Orestes Davias wurde 1964 in Graz geboren, lebt aber seit seiner Kindheit in Griechenland. Als Biologe hat er sich auf die Botanik spezialisiert. In griechischer Sprache erschien sein Buch »Aphrodisiaka: Kräuter, Substanzen, Rezepte des Zauberers Eros«. Für Zeitschriften verfasst er Leitartikel über gesunde Ernährung und veröffentlicht in Zeitungen verborgene Geschichten aus der Pflanzenwelt. Er beschäftigt sich ausführlich mit der Phytotherapie, erforscht den Einfluss von Räucherungen auf Leib und Geist und arbeitet derzeit an einer Studie über den Vegetarismus im alten und im neuen Griechenland.
Seine Emailadresse lautet: kykeon@tellas.gr
Die Nachtschattengewächse, in der pflanzenkundlichen Fachsprache Solanaceae genannt, gehören zu den für die Menschheit nützlichsten Angehörigen des Pflanzenreiches und umfassen um die 2.500 Arten, die sich in ungefähr 90 Gattungen einteilen lassen. Außer den vier besonders wichtigen Pflanzen, die wir in diesem Buch beschrieben haben, gibt es noch viele andere, mehr oder weniger verwandte Arten, über die wir viele, ihren Ernährungswert betreffende Details kennen. Von diesen wollen wir hier kurzgefaßt die bekanntesten und interessantesten vorstellen, sowie auch jene, von denen erwartet wird, dass sie uns in Zukunft wegen ihrer Vorzüge mehr beschäftigen werden.
Die Melonenbirne (Solanum muricatum) ist ein mehrjähriger, aus den Anden stammender, bis ein Meter hoher Strauch. Die Indianer kultivierten sie lange vor der Ankunft der Spanier, die jedoch ihre Nutzung verboten. Sie bringt birnenförmige oder runde, gelbe und mit violetten Streifen gefleckte Früchte hervor, welche ein gelbes, süßes und aromatisches Fruchtfleisch enthalten, das ziemlich stark an die Honigmelone erinnert. Geschält wird es roh verzehrt und eignet sich zur Herstellung von Konfitüre. In noch nicht ganz reifem Zustand wird es wie Gemüse zum Kochen verwendet. Die Melonenbirne wird hauptsächlich in Südamerika, Neuseeland und Kalifornien angebaut, während sie bei den Japanern – meist als Geschenk verpackt – besonders beliebt und teuer ist.
Die Lulo (Solanum quitoense), eine stark verzweigte, bis zu drei Meter hohe Staude, stammt aus dem südamerikanischen Hochland und wird in Ecuador in Höhen von 1.000 bis 2.000 Meter intensiv kultiviert. Die Einheimischen nennen sie wegen der Form ihrer mit spitzen Haaren bedeckten Früchte »Naranjilla« (»kleine Orange«). Diese enthalten sehr viel Saft, der säuerlich und grün ist. Ihr Aroma ähnelt einer Mischung aus Ananas und Tomate. In Südamerika ist dieser Saft wegen seiner erfrischenden Eigenschaften sehr beliebt und wird sogar zur Herstellung von Speiseeis, Kompost und Marmelade verwendet.
Eng verwandt mit der Lulo ist die Cocona (S. topiro) – oder Orinocoapfel genannt. Im Gegensatz zu dieser stammt sie aus dem Flachland des Amazonas und wird selten mehr als einen Meter hoch. Die Früchte sind orangefarbig und behaart, das Fruchtfleisch ist sehr aromatisch und weniger sauer als das der Lulo. In ihren Hauptanbauländern (Kolumbien, Brasilien und Peru) wird ihr Saft getrunken, während die geschälte Frucht zum Kochen und zur Herstellung von Süßwaren genutzt wird.
Zur selben Gattung zählt auch die Litschitomate (S. sisymbriifolium), ein niedriger Strauch aus dem Süden der USA mit süßen, saftigen Früchten von außergewöhnlichem Aroma. Ihr Kirschgeschmack würde ihr sicherlich einen guten Platz im weltweiten Obsthandel sichern, wäre sie nicht von einer stacheligen Haut umgeben.
