LILY RAFF MCCAULOU

RUFE DER WILDNIS

WARUM ICH ZUR JÄGERIN WURDE

Übertragen aus dem Amerikanischen
von Professor John A. McCarthy,
Mitglied der Bayerischen Akademie für Jagd und Natur (BAJN)

KOSMOS

Für Scott. Dies und alles andere.

Und für Nathan. Du wärest ein ausgezeichneter Jagdgefährte gewesen – oder vielleicht ein unerträglicher. Ich wünschte, wir hätten die Zeit gehabt, das herauszufinden.

Vorwort zur
deutschen Ausgabe

Als „Call of the Mild“ im Jahr 2012 erschien, war es für viele Amerikaner und Amerikanerinnen, vor allem jene in Städten und Großstädten, höchst befremdlich, in der Jagd eine ethisch vertretbare und gar mit Empathie betriebene Tätigkeit zu sehen. Wenn ich damals politisch eher linksliberalen Städtern erzählte, ich sei Jägerin, war ich jedes Mal auf eine ablehnende Reaktion und eine Flut missbilligender Fragen gefasst, und diese Fragen kamen: „Warum kannst du dein Fleisch nicht wie ein normaler Mensch im Supermarkt kaufen? Wie kannst du einem unschuldigen Tier Schmerzen bereiten?!“

Seither hat sich einiges verändert. Nun sind die Medien voller Berichte über Jäger als selbstbewusste Naturschützer. Der Begriff „locavore“, ein neues Wort für Verbraucher lokal produzierter Nahrungsmittel, ist zum festen Bestandteil des alltäglichen amerikanischen Wortschatzes geworden. Viele Menschen begreifen allmählich, welchen Schaden die industrielle Viehzucht an unserer Umwelt anrichtet, eine Initiative namens „fleischfreier Montag“ findet immer mehr Anhänger. Die Jagd als nachhaltige Quelle von Fleisch aus Freilandhaltung ist keine abwegige Idee mehr.

Bekenne ich mich heute zur Jagd, reagieren die Leute nun eher mit echter Neugier, ja sogar mit ein wenig Achtung. Sie wollen wissen: „Was machst du mit den Federn, dem Fell? Wie schmeckt denn eine Wildgans? Wie bist du als Erwachsene zur Jagd gekommen?“

Mit den schwierigsten Fragen konfrontieren mich heute meine beiden drei und sechs Jahre alten Söhne. Neulich fragte mich der Dreijährige: „Warum erschießt du Tiere? Ist das nicht böse?“

Diese beiden Fragen waren ja überhaupt der Anlass, das vorliegende Buch zu schreiben, aber als ich meinem Sohn in seine großen, braunen Augen sah, geriet ich ins Stocken. „Na ja“, meinte ich schließlich, „aus der Sicht des Wildes ist der Schuss wohl gemein. Aber die Sache ist eigentlich viel komplizierter.“

Einem Dreijährigen so etwas Komplexes wie Jagdethik und ethisches Jagen zu erklären, ist eine echte Herausforderung. Deshalb bin ich dankbar, dieses Buch geschrieben zu haben. Es mag meinen Söhnen erklären, was mir durch den Kopf ging, als ich den mein Leben verändernden Entschluss pro Jagd fasste. Eines Tages werden meine Kinder das Buch hoffentlich zur Hand nehmen und darin meine Gründe nachlesen. Sollten sie dann mein Interesse teilen, würde es mich freuen, wenn auch sie sich für ein Jägerdasein entschieden.

Damit bin ich bei der für mich persönlich bedeutendsten Entwicklung seit der Publikation der Originalausgabe dieses Buches angelangt: Nicht mehr die Jagd bestimmt nun mein Leben, sondern die Erziehung meiner Kinder. Heute bewegt mich weniger der Wunsch, meine jagdlichen Fähigkeiten zu verbessern, als vielmehr eher die Hoffnung, zwei zukünftige Jäger nach den im Buch aufgezeigten Idealen zu erziehen.

Meine Kinder sollen verantwortungsvolle Waffenbesitzer werden, die stets sorgsam mit Schusswaffen umgehen und sie absolut sicher aufbewahren. Ich wünsche mir, dass sie mit Respekt vor dem Wild und mit hohem ethischem Anspruch jagen. Und dabei immer zum Wohle der Wildpopulationen und im Interesse des Erhalts ihrer Lebensräume handeln. Ich hoffe, dass sie sich zu kompetenten Naturburschen entwickeln und dem harten Leben, mit dem sie in der Wildnis zweifelsohne zu rechnen hätten, ruhig und gelassen entgegentreten. Ich wünsche mir, dass sie das Hochgefühl erfolgreichen Jagens erleben, aber nicht minder auch die kleineren Sinnesfreuden des ja viel häufiger erfolglos verlaufenden Jagens schätzen lernen. Und ich möchte – das versteht sich wohl – sehr gern zusammen mit ihnen auf die Jagd gehen!

Wer glaubt, dieser Wunschzettel sei leicht abzuarbeiten, täuscht sich. Ich kann mir zwar eine solche Zukunft für meine Söhne als Jäger vorstellen, habe aber keinen konkreten Plan, meine Träume wahr werden zu lassen. Einige Bedingungen dafür sind eher leicht zu erfüllen: Wir verbringen viel Zeit zusammen mit Spielen unter freiem Himmel. Wir zelten, angeln und suchen Pilze. Wir suchen und finden die Fährten, Spuren und Losungen des Wildes. Wir pirschen so leise im Wald wie japanische Ninjas.

Andere Aspekte dieser meiner Zukunftsvision für meine Söhne machen mich allerdings beunruhigend unsicher. So weiß ich zum Beispiel nicht, wie ich auf ihre Fantasiespiele mit Schusswaffen, die sie aus Baukastenteilen und Tannenzapfen basteln oder gar aus Toastbrot formen, reagieren soll. Soll ich solche Waffenspiele schlicht verbieten? Soll ich mit den Kindern den sicheren Umgang mit ihren „Schusswaffen“ üben? Letzteres würde ständige Wachsamkeit verlangen, denn auch Müsliriegel können in Pistolen verwandelt werden … Soll ich Grundregeln festlegen wie „Auch wenn ihr ja nur so tut, als ob ihr auf jemanden schießt, müsst ihr denjenigen zuerst um Erlaubnis bitten!“? Soll ich mich einfach heraushalten und Ihre Fantasieschießereien ohne Kommentar ablaufen lassen?

Jede dieser Strategien, das Verhalten meiner Kinder zu steuern, habe ich schon ausprobiert, eigentlich ohne zu wissen, ob das richtig ist. Mir ist aber durchaus bewusst, wie viel auf dem Spiel steht.

Die weitere Zunahme der Waffengewalt in den USA hat mich dazu bewegt, aktiver zu werden und mich persönlich zu engagieren. Die Entscheidung fiel mir nicht leicht, denn als Journalistin ist für mich eine neutrale und objektiv ausgewogene Berichterstattung eine Selbstverständlichkeit. Persönliche Meinungen in den Medien zu publizieren, erscheint mir beinahe unnatürlich. Ähnliches Unbehagen bereitet es mir, an den Sitzungen eines gemeinnützigen Aktivistenvereins als Vorstandsmitglied und nicht als objektive Außenseiterin teilzunehmen – insbesondere dann, wenn es um heiß umstrittene und politisch polarisierende Fragen wie die des Waffenbesitzes geht.

