Copyright: © Junfermann Verlag, Paderborn 2018

Coverfoto: © PK-Photos – iStock

Illustrationen: © Chrisavgi Matheou

Covergestaltung / Reihenentwurf: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

Satz, Layout & Digitalisierung: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

Alle Rechte vorbehalten.

Erscheinungsdatum dieser eBook-Ausgabe: 2018

ISBN der Printausgabe: 978-3-95571-812-1

ISBN dieses E-Books: 978-3-95571-813-8 (EPUB), 978-3-95571-815-2 (PDF), 978-3-95571-814-5 (MOBI).

Ein herzlicher Dank an all unsere Kollegen,
Klienten und Ausbildungsteilnehmer,
die uns ermutigt haben,
dieses Buch zu schreiben.

Wieso dieses Buch?

Durch die gestiegenen Anforderungen der modernen Arbeitswelt besteht Handlungsbedarf, Personen, die von Arbeitslosigkeit betroffenen sind, wieder dauerhaft in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Diese Aufgabe übernehmen Job-Coachs, im Auftrag von Behörden und sozialen Trägern. Uns ist aufgefallen, dass sehr unterschiedliche Beratungsformen und -angebote als „Job-Coaching“ bezeichnet werden, ja, dass dieser Begriff geradezu inflationär verwendet wird. Weil aber bei diesen Angeboten sehr häufig nicht „drin“ ist, was von außen „draufsteht“, haben wir es nur allzu oft mit einem Etikettenschwindel zu tun.

Zum Berufsbild des Job-Coachs gehören zum einen Haltung und Methoden des klassischen Coachings, zum anderen werden auch Fachkenntnisse über den aktuellen Arbeitsmarkt sowie Erfahrungen im Bewerbermanagement gefordert. Das Wissen über Ausbildungs-, Weiterbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten ist in diesem Beruf ebenfalls von Vorteil. Im Bereich Job-Coaching arbeiten viele Quereinsteiger, wie zum Beispiel Sachbearbeiter, Verwaltungsfachangestellte, Betriebswirte, Arbeitspsychologen, Schauspieler, Lehrer und Journalisten. Jede dieser Berufsgruppen bringt spezielle Fachkenntnisse mit, die sich durch eine fundierte Qualifizierung im Bereich Coaching gut einbringen lassen. Wer jedoch ohne eine Coaching-Ausbildung als „Job-Coach“ arbeitet, hat vermutlich keinen einschlägigen Methodenkoffer im Gepäck. Er arbeitet als Coach und ist wahrscheinlich mit den wichtigsten Coaching-Grundsätzen nicht vertraut.

Jeder Mensch trägt die Lösung für seine Probleme in sich. Das ist einer der Grundsätze, auf denen unsere Arbeit basiert. Coaching heißt für uns deshalb: Wir unterstützen und begleiten unsere Klienten professionell in ihrer beruflichen und persönlichen Weiterentwicklung. Allein aus diesem Verständnis heraus kann „Coaching“ deshalb nicht gleichbedeutend mit „Beratung“ sein, in der wir Menschen Anleitungen und Expertenrat geben. Auch sind „Coachs“ üblicherweise keine „Trainer“, die neue Kenntnisse vermitteln und die Umsetzung von neuen Fähigkeiten mit ihren Teilnehmern einüben. Diese grundlegend verschiedenen inneren Haltungen deutlich vor Augen zu haben ist uns wichtig.

Wir bilden Job-Coachs aus und haben selbst in diesem Bereich gearbeitet. Deshalb kennen wir die Herausforderungen und Besonderheiten des Berufsbildes. Auf die Veröffentlichung eines Fachartikels zum Thema im Coaching Magazin (Schlösser & Kiesele 2017) erhielten wir von Kollegen sehr positives Feedback, denn es gab und gibt bislang kaum Literatur zum Berufsbild des Job-Coachs. Deshalb war und ist es uns ein Bedürfnis, allen Job-Coachs ein praxisorientiertes Handbuch zur Verfügung zu stellen, in dem wir unsere Kenntnisse und Erfahrungen weitergeben. In diesem Buch finden Sie zahlreiche Denkmodelle, Methoden und Techniken, die sich in unserer täglichen Praxis bewährt haben. Im Fokus steht für uns der Praxistransfer – damit Sie dieses Buch vor allem in Ihrer täglichen Arbeit nutzen können. Wir haben aus diesem Grund auf umfangreiche theoretische Ausführungen bewusst verzichtet und uns auf das Wesentliche beschränkt.

Wir freuen uns, dass Sie sich für dieses Buch entschieden haben. Bevor es richtig losgeht, noch ein paar Worte in eigener Sache:

Wir möchten an dieser Stelle von ganzem Herzen „Danke“ sagen für das Vertrauen, das uns von unseren Klienten entgegengebracht wurde! Wir haben mit vielen Menschen gearbeitet, die den Job-Coaching-Prozess für sich als Chance erkannt und genutzt haben. Ob Geschäftsführer, Schweißer, LKW-Fahrer oder ungelernter Hilfsarbeiter; Teamleiter, Philosoph oder Hausfrau und Mutter: Mit Ihnen zu arbeiten war wundervoll, herausfordernd, spannend, motivierend und lehrreich für uns. Wir haben uns mit Ihnen über Ihre Erfolge gefreut und mit Ihnen emotionale und berührende Momente erlebt. Sie haben unseren Horizont erweitert und uns viel über das Leben gelehrt. Wir wünschen Ihnen für Ihre Zukunft, beruflich und privat, alles Gute! Ohne Sie und die Erfahrungen, die wir mit Ihnen machen durften, gäbe es dieses Buch nicht.

