Das Fell: weiß mit schwarzen Streifen. Die Augen: von einem Blau wie das Wasser der Arktis. Der Gang: so majestätisch, als würde ihnen das Tal gehören. Sie waren wie ich, und manchmal habe ich mich gefragt, ob sie nicht sogar mehr waren.

Wieder schlug ich mit der Faust gegen das Gestein, und diesmal begleitete ein Donnerhall meinen durchdringenden Schrei. Hier am Fuß des roten Felsmassivs, am Sandhof, wo der Dschungel begann, fand man mich oft. Die Farbmalerei dieser gelben bis roten Töne, das zerklüftete und mahnende Landschaftsbild hatte etwas Beruhigendes, etwas Heimatliches. Doch nicht heute. Vielleicht nie mehr. Mein Atem ging rasselnd wie der eines Bullen im Todeskampf, mein Kiefer war gespannt. Warum nur empfand ich jedes verdammte Mal diesen Schmerz in mir, wenn ich sie sah?

Venus, dachte ich, mein Abendstern. Allein diese Worte sagten mehr, als ich mir eingestehen mochte. Als ich mir eingestehen konnte.

Plötzlich vernahm ich ein Rascheln im hohen Gras. Die Halme und Gräser waren knie- bis hüfthoch. Die Färbungen reichten von oliv- bis jadegrün. Ich hätte die veränderten Nuancen längst erfassen und einordnen müssen.

Aber nicht heute.

Waren das meine Gedanken oder die eines anderen? Sie hatten einen süßlich tröstenden Klang.

Mein Magen knurrte, und mein Torso spannte sich an – ein klares Zeichen, dass mir Gefahr drohte. Doch in diesem Umfeld ist jeder andere machtlos. Wer also wagte sich heran?

Ich ließ den Blick schweifen, konnte aber nur schwer etwas wahrnehmen. Immer wieder zog der Begriff Abendstern durch meinen Geist. Und diese Umgebung hatte etwas damit zu tun.

Sie und ich, waren wir nicht schon vor unserer Geburt miteinander verbunden gewesen? Dazu verdammt – ich wollte dieses Wort nicht mehr zwischen meine Lippen legen, aber es gab kein anderes –, uns auf ewig anzusehen und aus dem Weg zu gehen? Zumindest unseren Gefühlen. Oder wenigstens ich meinen?

»Großer Krieger. … So klein. … Heute«, zischelte es süßlich aus dem Gras. Noch immer konnte ich nichts erkennen, dabei war der Schatten bereits auf gut drei Meter heran. Ich versuchte, eine Duftnote zu erhaschen. Sie verging mit dem Wind, so wie die Worte mit dem Blätterrauschen verflogen. Amazonen, dachte ich. Doch nur eine Königin würde sich so nah an mich heranwagen. Und nur eine konnte dies, ohne den Tod fürchten zu müssen. Viele hatten mich getröstet, manche waren danach nie wieder erwacht – sie hatten es in Kauf genommen. Diese jedoch hatte es überlebt, und jetzt suchte sie mich und meine kalte Nähe ein ums andere Mal heim. Ich konnte ihr nicht ausweichen, nicht in meiner Lage und Situation. Ich befand mich sprichwörtlich im Venuskreis.

Nur ein Mal hatte ich sie bekommen, hatte ich sie genommen. Seitdem bin ich verflucht. Seit diesem Tag trage ich diesen Schmerz in mir.

Lang ist es her. Ich war mehr ein junger Krieger als ein erfahrener gewesen. Damals waren ich, Mercure und Venus noch in Arkadien und sind dort unserer Bestimmung nachgegangen.

»Sehnsucht. … Nach der Stille. … Der Zeit«, zischte die Amazone.

Die Worte kamen, und sie gingen. Sie liefen mir über den Rücken wie eine Herde Hirschkäfer, und sie hinterließen ein Kribbeln, das nicht mehr weichen wollte. Es blieb auch, weil ich nicht mehr allein war.

»So nah.«

Bei diesen Worten berührten Lippen meinen Nacken. Kaum merklich ruckte mein Kopf, begleitet von einem Knacken wie bei brechenden Ästen, zur Seite.

»Ich kann dir geben, wonach du verlangst.«

Ich schloss die Augen und fragte: »Kannst du das?«, obwohl ich die Antwort längst kannte. Eine Antwort, die auch die Amazone kannte.

»Zumindest deine Sehnsucht kann Ortrera stillen.«

Ihre Lippen glitten über meinen Nacken. Ich hätte mich umdrehen und sie zerquetschen können wie einen Käfer, doch ich tat es nicht, weil ich gerade meine Haltung verlor – so wie sie es kannte, so wie sie es wollte. Und ich in diesem Moment ebenso.

Sie war eine hochgewachsene Kriegerin, und sie wusste ihre Mittel gekonnt einzusetzen.

»Ortrera stillt deine Sehnsucht«, hauchte sie immer wieder in mein Ohr. Mir war klar, warum sie das tat. Sie wollte, dass sich ihr Name in meinen Geist brannte und einen anderen verdrängte, ja für immer auslöschte. Amazonen konnten hart sein, doch ich lehrte sie, dass es noch Härtere gab.

Sie drängte sich an meinen Körper wie eine Schlange um ihr Opfer. Geschwind wie ein Blatt im Wind war sie und tauchte plötzlich vor mir auf, ihre Brüste so nah und so reif wie die Äpfel im Garten der Göttin Idun. Meine Fingerspitzen kribbelten, ich spürte ein Ziehen in den Kuppen, als stünden sie unter Strom. Und diesen Strom musste ich weiterleiten. Ich versuchte, sanft zu sein. Schließlich handelte es sich um das Fleisch einer Lebenden, nicht um das einer Frucht.

Ortreras Lippen strichen über meine Wange, feuchtkalt und fließend. Es löste eine Welle des Verlangens in mir aus, und meine ungeschliffene Waffe im Lendenbereich verhärtete sich. Die Amazone wirbelte um mich wie ein Sturm der Leidenschaft. Meine Hände folgten ihren Bewegungen, doch wo zuvor noch ihre Brüste waren, war jetzt nur elektrisierte Luft. Dafür hatte sie mich von hinten umschlungen, meine Brust enthüllt und tief in meinen Schritt gegriffen. Ein Brummen entrang sich meinem Mund. Ich wollte mir nicht eingestehen, dass es mehr einem Stöhnen glich. Ich musste hart bleiben.

