I M P R E S S U M

Herr Herrmann Mann, mehrfacher Millionär.
Steffen Berster

© 2018 Steffen Berster.
Alle Rechte vorbehalten.

Autor: Steffen Berster
steffenberster@gmx.de

ISBN: 9783-9650-84469

 

Über den Auto:

 

Steffen Berster, von seinen wenigen Freunden auch Stefan Berger genannt, Jahrgang 1987, als einen Nachwuchsschriftsteller zu bezeichnen, ist nicht ausreichend. Er schreibt vielmehr seit der ersten Klasse: Erst das kleine ABC ohne Umlaute in der Fibel mit den zwei Socken „Fu und Fara“, dann wissenschaftliche Arbeiten über die Musikindustrie und Brand Extensions und nun erstmalig etwas semi-Fiktives oder besser: semi-Autobiografisches. In seiner Freizeit sammelt er leidenschaftlich gern Pilze sämtlicher Art und kümmert sich um Roy und Rosi, ihres Zeichens Britisch-Kurzhaar-Katzen. Berger lebt in siebter Ehe mit seiner Gattin in den Niederungen Sachsens (Braunschweig) und verbringt seine Urlaube gern und regelmäßig in Cala Ratjada. Dort besitzt er keine kleine Finca mit Meerblick und Dachterrasse (3 Zimmer, Küche, Bad).

Kaufen Sie dieses Buch in der Buchhaltung Ihres Vertrauens und machen Sie damit die Welt zu einem besseren Ort. Oder machen Sie es via Amazon & Co. zu einem Besteller. Berger und seine Gläubiger werden es Ihnen danken!

 

 

 

Was sagt die Prominenz?

„Eines der besten Bücher aller Zeiten (…). Ich möchte, dass der Leser nach jedem gelesenen Kapitel ein glücklicherer Mensch wird.“ (Steffen Berster)

„Eines der schlechtesten Bücher aller Zeiten (…). Nach jedem Kapitel war ich ein unglücklicherer Mensch als vorher.“ (Marcel Reich-Ranicki)

„Meine Empfehlung? Absolut empfehlenswert!“ (Anonymer Verfasser)

„Wenn dieses Buch keinen Nobelpreis oder Grimme-Preis oder Oscar oder sonst was kriegt, dann heiße ich Horst!“ (Horst)

 

 

Vorwort:

Herr Herrmann Mann, der Protagonist dieser Sammlung von vermeintlich lose aneinander gereihten Episoden, ist in seinem Umfeld ein angesehener Bürger. In Etwa so angesehen wie Mario Stockschläder von 1&1 (Leiter von „Kunde wirbt Kunde“). Herrmann ist ein junger Bursche aus dem Rheinischen auf der Suche nach dem, was er als sein großes Glück assoziiert: Wein, Weib und Gesang. Leider gibt es immer nur mittelbare Antworten auf seine Träume. Die Suche nach dem großen Glück wird immer und immer wieder unterbrochen durch Schicksalsschläge - gesundheitlicher Art, Turbulenzen auf Herrmanns Reisen und im Alltag sowie durch das Nichtverständnis seiner Mitmenschen für seine oftmals skurrilen wie brillanten Ideen und Ansichten. Herrmanns Geschichte ist ein Kaleidoskop des Verrückten, eine Ansammlung abstruser Gedankenspiele und der großen Utopien.

Die Realität interessiert ihn nicht. Für ihn zählt nur, was wahr sein könnte. Eine Werkschau des konsequenten Konjunktivs des Lebens. Eine Sinfonie in dur-moll. Eine Utopie des Faulseins und Bestehens, des sich-Trauben-in-den-Mund-wachsen-lassens-und-dabei-von-jungen-barbusigen-Frauen-kühle-Luft-mit-Palmenblättern-zuwedeln-lassens. Ein junger Mann, der sich nicht ändern will und nicht ändern kann. Aber immer zu dem steht, was er weiß und bewegen will: Nichts.

Herrmann lebt in einer Welt des gestrigen und verdrängt dabei jeglichen Trübsinn mit Erinnerungen an bessere Zeiten. Schlesien, seinen Kumpel Markus und viele großartige Moments we once shared: Die frühen Jahre des Privatfernsehens, die Zeit als Zivildienstleistender im Seniorenstift, die Zeiten von Ed-von-Schleck und „Alle male Aqua-Maler“.

„Zwischen Traumtanz und Realität“.