Mit 34 000 Todesfällen hat die Gewalt mit Schusswaffeneinsatz in den USA epidemische Ausmaße angenommen. Auch verantwortungsvolle Waffenbesitzer und Waffenbesitzerinnen wie ich stehen in der Pflicht, ein „Heilmittel“ zur Bekämpfung dieser „Krankheit“ zu finden. Solange Senatoren und Abgeordnete auf höchster politischer Ebene frustrierenderweise nichts zur Eindämmung des Übels unternehmen, müssen einfache Bürger und Bürgerinnen Wege finden, das Leben unserer Mitbürger und -bürgerinnen vor Waffengewalt zu schützen. Schätzungsweise 4,6 Millionen Kinder leben in den USA in Haushalten, in denen Schusswaffen geladen und unverschlossen, also frei zugänglich, aufbewahrt werden. Deshalb bin ich einem gemeinnützigen Verein beigetreten, der kostenlos Gewehrschlösser und Informationsbroschüren über den sicheren Umgang mit Schusswaffen an Waffenbesitzer verteilt. Außerdem bieten wir „Gun-Safety“-Kurse für Kinderärzte und -ärztinnen an, damit sie diejenigen Eltern, die im Besitz von Schusswaffen sind, zum Beispiel besser über deren unfallsicherere Aufbewahrung beraten können. Es gibt aber so viel mehr, was wir tun könnten.

Ich werde nicht aufhören, nach effektiven und praktikablen Lösungen des Problems Waffengewalt zu suchen. Meine neuen Rollen als Mutter und Aktivistin spiele ich manchmal zwar etwas unbeholfen. Und doch scheinen sie mir als Ergänzung zu meinem jagdlichen Tun passend.

Mein Werdegang als Jungjägerin war eine endlose Kette neuer Erfahrungen. Das war das eigentliche Fesselnde an der Sache für mich. Den wirklich besten Weg zum Erfolg zu suchen, werde ich nie aufhören. Es wird immer eine neue Jagdsaison geben, einen Wetterumschwung, ein anderes Federwild, das am Himmel vorüberstreicht. Jeder neue Moment verlangt ein Sich-darauf-Einstellen, eine andere Strategie. Sechs Jahre nach Erscheinen der amerikanischen Originalausgabe scheine ich immer noch am Anfang zu stehen.

Prolog

Während ich ein Auge zukneife und mit dem anderen über die Laufschiene meiner Flinte und das rote Plastikkorn an deren Ende einen fernen Punkt anvisiere, stelle ich mir vor, was es wohl für ein Gefühl sein wird, den Abzug wirklich zu drücken, wenn plötzlich ein Vogel auffliegt. Das frage ich mich zwar nicht zum ersten Mal, zum ersten Mal aber besteht eine realistische Chance, dass es wirklich geschieht.

Die Schaumstoffstöpsel, die ich mir in die Ohren gequetscht habe, dämpfen alle Umgebungsgeräusche auf ein schwaches Raunen wie Blätterrascheln herunter. Das einzige, was ich wirklich höre, ist mein Herz. Jeder seiner Schläge lässt meinen Körper vibrieren, als ob ich auf einem Rockkonzert zu nahe vor den Basslautsprechern stünde.

Etwa drei Meter zu meiner Linken steht Tessa, eine weiß-braune Jagdhündin, bewegungslos wie festgefroren. Kurz zuvor hat sie mit gesenkter Nase und immer schneller wedelnder Stummelrute einen Fasan aufgespürt und ist dann abrupt stehen geblieben. Die Rute bewegungslos und waagerecht haltend, steht sie jetzt da. Ihr Herr erklärt mir, dies sei eine instinktive Reaktion, wenn sich die Blicke von Jagdhund und Vogel träfen. Auge in Auge seien beide wie gefesselt, bis einer handele: ein Pokerspiel mit ausgesprochen gefährlichem Ausgang – zumindest für den Fasan. Gerry, der Hundeführer, nähert sich Tessa leise und vorsichtig von hinten.

Ich taste mit verschwitztem Daumen nach der geriffelten Sicherung meiner Schrotflinte und drücke den kleinen Schieber schließlich mit einem Ruck nach vorn. Die Waffe ist jetzt entsichert und „gefährlich“. Das pochende Rockkonzert in meiner Brust steigert sich zu rasendem Techno.

„Seid ihr schussbereit?“, fragt Gerry mit ausdrucksloser Stimme.

„Ja“, antwortet Nancy, ein anderer Neuling unter den anwesenden Jägerinnen. Sie steht ein paar Meter jenseits von Tessa, wartet wie ich auf die Chance, den totgeweihten Vogel zu erlegen, ist aber mit Waffen groß geworden und hat das Schießen vom Vater und von ihren Brüdern gelernt. Ihr Mann geht jeden Herbst auf die Federwildjagd, und nun, da ihre Kinder aus dem Hause sind, möchte sie mitgehen. Verständlich also, dass Nancy auch hier ist. Und ganz sicher ist sie schussbereit.

Aber ich nicht. Mein Vater war nie mit mir auf einem Schießstand. Der lud mich allenfalls in die Eisdiele ein, zu „Lickety Split“, oder wir fuhren mit der U-Bahn nach Washington D. C. ins Museum. Mein Mann ist auch kein Jäger, und ich habe erst vor etwa einem Jahr die Entscheidung getroffen, das Jagen zu probieren.

Und so stehe ich nun hier im sumpfigen Gelände eines staatlichen Reservats im Süden Oregons, habe das Gewehr auf den Himmel angelegt und warte auf die ersehnte Beute. Ich bin eine von zwanzig Frauen, die an diesem nebligen Septembersamstag auf Fasanenjagd hinausgezogen sind. Jede von uns hat zwei Zwanzigdollarscheine für das „Privileg“ hingelegt, mit professionellen Jagdführern und deren gut abgerichteten Jagdhunden in nassen Feldern herumlatschen zu dürfen. Gezüchtet in umzäunten Volieren, sind die Vögel vor einer Woche für die Jagd ins Freie entlassen worden. Nicht für uns, sondern für eine ähnliche Jagdveranstaltung mit Kindern. Wir sollen die Vögel erlegen, die den Kindern entkommen sind. Einige Jahre später werde ich auf diesen Ausflug zurückblicken, etwas beschämt wegen der Künstlichkeit der Veranstaltung. Sie erinnert mich an die Mittelalterfeste, die ich als Kind besuchte, und auf denen mir damals schon auffiel, dass die historisch gekleideten Darstellerinnen Nike-Sportschuhe und Unterröcke aus Polyester unter den langen Gewändern trugen. Später werde ich wirkliche Wildtiere bejagen und keine bedauerlichen Wesen, die von Menschen einzig und allein dafür gezüchtet wurden, für angehende Jäger und Jägerinnen ausgesetzt zu werden. Wenn ich vor einem erlegten Wapiti knie und ihn ausnehme, eingetaucht bis zu den Schultern in sein Blut, wenn ich das verwertbare Fleisch für den Transport aus dem Wald schleppe, werde ich erfahren, was ursprüngliches Jagen bedeutet. Vorläufig jedoch, hier zum ersten Mal mit geladener Schrotflinte durch hohes Gras latschend, komme ich mir toll und wagemutig vor.