»Hart bist du«, hauchte Ortrera. »Hart ist alles an dir. … So hart.« Ihre Finger strichen über mein gespanntes Glied und über meine Hoden, wanderten zupfend über meinen Rumpf zur Brust, als wollte sie die Saiten eines Instruments zum Klingen bringen. Ich spürte, wie sich der unverkennbare Strudel der Leidenschaft aufbaute. Berührung und Worte, Verführung und Körpersprache, sie ließen meinen Verstand zwischen die Beine sinken. Mein Bauch war hart wie ein Brett geworden, die Armmuskeln wölbten sich. Ich konnte nicht länger, ich packte zu wie ein Tiger, der nach seiner Beute griff. Doch Ortrera war nicht das scheue, fluchtbereite Opfer, das man erwartete. Sie war vorbereitet. Ihre Hände fingen meine und ließen sie gekonnt an ihren Schultern abprallen, was mir ein Lächeln entlockte. Im gleichen Zug stellte sie mir ihren Oberkörper entgegen, so nah, dass ich beinahe zurückgetreten wäre. Aber ich hatte nicht vor, auch nur einen Schritt zu weichen. Ich stieß meinen Kopf hinab, prallte mit meiner Stirn gegen ihre Stirn und mit meinen Lippen auf ihre Lippen. Ein leidenschaftliches Spiel begann, Spannungen entstanden, die sich abbauten, als unsere Münder sich wie bei einem wilden Tanz verschlangen. Unsere Leiber drängten sich immer fester aneinander, verschmolzen wie Schnee und Schlamm im Angesicht des Feuers. Ein Klicken ertönte, und der Schnappverschluss meines Gürtels öffnete sich. Freiheit für den Körper. Der Gedanke war da, und noch ehe ich ihn zu Ende gedacht hatte, spürte ich ihre feuchte Scham an meinem Glied reiben. Wie ein Blütenkelch, der bestäubt werden wollte, streckte sie sich meiner Eichel entgegen. Mit einem tiefen Stöhnen betrat ich das geheime Reich der Amazone und kostete die endlos scheinende Tiefe. Meine Hände fassten ihre Pobacken und zogen sie fest an mich. Ich ging in die Knie und dankte meiner Planetenkraft, dass sie dies möglich machte. Knapp über dem Boden wogten wir hin und her wie ein Schiff im schweren Wellengang. Ein Sturm zog heran, die Wellen türmten sich immer weiter auf. Wir konnten darin nur untergehen.

Ein Beben ging durch Ortreras Becken, und die Auswirkungen erfassten mein Geschlecht. Ein grimmiger Ausdruck, der die Haut zwischen den Wagenknochen spannte, legte sich auf mein Gesicht – ich kannte ihn zu gut.

»Du bist wunderschön, wenn du wütend wirst«, hauchte sie.

Ich konnte es gerade so verstehen.

»Ich bin nicht wütend. Wie könnte ich es je auf dich sein«, antwortete ich zischend.

»Deine Röte. … Wie die Sonne in der Abendglut, nur viel feiner, leuchtender und pulsierend im Rhythmus deines Herzens«, sagte die Amazone mit gedämpfter Stimme.

»Ich bin schön erregt, durch dich«, knurrte ich in ihr Ohr und schnappte nach dem Läppchen. Es war die einzige Stelle, die nicht war, wie sie sein sollte. Durch einen Brand soll eine Hälfte verdorrt sein. Danach soll sie sich dieses Stück Haut mit einem Messer abgetrennt haben. Amazonen haben eben besondere Rituale und Bräuche. Was auch immer und wie auch immer, Ortrera schlug bei dieser Berührung aus wie eine wilde Stute. Sie war nicht mehr zu halten. Selbst ich hatte Schwierigkeiten, sie zu zügeln. Es gefiel mir.

Nachdem sie sich wieder unter Kontrolle gebracht, diesen Schmerz überwunden hatte, bereitete es auch ihr eine Lust, die besonders war.

»Du bist der Einzige, der diese Stelle kennt. Der Einzige, der mich so sieht.«

Ich hielt meine Stirn gegen ihre gedrückt, sah ihr tief in die Augen. Unser Atem ging schwer und im gleichen Rhythmus. Ich stieß in sie, und die Amazone festigte ihren Griff um meine einzige wohl nicht ganz tödliche Waffe. Doch es fühlte sich extrem gut an.

»Du weißt«, setzte ich an, »dass ich viel nehme. Aber ich gebe auch viel.« Das war die Wahrheit. Die Amazone wusste das. Die Kontrolle zu behalten war mir wichtig. Niemals ließ ich zu, dass meine Planetenkraft an die Oberfläche drängte und meinem Körper diesen geheimnisvollen Schein bescherte. Niemals, außer bei dieser Amazone. Und bei Venus.

»Ich sehe, was du denkst«, hauchte sie.

Ihr Mund klebte plötzlich wie ein Saugnapf an meinem Hals. Die Arme umfassten mich wie Schlingpflanzen. Ihre Nägel fuhren wie Dornen in meine Seiten, und ein hohes Zischen entstand. Amazonen stöhnten nie, nicht einmal, wenn sie kamen. Doch man sah es in ihren Augen – ich zumindest –, wenn diese unter den Wimpern blitzten wie die einer Katze im Jagdfieber.

Ein Donnerschlag zerschlug die Luft, meine Halswirbel knackten, als ich den Kopf in den Nacken und den Blick zum Himmelszelt warf, wo ich nichts erkannte außer verschwommener Dunkelheit mit grünen Tupfen.

»So ist es gut! … Gib mir auch deinen letzten Tropfen.«

Das Saugen in ihrer Leibesmitte war wie das einer Sanddüne, welche auf eine Quelle prallte und nicht gesättigt werden konnte.

»Mein Krieger …«

Ich senkte den Blick, noch immer war er verschleiert. Ihre Worte, sie klangen, als wollte Ortrera noch so viel mehr sagen. Ich hakte nicht nach. Amazonen redeten nur, wenn sie wollten, aber niemals, wenn sie gefragt wurden.

»Wo Licht ist, da ist auch Schatten. Du bist mein Licht. Doch bringe ich dir Schatten.«

Ich biss mir auf die Lippen. Es war ein Biss der Verzweiflung. Ich unterdrückte damit die Frage, die in meiner Brust brannte – immer mehr, immer stärker – wie die Spitze eines glühenden Messers. Stattdessen sagte ich: »Du lässt mich im ehrlichsten Licht erstrahlen. Im reinsten – jenem, in dem ich geboren wurde.«

Hatte ich solche Worte jemals zu Venus gesagt?

Amazonen sagten nicht, wenn Worte sie berührten. Sie zeigten es auch nicht. Doch ich glaubte, im Rauschen des Windes ein Seufzen wie das einer Nymphe zu vernehmen. Mercure hatte mir einst davon erzählt.