Als Leser haben Sie verschiedene Möglichkeiten, dieses Buch individuell für sich zu nutzen:

  1. Sie können es von vorne bis hinten durcharbeiten.
  2. Sie können sich gezielt einzelne Inhalte oder Methoden heraussuchen und punktuell nutzen.
  3. Sie können beim Durchstöbern Denkanstöße und Impulse für die tägliche Arbeit mitnehmen.

Wir wünschen viel Spaß und Freude sowie eine angenehme Lesezeit mit unserem Buch!

Zwei Anmerkungen vorab:

Die Berufsbezeichnungen der zuständigen Personen in den Ämtern und Behörden variieren. Wir haben uns daher aus Gründen der Verständlichkeit für die neutrale Bezeichnung „Sacharbeiter“ entschieden.

Noch eine Erläuterung zur männlichen Form, die wir im vorliegenden Buch verwenden. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit haben wir auf die gendergerechte Verwendung „*innen“ verzichtet. Auch die im Coaching übliche Verwendung des Begriffes „Klient“ erschien uns passender als der Begriff „Kunde“, der im offiziellen Sprachgebrauch der Ämter und Behörden benutzt wird. Wir hoffen, unsere Leser*innen damit nicht von der Lektüre des Buches abzuhalten.

Einleitung

Was macht ein Job-Coach, was tut er für seine Klienten?

Job-Coachings werden in der Regel von sozialen Trägern und Weiterbildungseinrichtungen angeboten und von den Ämtern oder dem Europäischen Sozialfond finanziert. Wenn ein Kunde ein Job-Coaching z. B. von der Arbeitsagentur oder dem Jobcenter in Anspruch nehmen möchte, benötigt er einen sogenannten AVGS (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein). Dieser kann ausschließlich bei zertifizierten Trägern eingereicht und genutzt werden.

Nach wie vor werden Arbeitssuchende von den Arbeitsagenturen und Jobcentern vor allem mit dem Gießkannenprinzip durch Maßnahmen geschleust. Ohne große Rücksichtnahme auf die Lebensumstände, das persönliche Vermögen und die Notwendigkeiten des Einzelnen treffen Menschen in sehr heterogenen Gruppen aufeinander, um dort gemeinsam „aktiviert“ zu werden. Während der eine nur Hinweise zur Optimierung der Bewerbungsunterlagen oder einen Impuls zur Jobsuche braucht, fühlt sich der andere meilenweit von der Berufswelt entfernt. Die Sinnhaftigkeit dieser Gruppenmaßnahmen darf zu Recht bezweifelt werden. Es wundert deshalb nicht, dass sowohl Teilnehmer als auch die durchführenden Trainer den Ablauf und die Inhalte dieser „Zwangs“-Maßnahmen unisono als frustrierend und im Kern als ergebnislos bewerten.

Die Trainer bedauern vor allem, dass sie weder Zeit noch Raum haben, sich den einzelnen Teilnehmern zu widmen und individuell zu arbeiten. Und so können sie, trotz vorhandener Kompetenzen, dem Einzelnen absolut nicht gerecht werden. Gespräche in Form von Einzelcoachings sind unseres Erachtens jedoch unabdingbar, vor allem dann, wenn es um grundsätzliche Fragen zu einer beruflichen (Neu-)Orientierung und um richtungsweisende Entscheidungen geht.

Glücklicherweise weht seit 2012 ein frischer Wind durch die geförderten Aktivierungsangebote für Jobsuchende. So können z. B. ALG-I- und ALG-II-Empfänger mit dem AVGS (= Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein) Coaching-Leistungen bei einem Anbieter ihrer Wahl in Anspruch nehmen. Das Angebot dient primär der Verbesserung der Integrationschancen von Arbeitslosen auf dem ersten Arbeitsmarkt. In individuellen Einzelterminen wird konkret und passgenau erarbeitet, welche Möglichkeiten der Klient hat und wie er aktiviert werden kann. Dahinter steht die Absicht, Menschen mit einfachen oder vielfachen Hemmnissen dabei zu unterstützen, eine Arbeit mit Perspektive zu finden, die den Gang zum Amt kurz- oder mittelfristig überflüssig macht. Vor allem in diesem Zusammenhang hat sich der Begriff Job-Coaching inzwischen in der Branche etabliert.

Die bislang im Job-Coaching erzielten Ergebnisse sind vielversprechend und die Akzeptanz bei den Arbeitssuchenden für diese individuellen Maßnahmen steigt.

Job-Coach – ein neues Berufsbild

Ein Job-Coaching mit individuellen Einzelterminen ist ein Prozess, der vom durchführenden Fachmann Know-how auf vielen Ebenen fordert. Oft begleitet der Job-Coach seinen Klienten, der im offiziellen Sprachgebrauch der Behörden als „Kunde“ bezeichnet wird, aus dem Meer der Hoffnungslosigkeit in Meere der Möglichkeiten, Abwägungen, Perspektiven und Unwägbarkeiten. Er unterstützt ihn dabei, die wichtigen Leuchttürme ausfindig zu machen, und steuert mit ihm Inseln der Erfrischung, des Erkennens und der Neuorientierung an. Investiert der Klient in sein Job-Coaching und den Prozess, entwickelt er im Idealfall Strategien, wie er sein berufliches Schiff auf Vordermann bringen und mit neuer Kraft in See stechen kann.