In Europa ist der einjährige Weltbürger Schwarzer Nachtschatten (S. nigrum) weit verbreitet, deren Blätter und Sprossen wie Gemüse gekocht werden, während die reifen, schwarzen Früchte (unreif toxisch) in der Herstellung von Süßwaren Verwendung finden.
Große wirtschaftliche Bedeutung erlangten in den vergangenen Jahrzehnten die hühnereigroßen, gelbroten oder purpurroten Beerenfrüchte der Baumtomate (Cyphomandra betacea), eines immergrünen, kurzlebigen und kleinwüchsigen Baums, der aus Peru stammt. Heute wird er in vielen subtropischen Ländern angebaut, wobei er besonders in Neuseeland einträgliche Gewinne erzielt. Die Früchte werden vor dem Verzehr wie reifes Obst mit etwas Zucker bestreut, um den leicht säuerlichen Geschmack zu neutralisieren. Sie werden aber auch wie Gemüse gekocht. In jedem Fall wird jedoch zunächst ihre ledrige und bittere Außenhaut auf die gleiche Weise wie bei der Tomate abgelöst.
In der Gattung Lycium finden wir einige in gastronomischer Hinsicht interessante Sträucher, so den chinesischen – (L. chinense), den in Nordamerika beheimateten blassen – (L. pallidum) sowie den gewöhnlichen Bocksdorn (L. barbarum), der im 18. Jahrhundert aus China in Europa eingeführt wurde. Seine kleinen, süßen Früchte werden wie rohes Obst gegessen, Suppen und Braten hinzugefügt oder zur Herstellung von alkoholischen Getränken destilliert. Seine Blätter wiederum sind Bestandteil zahlreicher Heilkräutertees.
Sehr interessant sind ebenfalls einige der ungefähr 100 Arten der Gattung Physalis, wobei dem mehrjährigen, bis zu einem Meter hohen Strauch der Kapstachelbeere (P. peruviana) die größte Bedeutung zukommt. Sie erhielt ihren Namen, als die Portugiesen sie aus ihrem heimatlichen Peru ans Kap der Guten Hoffnung brachten, wo sie verwilderte und sich stark vermehrte. Ihre kugeligen, orangefarbigen Früchte erfreuen sich wegen ihres wohlschmeckenden und süßen Geschmacks weltweiter Beliebtheit. Wenn sie vollreif sind, werden sie sehr direkt aus ihren schützenden Blättern gegessen oder Obstsalaten beigegeben. In der Regel aber werden sie zu Marmeladen und Komposten verarbeitet oder zur Verzierung von Süßspeisen benutzt.
Die mexikanische Tomate oder Tomatillo (P. ixocarpa) wiederum ist ein niedriger Halbstrauch, der schmackhafte Früchte hervorbringt, welche in der mexikanischen Küche schon seit der Zeit der Maya von großer Bedeutung sind. Traditionell wird der Brei der noch nicht ganz reifen, grünen oder rötlichen Früchte zusammen mit Zwiebel, Chili und anderen Zutaten für die Zubereitung der »Salsa verde« und anderer mexikanischer Gerichte verwendet. Bei Vollreife sind besonders die grünen Sorten ziemlich süß und können wie Obst genossen werden.
Obwohl sich sein direkter Gebrauch in der Ernährung nicht anbietet, komme ich nicht umhin, an dieser Stelle den Strauch Ashwagandha (Withania somnifera) wegen seiner großen Bedeutung in der ayurvedischen Medizin anzuführen. Seine Heimat ist Indien, er kommt jedoch heute in fast ganz Afrika und in vielen Regionen des Mittelmeers wild vor. Seine bittere Wurzel wird zu Pulver gemahlen, mit heißer Milch, Ghee, Honig und Gewürzen vermischt und so für die Herstellung eines – wie viele Menschen berichten – überaus wirksamen Tonikums, Verjüngungsmittels und Aphrodisiakums verwendet.
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