Mercure … Ich dachte an ihn, unseren Boten. Hatte er bei den Nymphen Trost gefunden? Bei einer ganz besonderen von ihnen? Wir Götter ziehen Königinnen an, dachte ich. Aber auch den Kampf um Macht und manchmal den Tod.

Ich schob Ortrera von mir und stand auf. Alles war vergessen. Mein Blick war klar, doch es lag eine Feuchtigkeit darin, die ich so nicht kannte. Ich wollte das anders machen. Schließlich war ich der eine Krieger! »Was auch immer kommen mag, ich beschütze dich«, flüsterte ich Ortrera zu.

»Mars, du kannst mich nicht einmal vor dir schützen!«

In der Dunkelheit vernahm ich Töne, die aus einer Welt kommen mussten, welche nur aus Schatten bestehen konnte.

Niemals würde Ortrera sagen, dass es zu spät ist. Aber ein Krieger wie ich wusste, wann ein Kampf verloren war. »Ein letztes Abendmahl wird das nicht gewesen sein«, knurrte ich und ließ meine Wut hinaus in die Welt. Ich musste einen Teil am Rand des Amazonenwaldes vernichten, um einen anderen Teil zu retten, um der Königin eine höhere Chance einzuräumen. Während ich das tat, verschwand die Amazone zwischen Sträuchern und Farnen. Ich wusste, dass ich sie für eine lange Zeit nicht wiedersehen würde, aber vielleicht hatte ich ihr genügend Rückendeckung gegeben, um ungesehen unterzutauchen. Um zurück nach Hause zu kehren.

Das ist das Ende!, hallte es in meinen Gedanken. Die Stimmen der Schatten, sie hatten gesprochen. Ich sah auf meine geballte Hand, öffnete sie. Ein letztes Andenken, ein altgoldener Reif. Nicht gemacht für die Arme einer Frau, sondern für die eines Kriegers, dachte ich. Nein, das ist nicht das Ende! Ich zog meinen Dolch, hob die Hand, die ihn hielt, und mit einem wütenden Schrei sprang ich auf, wirbelte durch die Luft. Mitten im Sprung stieß ich die Hand herab, und in einem hellen, die Nacht zerreißenden Blitz spaltete ich einen Findling des rotbraunen Gesteins. So verschwand ich. Doch ich wusste ganz tief in mir: Ich würde wiederkommen. Und nicht nur ich. Nicht allein. Denn wenn die Amazonen meine Hilfe brauchten, würde ich zur Stelle sein.

Zu dieser Zeit hatte ich nie daran gedacht, dass ich meinen Dolch einmal verlieren könnte. Dass der Grund meines Auftauchens auch ein anderer sein könnte.

 

I

 

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»Skard war gut, aber du bist besser.« Vulcano sah auf seinen neuen Diener herab, auf eine Kreatur, die in der Dunkelwelt geboren war. Ein Vampyr aus der alten Zeit, der gelernt hatte, zu warten.

Der Diener kniete vor Vulcano auf einem Bein, das andere war aufgestellt. Einen Arm hatte er auf dem Bein platziert, mit der Hand des anderen stützte er sich auf dem kalten Stein ab. Er sah aus wie eine Statue, ein aus Vulkanasche gemalter Körper.

»Konntest du die Amazone finden?«, fragte Vulcano.

»Herr, wir sind ihr auf der Spur. Sie ist gut, und sie verwischt geschickt, doch unsere Spürer sind besser.«

»Eine Frage des Wo und des Wann also.«

Omega nickte kaum merklich. Dann sagte er: »Da wäre noch etwas … Unsere letzten Geweihten, sie sind in der Zwischenzone gefallen. Wir müssen eine neue Methode finden, um in das geheime Tal zu gelangen.«

»So wird es Zeit, meine Stieftochter Shanti aufzusuchen«, murmelte Vulcano und gab so seinen Gedanken preis. »Seit Serenety fort ist und sie die Bekanntschaft mit den Göttern gemacht hat, wirkt sie verändert. Doch sie wird meinen Forderungen nachkommen. Denn wenn nicht …«

»Shanti mag sich verändert haben, Herr. Aber sie steht nicht gegen uns«, warf Omega beschwichtigend ein.

»Ich habe mich bereits einmal geirrt. Das darf nie wieder vorkommen.« Vulcano versuchte, seine Stimme konstant zu halten, doch er schaffte es nicht ganz. Diesmal nicht. Dass er so offen sprach, war eine Wertschätzung gegenüber Omega, der lange im Schlaf gelegen hatte. Der Vampyr würde es zu schätzen wissen.

»Herr, viel Sand des Wartens ist durch das Sonnenglas gerieselt. Jetzt ist es an der Zeit für mich, aus dem Untergrund zurückzukehren, meinen Namen zu altem Ruhm zu führen und die Kerben der Vergangenheit auszuwetzen.«

»Du sollst deine Geschichte neu schreiben«, entschied Vulcano. »Doch vergiss nicht – Shanti hat oberste Priorität. Deine Chronik steigt und fällt mit ihr. Sollte dir gelingen, was ich dir auftrage, und du ihr den Silberschatten entlocken können, so wirst du den Status eines Dieners niemals mehr tragen müssen. Stattdessen darfst du wieder das Oberkommando über deine Beludar haben. Sie tanken derzeit die düstere Energie des Quants in den dunklen Hügeln. Ihnen wäre deine Rückkehr eine wahre Freude, so sie diese überhaupt empfinden können.«

»Ich weiß um Shantis Geschichte mit dem Silberschatten, Herr, und ich danke Euch für Euer Angebot.« Omega senkte als Zeichen hierfür sein Haupt. »Ich werde meine Fehler nicht wiederholen, denn ich habe aus ihnen gelernt.«

»Das sagst du – jetzt gilt es, dies zu beweisen. Und ich werde derweilen weitere Steine ins Rollen bringen.« Vulcanos Finger wanderten dabei über den Stab, der einem Zepter glich. Er hatte den Caduceus Mercures gesehen und seine Macht erfahren. »Doch meine Macht wird ungleich höher sein – wie auch die meines Stabes«, murmelte er. »Es ist der dunkle Königsstab. Jener, der von mir geschmiedet wurde und durch die Zeit ging.« Jener, der auch einmal durch Omegas Hand gewandert ist, dachte Vulcano. Als er noch den Status eines Königs hatte. »Weißt du, was das Besondere daran ist, wie dieser Gegenstand wurde, was er ist?«, fragte er an seinen Diener gerichtet.

Omega verneinte.

Natürlich, niemals hatte er jemand davon erzählt. Allein sein Vater wusste es, denn der hatte ihn beobachtet – Tag und Nacht –, bis sein Werk vollendet war.

