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Bring das Wrack
auf Zack

28 Reparaturanleitungen
für den Mercedes W124

von Arne Weychardt und Peter Pursche

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Das sollte man wissen

Nun geht das los

Warum der 124er?

Umweltfreundlichkeit

Modellempfehlung

Kaufhinweise

Zeittafel

Jetzt wird geschraubt

Allgemein

Werkzeug

# 1 Schrauben

Innenraum

# 2 Sitze

# 3 Mittelkonsole

# 4 Sicherheitsgurt

# 5 Lenkrad

# 6 Schiebedach

# 7 Einstiegsleisten

Elektro/Radio

# 8 Radio

# 9 Lautsprecher

# 10 Antenne

# 11 Kombiinstrument

# 12 Schlüssel

Karosserie

# 13 Lack

# 14 Scheinwerfer

# 15 Kotflügel

# 16 Wagenheberaufnahme

# 17 Beulen

# 18 Heckklappendämpfer

# 19 Anhängerkupplung

Innenraum

# 20 Fensterheber

# 21 Heckscheibe

# 22 Heckscheibenwischer

# 23 Windschutzscheibe

Motorraum

# 24 Haubenhaken

# 25 Leerlaufschwankung

# 26 Kühler/Thermostat

# 27 Lichtmaschine

# 28 Heizung

Das kommt dabei raus

Vorher – nachher

Wertgutachten

Impressum

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NUN GEHT DAS LOS

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Dies ist die Geschichte von zwei Männern, die einen Mercedes 124 Baujahr 1987 vom Schrott gerettet haben. Die Männer, das sind Arne und ich, Peter. Arne ist Fotograf, ich bin Journalist. Er hat Angela Merkel und Michael Douglas fotografiert, ich war Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung und beim Stern. Arne ist nebenher Praktiker und hat schon als Zehnjähriger das Bügeleisen seiner Mutter auseinandergenommen. Heute würde er es auch wieder zusammenbekommen. Er bastelt voller Leidenschaft und kenntnisreich an alten 124ern herum, ich liebe alte Autos, bin aber technisch ahnungslos und habe Angst, beim Schrauben mehr kaputt als heil zu machen.

Weil gute Freunde sich gegenseitig helfen, hatten wir beide einen Pakt geschlossen: Ich assistiere ihm beim Schrauben, er zeigt mir, wie man einen alten Zossen wieder auf die Beine bringt.

Arne hat aus seinem Hobby einen Zweitberuf gemacht: Er betreibt in Hamburg die Firma rent-an-oldie und vermietet Mercedes 124. Seine Flotte umfasst 2 Limousinen, 7 Kombis, ein Coupé und ein Cabrio. Er hat alle seine Oldies selbst restauriert und hält sie optisch und technisch in Schuss.

Jeden Tag klingelt bei ihm zuhause der DHL- oder Hermes-Bote und bringt Pakete mit Ersatzteilen. Für jedes Problem hat er eine Lösung. »Das ist kein Hexenwerk!«, lautet sein Standardspruch, wenn es darum geht, ein Kombiinstrument gängig zu machen, ein Thermostat, einen Kühler, eine Lichtmaschine einzubauen, ein Getriebe zu überholen oder einen Himmel einzuziehen. Geht nicht gibt’s nicht!

Nur selten, etwa wenn es ans Schweißen oder an die Revision eines Motors geht, holt er sich Hilfe.

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Nun standen wir also im Oktober 2017 in Dargun/Klützerhof, 70 Kilometer südöstlich von Rostock, in einer Kuhstallruine, der ein Feuer vor langer Zeit das Dach weggebrannt hatte. Die stehengebliebenen Mauern beherbergten etwa dreißig schrottreife Gurken vom Peugeot-Kleinwagen bis zum Volvo-Kombi, die Gottfried, der Betreiber dieses Autohofs, alle noch reparieren wollte. Als er wegen Krankheit aufgeben musste, versuchte er seinen Fuhrpark aufzulösen. Keine Ahnung, ob er außer uns noch andere Traumtänzer gefunden hat.

Die allergrößte Ruine stand nun allerdings vor uns, der besagte 124er, ein T-Modell.