Mit dem Job-Coach ist ein neues Berufsbild entstanden, das vielen Anforderungen und Herausforderungen standhalten muss. Gleichzeitig sind die Inhalte und auch die Durchführung von Job-Coaching-Prozessen diffus und von sehr unterschiedlicher Qualität. Noch gibt es kein klares Berufsprofil. In der Praxis gilt allzu oft die Devise „learning by doing“.

Die Auftraggeber – meist sind dies die Jobcenter oder die Arbeitsagentur – haben hingegen klar umrissene Erwartungen. Je nach Problemstellung sollen Lebensläufe erstellt, Bewerbungsunterlagen optimiert und Bewerbungsgespräche geübt werden. Für die Job-Coachs selbst, egal ob fest angestellt oder frei arbeitend, gibt es jedoch kaum passgenaue Schulungen und Konzepte. Sie werden als „Coachs“ bezeichnet, haben zum Teil keine Coaching-Ausbildung bzw. verfügen nicht einmal über die nötigsten Grundlagen.

In der Regel ist Coaching, z. B. Karriere-Coaching, ein freiwilliges Angebot oder eines, das bewusst vom Klienten gesucht wird. Mithilfe eines Coaches soll das Anliegen gezielt in Angriff genommen werden. Für den Coaching-Prozess ist diese Freiwilligkeit sehr wichtig. Im Job-Coaching fehlt sie jedoch sehr oft. Viele Klienten kommen nicht freiwillig, sondern fühlen sich zu der Einzelmaßnahme „geschickt“ und im Extremfall zur Teilnahme „gezwungen“. Auch ist der Prozess zu Beginn oft von dem bestimmt, was der Klient mitbringt. Und das sind im Job-Coaching nicht selten Hoffnungslosigkeit, fehlende Motivation, Frust und ein wackliges Selbstbewusstsein. Deshalb unterscheidet sich gerade der Einstieg in das Job-Coaching maßgeblich von der Vorgehensweise im Karriere-Coaching. Ein Karriere-Coach muss seine Klienten nicht erst für „die gute Sache“ gewinnen.

Ein Job-Coach hat zudem nicht nur eine begleitende und unterstützende Funktion, sondern er wechselt zwischen verschiedenen Beratungsformaten. Zu Beginn des Prozesses ist er zunächst als klassischer Coach gefragt, der Ressourcen aktiviert und den Klienten dabei unterstützt, eine individuelle Zielsetzung zu erarbeiten. Ist das Ziel definiert und die Umsetzung besprochen, wird der Job-Coach zum Berater. Vor allem wenn es darum geht, den Lebenslauf zu bearbeiten und das Bewerbungsschreiben passgenau zu formulieren, muss der Job-Coach über Kenntnisse des Arbeitsmarktes und des Bewerbermanagements verfügen. Ist der Klient im Bewerbungsprozess angekommen und geht es darum, Gespräche vorzubereiten, schlüpft der Job-Coach in die Trainerrolle. All das macht deutlich, wie umfangreich die Anforderungen und Erwartungen an die Rollenflexibilität des Job-Coachs sind.

Job-Coaching vs. Karriere-Coaching

Job- und Karriere-Coaching haben Gemeinsamkeiten, denn inhaltlich geht es in beiden Prozessen um Themen, die primär im Berufsleben verortet sind. Die möglichen Optionen für berufliche Veränderungen variieren in den beiden Feldern jedoch an einigen Stellen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass unsere Klienten im Karriere-Coaching zum Teil andere berufliche Veränderungen anstreben als Klienten im Job-Coaching.

Optionen beruflicher Veränderung

Job-Coaching

Karriere-Coaching

Berufsabschluss erwerben

X

Berufsabschluss nachholen

X

Studienabschluss nachholen

X

X

Studium beginnen

X

Fort- / Weiterbildung

X

X

Auslandsaufenthalt

X

Vollzeitbeschäftigung

X

X

Teilzeitbeschäftigung

X

Stellenwechsel (gleiche Organisation)

X

Neue Stelle (gleiche Branche)

X

X

Neue Stelle (neue Branche)

X

X

Selbstständigkeit

X

X

Teilselbstständigkeit im Nebenberuf

X

Erhalt einer bisherigen Teilselbstständigkeit

X

X

Beruflicher Wiedereinstieg

X

Ehrenamtliche Tätigkeit

X

Frühverrentung / Ausstieg aus dem Berufsleben

X

Tabelle 1: Angestrebte Veränderungen im Job-Coaching und im Karriere-Coaching

Die vertrauensvolle Arbeitsbeziehung zwischen Coach und Klient spielt sowohl im Karriere-Coaching als auch im Job-Coaching eine zentrale Rolle.

