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Raven le Fay

Von guten und von schlechten Tagen

Gay Romance





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Hinweise

Diese Geschichte ist frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlich existierenden oder gelebten Personen ist zufällig und unbeabsichtigt.

Wenn sexuellen Handlungen geschildert werden, dann geschehen diese einvernehmlich. Auch wenn Safer-Sex hier nicht praktiziert wird, es ist immerhin eine erfundene Geschichte, so gelten im realen Leben immer die Safer-Sex-Regeln.

Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung der Covermodels aus.

 

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Das Leben ist wie eine Achterbahnfahrt. Mal befindest du dich im euphorischen Höhenflug, mal rast du in die Tiefe, nie ganz sicher, ob du vor dem Aufprall abgefangen wirst.

Einen solchen Absturz erlebte ich, als ich merkte wie schwer es mir fiel, den Erwartungen meiner Umgebung gerecht zu werden. Es dauerte eine Weile, bis ich mir eingestand, dass mein sexuelles Interesse sich nicht auf das andere Geschlecht bezog, sondern auf mein eigenes. Erst kurz bevor ich an die Berufsschule ging, war ich für mich in der Lage, meine Orientierung ohne Verbitterung zu benennen. Ich war schwul. Kein Grund, es an die große Glocke zu hängen.

 

Dann nahm meine Achterbahn wieder Fahrt auf, genau in dem Moment, als ich Jo begegnete, der zur selben Zeit in der Berufsschule war. Im Gegensatz zu mir, machte er kein Geheimnis aus seiner sexuellen Orientierung. Es war nicht so, dass er in der Pause Regenbogenfahne schwingend durch die Flure lief, doch wann immer die Diskussion aufkam und es um oder gar gegen Schwule ging, stand er leidenschaftlich auf. Erstaunlicherweise gab es daraufhin kaum Anfeindungen. In der Hinsicht war unsere Schule etwas Besonderes.

 

Ich fühlte mich mehr und mehr zu ihm hingezogen. Zu meinem Glück erwiderte Jo das Interesse. Doch zunächst waren wir nur Freunde, die hin und wieder gemeinsam etwas unternahmen. Später, am Ende des 2. Ausbildungsjahres, wurde es mehr. Ich war zum ersten Mal unendlich verliebt. Das war keine Schwärmerei, kein Strohfeuer. Was ich für Jo plötzlich empfand ging so tief in mich hinein, dass es fast schmerzte. Ein lieblicher, bitter süßer Schmerz. Es war wie ein Rauschzustand.

Die erste große Liebe; selbstlos und egoistisch zugleich. Das war also mit Schmetterlingen im Bauch gemeint. Ich wollte alles, aber ich traute mich noch nicht so richtig, aus Angst, ich würde zu viel riskieren. In Jos Augen stand dieselbe Sehnsucht geschrieben, seine Körpersignale waren eindeutig. Wir waren wie Magnete, die ab einer bestimmten Nähe unweigerlich aufeinander zurasten und aneinander festklebten.

Was sich zwischen uns entwickelt hatte, wollten wir nicht durch hastigen und unbeholfenen Sex zerstören. Vor uns lag noch ein ganzes Leben.

Dachten wir.

 

Da wir beide noch bei den Eltern wohnten, mussten wir uns einen Freiraum schaffen, in dem wir wenigstens etwas unter uns sein konnten. In der warmen Jahreszeit gab es Parks und idyllische Plätzchen. Freilich, über streicheln und küssen kamen wir nie hinaus. Im Hintergrund lauerte unsere eigene Unsicherheit. Als es kälter wurde, probierten wir verschiedene Kinos aus und fanden schließlich eines, in dem spät am Abend hauptsächlich anspruchsvolle Filmkunst gezeigt wurde. Entsprechend mäßig besetzt waren die Kinoplätze. Wir drückten uns in der letzten Reihe in der Ecke herum. Ein großer Teil des Geldes ging also für Eintrittskarten drauf, da wir Stammgäste im Kino wurden.

In uns steckte weiterhin zu viel Unwissenheit, zu viele Hemmungen, zu viel Angst. Dabei nahm unsere Sehnsucht ‚es‘ zu tun von Woche zu Woche zu. Unser Verlangen wuchs. Manchmal, wenn ich dann in der Nacht wieder allein in meinem Bett lag, tat die Sehnsucht schon körperlich weh. Ich versuchte den Druck loszuwerden – und versagte. Mich frustrierte das und die Angst im entscheidenden Moment ähnlich kläglich zu versagen, baute sich wie eine unüberwindbare Hürde vor mir auf. Bis zum Ende des vorletzten Berufsschuljahres hatte sich meine Versagensangst und Frustration bis zur Höhe des Himalayas aufgestaut. Irgendwann fragte mich Jo, was mit mir sei und ließ nicht locker, bis ich ihm meine Angst gestand. Ich war mir sicher, dass er nicht so eine Lusche war wie ich. Doch Jo strich mir sanft über die Wange, küsste mich und offenbarte mir, dass es ihm ähnlich erging und wir uns unter diesen Umständen nicht verrückt machen sollten. Mein Himalaya schrumpfte, zumindest bis zur Größe der Alpen.

So verging unser zweiter Sommer. Der Herbst kam unmerklich und wechselte schon früh in einen kalten, frostigen Winter über. Jeder sehnte sich nach Schnee, der die Kälte erträglicher machen sollte, doch einmal mehr gab es grüne Weihnacht.

Wie jedes Jahr fuhr meine Familie in den Weihnachtsurlaub. Mir fiel es unendlich schwer, auf Jos Nähe zu verzichten, doch er wünschte mir schöne Feiertage und küsste mich ein letztes mal in diesem Jahr voller Zärtlichkeit.

 

Doch bevor ich Jo dahin mitnehmen konnte, musste mein Bruder endlich ausziehen, der es plötzlich nicht mehr so eilig hatte. Erwartungsgemäß ging ich ihm schließlich so lange auf die Nerven, dass er im Februar endlich das Feld, sprich die Dachkammer, räumte. Jetzt musste ich nur noch renovieren, und konnte ich unser Liebesnest einrichten. Doch bis es soweit war, wollte ich Jo nichts davon erzählen. Es sollte eine bombige Überraschung werden.