Also, begleiten auch Sie unseren Hauptdarsteller Herrn Herrmann Mann auf seiner großartigen Expedition durch das Leben! Ergänzt wird jede Geschichte durch einen Kommentar von Oma Memphis – in Comicform und handgezeichnet vom Autor höchstpersönlich!

Los geht´s - Es macht RIE-SEN-SPASS!

 

Weise Worte von Alterspräsidentin Oma Memphis (1):

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„Was der Herrmann bloß wieder so alles anstellt… Ich bin gespannt!“

 

Herr Rüter von der Tankstelle.

Gestatten, Herr Herrmann Mann. Zu Beginn dieser Geschichte ist es sicherlich sinnvoll, unseren Protagonisten etwas näher kennenzulernen. Herrmann war der typische Durchschnittsdeutsche. Kein richtiger Herr, dafür waren seine Manieren zu wenig gesittet. Und auch erst auf der Stufe zum Mann werden. Wie sang Britney Spears nicht immer so schön?

„I´m not a girl, not yet a woman.“

Herrmann fehlte es nämlich an den essentiellen Dingen, die es zum Mannsein bedurfte. Kontakt zum weiblichen Geschlecht war zwar vorhanden gewesen, allerdings auch nur marginal, was er vor seinen Freunden natürlich ungern zugab. Beim Schüleraustausch nach Aix-la-Chapelle hatte er ein kurzweiliges Techtelmechtel mit der Tochter des Schuldirektors. Stichwort: Flaschendrehen. Ein anderes Mal, im Rahmen einer Ferienfreizeit in der usbekischen Prärie, eine immer noch zu Unrecht verkannte Destination, kam so etwas wie Lagerfeuerromantik mit Sabine Schürer auf. Sabine war rothaarig, damals 16, also ein Jahr jünger als Herrmann und auffallend schüchtern. Sie mochte Herrmanns Sinn für´s Geschichtenerzählen.

Überhaupt: Herrmann äußerte sich gern und unaufgefordert zu Dingen, nach denen er nicht gefragt wurde. Aber er war ein Meister der Beeinflussung von Menschen und Gesprächsverläufen. Und so erzählte und erzählte er. Von seinem Pony „Lamy“ (wie der Füller), seinem neuen George Foreman-Kontaktgrill und, dass er ein Autogramm plus Selfie mit Cherno Jobatey, ehemals Moderator des ZDF-Frühstücksfernsehens und Deutschlands bekanntester Turnschuh-zum-Anzug-Träger besaß. All das zog Sabine Schürer in seinen Bann. Er flüsterte ihr knusprige Worte in´s Ohr, das Lagerfeuer knisterte so vor sich hin – die anderen Jungs pinkelten ins Feuer und brachten es so jäh zum Erlöschen. Die Luft wurde leicht humid und stinkig. Abends Urinal, morgens Elmex.

Und dann: „Dim the lights, you can guess the rest.“

Herrmann war mittlerweile 27 und wohnte in seiner eigenen kleinen Wohnung in der Nähe der Innenstadt eines beschaulichen Ortes im Rheinischen. In den späten Achtzigern wuchs er bei seiner Familie in der hessischen Kleinstadt Linsengericht auf. Die Familie zog allerdings um, als Herrmann sechs Jahre alt war. Keiner mochte das Linsengericht. Herrmann hatte braune Haare und auffällig ausgeprägte Geheimratsecken, das hatte er von seiner Mutter geerbt. Als er klein war, wendete seine Frau Mama einen Trick an: Sie stülpte Herrmann einen Topf über und schnitt rund um den Rand des Topfes das überstehende Haarkleid ab. Herrmanns Frisur war also stets in Topfform!

“Na Mädels, wie gefällt euch meine alte Frisur?“ mag der geneigte Leser nun denken.

Eigentlich kam unser Protagonist aber von der Statur und seiner Nase her eher nach seinem Vater. Herrmann sagte immer, er vereine das Beste seiner Erzeuger in sich: Knackig wie Wiener, würzig wie Frankfurter und zart wie Bockwürstchen. Und deshalb war Herrmann ein echter Deutschländer. Woher Herrmann diese inhärente und schier grenzenlose Selbstüberschätzung mitbrachte, wusste keiner so genau. Er war sich aber auch zu keinem Zeitpunkt bewusst, dass dem überhaupt so war.

Und so lebte Herrmann ein mehr oder minder tristes Leben, immer wieder unterbrochen von kleinen Glanzlichtern.