Ein Job-Coaching nehmen Menschen aller Bildungsschichten mit ganz unterschiedlichen beruflichen Biografien in Anspruch– es gibt demzufolge durchaus Job-Coaching-Prozesse, die inhaltlich ein klassisches Karriere-Coaching sein können. Wenn es beispielsweise um die zielgerichtete Planung der nächsten beruflichen Karriereschritte geht, nutzen beruflich bislang erfolgreiche Menschen eine Phase der Arbeitslosigkeit, um sich in einem geförderten Job-Coaching zu sortieren oder sich neu zu positionieren. Dennoch gibt es zwischen beiden Arbeitsfeldern große Unterschiede, die wir im Folgenden kurz verdeutlichen möchten.

Der Prozess im Karriere-Coaching

Die folgende Tabelle macht im Überblick die wesentlichen Unterschiede zwischen Karriere- und Job-Coaching-Prozessen deutlich.

Kriterien

Job-Coaching

Karriere-Coaching

Bezeichnung

Kunden

Klienten

Klienten

Facharbeiter, Hilfskräfte, Akademiker, Selbstständige aus allen Berufsgruppen und Bevölkerungsschichten

vorrangig Professionals, Führungskräfte und Selbstständige

Anlass

Jobverlust, arbeitssuchend

Entwicklungs- / Veränderungswunsch

Kosten

trägt die Arbeitsagentur, das Jobcenter oder eine andere Behörde

Eigenleistung

Freiwilligkeit

oft nicht gegeben

gegeben

Dauer

bis zu 50 Std.

meist bis zu 10 Std.

Termine und Häufigkeit

vorgeschrieben

frei wählbar

Themen

Wiedereinstieg in den Job, Heranführen an den Arbeitsmarkt, Weiterbildung

Karriereentwicklung, Perspektiventwicklung

Fokus

Ressourcenaktivierung und Profilbildung

Kernkompetenzanalyse, Karrierestrategien

Coach-Wahl

in der Regel vorgegeben durch den Anbieter

freiwillig, oft Auswahl durch persönliche Vorgespräche

Schwierigkeiten

Hemmnisse und Widerstand

Selbstüberschätzung, Unsicherheiten im Hinblick auf das eigene Profil

Dokumentation und Berichtswesen

verpflichtend

freiwillig

Kontraktgestaltung

Tetrade: Arbeitsagentur / Jobcenter, Klient, Institut / Träger, Coach

Dyade: Coach, Klient

Tabelle 2: Unterschiede Job-Coaching – Karriere-Coaching

Ein Karriere-Coaching nehmen Personen in Anspruch, die …

Der sachorientierte Fokus steht im Karriere-Coaching an erster Stelle. Private Themenbereiche, beispielsweise familiäre oder partnerschaftliche Schwierigkeiten, müssen wesentlich seltener mit bearbeitet werden. Einer effektiven Zielerreichung steht deshalb weniger im Weg.

Bemühen wir auch im Karriere-Coaching das Bild der Schiffsreise, stellt sich ein möglicher Prozessablauf in dieser Prozessform klar strukturiert dar:

Im Job-Coaching ist der Ablauf des Prozesses nicht so eindeutig planbar. Metaphorisch gesprochen kommt es zunächst einmal oft darauf an, überhaupt herauszufinden wo sich das Schiff des Klienten gerade befindet. Job-Coach und Klient können in einer ersten Bestandsaufnahme der beruflichen Biografie u. a. erste Antworten auf die folgenden Fragen herausarbeiten:

Die Liste der Fragen kann beliebig fortgesetzt werden. Jede Frage können Sie nutzen, um mit Ihrem Klienten ins Gespräch zu kommen, eine tragfähige Beziehung aufzubauen und wichtige Informationen festzuhalten.

Praxisbeispiele

Um die unterschiedlichen Bedürfnislagen an konkreten Beispielen zu veranschaulichen, haben wir in den folgenden zwei Praxisbeispielen jeweils „typische“ Lebenssituationen für ein Job-Coaching und ein Karriere-Coaching skizziert. Uns ist es wichtig, die unterschiedlichen Tableaus für beide Coaching-Formate deutlich zu machen.

Praxisbeispiel Job-Coaching:

Carola S. (49) ist alleinerziehende Mutter. Ihre beiden Kinder befinden sich mitten in der Pubertät und haben eine eher schwierige Beziehung zu Carolas Lebensgefährten Rolf. Sehr oft ist sie der Puffer zwischen den erhitzten Gemütern. Die gelernte Krankenschwester ist seit drei Jahren arbeitslos. Nach einem Hörsturz und einer Hepatitis-Infektion war sie lange krankgeschrieben. Sie hatte zuletzt auf einer geriatrischen Station in einem großen Krankenhaus gearbeitet und sich zunehmend psychisch belastet gefühlt.

Mit Maßnahmen, zu denen sie sich immer „verdonnert“ fühlt, hat sie bereits Erfahrungen gemacht. Vom Staat ist sie enttäuscht und von den Menschen auch. Der Vater ihrer Kinder hat sie schon sehr früh verlassen und seitdem schlägt sie sich alleine durch. Seit knapp zwei Jahren lebt sie von Hartz IV –ein Zustand, der sie sehr belastet. Im Strudel ihrer Alltagssorgen und gesundheitlicher Probleme findet sie jedoch keinen Raum, sich wirklich Gedanken über ihre Zukunft zu machen. Zur ihrer aktuellen Sachbearbeiterin im Jobcenter hat sie im Prinzip ein gutes Verhältnis, doch alle naselang ändern sich die Zuständigkeiten, und dann geht das Ganze wieder von vorne los. Bei ihrem letzten Termin hat man ihr vorgeschlagen, doch ein Job-Coaching in Anspruch zu nehmen. Beruflich würde sie sich gern verändern, denn sie kann und will nicht mehr im Schichtdienst arbeiten. Jetzt muss sie zu diesem Job-Coaching, das ihr die Sachbearbeiterin empfohlen hat, und weiß überhaupt nicht, was sie dort erwartet …