»Mercure hat mich einst vor dem Tode bewahrt. Er hat dabei jedoch, ohne es zu wissen, einen Splitter seines Seelensteins eingebüßt. Einen so geringen Teil, dass ihm das niemals aufgefallen ist. Das machte mich auch in den Augen meiner Vorfahren zu etwas Besonderem. Damals habe ich begonnen, dieses Zepter zu schmieden, um eines Tages diesen Splitter aus mir herauszuholen und dort einzusperren, um wieder rein zu sein. Wenn schon mein Körper wegen seiner Färbung nicht rein war, so sollte es doch meine Seele sein.«

»Herr, Ihr seid unverkennbar ein König, Ihr allein! Eure Seele ist dunkel und rein!«

»Einen geringen Teil, einen mikroskopisch kleinen, aber von der Macht her wie Sternenstaub, muss ich davon an Serenety weitergegeben haben. Darum diese Anziehungskraft auf Mercure. Und eben deshalb habe ich sie auf den Götterboten angesetzt. Sie wusste nichts davon, doch aus diesem Grund schuf ich das Gesetz, welches allein Königen den Biss erlaubt. Meine Tochter hielt, um es gelinde auszudrücken, schon immer wenig von meinen Gesetzen, und so hat sie Mercure gebissen. Wie ein Krebsgeschwür hat sich der mikroskopisch kleine Teil danach ausgebreitet und am Ende ihren Geist verbrannt. … Diese Närrin!«

»Herr, dafür könnt Ihr nichts. Niemand hätte voraussehen können, dass dies geschieht. Aber ich vermute, nach allem, was sich zugetragen hat, wird sie sich für längere Zeit nicht mehr einmischen.«

Vulcano lächelte. »Wollen vielleicht, aber können nicht mehr. Die Götter haben ihre eigenen Gesetze, die hatten sie schon immer. In diesem Fall wird sich eines gegen sie und Mercure gewandt haben.« Den letzten Satz sagte er mit vernehmbarem Genuss. Ein Hauch von Rache … immerhin, dachte der Vampyr-König, bevor er weitersprach. »Und wenn sie sich doch wieder einbringen wollte, so ist immer noch das Quant der Finsternis in ihr, welches ich mehr denn je beherrsche.« Vulcano klopfte mit seinem Stab auf den Boden. »Genug der Worte, schreiten wir zur Tat!« Wieder hieb er mit dem Gegenstand auf die kalten Fliesen, und mit jedem Pochen wurde seine Gestalt durchscheinender. Bis Omega allein an Ort und Stelle war.

Der Diener aus der Schattenwelt blieb, wo er war. Er würde hier verharren, bis die Zeit ihn rief. Omega kannte das Geheimnis der Zeit. Sie war sein Freund geworden, und sie würde ihn nie wieder enttäuschen. Mit nur leicht geöffneten, limonengrün schimmernden Augen warf er einen Blick hinter den Vorhang des Schicksals. Seinem Spiegelbild, das er dabei anstarrte, gefiel, was es sah. Und ebenso umgekehrt. Du bist ich, und ich bin du, dachte Omega. Vergangenheit und Zukunft. Die Zeit ist unser.

 

II

 

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Shanti wandelte durch das Kellergewölbe der Burg. So stumm wie jetzt waren die Räume, Schächte und Wege lange nicht mehr gewesen. Der Hall der Qual, seit dem Angriff der Götter auf diese Burg war er verstummt. Vulcano hatte sich einen neuen Sitz gesucht. Und doch war dieser Standort nicht aufgegeben worden. Nach dem Rückzug der Lichten waren die Bruchstücke abgetragen und größere Schäden gerichtet worden. Dennoch hatte ihr Vater für ein Verlassen dieses Ortes plädiert, ja darüber bestimmt.

Shantis Schritte wurden schneller, griffen ausholender durch den Raum. Sie hatte ein unstillbares Verlangen, sich zu bewegen. Nicht nur auf der Stelle, was mit einem reizvollen Gespielen ebenso schön sein konnte, sondern insbesondere in der unterirdischen Weite. Alte Kavernen, der Geruch von gestautem Nass, von alter Erde und Wurzelgeflecht, von Pilzen und Moos und von Vergangenheit, all das zog sie an und löste in ihr einen Schauder aus. Ein Prickeln, so klein wie Nadelstiche, wachsend zur Größe von Eisflocken, die in Verbindung mit vielen anderen eine kristallene Landschaft zaubern konnten. Hier bin ich zu Hause, dachte sie. Hier war schon immer mein Platz. Doch was verbarg sich hinter diesen Worten? Was hinter ihrem nahezu makellosen Gesicht und den tiefgründigen Augen, dem stechenden Blick, dem viele auswichen? Niemand konnte bis auf den Grund ihrer Seele blicken, weil niemand es schaffte, standzuhalten. Nicht einmal sie selbst. Mit der Rechten fuhr Shanti über ihre Wange und fühlte die kreuzförmige Narbe. Auch wenn diese oberflächlich geheilt war, so hatte sich ihr Ursprung mit jedem Messerschnitt, jeder Flammenzunge tiefer gegraben. Schmerz ist gut, dachte sie. Schmerz zeigt, dass du lebst. Und Schmerzen würden verhindern, dass sie je wieder mit ihrem dunklen Herzen liebte. Sie konnte den Hall der Qual noch immer hören, den Schrei der Opfer, den Klang sich kreuzender, metallener Klingen und das Fauchen der vergnügten Vamypre, die all dies auslösten.

Plötzlich hielt sie inne. Ihre Nägel fuhren über die hölzerne Oberfläche einer mächtigen Tür. Sie fand den schweren, eisernen Ring und zog daran. Das Tor in die Vergangenheit schwang auf. Hier war es gewesen, das Quartier von Ganymed. Dem Halbgott, den ihre Schwester Serenety zu ihnen gebracht und der hier lange unter ihrer Obhut gelegen hatte. Doch ich habe nicht getan, was die Meisten von mir denken. Mein Vater eingeschlossen, dachte Shanti. Zwar hatte eine Vampyrin mit ihm geschlafen, doch war es nicht sie gewesen. Sie hatte eine andere geschickt, ihn zu verführen und um den Verstand zu bringen, und lediglich zugesehen. In jedem Falle hatte sie Ganymed nie tödlich verletzt.

Ein Fauchen drang aus Shantis Kehle, und sie spitzte ihre Lippen. Dann legte sie ihren Kopf an die Tür, schloss die Augen und die längst vergangenen Bilder tauchten wieder auf.