Herrmann ging in den Waschkeller und wusch seine Wäsche, da er beim Mittagessen ein bisschen gekleckert hatte. Es gab Kartoffelsuppe mit Mettwurst. Natürlich packte er nicht nur seinen beschmutzten Pullover in die Wäsche, sondern auch Unterwäsche und Bettzeugs, schließlich kostet jeder Waschgang Geld. Alles zusammen in die Maschine bei 95 Grad. Das sollte genügen. Mit diesem Trick, den sonst nur Hausfrauen kennen, sollte auch der letzte Fleck entfernt werden und der Pulli wieder blütenrein erstrahlen. Soll doch bitte niemand behaupten, dass sich nur Frauen mit Haushaltsfragen auskennen.

Herrmann ging anschließend zur Tankstelle. Hinter dem Tresen stand sein Lieblingsmitarbeiter, Herr Rüter. Herr Rüter war ausgesprochen drahtig, markantes Kinn, in etwa so wie Michael Schumacher, oder besser: Ralf Schumacher, war circa 50 Jahre alt und hatte immer ein Lächeln auf den Lippen. Herrmann und Herr Rüter kannten sich schon sicherlich zehn Jahre, also wirklich einige, gute Jahre. Herrmann liebte es, Personen zu challengen. Zu triggern. Kurzum: Geistige Brandstiftung durch gezielt eingesetzte Verwirrung zu stiften.

Herrmann ging jeden Mittwoch, gegen 17 Uhr, er hatte sich den Dienstplan von Herrn Rüter geben lassen, in die Tankstelle und kaufte sich etwas Süßes. Meistens eine gemischte Tüte für 50 Pfennig. Manchmal auch einen Schokoriegel oder ein Eis, aber das Eis nur im Sommer. Und dann kam es, ganz unvermittelt aus Herrmann heraus.

„Guten Tag, Herr Rüter. Hier zu allererst das Geld. Und dann ist mir noch was eingefallen: Stellen Sie sich mal Hans Meiser vor, wie er Labskaus isst.“

Herrmann verzog keine Miene, wenn er dieses Spielchen durchzog. Ihm ging es um das Irritieren des Irritierens willen. Herrmann konnte sich nur denken, was in Herrn Rüter nach seinem neuesten Prank vorging.

„Oh Gott, bin ich jetzt zu doof, um das zu kapieren?“ Oder: „Was will mir der arme Junge damit sagen??? Braucht er Hilfe?“

Herrmann lag aber falsch. Herr Rüter dachte sich gar nichts und war froh, dass Herrmann Produkte kaufte, die zumindest ein bisschen Marge abwarfen. Am Benzin verdiente Herr Rüter als privater Tankstellenbetreiber nämlich nur sehr wenig. Man kann sich kaum vorstellen, wie viel der Staat sich mit dieser vermaledeiten Mineralölsteuer einsackt. Und am kleinen Sparer bleibt es hängen! Die da oben und wir hier unten!

Weitere Highlights aus Herrmanns Oeuvre der Tankstellen-Pranks:

„Du, Herr Rüter. Ich habe einen Cocker Spaniel, der heißt Joe.“

Oder: „Du, Herr Rüter. Wissen Sie, was meine liebste geometrische Form ist? – Das Zweieck.“

Oder: „Du Herr Rüter. Wissen Sie, was ich an Ihnen besonders leiden kann? - Nichts.“

Boah. Der hat gesessen.

Weise Worte von Alterspräsidentin Oma Memphis (2):

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„Der Hr. Rüter von der Tankstelle wird durch Herrmann krank, gelle?“

Herrmanns Geheimprojekt.

Herrmann war schon seit Jahren auf der Suche nach der perfekten Geschäftsidee. Zugegeben: Einige Ideen waren schlecht, andere noch viel schlechter. Davon ließ sich Herrmann aber nicht entmutigen. Der Ehrgeiz entsprach zwar nicht unbedingt seinem ursprünglichen Naturell. Nach außen hin wollte er zumindest schön den Schein des Machers wahren. Und tatsächlich: Dieses Mal sah es fast so aus, dass er es schaffen könnte. Herrmann hatte ein ganz bestimmtes Projekt im Hinterkopf, welches ihn beim Schaukeln auf dem Kinderspielplatz in der Nachbarssiedlung wie ein Geistesblitz traf. The Masterstroke!