Praxisbeispiel Karriere-Coaching:

Linda F. ist 52 Jahre alt und arbeitet seit über sechs Jahren als Führungskraft in einem Dienstleistungsunternehmen. Die Tochter ist vor einem halben Jahr ausgezogen und der Sohn wird in Kürze ein Internat besuchen. Ihr Mann ist als Architekt viel unterwegs und meist nur an den Wochenenden daheim. So lange ihr Jüngster noch die Grundschule besuchte, war es für Linda wichtig, den Sohn zu unterstützen und nach der Schulzeit so oft wie möglich zu Hause zu sein. Die neue Situation möchte sie nutzen, um sich ihrer persönlichen Karriere zu widmen.

Sie weiß, dass in ihrem jetzigen Unternehmen durchaus Entwicklungsmöglichkeiten bestehen. Allerdings ist sie sich nicht sicher, ob sie bleiben möchte oder die private Veränderung für einen Karrieresprung in einem anderen Unternehmen nutzen soll. In der letzten Zeit fühlt sie sich oft gelangweilt und fürchtet „einzurosten“. Sie ist zunehmend neugierig darauf, wie es in anderen Unternehmen zugeht, sehnt sich nach neuen Impulsen und einem jüngeren Kollegenkreis.

Auch ein Job-Coaching kann inhaltlich durchaus ein Karriere-Coaching sein, doch in aller Regel steht der Klient nicht aktiv in einem karriereorientierten Arbeitsprozess. Der „Makel“ der Arbeitslosigkeit ist oft ein Thema für die Klienten und hat starken Einfluss auf das Coaching. Hinzu kommt, dass Jobcenter oder die Arbeitsagentur hier die Auftraggeber sind und deshalb aktiv im Prozess mitwirken und den Ablauf bestimmen. Oft hängt die berufliche Zukunft des Klienten maßgeblich vom Wohlwollen und von der Unterstützung seines aktuellen Sachbearbeiters ab. Ebenso hat der regelmäßige Wechsel der Sachbearbeiter Einfluss auf den Job-Coaching-Prozess.

Im Karriere-Coaching geht es um die Ziele des Klienten. Das ist im Job-Coaching etwas anders, denn hier hat erst einmal die Förderstätte das Ziel, den Gang zum Job-Center oder zur Arbeitsagentur kurz- oder mittelfristig überflüssig zu machen. Auch bestimmt nicht der Klient (hier Kunde genannt) über den Rahmen und Umfang der Maßnahme. Die Anzahl der Stunden, der Bewilligungszeitraum und die Häufigkeit der Termine sind bereits vor Beginn der Maßnahme festgelegt.

6. Selbstfürsorge für Coachs

6.1 Abgrenzung und Psychohygiene

Neben beruflichen Themen und dem Fokus auf den neuen Job werden Sie als Job-Coach meist auch mit anderen Themen Ihrer Klienten konfrontiert. So können beispielsweise Schicksalsschläge und traumatische Ereignisse im Leben des Klienten im Coaching eine Rolle spielen – Geschichten, die das Leben schreibt und die auch den Coach tief berühren können. Für die eigene Psychohygiene ist es ratsam, hier klare Grenzen für sich zu ziehen und keine Mitverantwortung für die Klienten zu übernehmen. Hier helfen kleine Rituale nach dem Coaching, um die vorhandenen „Resonanzpartikel“ zu entfernen.

Tipp:

Sieben schnelle Rituale, die sich in der Praxis bewährt haben.

  1. Hände mit einer duftenden Seife waschen
  2. Frische Luft – die schweren Themen rauslassen
  3. Im Selbstcoaching: Ballast abwerfen. Bevor ich gehe, frage ich mich:
    „Was nehme ich mit, was lasse ich hier?“
  4. Eine angenehme Zwischenstation auf dem Nachhauseweg einbauen
  5. Kollegen anrufen, um sich kurz mitzuteilen
  6. Persönliches Tagebuch der positiven und negativen „Coaching-Rekorde“
    führen
  7. Kurz schriftlich festhalten: Ich bin – ich kann – ich mache beim nächsten Mal besser

Auch die Teilnahme an einer Intervisionsgruppe oder der Gang zum Supervisor sind wirkungsvolle Möglichkeiten, Gehörtes zu verarbeiten und den professionellen Abstand wiederherzustellen.

6.2 Achtsamkeit

Der Begriff „Achtsamkeit“ beschreibt eine offene, bewusste, aufmerksame und akzeptierende Haltung im Hier und Jetzt, die alle bewussten Inhalte einbezieht. Die komplette Aufmerksamkeit ist auf den Augenblick gerichtet. Achtsamkeit ist eine grundlegende und jedem Menschen zugängliche Fähigkeit und Haltung, die sich durch Übung entfaltet. Abläufe, die im Alltagsbewusstsein oft unbewusst und automatisch ablaufen, können beobachtet und erforscht werden. Als Job-Coachs brauchen wir diese Fähigkeit, um uns selbst zu spüren und unsere eigenen Resonanzen wahrzunehmen.