Anstatt mich auszuruhen, habe ich am Vorabend des Jagdausflugs vor meinem inneren Auge eine Liste von allem erstellt, was am nächsten Tag wohl schiefgehen könnte. Gegen drei Uhr morgens stellte ich endlich zufrieden fest, dass ich alle bösen Pannen restlos erfasst hatte. Dann ordnete ich sie in absteigender Tragik-Reihenfolge:

  1. Der eigene Tod. Versehentlich erschossen von einer Mitjägerin aus der Gruppe, von einem Jäger mit einer Kugelbüchse aus Hunderten Metern Entfernung oder – eine echte Ironie des Schicksals – als Folge des eigenen grob fahrlässigen Fingers am Abzug.
  2. Der von mir verursachte Tod einer Mitjagenden. Dann müsste ich bis ins hohe Alter mit einem unerträglich lähmenden Schuldgefühl kämpfen und viele unangenehme Auseinandersetzungen mit der Familie der Verunglückten und nicht zuletzt der eigenen Familie führen. Nach reiflicher Überlegung sollte ich diesen Punkt an die erste Stelle setzen.
  3. Verletzungen und vielleicht Verstümmelungen aller Art, verursacht durch meine Inkompetenz.
  4. Weniger gravierendes, aber sehr peinliches Missgeschick. Vielleicht wird mir im entscheidenden Moment der Mut fehlen, den Schuss wirklich abzugeben, sodass sich die anderen Jägerinnen fragen, was denn wohl mit mir los ist.

Als ich um acht Uhr morgens den verabredeten Treffpunkt, ein Betongebäude, erreichte, fiel mir gleich auf, dass auf den Ladeflächen der schon eingetroffenen vier bis fünf Pickups getarnte Käfige standen. Aus den Käfigen schallte mir ein Hundebellen und -winseln entgegen.

„Mist“, murmelte ich. In meiner Auflistung von Missgeschicken habe ich gar nicht an die Hunde gedacht! Die flitzen ja ganz nahe ran an das Geflügel und damit direkt in meine Schusslinie, sodass ich sie viel leichter versehentlich treffen kann als einen Menschen!

Doch bis jetzt, als ich mit geladener, entsicherter Waffe nervös und angespannt darauf warte, dass jeden Moment ein Fasan in meiner unmittelbaren Nähe aufflattert, ist es mir immerhin fünf Stunden lang gelungen, all die genannten katastrophalen Szenarien zu vermeiden! An jene Angstliste, die mich in den frühen Morgenstunden total beschäftigt hat, denke ich kaum noch. Nur der letzte Eintrag – die altmodische Sorge von Beschämung – nagt weiter: Je länger der Tag ereignislos bleibt, desto wahrscheinlicher wird es, dass ich mit leeren Händen nach Hause zurückkehren muss. Unerwartet verwandelt sich diese ursprünglich harmlose Vorstellung allmählich in ein Schlimmstfallszenario. Alle Freunde und Freundinnen, denen ich von meinem heutigen Ausflug erzählt habe, erscheinen vor meinem geistigen Auge. Mit zusammengebissenen Zähnen trainiere ich im Stillen die Antwort: „Nein, nichts. Gar keinen erwischt. Aber danke für die freundliche Nachfrage.“

Zwei der vier Frauen in meiner Gruppe, Lori und Debra, haben schon einen Vogel erlegt. Sie sprechen bereits die stolze, besitzergreifende Sprache echter Jägerinnen und reden, als ob ihnen allein der Kauf eines Jagdscheins das Recht auf ein bestimmtes Wild als Beute gäbe. „Ich habe meinen Fasan!“ Selbstsicher und glücklich quasseln sie aufgeregt darüber, wie Ehemänner und Kinder reagieren werden, wenn sie mit dem Vogel in der Kühlbox siegreich zu Hause ankommen.

Ich dagegen habe keinen Fasan. Ich habe es satt, mit nassen Socken und Stiefeln auf unebenen Boden herumzulatschen; satt, das Gewehr zu schleppen, das sich nun doppelt so schwer anfühlt wie am Morgen; satt, am Rande meiner Kräfte zu sein und doch ständig wachsam sein zu müssen, um den plötzlich in die Höhe schnellenden Fasan nicht zu verpassen. Ich habe es satt, Tessas Rute stets im Auge zu behalten und auf deren Wedeln als Signal eines Vogels in der Nähe zu warten. Ich habe es satt, darauf zu achten, wohin die Laufmündung meiner Flinte gerichtet ist, und immer wieder zu schauen, wo denn Partnerin Nancy gerade steckt. Langsam graut mir vor der zweieinhalbstündigen Autofahrt zurück zu meinem Mann, der mein aufkeimendes Interesse an der Jagd nicht recht begreift. Und ich kehre ohne Federtrophäe heim! Wie sinnlos.

„Wenn ich Tessa loslasse, geschieht alles in Windeseile“, flüstert uns Gerry zu. Er steht einige Schritte hinter seinem Hund und lässt noch einen Augenblick verstreichen, ehe er erneut fragt: „Seid ihr wirklich schussbereit?“

„Uh huh“, antwortet Nancy. Sie wird ungeduldig.

„Bist du auch bereit?“, fragt Gerry nun in meine Richtung.

Der lange Lauf meiner Flinte liegt schwer in meiner linken Hand. Der ausgestreckte Arm zittert vor Anspannung. „Ja, ja“, antworte ich. „Ich bin bereit.“ Eigentlich bin so überbereit, dass ich es kaum glauben kann. Das Vieh will ich einfach abknallen!

Gerry macht einen großen Schritt auf Tessa zu, die sofort auf den Vogel losspringt. Ein Kreischen und Flattern und Schlagen tönt aus dem hohen Gras. Hat Tessa den Fasan gegriffen? Doch dann ist der dunkle Vogel mit dem langen, fast gezackten Schwanz zu sehen. Die rechte Hand krampft sich um den Griff des Gewehrs, der rechte Finger krümmt sich am Abzug.

Peng.

KAPITEL 1
Westwärts

Er fiele wohl schwer, jemanden zu finden, der sich weniger zur Jägerin eignet als ich. Ich bin eine Frau und mit einem Mann verheiratet, der nichts mit der Jagd zu tun hat. Ich bin in einer Großstadt aufgewachsen und habe Todesangst vor Waffen. Ich liebe alle Tiere, habe mein Studium sogar mit der Absicht begonnen, Tiermedizin zu studieren.

In meinem 26. Lebensjahr traf ich dennoch die verblüffende Entscheidung, mir ein Gewehr anzuschaffen und den Jagdschein zu machen. Die Entscheidung dazu war keine einfache Sache, wenngleich der eigentliche Auslöser sehr einfach war. Wir alle – Jäger und Nicht-Jäger, Frauen und Männer, Stadtbewohner und Hinterwäldler – haben eines gemeinsam: die Mahlzeit. Nein, ich meine nicht das Grünzeug und die Getreidesorten als Beilagen, sondern das beherrschende Stück Fleisch mitten auf dem Teller!