Ein Projekt, mit dem er von jetzt auf gleich einen riesigen Reibach machen würde. Das Projekt war allerdings noch streng geheim. Es war so geheim, dass er mit niemandem, aber auch wirklich niemandem darüber redete. Nicht mit seinem Kumpel Markus, nicht mit seinen Eltern und erst recht nicht mit irgendeinem Bankberater, der ihm eine Anschubfinanzierung ermöglichen könnte. Jeder Gedanke an dieses Projekt war eigentlich bereits ein Gedanke zu viel. Das Projekt war so geheim, dass Herrmann es komplett für sich behielt und es deshalb auch nicht in die Tat umsetzte, da es so ja sonst bekannt werden würde.

Die Welt war einfach noch nicht bereit dafür. Vielleicht ja in ein bis zwei Generationen.

Deshalb kann und will ich an dieser Stelle auch nicht weiter über dieses geheime Projekt schreiben.

#startup #diy #entrepreneur

Weise Worte von Alterspräsidentin Oma Memphis (3):

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„Ätsch! Ich kenne Herrmann´s Geheimprojekt. Aber ich verrate es Euch nicht!“

Anrufe bei Familie Appel.

Tuuut. Tuuut.

Vierzehn Mal klingelte der Hörer nun schon. Ah, jetzt. Endlich!

„Appelhans.“

Ein Mann meldete sich, angenehme Stimme, etwas erschöpft (bestimmt beim Sex unterbrochen worden), vielleicht Mitte 40.

„Ja...Hallo? Appel.“

Oh Gott, was war das denn? Eine Stimme, geprägt von 70 Teer-Zigarren täglich meldete sich. Frau Appel hätte sicher eine Top-Synchronstimme für die Geisterbahn oder den Autoscooter auf der Soester Allerheiligenkrimes abgegeben.

„Und noch ´ne Runde...Runde…Runde...Wer hat noch nicht, wer will noch mal?!?“

Und das alles ohne Effekte auf der Stimme. Sehr gern werden Personen mit dem Charisma wie dem einer Frau Appel auch in Sexhotlines („Reife Frauen über 65 besorgen es dir mal so richtig!“)okkupiert. Zu gern möchte man wissen, wie diese Frauen aussehen und was sie tagsüber so machen (Hausfrau, zwei Kinder, die bereits aus dem gröbsten raus sind, Mann geht zur Montage – außer montags, da ist keine Montage).

„Wer isn´ da?“

„Appel.“

Stille. Für drei Sekunden.

„Ja und hier ist Appelhans... Was soll mir das jetzt sagen?“

„Ja, weiß ich doch nich´...Hier ist Appel am Telefon. Jetzt blick ich Überhaupt nicht mehr durch...“

Das war zu viel für beide. Herrmann und sein Kumpel Markus krümmten sich vor Lachen. Das war ihr Hobby: Wildfremde Menschen miteinander, via einer Telefonsoftware verbinden und warten, was da so geschieht.

„Fürcht´ ich auch...Ich blicke auch nicht mehr durch.“ Irritation.

Rettung nahte und auf einmal kam Bewegung ins Spiel. Mit tiefer, ja sogar noch tieferer Stimme als der seiner Gattin meldete sich der Mann von Frau Appel zu Wort. Im Hintergrund hörte man deutlich den Soundtrack zum Leben des Ehepaars in ihrer im Gelsenkirchener Barock eingerichteten 3 Zimmer-Wohnung in der ehemaligen Bergbausiedlung: Eine frühe Episode des in den mittleren Nullerjahren so beliebten „Musikantendampfers“ mit Maxi Arland, dem nur halb so erfolgreichen Florian Silbereisen-Double. Auch eine Produktion des MDR. Später versuchte Arland sein Glück bei Sat.1 mit der Moderation der dritten Staffel des „Schwiegertochter gesucht“-Abklatschs „Schwer verliebt“. Erfolglos.

„Appel.“

Herr Appel sprach seinen Nachnamen dermaßen abgehackt aus, dass das Wort Appel vielmehr einem „Appo“ glich.

„Hi! Sprich ma´ laut und deutlich.“

„Wer is´ da denn?“

„Appelhans.“

„Kenn ich nicht...“

„Ich auch nicht...Ich bin das selber, ich weiß, aber wer ist Appel?“

„Hömma, wenn de´ mich verarschen willst oder watt´...dann...“

Herr Appel verstand es wie kein Zweiter, unnötige Schärfe in Situationen zu bringen. Eine Eigenschaft, die ihm als langjähriger Platzwart von Germania Wickede viel Respekt unter den D- bis F-Junioren einbrachte.