Ich habe ihm die Dunkelheit gezeigt, die Vorzüge dessen, was ihm sonst auf ewig verwehrt geblieben wäre. Vielleicht hatte sie ihn auch für einen Moment vergessen lassen, was war, welche Qualen andere ihm noch auferlegten, und den Augenblick, der seinen Tod bedeuten würde. Vampyre waren nicht zimperlich, sie sagten, was kommen würde. So hatte Ganymed gewusst, dass er bald schon vom eigenen Blut verraten werden würde. Es hatte Shanti Genuss bereitet, ihm von Mercure und der Vampyrin zu erzählen.

Ihre Zunge fuhr leckend über die Oberlippe. Sie musste zugeben, dass eine unbändige Kraft in dem Halbgott gesteckt hatte. Vanisha hatte das zu spüren bekommen. Nie würde ich meinen Körper mit einem Gott vereinigen. Nicht einmal mit einem Halbgott, dachte Shanti.

Geschmeidig glitt sie in den quadratischen Raum. Mauerwerk, nichts als Stein auf Stein, sich türmend nach oben bis zur Nacht, umgab sie. Aus der Wand ragten Haken und Rundringe für Ketten.

Shanti ließ sich in der Mitte des Raumes niedersinken. Mit dem Einatmen kehrten Bilder wieder, die einen Strudel aus Energie erzeugten, der ihre verborgene Begabung aktivierte. Die Vampyrin biss sich auf die Lippen, bis Blut daraus auf den Boden tropfte. Es kostete Shanti große Mengen an Kraft, ihre Fähigkeit zu aktivieren. Doch sie hatte es geschafft, jetzt musste sie diese ausbauen. Mehr als je zuvor. Denn nicht einmal sie wusste, wo im Leben sie nun stand. Und das bedeutete vor allem eines: jede Menge Feinde.

 

Mars stand in der Halle der Fertigkeiten. Hier trainierten seine Schüler ihre speziellen Fähigkeiten, manchmal auch im Duell. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Diese Halle war unter seinen Augen und nach seinen Vorstellungen gebaut worden. Lange hatte der Kriegsgott darum kämpfen müssen, denn nicht alle waren dafür gewesen. Warum einen Übungsplatz für Kämpfe, warum eine eigene Halle, deren Inneres für alle Augen verschlossen war?

»Wer Frieden sucht, wird ihn nicht im Kampf finden.« Das hatte Venus gesagt.

»Weil sie nicht versteht und zu sehr mit dem Herzen sieht«, murmelte Mars. Er wünschte manchmal, Venus würde seines sehen und erkennen. Doch das Herz eines Kriegers durfte niemals so sehr für eine Frau schlagen wie für einen Kampf. Vielleicht war es ja das, was sie sah? Was die Göttin daran hinderte, sich mit ihm einzulassen? Die Ereignisse der Vergangenheit müssten ihr zeigen, wie ich dazu stehe. Doch in diesem Fall sagten Taten nicht mehr als Worte, zumindest nicht für Venus.

Mars dachte an Ortrera und das Amazonental. Wie gern wäre er dorthin entschwunden, um sich in Zerstreuung wiederzufinden. Doch der Ort war nicht mehr sicher. Nichts ist mehr sicher in dieser Zeit, dachte er. Mercure ist mit einer Vampyrin davon, und ich stehe im Fokus. Sie alle bauen auf mich. Aber hatte er sich nicht genau das immer erhofft? Er konnte sich noch genau erinnern, wie er zu Mercure gesagt hatte, dass die Zeit der Waffen kommen würde. Dass ein Krieg nicht aufzuhalten wäre.

Mars hätte lächeln sollen, da sich seine Prophezeiung zunehmend erfüllte. Doch in seinem Magen breitete sich ein flaues Gefühl aus. Er sah auf seine Schützlinge, und er wünschte sich, sie würden mehr Zeit haben. Wahrscheinlich würde er das auch in hundert Jahren noch denken. Es gab so viel zu tun, so viele Möglichkeiten und Ansatzpunkte – Ausdauer, Schnelligkeit und Kraft, waren nur einige, aber die gröbsten Punkte.

Manchmal fragte sich der Krieger, ob er zu eigensinnig war. War es ein Fehler, allein auf oberster Ebene zu stehen? Sollte er anderen die Leitung der Ausbildungsstätte überlassen und seine Aufseher zu sich auf dieselbe Stufe heben? Zumindest einen von ihnen?

»Wie befindest du?«

Mars sah auf. Argon stand ihm gegenüber, die Hände hinter dem Rücken aneinandergelegt. Die Ruhe des Vasallen war präsent wie eine Gewitterwolke, die nicht schwinden wollte. Könnte Argon dieser Jemand sein?

»Ich muss nachdenken«, murmelte Mars. Seine Lider sanken kaum merklich tiefer – nur ein geübtes Auge würde das bemerken, jemand wie Argon. »Ich erkenne deine Methodik an, junger Vasall«, setzte Mars nach.

»Der Rat ist sich uneinig«, erklärte Argon und ging damit auf ein ganz anderes Thema über.

Mars war bewusst, dass er versuchte, damit auf die aktuelle Situation aufmerksam zu machen.

»Wenn wir keine Erfolge verzeichnen, werden sie hier umordnen«, sagte Argon. »Dann werden Arenen verschwinden und Oasen der Ruhe Platz machen. Denn wo Frieden liegt, strahlt Frieden aus, und wo Kampf geübt wird, findet Kampf statt.« Argon sprach das in einer Ruhe, die Mars fremd war.

Wenn der Krieger solche Worte hörte, ballten sich seine Fäuste, und er würde nur zu gern auf Stein schlagen – den glänzend glatten Marmor durchschlagen. So wie früher, dachte Mars, und ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Doch er hatte sich gebessert. Marmor und Stein zerbrachen unter seinen Fäusten nur mehr wenig, dagegen hin und wieder der ein oder andere Vampyr-Knochen.