Doch ja, meine Entscheidung für die Jagd hatte auch einen tieferen persönlichen Beweggrund. Die Jagd bot sich als eine Chance, meinen Beziehungen zur Tierwelt auf den Grund zu gehen – zum Hund, dem ich Weihnachtsgeschenke kaufe, den Küchenmäusen, die ich gelegentlich fange, den Wölfen, die ich aus der Ferne bewundere, denen ich jedoch nie begegnet bin. Die Jagdausbildung zwang mich zum kritischen Nachdenken darüber, was es eigentlich heißt, Umweltschützerin zu sein.

In knapp drei Jahren haben die Jagderlebnisse mein früheres Selbst vollständig verändert. Dort will ich beginnen, kurz vor meinem 24. Geburtstag, als mir kaum etwas auf dieser Welt ferner lag als die Jagd.

Mit einer Freundin teile ich ein kleines, beengtes Apartment in Manhattan. Halbtags arbeite ich als Assistentin eines Filmdirektors und Drehbuchautors und bin zusätzlich freiberuflich als Produktionsassistentin für eine Reihe von Film- und Fernsehprojekten tätig. Fast die Hälfte meiner Freunde und Freundinnen an Wesleyan University sind nach ihrem Studienabschluss nach New York gezogen, sodass ich viele lustige und künstlerisch begabte Menschen in der ganzen Stadt kenne. Abends ziehe ich mich fein an, um ihre Theatervorstellungen und Kunstausstellungen zu besuchen. Tagsüber gehe auf Tuchfühlung mit Independent-Filmstars.

Dennoch werde ich seit einigen Monaten das Gefühl nicht los, dass mein New Yorker Dasein nur eine große, glitzernde Ablenkung ist: Flitterwerk. Fast 80 Stunden pro Woche helfe ich anderen, ihre Visionen für Film und Fernsehen umzusetzen, aber die Zeit für mein eigenes Drehbuch, das ich vor zwei Jahren begonnen habe, fehlt mir völlig. So tagträume ich immer öfter von einer neuen Tätigkeit als Journalistin. Diese Idee der beruflichen Veränderung ist eigentlich nicht ganz abwegig: An der Universität war ich bei der Studentenzeitung tätig, brachte es sogar zu deren Chefredakteurin und absolvierte gar ein Sommerpraktikum bei der Hartford Courant, der Lokalzeitung von Hartford, Connecticut.

Mir ist schon klar, dass das Leben einer Journalistin nicht übertrieben glanzvoll sein wird, aber ich hätte immerhin mit ungewöhnlichen Geschichten zu tun und würde jeden Tag mein Geld mit dem verdienen, was ich so gerne tue, dem Schreiben.

So kommt es, dass ich im Jahr 2003 nach Weihnachten meinen Laptop zur Hand nehme, um die Webseite mit den Stellenangeboten für Journalisten aufzurufen, die mir aus der Studienzeit bekannt ist – als ich von einer Karriere als der nächsten Lois Lane träumte, der schreibenden Partnerin und späteren Ehefrau von Superman. Ich suche nach Stellen für angestellte Journalisten in New York. Über 40 Stellenangebote springen mir sofort ins Auge, aber jedes von ihnen verlangt viel mehr Erfahrung, als ich mit meinem dünnen Lebenslauf selbst auf cleverste Weise vortäuschen könnte. Aus Spaß lasse ich das Suchprogramm noch einmal ablaufen. Diesmal gebe ich die Bundesstaaten im Nordwesten ein, dir mir während einer früheren Autoreise aufgefallen sind: Oregon, Washington, Idaho und Montana.

Voilà: Feuilletonist in Idaho Falls, Idaho, Sportredakteur in Columbia Falls, Montana, Nachrichtenreporterin in Bend, Oregon. Insgesamt elf Jobangebote. Während ich die Stellenbeschreibungen lese, bekomme ich aus Vorfreude Gänsehaut auf den Armen. Jeder Job ist bei einem bescheidenen Lokalblatt in einer gleichfalls bescheidenen Kleinstadt. Mit anderen Worten vielversprechend für jemanden ohne wirkliche Berufserfahrung und einem bescheidenen Lebenslauf wie mich. Was habe ich außer ein paar unbedeutenden, aus der Courant herausgeschnittenen Artikeln denn schon vorzuweisen?

Der Arbeitsort ist mir völlig egal. Die Idee, noch einmal ein neues Leben in einem ungewohnten Milieu neu anzufangen, gefällt mir immer mehr. Ich strecke mich auf dem Boden aus und denke über einen griffigen Anfang für einen allgemeingültigen Bewerbungsdeckbrief nach:

Sehr geehrte(r)                     ,

lassen Sie sich von oben genannter Adresse bitte nicht verwirren. Ich bin keineswegs eine gelangweilte Großstadtpflanze, die nur auf Abenteuer im Westen aus ist.

Bei näherem Hinsehen ist es aber genau so! Als der Morgen langsam graut, gebe ich dem Anschreiben den letzten Schliff. Dann stelle ich wie üblich eine detaillierte geistige Liste aus Gründen auf, warum ein Umzug in das ländliche Gebiet eines fernen Bundesstaates im Westen nicht nur eine aufregende, sondern zugleich eine kluge Idee ist. Wenn ich neue Ufer betrete und ganz allein auf mich gestellt bin, wird das eine großartige Selbsterfahrung sein. Die Idee eines Lebens im ländlichen Westen gefiel mir seit eh und je. Nun bietet sich eine handfeste Chance. Es hört sich ja eigentlich wie ein Filmabenteuer an: Unternehmungslustige Großstadtpflanze verwandelt sich in einen hinterwäldlerischen Schmierfinken! Zwei Paar Cowboystiefel stehen bereits im Schuhregal. Ein paar Jahre bei einer Lokalzeitung werden genug Erfahrung bringen, um wettbewerbsfähig für eine bessere Journalistenstellung in New York zu sein.

Am darauffolgenden Tag sende ich mit der Post elf Bewerbungsbriefe ab.

Sieben Wochen später – es ist der 14. Februar, Valentinstag – hilft mir meine gute Freundin Larrison, mein Hab und Gut in einen gemieteten Kleinlaster zu packen, und wir brechen gegen Westen nach Bend, Oregon, auf. Bei der dortigen Lokalzeitung The Bulletin habe ich eine Stelle als Journalistin bekommen. Die großzügige Larrison – sie arbeitet in der Textabteilung der Soap-Opera „As the World Turns“ – hat sich ein paar Tage freigenommen, um mich nach Bend zu begleiten, von wo aus sie nach New York zurückfliegen wird. Irgendwo in Wyoming treibt der Wind einen echten Steppenläufer über die Autobahn I-80. Wir kreischen vor Freude. Der Anblick des ausgetrockneten Strauches lässt uns wie in einem Film vorkommen. Aber das hier ist echtes Leben. In der Wildnis.

Kurz nach der Grenze zu Idaho halten wir an einer gottverlassenen Tankstelle in einer bäuerlichen Kleinstadt in Oregon an. Während ich Benzin einfülle, geht Larrison im Tankstellenladen auf die Suche nach Erfrischungsgetränken.