300 Euro sollte der Wagen kosten. Arne hatte ihn bei eBay aufgetan und auserkoren, unser gemeinsames Projekt zu werden. Das Ziel: die TÜV-Plakette. Der Weg dahin: ungewiss bis – wie ich meinte – aussichtslos.

Im Wageninneren fanden wir die Überreste eines abgelebten Kraftfahrzeuges: ölverschmierte Ersatzteile, speckige Sitze, Kabelknäuel und Plastikverblendungen. Aber wir stießen auch auf Zeichen blühenden Lebens: einen kleinen Ameisenhaufen und viele Mäuseködel. Außen erinnerte die Gurke an die Überreste einer Feuerwehrübung.

Einem der Vorbesitzer muss der Anthrazit-Metalliclack missfallen haben – anscheinend wollte der Unglückliche den ganzen Wagen in ein mattschwarzes Mad-Max-Monster verwandeln. Leider war die ursprüngliche Idee seinem mangelnden Talent zum Opfer gefallen: Statt des furchterregenden Monsters war eine Lachnummer daraus geworden.

Bei unserer Spurensuche fanden wir Indizien, die auf die Verwendung einer Farbrolle zum Wändestreichen hindeuteten. Die aufgetragene Farbe war an mehreren Stellen abgeplatzt oder kräuselte sich, an anderen klebte sie – wie sich später herausstellte – derart innig auf dem Blech, dass sie mit keiner Chemikalie diesseits von Salzsäure abzubekommen war. Bad Lack, ohne Zweifel.

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»Komm, Arne«, sagte ich, »lass uns Freunde bleiben und nach Hause fahren, das hat keine Zukunft.«

Aber Arne hörte mich schon nicht mehr. Er umkreiste den Wagen wie ein Löwe seine Beute, rüttelte hier, inspizierte dort und verkündete dann sein Urteil, ein leicht irres Flackern in den Augen: »Der Wagen hat Substanz!«

Die Rollenverteilung war damit festgelegt: Hier ich, der Theoretiker und Bedenkenträger mit seinen OP-Handschuhen, dort, im blauen Mechaniker-Overall, Arne, der daueroptimistische Schrauberix, dem kein Berg zu hoch, kein Weg zu weit und keine Schrottkarre zu schrottig ist.

Zwei Wochen später haben wir den Benz mit einem Anhänger abgeholt, ihn zuhause in Hamburg innen und außen gekärchert und dann Kurs auf den TÜV genommen.

In diesem Buch zeigen wir in Text und Bild 28 Reparaturen von Defekten und Macken, die wir bei unserem 124er durchgeführt haben und die typisch sind für unseren Lieblingswagen.

Wir sind der Meinung: Jeder und jede kann das nachmachen. Mindestanforderung: Man sollte einen Schraubenzieher halten können und keine Angst vor schmutzigen Fingern haben.

An die Schraubenschlüssel!

WARUM GERADE DER 124ER?

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Dass Arne und ich uns einen gemütlichen 124er zur Restaurierung vorgeknöpft haben, hat einen sehr rasanten Grund. Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre war Arne Tageszeitungsfotograf in Berlin – immer in Eile bei dem Versuch, schneller als die Polizei zu sein. Mit seinem Turbo-Golf hatte er es in Flensburg auf 23 Punkte gebracht. Die Folge: 5000 Mark Strafe, Führerscheinentzug, Idiotentest, Wiederholung der Führerscheinprüfung. Eine Verkehrspsychologin riet ihm, sich von so einem aggressiven Rennwagen zu verabschieden. »Kaufen Sie sich einen Mercedes Diesel«, lautete ihr Rat, »dann kommen Sie gar nicht erst in Versuchung, sich im Verkehr wie die Wildsau aufzuführen.«

Arne kaufte sich einen gebrauchten 124er Jahreswagen – und das war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft, die bis heute hält. Der rasende Fotograf lernte das entspannte Cruisen kennen und einen Wagen lieben, der gutmütig, zuverlässig, nahezu unzerstörbar und leicht zu reparieren ist.

Obwohl die ersten Baujahre schon älter als 30 Jahre sind und damit das H-Kennzeichen für Oldtimer tragen dürfen, rollen noch tausende von 124ern im Verkehr mit, ohne dass sie als alt oder historisch wahrgenommen werden.