„Ja, wer hat mich denn angerufen?“

„Ich hab dich bestimmt nicht angerufen.“

„Ja, hat doch grad bei mir geklingelt!“

„Höhö, musste gucken wo de klingelst!“

Herrmann konnte sich kaum halten vor Lachen. Willkommen in Absurdistan!

„Es hat bei mir am Telefon geläutet...“

„Ja und..?“

„Ja, dann werdet ihr mich doch wohl angerufen haben, oder nicht?“

„Ich?“

„Ja, wahrscheinlich!“

„Ja best...garantiert nicht!“

Pause. Herr Appelhans kam getreu dem Motto „Der Klügere gibt nach“ zur Besinnung und wollte der Situation etwas Contenance einhauchen.

„Wenn das noch öfter vorkommt, müssen wir zusehen, dass wir die Poststelle benachrichtigen.“

„Ööööh, haste einen über den Durst getrunken oder was is´ mit dir los?“

„Noch gar nix, ich möcht gern einen trinken, aber ich bin leider zuhause.“

„Dann seh (sic!) zu, dass du watt zu saufen krichst und halt die Fresse.“

„Arschloch.“

Schluss. Aus. Das war´s.

Das besondere Stilmittel des unerwarteten Einsatzes des Wortes „Arschloch“ zu Ende eines Gespräches, war etwas, was Herrmann faszinierte.

Dieses Gespräch war eines der Highlights seiner Telefonstreichkarriere. Einfach zwei Menschen – am besten mit ähnlich klingenden Namen miteinander (via Skype oder früher Fritzfon) miteinander verbinden – und los geht der Spaß! Oder wie Frau Appel im Autoscooter sagen würde: Und schon nimmt der Gute-Laune-Dampfer Fahrt auf!

Natürlich war es nicht immer so einfach wie bei Appel und Appelhans, aber doch kamen einige skurrile Situationen dabei raus. Zu gern dachte er daran zurück, wie er und Markus eine ganze Familie miteinander verbunden hatten und sich am Ende alle anschrien... Das gab bestimmt einen ordentlichen Streit unter´m Weihnachtsbaum! *HiHi*

Aber nun ging es um etwas Anderes. Herrmann war am Boden zerstört und auch das Buch seiner Erinnerungen, welches er in Gedanken immer wieder gern aufklappte, konnte ihn nicht aufmuntern, zumindest nicht fortwährend.

Herrmann hatte schon immer ein Faible für spitzbübische Lausbubenstreiche. So wie damals in der Oberstufe, als er bei der jungen Referendarin Frau Schulze den Schwamm zum Säubern der Tafel mit Wurstwasser tränkte. Oder als er mit Markus in der ersten Reihe saß und die Beiden jedes Mal, wenn Frau Schulze etwas an die Tafel schrieb aggressiv Richtung Tafel hauchten. Ihren Atem hatten die zwei Schwerenöter mit Knoblauch-Frikadellen kontaminiert. Frau Schulze war irritiert und fragte in die Klasse: „Hat hier jemand von euch eine Leberwurst unter dem Tisch vergessen?“

Dieses Mal war die Lage aber ungleich weniger komisch.

Herrmann war nämlich mächtig auf die Fresse geflogen.

Weise Worte von Alterspräsidentin Oma Memphis (4):

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„Ich würde auch so gerne Telefonstreiche machen… Leider habe ich kein Telefon. Und keinen Mund!“

(Variante 2, die nur ganz knapp den Kürzeren zog: „Die Familie Appel hat doch einen an der Birne!“)

Probleme beim Arbeitgeber, immer Stress in der Firma.

Es war keine gute allzu Idee gewesen, am Rosenmontag des Nachts um 21:00 Uhr die Eingangstür seines Arbeitgebers „Heizungen Harms“ mit Sekundenkleber zu verdichten. Ein Racheakt an seinem Vorgesetzten, das alte Arschloch.

Naja, eigentlich war es ja auch wirklich die Schuld seines Chefs, Günthard Harms senior, dass es soweit kommen musste. Wieso hatte er Herrmann denn auch nicht ordnungsgemäß frei gegeben? Herrmann hatte den Urlaub schriftlich, also per Brief, vor mindestens einer Woche beantragt. Es war doch sowas von klar, dass Herrmann am nächsten Tage, dem Faschingsdienstag, nicht zur Arbeit kommen kann, wenn am Rosenmontag, so ist´s in Wildeck Brauch, die Flasche Ambrosia herumgereicht wird.