„Was machst du da!“, ruft ein junger, stämmiger Kerl mit Baseballkappe entsetzt und eilt auf mich zu.

Ich schaue nach unten, um mich zu vergewissern, dass das Benzin nicht überläuft. „Uhhh … ich tanke.“

„So geht das nicht“, tönt es mir entgegen, „in Oregon ist nur ‚Full Service‘ möglich.“

Mir wird bang ums Herz. Was? Hier darf man nicht selber tanken?! Habe ich alles hinter mir gelassen – Arbeitsstelle, Freundeskreis, gewohnte Umgebung – und dann vier Tage Stressfahrt ohne Pause auf mich genommen, nur um das New Jersey des Westens zu erreichen?! Plötzlich wird mir klar, wie wenig ich über meine neue Heimat eigentlich weiß. Hmmm. Wie lästig wird es wohl sein, in wenigen Monaten nach New York zurückzuziehen, wenn sich mein neues Leben als Desaster entpuppt? Verdammt. Da müsste ich ein neues Apartment in einer Großstadt suchen, die wegen ihres Mangels an erschwinglichem Wohnraum berüchtigt ist. Hinzu käme die peinliche Notwendigkeit, Familienmitgliedern, Freunden und Freundinnen gegenüber bekennen zu müssen, dass mein glorreiches Abenteuer im Westen ein Fehlschlag war.

„Du bist ja nicht von hier, oder?“, fragt der junge Bursche dann.

„Nein, ich komme aus New York City.“

„New York City!“ Die Worte zieht er in die Länge wie ein Kaugummi.

„Ich ziehe nach Bend um.“

Er nickt, als ob das logisch und selbstverständlich wäre. Mir ist schon zu Ohren gekommen, dass Bends Bevölkerung stark zunimmt, aber jetzt aufersteht vor meinem geistigen Auge das Bild einer endlosen Kolonne von Umzugswagen auf dem Wege von New York nach Bend.

Gegen 20 Uhr erreichen wir das vorgebuchte Hotelzimmer in Bend. Die Verkehrsampeln sind bereits auf Warnblinken umgeschaltet. Am nächsten Morgen suche ich als Erstes die Zeitungsinserate für Mietwohnungen ab und finde eine kleine Zwei-Zimmer-Wohnung in einer ehemaligen Privatpension in der Innenstadt. Sofort mache ich mich auf den Weg.

Das Apartment hat einen glänzenden Holzboden, einen zierlichen Durchgangsbogen hin zur Küche, eingebaute Kleiderschränke im Schlafgemach und ein eigenes Bad. Aber das Schönste von allem ist: Ich habe die Wohnung ganz für mich! Und die Monatsmiete beträgt nur 495 US-Dollar – das sind 300 Dollar weniger als mein Mietanteil für das winzige Apartment in Harlem! Larrison hilft mir, Bett, Kleidung und Futon einzuschleppen. Mit Auspacken und Einsortieren verbringen wir die nächsten Tage, unterbrochen durch gelegentliches Schlendern durch das Städtchen, Leute-Beobachten und Herumstöbern in Gebrauchtwarenläden.

In einem Sandwich-Laden stellen wir uns an. Vor uns ein Paar um die 30 herum. Sie sind ganz in Elastan gekleidet. Ich bin von den vielen Firmenlogos darauf fasziniert. Stramme Waden und Oberschenkel zeichnen sich ab. Ich schaue mich kurz im Laden um: Ja, tatsächlich, alle sehen so athletisch aus: schlank, muskulös fit und so gar nicht wie eine magere New Yorker Raucherin.

„So viele gut aussehende Menschen auf einem Haufen habe ich noch nie gesehen“, flüstert mir Larrison leise zu.

„Ich weiß“, erwidere ich. „Sie sind alle so fit.“

„Du Glückpilz, du!“, entgegnet Larrison mit einem verschmitzten Augenzwinkern.

„Meinst du? Ich komme mir eher fehl am Platz vor.“

Am Abend vor Larrisons Rückkehr nach New York schlürfen wir Manhattan-Cocktails inmitten von Pappkartons, die uns als Ablagen dienen – in nostalgischer Erinnerung an meine verlassene Heimat.

Am nächsten Morgen umarme ich Larrison am Flughafen ein letztes Mal. Mir ist klar, dass eine gewisse Trauer und Nervosität wegen der Trennung von ihr nicht von ungefähr kommt, denn nun werde ich allein sein in diesem Städtchen, in dem ich keine Menschseele kenne und 3 000 Meilen von guten Freunden und meiner Familie entfernt bin. Doch gleichzeitig ist da noch ein anderes überraschendes Gefühl: Ich bin zu aufgeregt, um wirklich betrübt zu sein. Und warte fast ungeduldig darauf, den Alleingang ohne Hilfe zu probieren. Larrisons Anwesenheit hier in Bend war für mich so etwas wie die Stützräder am Kinderfahrrad.

In der Woche nach Larrisons Abflug melde ich mich bei der Zeitung, um die neue Arbeit anzugehen. Beim Vorstellungsgespräch vor einem Monat wurde mir gesagt, The Bulletin habe nur etwa 30 000 Abonnenten. Aber es ist das einzige Tagesblatt in der Region und hat ganz im Westen der Stadt ein eigenes Bürogebäude, das eher an eine moderne Skihütte erinnert als an ein Redaktionsgebäude. Die Ausmaße des Gebäudes lassen auf ein hohes Niveau schließen: Die Fester der beeindruckenden Eingangshalle erstrecken sich über zwei Stockwerke, die Stützmauern sind aus Naturstein und die gewölbte Decke ist mit gebeiztem Holz verziert.

Etwa 65 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Nachrichtenabteilung sind nicht etwa Eingesessene, die zufällig in das Journalistengeschäft gestolpert sind, weil es hier Arbeit gab. Sie sind vielmehr Großstadtmenschen wie ich und – anders als ich – echte, ausgebildete Zeitungsmenschen, die nach Bend kamen, um weiter Karriere zu machen. Viele Redakteure sind von größeren Zeitungen hierher gewechselt: von der The Detroit Free Press, vom Minneapolis Star Tribune oder von der St. Petersburg Times. Die Reporter stammen aus Denver, San Francisco und San Diego. Zwei von ihnen sind in der gleichen Ecke in Maryland groß geworden, aus der ich stamme.

Mein Arbeitsgebiet ist eine ländliche Region im Osten von Bend. Den ersten Tag verbringe ich damit, die Gegend vom Fahrersitz meines gebrauchten Ford Ranger Pickups aus zu erkunden. Das Auto habe ich am Tag zuvor in einem Inserat gefunden und gleich gekauft.

Bend liegt fast im geografischen Zentrum des Bundesstaates Oregon. Östlich der Stadt erstreckt sich ein Sagebrush-Wüsten-Plateau. Im Westen der Stadt zieht sich ein Kiefernwald das vulkanische Kaskadengebirge hinauf. Anders als die schroffen, zerklüfteten Granitwände der Rocky Mountains, die über den Horizont hinausreichen, steigen die Berge der Kaskaden getrennt voneinander sanft an. Sie sehen aus wie weiß gekrönte Sandburgen. Wie eine Art Festung fangen sie die Wolken auf, die der Ostwind vom Pazifik herübertreibt, und bescheren den Städten Eugene und Portland im Westen des Gebirges viel Regen, während Bend 300 Sonnentage im Jahr zu verzeichnen hat.