Mars griff nach seiner Wurfwaffe, einem Speer, dessen Spitze in den Sand gebohrt war. Irgendwo auf dieser Welt ruhte seine metallene Langspeeraxt BLITZ. Er hatte das Schmiedewerk aus alter Zeit in einer geheimen Kammer deponiert. Alles war dort wie immer geblieben, bis auf dieses Kriegskunstwerk von einer Stichwaffe, welche die Eigenheiten von Axt, Speer und Keule verband. Sie war verschwunden. Aber das war Vergangenheit und nicht das, was zählte. Wenn die Sterne es wollten, so würde er die einzigartige Dreifachwaffe wiederfinden und mit ihr jenen oder jene, der oder die diese mit sich genommen hatte. Mars spürte, wie sich seine Gesichtszüge verhärteten. Ein kaum wahrnehmbares Vibrieren strich wie ein Windhauch darüber. Der Krieger atmete lange aus, um Ruhe in seine Glieder kommen zu lassen. Mit der noch freien Hand langte er nach dem Schild und hob ihn an. Er fühlte den Griff mit jeder Pore, als gehöre er zu ihm. Mars schwang den Kopf, sodass sich das Visier seines Helms schloss. Als sich seine Muskeln wieder spannten, spürte er die Arm- und Beinschienen. Beides glänzte in feinem, kaum zerkratztem Bronzeton. Er war sich sicher, dass das nach diesem Kampf anders sein würde. »Genug geredet, kämpfe nun, Argon, kämpfe und zeige, dass du Herr deiner Methodik bist.«

»Sehr gern.« Argon verbeugte sich, dann trat er zurück, bis er am Ende des Kreises stand, der den Schauplatz markierte. Er hatte nicht den Fehler gemacht, ihm den Rücken zuzuwenden. Eine Kleinigkeit, doch in einem wahren Kampf machten Kleinigkeiten oft den Unterschied.

Mars blieb in einer Entfernung von zwei Metern stehen. Wo ist seine Waffe?, fragte er sich, bevor der göttliche Vasall mit dem braunen, geschnürten Lederstiefel in den Sand stieß. Ein Vorhang aus Staub entstand, und in diesem sprang ein kurzer Wurfspieß auf. Die Hand Argons fasste danach wie bei einer tausendmal geübten und im Schlaf verinnerlichten Bewegung. Die Spitze fuhr im nächsten Moment in den Sand und schleuderte eine Kette in die Luft, an deren Ende eine mit Stacheln bewehrte Kugel schwang. Sie landete in seiner anderen Hand.

Dieses Kunststück entlockte Mars ein anerkennendes Nicken. »Das könnte interessant werden«, murmelte er.

Es war still geworden. Die Augen und Ohren der Anwesenden ruhten auf ihnen, und der Kriegsgott spürte förmlich, wie begierig die Trainierenden waren, ihm und seinen Bewegungen zu folgen.

»Auf einen fairen Kampf!«, rief Mars. Im nächsten Moment ertönte der Gong – jemand, wohl einer der Schüler, hatte den Hammer gegen das runde DONNER-Schild mit den zackigen Auswüchsen geschlagen, jenes epochale Schild, das einmal ihm gehört hatte.

Lass dich jetzt nicht von der Vergangenheit einholen, dachte er. Doch es war schon zu spät, sein Gegenüber war mit dem Staub untergetaucht. Auf Mars’ Gesicht stahl sich ein Grinsen. Er hatte gute Vorarbeit geleistet, jetzt würde sich herausstellen, ob es nur den Anschein hatte oder ob er tatsächlich eine solide Basis an Kriegern geschaffen hatte. Eine, die bereit war, der Dunkelheit zu trotzen und andere vor ihr zu beschützen.

 

III

 

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Shanti kniete noch immer in dem Quartier und ließ den Blick schweifen. Ihre Nägel berührten das Mauerwerk. Dabei kehrten die Erinnerungen wieder. Sie sah den Halbgott vor sich. Ganymed blieb still, aber auf seinem Gesicht lag der Ausdruck eines stummen Schreis, der tief aus der Seele kam. Ketten hielten seine Arme gestreckt, die jugendlich stark wirkten. Vanishas Gesicht hatte sich zu einer lechzenden, nach Blut verzehrenden Grimasse verzogen. Ihre sonst wie Mondschatten leuchtenden Augen trübten sich mit Magenta. Das hervortretende Netz aus Adern auf Ganymeds Körper brachte sie nur noch mehr zum Kochen. Wie ein dunkler Vulkan, ging es Shanti durch den Kopf. Sie liebte es, zu beobachten.

Vanisha trug ein cremefarbenes, bauchfreies Top und verschlissene, dunkle Ledershorts. Ganymeds Kleidung hing längst in Fetzen von ihm herab – er würde sowieso etwas Neues brauchen. Vanishas Fänge waren zur Gänze ausgefahren, nur der Mond, der über der Burg leuchtete, warf ein diffuses Licht herein. Sie hatten den Ort, die Zeit und diese Stunde bewusst ausgewählt. Nichts geschieht ohne Grund, dachte Shanti. Sie sah, wie Vanisha auf dem Gefangenen saß, ihn zwischen ihren Schenkeln so festhielt, dass seine Beine kaum Bewegungsfreiheit hatten. Ohnehin waren seine nackten Fußknöchel angekettet. Vanishas Zunge strich wie die einer Schlange über ihre Beute, als wäre sie giftig. Wenn sich Shanti nicht täuschte, hatte diese auch eine betäubende, manchmal ätzende Wirkung – je nach Stimmung der Vampyrin. In diesem Fall wird ihm kein Schaden entstehen, dachte sie mit einem amüsierten Lächeln. Dann biss die Vampyrin zu. Eine Wunde entstand an der Schulter. Eine Wunde, die sich, als Vanisha absetzte, wieder schließen sollte. Aber sie tat es nicht. Ganymed war noch immer geschwächt – und dieser Zustand würde sich verschlimmern. Wenn sie eines über den Vampyr-König wusste, dann das.

Vanisha hörte nicht auf, ihre Finger strichen über den Körper des Götterknaben und hinterließen ihre Spuren. Sie fuhren die Brust abwärts und wieder hinauf, immer am Rande zwischen Angenehmem und Schmerz. Ein Spiel mit dem Feuer, besonders für ihn. Ganymed würde wissen, dass es einmal auch zu Ende sein konnte.

Ihre Fänge stießen wie Dolche zu, arbeiteten sich Stück für Stück bis zur Halsbeuge vor. »Jetzt erst beginnt die Nacht«, hauchte die Vampyr-Frau, und in diesem Moment schlitzte sie mit den Krallen ihre Shorts auf, um sich mit ihrem feurigen Schlund auf Ganymed niederzulassen. Shanti sah, dass sein Kopf sich in den Nacken stemmte. Hätte er Fänge, sie wären in diesem Moment ausgefahren.

Vanisha nahm ihm die Luft zum Atmen, ihre Lippen pressten sich verlangend auf seine. Er würde nicht einmal mehr nach Luft schnappen können, bis die Vampyrin hatte, was sie wollte.

Shanti überlief eine Gänsehaut, ihr Körper schüttelte sich. Ein Wesen der Nacht und ein Wesen des Lichts vereint. Sie würde das nie verstehen. Doch auch Vampyre genossen das. Und, wie Shanti an Vanisha feststellte, manche sogar sehr.

