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Über dieses Buch:

Soll es das wirklich schon gewesen sein? Seit Theresa vor wenigen Monaten in den Ruhestand geschickt wurde, hat sie nur einen Wunsch – ein einziges Mal aus ihrem geregelten und ereignislosen Leben auszubrechen. Als sie in einem alten Buch von einer kleinen, sagenumwobenen Insel in Indonesien liest, weiß sie mit nie geahnter Sicherheit: Dies ist das Abenteuer, auf das sie immer gewartet hat! Auch wenn ihre Familie sie für verrückt erklärt, ist Theresa fest entschlossen, das Eiland am Rand des Westpazifiks entdecken. Also löst sie ihre Wohnung auf, besteigt ein Flugzeug Richtung Südostasien und begibt sich auf die Suche nach der Insel ihrer Träume – einem Ort, den es vielleicht gar nicht gibt ...

Weil es nie zu spät ist, seinen Träumen zu folgen: »Sigrid Heuck versteht es auf unnachahmliche Weise, Geschichten zu erzählen, die sowohl modern als auch märchenhaft sind.« Der Tagesspiegel

Über die Autorin:

Sigrid Heuck (1932–2014) war eine deutsche Illustratorin und Autorin. Sie schrieb Romane und Reiseerzählungen und wurde besonders durch ihre gefeierten Kinder- und Jugendbücher bekannt, für die sie unter anderem mit dem Friedrich-Gerstäcker-Preis und dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse ausgezeichnet wurde. Sigrid Heuck liebte es, zu reisen und dabei Land und Leute unabhängig von touristischen Sehenswürdigkeiten kennenzulernen. Ihre Romane und Erzählungen beschreiben auf authentische Weise die Orte, die sie bereiste.

Sigrid Heuck veröffentlichte bei dotbooks bereits »Im Land der Kapokbäume«.

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eBook-Neuausgabe Januar 2019, 2021

Dieses Buch erschien bereits 2000 und 2019 unter dem Titel »Die Inselsucherin« im Weitbrecht Verlag und bei dotbooks.

Copyright © der Originalausgabe 2000 by Weitbrecht Verlag im K. Thienemanns Verlag, Stuttgart – Wien

Copyright © der Neuausgabe 2019, 2021 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © shutterstock / Artem Beliaikin / PHOTO JUNCTION / SoePhoto / NadyaEugene /Anna Jedynak

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ca)

ISBN 978-3- 96148-230-6

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Sigrid Heuck

Das Leuchten der Muskatblüten

Roman

dotbooks.

Es lebte einmal ein Mann, der Inseln liebte. Er war auf einer Insel geboren, die ihm aber nicht zusagte, weil zu viele andere Menschen dort außer ihm lebten. Er wollte eine Insel besitzen, die ihm ganz allein gehörte, nicht weil er durchaus allein darauf leben, aber weil er sie gänzlich zu seiner eigenen Welt machen wollte.

(D. H. Lawrence, Der Mann, der Inseln liebte){i}

Wir sind gewiss verdammt, unaufhörlich am Rande der Ewigkeit zu schweben, ohne den endgültigen Sturz in den Abgrund zu tun. Über Wellen, die erstaunlicher sind als alle, die ich jemals gesehen habe, gleiten wir leicht wie eine pfeilschnelle Möwe dahin und die gigantischen Wasser erheben ihre Häupter über uns wie Dämonen der Tiefe, wie Dämonen, die zwar drohen dürfen, aber nicht vernichten.

(Edgar Allan Poe, Das Manuskript in der Flasche){ii}

Kapitel 1

Theresas Entscheidung, ihrem Leben eine andere Richtung zu geben, war langsam in ihr gewachsen. Sie verglich ihren Einfall mit einem Luftballon, der – zuerst nur eine Hülle – mit jedem Atemstoß an Umfang gewinnt, bis er so prall ist, dass man Gefahr läuft, er könne zerplatzen. So weit war sie nun. Alles, was ihr noch zu tun übrig blieb, war, sich selbst in einen Ballon zu verwandeln und losgelassen davonzufliegen, zuerst noch unsicher hin- und herschaukelnd in den Himmel zu steigen, um dann, von einer bestimmten Höhe an zügig, ein Spielball des Windes, über die tief unter ihr zurückbleibende Erde zu treiben.