Jetzt im Februar, da in Zentraloregon tiefster Winter herrscht, wirkt die Landschaft trotz des Sonnenscheins jedoch grau und trist. Ich fahre an knorrigen Bäumen, kümmerlichen Gebüsch und hohen, von der Kälte ausgetrockneten und vergilbten Grasbüscheln vorbei. Eine kahle, rötliche Erde scheint zwischen ihnen durch. Hier ist das Klima anders, als ich es aus meinem bisherigen Leben kenne, längst nicht so feucht. Kein üppiger Unterwuchs überzieht den Boden und an schattigen Stellen halten sich noch ein paar Schneereste. Die Wacholder und Kiefern sehen staubig aus mit ihren kargen Nadeln und eher grau als grün.

Ich lenke meinen Pickup auf Bundesstraße 97. Sobald ich südlich der Stadtgrenze bin, hören die Straßenschilder und jedes andere Zeichen von Zivilisation abrupt auf. Das bin ich von der Ostküste her gar nicht gewohnt. Dort läuft die eine Stadt langsam aus, während die nächste schon Gestalt annimmt, die Übergänge sind fließend. Hier: Stadtende. Dort: öde Landschaft.

Mein Weg führt steil hinunter von einer Erhebung namens Lava Butte1. Vor 7000 Jahren brach hier ein Vulkan aus und bedeckte neun Quadratmeilen mit schwarzem, porösem Gestein. Auf dieser öden und kahlen Lavadecke trainierten NASA-Astronauten für die Mondlandung2. Weiter in südliche Richtung steigt die Straße lange an: Schnee bedeckt den Boden.

Ich fahre eine kurvenreiche Strecke ohne Straßenmarkierungen auf einen winzigen Regionalflughafen zu, als ich plötzlich mitten auf der Straße vor mir eine haarige, graue und hundeähnliche Gestalt liegen sehe. Das Tier liegt zwar, schaut aber aufmerksam mit erhobenem Kopf und gespitzten Ohren in meine Richtung. Ich bremse, lehne mich vorwärts über das Lenkrad gegen die Windschutzscheibe, um genauer sehen zu können. Hm, zu groß für einen Fuchs. Vielleicht ein Wolf? Bei dieser erstaunlichen Möglichkeit hole ich erst einmal tief Luft. Als mein Ranger langsam vorwärtsrollt, steht das Tier auf und trottet gemächlich von der Straße, den Schwanz waagerecht gestreckt. Als ich vorbeifahre, starrt es mich aus blassen, aber doch ausdrucksvollen Augen an. Im Rückspiegel beobachte ich, wie sich das Tier erneut auf seinen Sonnenplatz auf dem Asphalt fallen lässt.

Zurück in der Redaktion, laufe ich sofort zur Reporterkollegin im Umweltressort und erzähle ihr von meiner Begegnung.

„Ein Wolf?!“ Sie lacht. „Das bezweifle ich. Wölfe gibt es zwar in Idaho, aber so weit nach Westen, bis zu uns nach Oregon, sind sie noch nicht vorgedrungen. Höchstwahrscheinlich bist du einem Kojoten begegnet.“

Aha. Ein Präriewolf, kein Wolf. Na ja, macht nichts. Ich staune dennoch. Ein Kojote ist immerhin ein wildes Tier, erheblich faszinierender als Wüstensalbei. Kein Zweifel, mein Wildwestabenteuer hat offiziell begonnen!

Mein jetziges Leben ist weit entfernt vom New Yorker Dasein. Hier gibt es kaum nennenswerte Galerieeröffnungen und keine Theaterdebüts. Jeden Morgen muss ich darauf achten, mich lässiger anzuziehen, als ich es gewohnt bin, damit ich unter den Kolleginnen nicht zu stark auffalle. Die Kieswege und Parkplätze ruinieren meine Stöckelschuhe sowieso.

Meine Kollegen und Kolleginnen laden mich zu Partys ein, auf denen ich der typischen, fast schon offiziellen Begrüßung in Bend schnell überdrüssig werde: „Wo bist du heute skigefahren?“ An diesem Sport habe ich mich zwar ein paar Mal versucht, als Skifahrerin betrachte ich mich aber nicht.

Wenn immer mir diese Frage gestellt wird, antworte ich schlicht: „Ich fahre nicht Ski.“ Das führt regelmäßig zu einer fast schon unangenehmen Reaktion, denn die fragende Person ist so sprachlos, dass sie sich sofort mit der gleichen Frage an jemanden anderen wendet. Jemanden, der – ja, wie soll ich’s sagen? – mehr „Bend“ ist. Ich bekomme mit, wie andere, sportlichere Partygänger von ihren Bergeroberungen berichten, und ich bin erstaunt, wie leicht es ihnen fällt, die Standardfrage begeistert und überaus ausführlich zu beantworten. In der Gegend gibt es zwei offizielle Skigebiete: Hoodoo und Mount Bachelor. Langlaufen auf Waldwegen ist auch beliebt. Die Skifahrer fahren am Wochenende überall im Westen herum, um verschiedene Pisten und Loipen auszuprobieren. Skitouren machen sie auch, das heißt, sie klettern einen Berghang hoch und fahren auf Skiern wieder hinab.

Wenn eine „Bendite“ verkündet, wo sie heute zum Skifahren gewesen ist, nennt sie nicht einfach nur den Ort. Wie der Wortschatz der Inuit angeblich an die 100 Bezeichnungen für Schnee kennt, haben auch die „ski bums“ und „snowboard dudes“3 in Bend unzählige Bezeichnungen für Schnee: Neuschnee, Wildschnee, Pulverschnee, Altschnee, Pappschnee, Sulz, Nassschnee, Filzschnee, Faulschnee, Windharsch, Harsch, Bruchharsch, Griesel, Eislamellen-Schnee, Firn, Firnspiegel, Gletschereisschnee …

Natürlich sind nicht alle Einwohner in meinem Alter. Junge Familien ziehen nach Bend und auch Senioren. Die meisten kommen aus Kalifornien4; sie entfliehen den lähmenden Verkehrsstaus in Los Angeles oder den immer weiter steigenden und immer unbezahlbareren Mieten San Franciscos. Überwiegend kommen die Zugereisten wegen der Outdoor-Sportmöglichkeiten: Skilaufen, Golfen, Mountainbiking. Oder sie freuen sich einfach über die vielen Sonnentage, an denen sie den Fluss entlangwandern und die herrliche Bergaussicht genießen können. Da das Baugeschäft floriert, kommen auch Bauarbeiter in größeren Zahlen. Ich selber gehöre einer Minderheit an, nicht weil ich von der Ostküste stamme, sondern wegen des Anlasses für meinen Umzug nach Bend: einem Stellenangebot, dazu noch in einem Büro. Im Gegensatz zu den Sportfanatikern weiß ich gar nicht, was ich mit meiner Freizeit anfangen soll.