Dass er bei seiner Aktion aber von der Überwachungskamera (die er Ende November aufgrund der zahlreichen Diebstahlvorfälle im Gewerbegebiet Wehlage im Auftrag des alten Harms selbst geordert hatte) gefilmt würde, das konnte er nicht ahnen.

Günthardt Harms senior kam vor vier Jahren, also bereits nach Herrmanns erfolgreich abgeschlossener Ausbildung zum Grafikdesigner, zurück in das Unternehmen, welches er im frühen Spätherbst 1950 gegründet hatte. Das war kurz nach dem Tode seines Sohnes Günthram, der an den Folgen eines Schwächeunfalls viel zu früh das Zeitliche gesegnet hatte. Und so prägte Günthardt Harms senior als einer der frühen Pioniere die Wirtschaftswunderjahre in der Region.

Nachdem Harms senior seinen Betrieb mit über 80 Jahren schweren Herzens an seinen Sohn Günther übergab, erlitt er zwei Schlaganfälle und konnte seitdem kaum mehr sprechen. Er besaß deshalb einen Sprachcomputer, ähnlich wie der amerikanische Astrophysiker Stephen Hawking. Auch mit dem Hören fiel es ihm zunehmend schwer und machte ihm die tägliche Arbeit fast unmöglich. Auf dem linken Ohr hatte er 20 Prozent, auf dem rechten gar nichts mehr, also null. Trotz alledem leitete er mit nunmehr 94 Jahren die Geschicke seines Betriebes. Eine große Verpflichtung, die aber auch durchaus mit Stolz erfüllt war.

Ja, Harms. Das war ein Name im nordöstlichen Rheinland. Ein Traditionsbetrieb sondergleichen, mit echten Fachmännern und Fachfrauen vom Fach. Fachmänner und Fachfrauen vom Fache.

Mehr als 30 der knapp 40 Mitarbeiter der Firma Heizungen Harms hatten einen Migrationshintergrund und sprachen kaum bis überhaupt kein Deutsch. Herrmann hatte mit Multikulti aber kein Problem - wie die Kommunikation mit dem Kunden von Statten ging stand allerdings auf einem anderen Blatt Papier, dazu ggf. später mehr.

Jeden Mittwoch brachte Herrmann 5 Kilogramm, das sind mindestens 10 Pfund, Mett – das vorgewürzte Jägermett von Metzgerei Schwinde, eine alt-thüringische Spezialität, mit zum Arbeitsplatz. Der Mittwoch wurde so zum „Mettwoch“. Auch eines seiner Lieblingswortspiele.

Und mit Mett fabulierte Herrmann nur so vor sich hin... Aus dem Meeting wurde ein Metting, aus der Mitteilung eine Mettteilung (vor allem, wenn ein Mettbrötchen in der Mitte durchgeschnitten wurde) und so weiter und so weiter... Needless to say, dass er in seiner Freizeit fast ausschließlich Metallica hörte...Seine Obsession ging sogar so weit, dass er seinen Sohn, sollte er denn mal Kinder zeugen können, mit seinem Wunschnamen ausstatten würde: Matt-Eagle. Der Begriff Mett ist andernorts auch unter dem Namen Gehacktes, Hackepeter, Schabefleisch oder Schweinemarmelade bekannt.

Herrmann hatte sich diesbezüglich bereits bei der hiesigen unteren Fischereibehörde, dem Stadt-Katasteramt und dem Ministerium für Inneres des Saarlandes erkundigt. Nirgendwo hatte er auch nur einen negativen Bescheid hinsichtlich seines Gesuches erhalten, er erhielt gar keine Antwort. Aber der Optimist im Manne sprach: „Na dann: Freie Bahn mit Marzipan!“

Doch zurück zu den 5 kg Mett. Er blieb leider fast immer auf dem rohen Würzfleisch sitzen, da der Großteil der Mitarbeiter dem muslimischen Glauben angehörte und somit gar kein Schweinefleisch verzehren durfte. Ihre Religion verbot es Ihnen.

Doch Herrmann war besessen von der Ästhetik des rosa-schimmernden Klumpens. Zwar ging seine Faszination nicht so weit wie die Gedankenspiele einiger LKW-Fahrer, die sich aus 2 Kilo Mett und einer Thermoskanne eine eigene Fernfahrerfotze bauten...aber das hatte er auch nur bei Domian gehört. Irgendwann einmal, vor langer, langer Zeit. Und so brachte er Mittwoch für Mittwoch Mett mit zur Arbeit.