Tipp: Wir können einen achtsamen Bewusstseinszustand herstellen, wenn wir Pausen nutzen und kleine Atemübungen machen. Wenn wir unsere Körpersignale als Frühwarnsystem wahrnehmen, können wir uns besser steuern.

Achtsamkeit vollzieht sich wie eine Aufnahme in Zeitlupe. Es ist ein gegenwärtiges Erleben mit allen Sinnen – umfassend, differenziert und intensiv. Die folgende ca. zweiminütige Übung wird im Sitzen durchgeführt und ermöglicht Ihnen, zu innerer Ruhe und Balance zu finden.

Atemübung 

(nach Schug 2016)

Nehmen Sie eine gerade Sitzposition ein, in der es Ihnen leichtfällt, ein- und auszuatmen. Ihre Hände liegen bequem auf Ihren Oberschenkeln. Schließen Sie sanft Ihre Augen oder richten Sie Ihren Blick auf einen Punkt vor sich, ohne aber etwas Bestimmtes zu fixieren. (…) Konzentrieren Sie sich auf Ihre Atmung. Spüren Sie, wie der Atem in Ihren Körper hinein- und wieder herausströmt. Bleiben Sie ganz bei Ihrem Atemfluss, ohne etwas zu bewerten. Begrüßen Sie Ihren Atem wie einen guten Freund oder eine gute Freundin. Beobachten Sie jeden Atemzug. (…) Nutzen Sie Ihren Atem als Anker und sagen Sie innerlich zu sich selbst: „Ein … aus.“ (einige Atemzüge in Ruhe).

Nun verändern Sie bewusst Ihre Atmung. Atmen Sie ein und halten Sie dann die Luft an. Sie werden bald den Impuls spüren, auszuatmen. Halten Sie den Atem noch ein wenig an, erst dann atmen Sie aus. Wiederholen Sie dies in Ihrem eigenen Atemrhythmus. (Einige Atemzüge in Ruhe, dann Klangschale zum Tönen bringen). Kommen Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit zurück in den Raum. Atmen Sie tief ein und aus und bewegen Sie dann Ihre Finger, Zehen, Hände und Füße.

Zu guter Letzt

Bevor Sie dieses Buch zuklappen, liegt uns am Herzen, Ihnen noch etwas „Wegzehrung“ mitzugeben. Das Berufsfeld Job-Coaching verlangt uns einiges ab, an Empathie, Engagement und Interesse am Menschen. Wir erhalten tiefe Einblicke in persönliche Lebensverhältnisse und werden mit Schicksalen, Lebensumständen und -hintergründen konfrontiert, die uns berühren und zu schaffen machen. Deshalb ist es für uns und unsere Klienten in besonderem Maße wichtig, ein professionelles Nähe-Distanz-Verhältnis zu wahren. Um unsere Klienten gut unterstützen zu können und handlungsfähig zu bleiben, dürfen wir als Job-Coach nicht dauerhaft „aus der Rolle fallen“ und sind aufgefordert, für uns selbst ebenfalls gut zu sorgen. Unsere Klienten werden es uns danken, denn eine „leere Batterie kann keine Starthilfe geben“.

Psychohygiene ist ein wichtiger Schutzfaktor, der ein Ausbrennen verhindert und den wir ernst nehmen müssen, damit wir selbst gesund bleiben. Doch wie können wir mit psychischen Belastungen umgehen? Wie grenzen wir uns ab? Wie können wir feststellen, was uns hilflos macht und auslaugt, und dann einen Umgang damit finden? Unserer Erfahrung nach ist ein liebevoller, achtsamer und nachsichtiger Umgang mit uns selbst wichtig. So sorgen wir gut für uns. Neben der Arbeit muss es Zeit dafür geben, die eigenen Bedürfnisse zu erspüren und leben zu können. Dazu gehört auch, sich Fehler einzugestehen und sich selbst verzeihen zu können, dass nicht immer alles perfekt läuft.

Auf der Ebene des alltäglichen Lebens können das kleine Dinge und Handlungen sein: Wir können uns mit schönen Gegenständen und Blumen umgeben und die Dinge, die unser Herz erfreuen, in unsere Arbeits- und Lebensbereiche integrieren. Um uns für den beruflichen Alltag Kraft und Input zu holen, nehmen wir selbst Unterstützung in Anspruch. Wir nutzen regelmäßig die Kollegiale Fallberatung, Supervision und eine Peergroup mit Berufskollegen. In der professionellen Reflexion der Ereignisse aus unserem Arbeitsalltag finden wir Kraft, Anregung und Beruhigung und können Prozesse aus verschiedenen Blickwinkeln noch einmal beleuchten. Mit der Unterstützung von außen können wir die eigenen berufsspezifischen Prozesse und die dazugehörigen Handlungsmuster hinterfragen und in einem geschützten Rahmen für uns selbst Handlungsoptionen und neue Ideen für unsere Arbeitsprozesse generieren.

