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Udo Rauchfleisch

Narzissten leben gefährlich

 

 

 

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Personen

 

Jürgen Schneider,

Schwuler Kriminalkommissar, leitet die Untersuchung. Biologischer Vater von Antonio

 

Bernhard Mall,

Mitarbeiter von Jürgen Schneider

 

Mario Rossi,

Partner von Jürgen Schneider, Inhaber einer Herrenboutique. Sozialer Vater von Antonio

 

Anita Leupin,

Leibliche Mutter von Antonio

 

Sandra Frey,

Soziale Mutter von Antonio

 

Antonio

Sohn von Sandra Leupin und Jürgen Schneider, lebt in einer Regenbogenfamilie

 

Walter Steiner,

Psychologe in einer Ehe- und Familienberatungsstelle in Basel

 

Edith Steiner,

Frau von Walter Steiner, Prokuristin in einer Privatbank

 

Francesco de Moiro,

Eigentlich: Franz Meuri. Couturier

 

Irene Meuri,

Schwester von Francesco de Moiro

 

Giovanna Massoni,

Köchin bei Francesco de Moiro

 

Martin Berg,

Butler bei Francesco de Moiro

 

Heinz Keller,

Chauffeur bei Francesco de Moiro

 

Yves Seiler,

Kunsthändler

1.

Mit lautem Gelächter bahnte sich eine Gruppe von fünf Männern den Weg durch die Menge der Menschen, die auf dem Barfüsserplatz im Zentrum von Basel auf die verschiedenen Straßenbahnlinien warteten.

„Drängen Sie sich doch nicht so rücksichtslos hier durch“, rügte eine ältere Frau die Männer, die ihren Hinweis aber gar nicht hörten. Sie waren, laut redend und gestikulierend, nur mit sich selbst beschäftigt.

„Unglaublich“, meinte die Frau, sich an ihren neben ihr wartenden Mann wendend, „dieser ältere Mann und diese jungen Burschen. Dass die sich nicht schämen, einen solchen Lärm zu machen! Und dieses alberne Gelächter! Die benehmen sich ja schlimmer als ungezogene Kinder.”

Doch von all dem hörten die fünf Männer nichts. Sie waren längst auf dem Steinenberg angelangt und gingen hinauf zum Bankenplatz.

Es war tatsächlich eine merkwürdige Gruppe: das Zentrum bildete ein Mann Ende 50 in einem hellbraunen Wintermantel, der bei jedem Schritt das Nerzfell, mit dem er gefüttert war, sehen ließ. Der Mann trug einen breitkrempigen schwarzen Hut und um den Hals hatte er ein grellrotes Chiffontuch geschlungen. Er war umgeben von vier jungen Männern um die 20, die sich um ihn scharten und sich gegenseitig darin zu überbieten versuchten, ihn zum Lachen zu bringen.

Der ältere Mann genoss sichtlich die Aufmerksamkeit, die ihm die jungen Männer zukommen ließen, und feuerte sie noch weiter an, indem er mal dem einen, mal dem anderen die Wange tätschelte und ihn in die Seite puffte. Jede Berührung des älteren Mannes quittierten die jungen Männer mit einem Aufschrei und gellendem Gelächter.

Unvermittelt wurde es jedoch still, als die Gruppe den Bankenplatz erreicht hatte. Der ältere Mann hatte einem Taxi gewunken, hatte jedem der vier Männer noch einmal die Wange getätschelt und war, offenbar zum Erstaunen seiner Begleiter, ins Taxi gestiegen und davongebraust. Die vier zurückbleibenden Männer schüttelten ungläubig die Köpfe, als könnten sie nicht fassen, dass der Spaß so unvermittelt ein Ende gefunden hatte.

Sie verabschiedeten sich mit Küssen voneinander, die aber nicht Ausdruck einer engen Gefühlsbeziehung, sondern eine rein routinemäßige Form der Verabschiedung zu sein schienen. Dann ging jeder seines Weges.