Sie musste sich umdrehen. So sehr sie die Qualen des Götterknaben genoss, so sehr verachtete sie die Vampyr-Frau für ihre Vereinigung mit ihm. Genau wie ihre Schwester Serenety, die jedoch weit fort war. Sich so fallen zu lassen und herzugeben, wie konnten sie nur? Es machte Shanti rasend. So rasend, dass sie beinahe die Kontrolle verlor. Sie brauchte ein Ende, und sie musste ihre angestaute Wut abfließen lassen.

Mit einem Fauchen, das bis weit über die Mauern der Burg zu hören war, drehte sie sich um. »Es ist genug!«, zischte sie.

Stille entstand, und sie glaubte, das Funkeln ihrer jetzt ebenfalls verfärbten Augen auf dem vom Schweiß der Lust befallenen Rücken der Vampyr-Frau zu sehen.

Vanisha löste sich nicht, blieb stattdessen wie in Stein gehauen und behielt ihre Haltung bei. Ihr Rücken hob sich nicht einmal, obwohl auch sie die Anstrengung spüren musste. Noch immer ruhten ihre Lippen auf Ganymeds.

Sie kann es nicht lassen. Shanti konzentrierte sich auf ihre Fähigkeit, und endlich begannen die eisernen Ketten zu entstehen. Wie Schlangen wirbelten sie durch den Raum. Sie legten sich um die Oberarme der lustvollen Vampyrin und wickelten sich an ihnen bis zur Schulter hoch. »Genug!«, fauchte Shanti noch einmal. Als keine Reaktion erfolgte, rissen die Ketten mit einem Ruck an der Vampyr-Frau und trennten so die beiden Körper voneinander.

»Was soll das? Du hast es mir doch erlaubt«, fauchte Vanisha. »Du hast mir Ganymed gegeben und überlassen.«

»Doch ich sage, wann und wenn es beendet ist!«

»Warum gibst du ihn mir dann überhaupt? Und warum siehst du zu, wenn es dich doch so sehr ekelt, Hohe

Hohe, so wurde sie von jenen Vampyr-Frauen angesprochen, die keine Kriegerinnen waren. Shanti sah keinen Grund, dieser Frau zu antworten, darum schwieg sie.

»Auch du wirst es einmal erfahren. Ich erkenne, dass auch die Hohe anders denkt. In dir arbeitet es, Augen lügen nicht, besonders dann nicht, wenn sie den König ansehen.« Eine gefährliche Note schwang den Worten Vanishas bei.

»Schweig!« Shanti riss noch einmal an den Ketten, wodurch Vanisha gegen die Tür der Kammer geschmettert wurde. Sie wusste, dass das eine Dunkelgeborene wenig schmerzte. Vor allem in einer Nacht, in der der Mond so hell leuchtete. »Du fühlst dich als etwas Besonderes, dabei kannst du nicht einmal kämpfen.«

»Ich habe meine Mittel und Wege.« Mit einem Ruck löste sich Vanisha aus den Ketten und war fort.

Immerhin Flink ist die Frau, wenn es darum geht, abzuhauen, dachte Shanti. Sie hatte es erst einen Augenblick später erkannt: Vanisha hatte sich auf den Boden fallen lassen, sich sogleich von ihm abgestoßen und den Schacht hinaufkatapultiert. Als würde sie das Mondlicht anziehen wie eine Motte das Licht.

»So widerspenstig«, hatte sie geknurrt, und ihre Ketten waren der Vampyr-Frau wie von unsichtbarer Hand getragen gefolgt. Vielleicht hatten sie sie am Fuß erwischt, vielleicht etwas verletzt – letztlich war Vanisha davon, und Shanti hatte ihre Ketten zurückgerufen. Sie hatte bekommen, was sie brauchte: Ablenkung und ein Ventil für ihre überquellenden Emotionen. Ohne noch einmal nach dem Gefangenen zu sehen, hatte sie den Raum verlassen, so wie es der Anstand einer Hohen gebot – durch die Tür.

Jetzt kniete sie hier, allein. Die alten Bilder brachten die erhofften Emotionen jedoch an die Oberfläche und diese den Sog der Kraft, den sie benötigte. Shanti reckte ihre Hände mit einem Fauchen nach oben, bis es in den Ellbogen und selbst den Fingerspitzen unnatürlich spannte, und während ihr Fauchen immer weiter anschwoll, entstanden die Ketten – Glied für Glied bildeten sie sich zu einem Strang. Während die erste Kette noch wuchs, entstand bereits der zweite Kettenarm, dann der dritte und der vierte. Bewegte Shanti ihre Finger oder die Arme, so bewegten sich auch die Kettenstränge. Jetzt tat sie es bewusst, im Eifer der Erregung intuitiv. Die Vampyrin erhob sich und trat an die Wand. Der raue Stein war an vielen Stellen gesprungen und faustgroße Einkerbungen sichtbar. »Wer dafür nur verantwortlich war?«, raunte sie mit ironischem Unterton. »Und wer ist dafür verantwortlich, dass all dies hier vorbei ist? Weswegen müssen wir Vampyre wandern wie Karawanen?« Ihre Emotionswelle schwappte um. Die Ketten fuhren in die Risse und rieben darin wie Wühlmäuse in der Erde. All die Bilder und Geschichten, die sie mit diesem Ort verband, waren nicht mehr. All das war jetzt an einem anderen Ort. Und Shanti wusste nicht, ob sie Vulcano in seinem neuen Anwesen gegenübertreten sollte, auch wenn er sie als Tochter bezeichnete. Würde er ihr trauen, jetzt, nachdem Serenety fort war? Oder würde er sie in ein Verlies wie dieses sperren? Verdammt! Ein Zittern durchlief das Mauerwerk, Staubwolken entstanden. Ich brauche eine Spur zu meiner Vergangenheit. Irgendjemand, dem ich trauen kann.

Immer tiefer bohrten sich die vorderen Enden der Kettenstränge in das Gestein, das bröselte, knackte und brummte wie ein aus dem Schlaf gerissener Riese. Die Vampyrin verlor den Boden unter den Füßen, wurde nach oben getragen wie eine dunkle Fee, die zu fliegen angefangen hatte. Dann begann das Chaos. An den Wänden um sie herum entstanden Risse, die sich im Zickzack nach oben bewegten. Gesteinsbrocken fielen herab. Die Kettenstränge zogen sie hoch, während sich unter ihr ein Trümmerhaufen bildete. Doch sie war nicht schnell genug. Als der Punkt erreicht war, an dem oben und unten eins wurden, legten sich die Kettenstränge wie ein schützender Panzer um Shanti. Dort wo Steine sie trafen, prallten sie ab. Die dunkle Haut würde blaue Flecken bekommen, doch diese würden kaum sichtbar sein. Schmerz, ich empfange dich mit geöffneten Krallen, dachte sie und genoss den lärmenden Steinhagel. Bis zuletzt, bis es wieder still wurde.