Kollegiale Fallberatung, Supervision und Peergroups fördern die Professionalität und stärken die Fähigkeit, unser eigenes Tun zu hinterfragen. Sie sind Psychohygiene im besten Sinne, denn sie schützen unsere psychische Gesundheit. Die regelmäßige berufliche Reflexion wirkt sich außerdem positiv auf unser Privatleben aus. Lösen wir Probleme im beruflichen Kontext und erreichen eine größere Zufriedenheit im Arbeitsalltag, sorgt das in unserem Leben für mehr Balance und Ausgeglichenheit. Davon profitiert in jeden Fall auch unser privates Umfeld. Wenn wir den Spaß in unserem Leben nicht zu kurz kommen lassen, entspannen sich unser Gehirn und unsere Seele. Wir tanken unsere Batterie auf und haben die Kraft und die Energie Impulsgeber zu sein.

Investieren Sie in sich selbst – es lohnt sich! Würden Sie das Ihren Klienten nicht auch empfehlen?

Die Autorinnen

Andrea Schlösser

Handelsfachwirtin, Supervisorin und Coach DGSv,

Mediatorin BM, Trainerin,

NLP Master DVNLP

E-Mail: info@neurolines.de

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Karin Kiesele

Kommunikationswissenschaftlerin (B.A.)

Hotelkauffrau, Personal & Business Coach, Intervisorin,

Trainerin, Mediatorin, NLP Practitioner DVNLP

E-Mail: mail@karin-kiesele.de

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Andrea Schlösser & Karin Kiesele
Job-Coaching
Arbeitssuchende für den Arbeitsmarkt fit machen

 

Reihe
Coaching Skills kompakt
Band 9

Über dieses Buch

Leitfaden und Toolbox für Job-Coachs 

Job-Coaching ist eine Maßnahme, die vor allem von der Bundesagentur für Arbeit und dem Jobcenter finanziert wird. Das Angebot soll helfen, Arbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Aufgrund der Zielgruppe unterscheidet sich die Arbeitsweise eines Job-Coachs mitunter erheblich von der eines Karriere-Coachs, denn die Klienten kommen nicht immer freiwillig. Oft fühlen sie sich „geschickt“ und sind mitunter wenig motiviert, frustriert und hoffnungslos. Deshalb birgt das Job-Coaching besondere Herausforderungen. 

Momentan arbeiten Job-Coachs häufig nach der Devise „learning by doing“. Hier schafft das Buch Abhilfe, indem es einen strukturierten Leitfaden bietet, angefangen von der Auftragsgestaltung, über Besonderheiten und Hürden dieses Coaching-Settings bis hin zu einer Vielzahl praxiserprobter Methoden.

Andrea Schlösser, Handelsfachwirtin, Supervisorin und Coach DGSv, Mediatorin BM, Trainerin, NLP Master DVNLP.

Karin Kiesele, Kommunikationswissenschaftlerin (B.A.), Hotelkauffrau, Personal & Business Coach, Intervisorin, Trainerin, Mediatorin, NLP Practitioner DVNLP.

TEIL I: DER JOB-COACHING-PROZESS

1. Das Kontraktverhältnis

1.1 Die Beziehung Coach – Klient

Aus Studien zu Coaching- und Therapieprozessen geht fast immer eines hervor: Eine gute Arbeitsbeziehung zwischen Klient und Coach bzw. Klient und Therapeut ist immens wichtig. So stellen z. B. Asay und Lambert (1999) fest, dass eine vertrauensvolle, wertschätzende und empathische Beziehung ein zentraler Wirkfaktor für den Erfolg von persönlichen Entwicklungsprozessen ist. Der Beziehungsaufbau zwischen Coach und Klient spielt deshalb eine zentrale Rolle. Im Interesse eines fruchtbaren Arbeitsbündnisses muss es dem Coach gelingen, einen persönlichen Kontakt zu seinem Klienten aufzubauen – und das geht auch ganz ohne Methodenfeuerwerk.

Wo zwei Parteien beteiligt sind, lässt sich die gewünschte Qualität vielleicht herstellen. Doch wer ist an einem Job-Coaching beteiligt? Hier rühren in der Regel viele Köche in der Suppe. Direkt am Prozess beteiligt sind: die auftragsgebende Behörde, die durchführende Einrichtung, der Klient und der Job-Coach. Auf mehreren Ebenen werden miteinander und untereinander Verträge geschlossen. Diese regeln nicht nur die Rechte und die Pflichten der einzelnen Parteien, sondern werfen auch eine Reihe logistischer und ethischer Fragen hinsichtlich der Kommunikation und des Vertrauensverhältnisses zwischen Coach und Klienten auf. Für einen gelungenen Beziehungsaufbau zwischen Klient und Job-Coach stellt sich hier vor allem die Frage: Wer kommuniziert mit wem welche Inhalte? Im geförderten Job-Coaching ist es eher schwierig, eine gemeinsame, einheitliche und transparente Kommunikation zwischen allen Beteiligten zu gewährleisten.

Im Idealfall ziehen Behörde, Klient und Job-Coach an einem Strang, doch birgt gerade die spezielle Konstellation im Job-Coaching die größten Fallstricke. Da wäre einmal die Frage nach der Vertraulichkeit. Welche Inhalte im Coaching erarbeitet und wie sie umgesetzt werden, hängt maßgeblich von der Kooperationsbereitschaft des zuständigen Sachbearbeiters ab. Trotzdem ist der Job-Coach nicht grundsätzlich verpflichtet, der Arbeitsagentur oder dem Jobcenter im Detail zu offenbaren, was konkret an zum Teil privaten Inhalten im Coaching bearbeitet wurde. Fragt ein Sachbearbeiter entsprechend nach, sollte der Job-Coach diesem Ansinnen eine diplomatische, aber klare Absage erteilen und die direkte Kommunikation mit dem Klienten empfehlen.