Nach Freundschaften sehne ich mich, nach Freunden, mit denen ich Bücher besprechen kann; nach Faulenzern, die kein Problem damit haben, erst gegen 14 Uhr zu brunchen. Nach Freunden, die sich am Ende einer langen Arbeitswoche mit einem Film und einer Flasche Wein begnügen und auf eine gewaltige Fahrradtour von 60 Meilen guten Gewissens verzichten können. Nach Freunden mit lauten, politischen Meinungen!

Verzweifelt auf der Suche nach einem weniger athletischen Natursport, melde ich mich für einen Keramikkurs am Dienstagabend an der nahegelegenen Volkshochschule an. Der Gedanke an Jagdausflüge ist mir fern, und doch bedeutet das Einschreiben an dem Community College auf überraschende Weise einen bedeutenden Schritt – wenn auch um einige Ecken – in Richtung Jagd.

Am Morgen nach meinem 24. Geburtstag, einem Freitag, kehre ich auf dem Weg zur Arbeit kurz in einem Kaffeeladen ein. In Bend kann man keine zwei Straßen fahren, ohne auf einen Coffeeshop zu stoßen. An einer Kreuzung gibt es gar je einen solchen Shop an drei der vier Straßenecken. Normalerweise trinke ich das Zeug nicht, aber am Vorabend habe ich zu viele süße Getränke mit einigen Kolleginnen und Kollegen genossen, sodass ich etwas benommen bin. Außerdem denke ich mir, ach was, du willst dich den hiesigen Gewohnheiten sowieso anpassen. Während ich an der Kasse den Kaffee zahle, höre ich jemanden meinen Namen rufen.

„Lily! Hi!“

Eine hochgewachsene, sportliche, ältere Frau um die 60 herum winkt mir zu und nähert sich vom anderen Ende des Ladens. Ich kenne sie flüchtig vom Töpfereikurs, aber mir fällt ihr Name nicht ein. Ich staune, dass sie sich an meinen erinnert.

„Hallo, wie geht’s dir?“, grüße ich zurück, während ich mein Gedächtnis nach ihrem Namen durchforsche. Barb? Nein, die trägt die Haare länger. Ann vielleicht? Oder Annie?

„Ich freue mich so, dich zu sehen“, sagt sie, als ob wir seit langem befreundet wären. „Deine Telefonnummer brauche ich, denn ich möchte dich mit jemandem bekanntmachen.“

Was!? In New York haben Freundinnen gelegentlich versucht, mir ein Blinddate aufzuschwatzen, aber sie haben mich vorher gefragt, ob mir das recht wäre. Ich habe stets abgelehnt. Und woher weiß diese Frau überhaupt, dass ich ledig bin?

„Eine Visitenkarte genügt schon“, setzt sie hinzu.

Immer noch um eine Antwort verlegen, lange ich automatisch in die Handtasche und hole eine Visitenkarte heraus. Kaum hat mein Gegenüber mir die Karte quasi aus der Hand gerissen, steigt in mir die Befürchtung auf: Jetzt gibt es kein Zurück mehr! Die Karte impliziert meine Einwilligung. Wie gebannt stiere ich auf das Pappkärtchen in ihrer Hand. Ungeschickt suche ich nach einer höflichen Ausrede, um die Karte zurückzubekommen. Ich stecke jedoch fest in der Klemme.

„Danke. Na ja, er heißt Scott und ist sooo süüüß.“ ‚So süß‘ spricht sie aus, als ob sie von einem kleinen, knuddeligen Welpen spräche. Kein gutes Zeichen.

Mist. Mein Wildwestabenteuer hat eine prekäre Wende genommen. Ich steige in meinen Pick-up, und der Vorfall ist bald gänzlich vergessen. Am Montag wieder im Büro, höre ich meinen Anrufbeantworter ab.

„Hallo, Lily. Hier spricht Scott. Ich bin ein Kollege von Janet Windman.“

Aha, Janet. Nicht mal ansatzweise …

„Janet hat mir Ihre Nummer gegeben und gesagt, Sie seien neu in Bend. Also dachte ich, wenn Sie Lust auf einen Kaffee oder ein Glas Bier oder sonst was haben, rufen Sie mich an.“

Das befürchtete stressige Blinddate löst sich auf einmal auf wie eine Luftblase, denn nun erahne ich die Chance, eine neue Freundschaft zu schließen. Scotts Nummer notiere ich mir. Am selben Abend verabreden wir uns für den kommenden Donnerstag in einem beliebten Lokal, der Deschutes Brewery.

Am Donnerstag steige ich nach der Arbeit aufs Fahrrad – ich bemühe mich immer noch, mich wie die Einheimischen zu benehmen – und fahre die fünf Straßen zur Brauereikneipe. Während ich niederhocke und das Fahrrad anschließe, suche ich die Vorderseite des Restaurants mit den Augen ab. Vor der Wirtschaft stehen kleine Menschengruppen im Alter von etwa 30 oder 40, die auf einen Tisch warten. Eine männliche Gestalt von vielleicht Mitte 20 lehnt sich gegen die Wand nahe der Eingangstür. Sie trägt eine Sonnenbrille, Jeans, ein weißes Hemd mit roter Fließweste. Die Hemdsärmel sind ein Stückchen hochgekrempelt. Der etwa 1,80 Meter große Mann hat volles, braunes Haar und ist leicht sonnengebräunt.

„Scott?“, frage ich, ohne mich allzu hoffnungsvoll anhören zu wollen.

„Lily?“

„Ja. Hallo. Nett, Sie kennenzulernen.“ Wir geben uns die Hände zur Begrüßung und gehen dann hinein. Scott lässt uns auf eine Warteliste für einen Tisch setzen. Dann holen wir uns ein Bier von der Bar.

„Ihr Beitrag in der heutigen Zeitungsausgabe gefällt mir“, fängt er an, sich auf einen Artikel über den unerwarteten Zuwachs einer gefährdeten Krötenpopulation einer hiesigen Gattung beziehend.

„Danke. Es hat Spaß gemacht, den ganzen Tag im Schlamm herumzuwühlen. Was haben Sie gemacht?“

Scott holt tief Atem, bevor er antwortet.

„Na ja. Eigentlich musste ich mich einer Steuerprüfung unterziehen.“

Wir lachen beide laut auf.

„Echt?“

„Echt. Nun ist es aber vorbei.“

„Nun dann, Prosit!“

Wir stoßen an.

„Danke.“

Janet und Scott arbeiten bei einer kleinen, gemeinnützigen Organisation, die mit Bauern und Ranchern aus der Umgebung zusammenarbeitet, um das Ökosystem des Deschutes Flusses, dessen Hauptarm durch die Stadt fließt, wiederherzustellen. Jeden Sommer werden 97 % des Wassers in Bewässerungsgräben abgeleitet. Janet arbeitet als Volontärin, Scott als Projektleiter. Er hilft, die Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen durch eine bessere Abdichtung von Bewässerungsgräben effektiver zu machen, z. B. durch den Ersatz der offenen Gräben durch Rohre, sodass weniger Wasser auf dem Weg zu den Feldern in den Boden versickert, oder durch das Aushandeln von Kauf- und Pachtverträgen für Wasserrechte, damit möglichst viel Wasser in den Fluss zurückgeleitet wird. Im Kielwasser seiner Tätigkeit gewinnt Scott Einblicke in die Fisch- und Wildpopulationen. Erst später werde ich den Wert dieser Erfahrungen zu schätzen lernen.