Jetzt, dachte sie, hat die Stunde der Vergangenheit geschlagen. Die wummernden Schläge hatten eine Tür in ihrem Kopf eingetreten, die ihr bisher verschlossen gewesen war, und sie rief einen Namen. Es war der Name der Zeit: »OMEGA!«

 

Zwischen Staub und Sand wirbelte der göttliche Vasall nach oben wie ein Wüstenkäfer, der seine tödlichen Zangen nach seinem Opfer ausstreckt. Doch Mars war gewarnt. Schon Sekunden zuvor hatte sich sein Körper in die Höhe geschraubt und am höchsten Punkt eine Rolle nach hinten gemacht. Jetzt landete er eine Handbreit von seinem Gegner entfernt.

Argon hatte kein Lächeln übrig, in seinem Blick lagen der Wille und die Entschlossenheit eines Kämpfers. Eines Kämpfers mit Herz und Leidenschaft.

Plötzlich wusste Mars, was er übersehen hatte. Noch während des Gedankens stemmten seine Beine den Oberkörper in einem Halbbogen zur Seite. Keine Sekunde zu früh, denn der Morgenstern schoss aus dem Sand wie der tödliche Stachel eines Skorpions. Der Kriegsgott holte mit seinem Schild aus und zog ihn vor seinen Oberkörper. Der Morgenstern prallte dagegen und schob ihn einige Zentimeter über den Sand.

Jetzt war es an der Zeit, seine Methodik anzupassen und seine Kräfte zu potenzieren. Mars stieß einen wilden Schrei aus – er musste seinen Angreifer von der wahren Absicht ablenken. Auch wenn Argon über dieses Manöver erhaben war, so kam doch der Moment, den er nutzen konnte und brauchte, und in diesem erfolgte der Zugriff auf seine Planetenkraft. Ohne den Dolch mit seinem Seelenstein würde sie nicht einmal halb so effektiv sein, doch sie würde genügen – genügen müssen. Der Krieger konzentrierte sich auf sein Selbst, seinen Kern, und er erschuf ein Abbild von sich.

Mars hatte keine Zeit zum Nachdenken. Einen Augenblick der Überraschung war alles, was er dadurch bekommen würde, und diesen musste er nutzen. Der Kriegsgott positionierte seinen Doppelgänger auf gleicher Höhe und ließ ihn gemeinsam mit sich auf Argon zustürmen. Der Morgenstern rauschte hinter ihm und seinem Abbild her, doch er würde sie nicht erreichen, nicht einen von ihnen, und Argon damit keine hilfreiche Aussage liefern.

»Geschickt«, hörte er den Vasallen rufen, der wie ein Stein auf der Stelle ruhte. Nur dass sich jetzt der Arm mit dem Wurfspieß hob. Wie in Zeitlupe, als hätte er alle Zeit der Welt.

Mars lief einen Halbbogen, und sein Doppelgänger schloss sich an. Auf wen würde Argon zielen? Wenn er es tat, wüsste er vielleicht, welcher der echte Krieger war, doch sein Abbild war ja nicht nur ein Abbild.

Wider Erwarten behielt Argon den Spieß in seiner Hand. »Wenn ich auch nicht deine Kräfte besitze, so besitze ich doch meinen Verstand. Ich habe alte Bücher über dich gelesen. Ich habe dich studiert, großer Krieger.«

Mars fragte sich, woher der Vasall die Zeit nahm, doch sie war vorhanden. Anstatt zu antworten, warf er sich in eine Drehung, stieß mit dem Speer nach Argon und hieb mit dem Schild nach dem Morgenstern, um das Flugobjekt abzuwehren. Doppelte Kraft, doppelte Wucht! Und doch wehrte sich Argon geschickt. Mit dem Spieß blockte er die Speerspitzen ab, während die Hand mit der Kette versuchte, den Kriegern diese Waffen zu entreißen. Der Morgenstern hatte sich davon abgetrennt und war im Sand gelandet.

Jetzt tänzelten sie mit hohem Tempo und Geschick über den Arenaboden. Während Mars auf die Kraft in den Schlägen, Tritten und der geführten Waffe setzte, nutzte Argon die Geschicklichkeit seines athletischen Körpers und tänzelte ihn aus. Mit dem Schlagen eines Saltos, dem Rollen über seine Schulter und artistischen Einlagen, fand er die Balance, um Mars ein ums andere Mal ins Leere laufen zu lassen. Immer wenn der Kriegsgott dachte, er hätte ihn, fand Argon noch eine Lücke. Ein Katz-und-Maus-Spiel war dies, wie Mars es liebte. Doch mit der Dauer des Kampfes nahm seine Ungeduld zu, was bei ihm ein mehr an Energie mit sich brachte. Mars nutzte diese Kraft, stabilisierte und stärkte seinen Doppelgänger damit.

»Du versuchst, mich mürbe zu machen«, sprach er. »Dabei nimmt meine Kraft mit der Dauer nur zu, junger Anwärter.«

»Beende diesen Kampf, wenn du kannst, Gott des Krieges. Ich werde ansonsten auch bis zum Morgengrauen ausharren.«

In Mars fing ein Sturm zu toben an. »Zwei sind einer zu wenig«, murmelte er und fixierte Argon aus zwei Augenpaaren. Ein weiteres Abbild gesellte sich in diesem Moment dazu – tief im Sand versteckt, die Hand am Morgenstern. Der Gott lenkte ihre Auseinandersetzung auf diesen Punkt zu, aber als schien Argon etwas zu ahnen, ließ er sie immer wieder abseits des Ziels landen. Auch wenn der Vasall mehr auswich als angriff, schien er die Partie im Großen und Ganzen zu lenken. Wie auch immer er das schafft, dachte Mars, in diesem Fall ist es dennoch zu spät. Zu wenig, wie man so schön sagt.

Mars bereitete sich auf die Dreiheit vor. Argon sollte der Mittelpunkt dieses gleichseitigen Dreiecks werden, dessen Spitzen ihre Körper bilden würden. Dann verschwanden Mars und seine Doppelgänger und tauchten im nächsten Moment direkt um den Vasallen herum auf.

Mars traf ihn mit seinem Schild. Danach holte er zum endgültigen Schlag aus. Zwei Speere und ein Morgenstern sausten nieder wie der erbarmungslose Todesbiss einer Viper.