Jobcenter und Arbeitsagentur werden lediglich relevante Ergebnisse des Prozesses, etwa die Anzahl der versandten Bewerbungen oder das Ergebnis eines Vorstellungsgespräches, mitgeteilt, was mitunter sogar zu einer verbesserten Kommunikation zwischen Klient und Behörde führt. Vermittlungsvorschläge des Sachbearbeiters an den Klienten können beispielsweise aufgrund der Ergebnisse des Coaching-Prozesses angepasst werden. Auch eine ins Auge gefasste Weiterbildung ist ein möglicher und willkommener Gesprächsanlass zwischen Klient und dem behördlichen Auftraggeber. Deshalb sind ein regelmäßiger Abgleich und Informationsaustausch unerlässlich.

Das besondere Geflecht von bilateralen Vereinbarungen im Job-Coaching lässt sich nach folgenden Beziehungen strukturieren:

1.2 Die Beziehungs-Tetrade im Job-Coaching

  1. Beziehung zwischen Coach und Auftraggeber (Behörde): Für den Job-Coach gilt es zu klären, welche Ziele der Auftraggeber hat und an welchen Kriterien er den Erfolg des Coachings messen wird. Eventuell hat der Auftraggeber klare Vorgaben für den Job-Coach, was gemacht werden soll. Das ist eine erste Stolperfalle für den Job-Coach, der zwar diplomatisch auf die Vorstellungen des Sachbearbeiters eingehen, diese aber im Anschluss mit den Wünschen des Klienten abgleichen sollte. Der Job-Coach muss im Austausch mit der Behörde stets die Prozessoffenheit betonen und das Wie in seinem Verantwortungsbereich belassen.
  2. Beziehung zwischen Coach und Weiterbildungseinrichtung: Die Weiterbildungseinrichtung stellt in der Regel die Räumlichkeiten und das Arbeitsmaterial zur Verfügung und beauftragt den Job-Coach mit der Durchführung des geförderten Einzelcoachings. Hier gilt es, die vertraglichen Konditionen zu besprechen, denn Job-Coachs können sowohl freiberuflich als auch fest angestellt arbeiten.

    Der Träger hat sich für bestimmte Maßnahmen zertifizieren lassen. Entsprechend gibt es inhaltliche Vorgaben und feste Zeitintervalle für die Sitzungen. Die Rahmenbedingungen und Vorgaben variieren je nach Einrichtung und auch die finanzielle Vergütung ist unterschiedlich geregelt. Wie der Job-Coach durch den Prozess führt, bleibt in der Regel ihm überlassen. Die Weiterbildungseinrichtung freut sich immer über handfeste Ergebnisse, z. B. über einen unterschriebenen Arbeitsvertrag.

  3. Beziehung zwischen Coach und Klient: Welche Ziele und Erwartungen hat der Klient? Diese Frage steht hier im Vordergrund, genauso wie der Kontrakt über das gemeinsame Arbeitsbündnis, beispielsweise zu Punkten wie Vertraulichkeit, Offenheit, Selbstverantwortung usw.

Der Job-Coach ist ein Mittler zwischen allen Parteien und deshalb manchmal in einer misslichen Lage. Er arbeitet in erster Linie in einem Vertrauensverhältnis mit dem Klienten, doch auch die Vertreter der Jobcenter / Arbeitsagenturen möchten Informationen zum Verlauf des Prozesses und wollen eingebunden sein. Auch der Träger, der den Job-Coach beschäftigt, möchte seine Interessen vertreten. Als offizieller Auftragnehmer will er sich bei den Behörden mit erfolgreichen Prozessen nachhaltig auf dem Job-Coaching-Markt platzieren und sein Auftragsvolumen sichern. Es gibt also durchaus unterschiedliche Interessen und Ansprüche, die für den Job-Coach manchmal schwer auszubalancieren sind. Gerade im Hinblick auf das geforderte Berichtswesen oder die vorgeschriebene Dokumentation der Einzeltermine braucht der Job-Coach Fingerspitzengefühl im Umgang mit allen Beteiligten.

Hilfreich für den Job-Coach ist es hier vor allem, diese komplexe Situation mit dem Klienten zu thematisieren und ihn mit einzubeziehen. Coach und Klient können also ihr Vorgehen gemeinsam besprechen und abstimmen. Wenn geklärt ist, wer wem welche Inhalte kommuniziert, sorgt der Job-Coach für die nötige Transparenz im Prozess und sichert so das Vertrauensverhältnis zu seinem Klienten ab. Erleichternd kommt hinzu, dass die Sachbearbeiter sich in der Regel gar nicht für die persönlichen Belange der Klienten interessieren. Ihr Fokus liegt vor allem auf den im Hinblick auf eine Vermittlung erzielten Ergebnissen des Prozesses und den daraus resultierenden Folgen für das weitere Vorgehen. Ermutigen Sie als Job-Coach durchaus Ihren Klienten zu einem direkten Austausch mit seinem Sachbearbeiter und unterstützen Sie ihn, sich und seine Anliegen gut zu vertreten. Sollte es zu Konflikten kommen, dann ist der Job-Coach mitunter auch gefragt, diese zwischen den Parteien mit seinem Klienten lösungsorientiert zu bearbeiten.