Scott ist im Willamette Valley aufgewachsen. Den Namen habe ich von einem populären Computerspiel aus der Grundschulzeit gut in Erinnerung: „Der Oregon Trail“. Um das Spiel zu gewinnen, muss man den langen Weg bis in das Willamette-Tal westlich von Bend jenseits der Kaskadenkette bewältigen. Mich wundert, wie Scott den Namen ausspricht: Will-AM-it. Das hört sich grober an als die weiche Aussprache der Nichteinheimischen: Willa-MET. Dann pflegen die Oregoner die „Unwissenden“ zu korrigieren: Will-LAM-it, DAM-it!

Scotts Vorfahren mütterlicher- wie väterlicherseits gelangten nach Westen über den Oregon Trail. Seine Eltern wuchsen in einem Städtchen unweit von Bend auf und verliebten sich bereits auf der Highschool ineinander. Nach der Hochzeit zogen sie nach Portland, wo sie es über die Jahre zu einer Reihe von Bekleidungsgeschäften brachten. Jeden Sommer und, so oft wie möglich, auch die Wochenenden verbringt Scott jedoch bei seinen Großeltern hier im östlichen Teil von Oregon. Hier – im sonnigen Wüstenhochplateau, wo es nach Wachholderstrauch und Sagebrush duftet – ist er wirklich zu Hause. Nach wie vor erkundet er am Wochenende die Gegend, im Winter auf Skiern, im Sommer mit Fliegenrute und Wathose.

Nach einer Weile werden wir an einen freien Tisch gewiesen, setzen uns hin, bestellen Burger und Bier und reden ungestört weiter. Dann bin ich dran. Ich erzähle Scott von meiner Kindheit in Takoma Park MD, einer Stadt von 17 000 Einwohnern, im Nordosten direkt an Washington D. C. angrenzend. Die Einwohner haben Spitznamen für Takoma Park: die „Volksrepublik von Takoma Park“ oder „Berkeley Ost“. Das gesellige Zentrum der Stadt ist der Bauernmarkt, knapp zwei Straßen entfernt von dem kleinen Haus, in dem ich zur Welt gekommen bin, und auch mein älterer Bruder Nathan und meine jüngere Schwester Gretchen (so ist es, wir waren Hausgeburten mit traditioneller Hebamme.)

Bekannt beziehungsweise berüchtigt ist Takoma Park wegen seiner vier- und auch zweibeinigen Sonderlinge. Da war z. B. „Motor Cat“, ein gescheckter Kater mit spezialangefertigtem Schutzhelm, der mit seinem Besitzer Motorrad fuhr, indem er sich in einem dicken, vor dem Fahrer befestigten Stück Berberteppich festkrallte. Schon lange ehe es hip war, Hühner zur Eigenversorgung mit Eiern im Hinterhof zu halten, erschien ein Wildgockel in Takoma Park. Die Einwohner adoptierten ihn, gaben ihm sogar einen Namen: Roscoe. Er wanderte zwischen den kleinen Stadtparks und den noch kleineren Vorder- und Hinterhöfen der Häuser umher. Manchmal stolzierte er selbstbewusst mit anderen Passanten den Bürgersteig entlang. Dies ging einige Jahre lang, bis man ihn eines Morgens plattgequetscht auf der Hauptstraße fand. Die ergrimmten Nachtrauernden beschuldigten den verantwortungslosen Fahrer eines dicken SUV, zweifelslos ein Republikaner! Ein Denkmal errichtete man zu Ehren des Gockels und eine Pizzeria nannte sich um in „Roscoe“.

Während meiner Schuljahre verblassten jedoch all diese Eindrücke von Takoma Park, als mich die Lesewut in andere Welten verschlug: nach Green Gables, Narnia oder in einen geheimen Garten. Bücher verschlang ich, wie sich eine Verhungernde auf die lang ersehnte Mahlzeit stürzt. Keine Woche war ohne einen Besuch der Stadtbibliothek komplett. Zu meiner Lieblingslektüre zählte die Bücherreihe Little House on the Prairie von Laura Ingalls Wilder, fast eine Vorahnung meines Ausbruchs in den Westen. Zunächst waren es die detaillierten Beschreibungen des Lebens im Grenzbereich, die mich faszinierten: die Herstellung von Butter, das Räuchern von Fleisch, der Bau eines Grassodenhauses. Je älter ich wurde, desto mehr interessierten mich die emotionalen Dimensionen der Erzählungen, etwa wie der Wunsch einer Mutter nach einem stabilen Familienleben in Konflikt gerät mit der Wanderlust des Vaters.

Scott hört ruhig zu. Dann empfiehlt er mir ein Buch, das mich jetzt wohl ansprechen dürfte: Angle of Repose von Wallace Stegner, einem seiner Lieblingsautoren. Als er den Inhalt des Buches zusammenfasst, überkommt mich ein wohlwollendes Gefühl. Hier sitzen wir in einer Kneipe in Bend und unterhalten uns über Bücher! Was für eine Überraschung!

Gegen Mitternacht teilen wir uns die Rechnung und gehen hinaus. Wir sperren die Fahrräder auf – Scott ist auch mit dem Fahrrad gekommen – und schieben sie neben uns her, während wir heimwärts schlendern. Allzu schnell erreichen wir meine Haustür, obwohl ich absichtlich schon langsamer als üblich gegangen bin. Zum Abschied geben wir uns die Hand und verabreden uns auf den kommenden Samstag, an dem wir ohnehin beide auf das Grillfest einer meiner Kolleginnen eingeladen sind.

Die Nacht verbringe ich unruhig, wälze mich im Bett hin und her. Gedanken an Scott halten den Schlaf fern. Er erscheint mir zugleich sportlich naturverbunden und als intellektueller Stubenhocker, ausgelassen und ernsthaft, klug und gutmütig. Als er von seinen Großeltern erzählte, war seine Liebe zu ihnen deutlich spürbar, fast mit Händen zu greifen. Ich musste laut loslachen, als Scott zugab, einige Male versehentlich an festlichen Umzügen teilgenommen zu haben: Einmal bogen er und sein Bruder falsch ab und fanden sich mitten in einer Schwulenparade wieder.

„Was haben Sie gemacht“, wollte ich wissen.

„Wir lächelten und winkten.“

Unser Blinddate spielt sich in meinem Kopf ununterbrochen ab. Samstag – ja, übermorgen – kann mir nicht schnell genug kommen. Über Scott will ich alles wissen.

Unausgeschlafen schleppe ich mich am nächsten Tag durch die Arbeitsroutine. Am Abend finde ich zu Hause ein Taschenbuch gegen die Vordertür gelehnt. Angle of Repose. Daran eine handschriftliche Notiz: Lily, herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! Angenehme Lektüre! Scott.

Um mich zu bedanken, rufe ich Scott sofort an. Leider ist er nicht zu Hause, und so kann ich nur eine Nachricht hinterlassen. Dann rufe ich sofort Larrison an, um ihr vom Blinddate zu berichten und mit ihr die Bedeutung des nachgelieferten Geschenks zu erörtern.