Theresa hatte beschlossen sich dem Wind zu überlassen. Niemand brauchte sie hier. Man hatte sie vor einigen Monaten in Rente geschickt, obwohl sie ihre Arbeit in der Bücherei liebte und durchaus imstande war ihr weiter nachzugehen. Sie hatte keinen Mann und keine Kinder. Ihre einzige Schwester hatte eine eigene Familie gegründet. Und die Katze, mit der sie viele Jahre glücklich gewesen war, lebte nicht mehr.

Eine Woche vor ihrem Abflug lud Theresa ihre Schwester Dodo mit Bernd, ihrem Schwager, und zwei ehemaligen Arbeitskolleginnen und deren Männern zu sich ein. Als Dodo im Beisein ihres Mannes die Schwester nach dem Grund für diese Einladung fragte, wich Theresa aus.

»Es gibt keinen besonderen Anlass«, erklärte sie.

Doch sie ahnte, dass niemand ihr glaubte. Sie wusste, dass Dodo sich nach dem Tod der Katze große Sorgen um sie gemacht hatte. Damals hatte sie sich von allen zurückgezogen und den Anschein erweckt, als befände sich zwischen ihr und anderen Menschen eine Wand. Trotzdem schien es Dodo nicht entgangen zu sein, dass sie in letzter Zeit eine ungewöhnliche Geschäftigkeit an den Tag gelegt hatte. Theresa kannte ihre Schwester gut.

»Sie wird allmählich ein bisschen komisch, wie viele allein stehende Frauen in ihrem Alter«, wird Dodo ihrem Mann erklärt haben, als er von ihr wissen wollte, ob sie eine Ahnung hätte, was die Ursache für diese merkwürdige Unruhe sei. Vermutlich hatte sie Theresas Verschlossenheit mit dem Tod der Katze in Verbindung gebracht, der sie schlimmer getroffen hatte als der Tod ihrer Mutter vor einigen Jahren. Doch als Dodo Theresa den Vorschlag machte, sich eine neue Katze aus dem Tierheim zu holen, hatte sie ihr schroffer, als es sonst ihre Art war, eine Abfuhr erteilt:

»Kommt nicht infrage. Ich will keine Katze mehr. Keine wird dem Vergleich mit Rani standhalten. Das verstehst du nicht.«

Dodo und Bernd trafen als Erste in der kleinen Wohnung ein. Erstaunt stellten sie fest, dass mit Theresa eine Veränderung vorgegangen war. Sie hatten sich längere Zeit nicht gesehen. Das war nichts Besonderes. Es hatte sich einfach nicht ergeben. Wenn eine von ihnen Zeit hatte, war die andere gerade unterwegs. Doch das konnte nicht der Grund dafür sein, warum Theresa der Schwester irgendwie fremd erschien. Sie hatte sich eine neue Frisur zugelegt. Seit Generationen war es in ihrer Familie üblich gewesen, dass die Frauen sich die Haare hochsteckten, entweder mithilfe eines Kamms am Hinterkopf oder in Zöpfen geflochten und um den Kopf gelegt. Dodo hatte ihre Haare in einem feinen Netz und mit einigen Haarnadeln im Nacken befestigt. Theresa hatte sich die Haare abschneiden lassen. Sie trug sie locker über die Ohren fallend. Ponyfransen, die wenige Finger breit über dem oberen Rand ihrer Brille endeten, bedeckten die etwas hohe Stirn und verkürzten die Länge ihres Gesichts.

»Na, du siehst ja ganz anders aus!«, stellte ihr Schwager ironisch fest.

»Gefällt es euch?«

»Ich weiß nicht.« Dodo zögerte. »Du wirkst jünger.«

Noch bevor sich Theresa überlegen konnte, ob die Antwort ihrer Schwester ein Kompliment oder einfach nur eine spitze Bemerkung gewesen war, drückte ihr Bernd einen Blumenstrauß in die Hand.

»Wie oft hab ich dir schon erklärt, dass man Blumensträuße nicht im Papier überreicht!«, zischte Dodo ihn an. »Gib sie mir, Theresa, ich bring das in Ordnung. Ich weiß ja, wo deine Vasen stehen.«

Theresa überließ ihr den Strauß gern. Sie kannte ihren Schwager gut genug, um sich die Diskussion vorzustellen, die sich beim Kauf der Blumen zwischen beiden abgespielt haben musste. »Tulpen sind billiger als Rosen«, hatte er ihr vermutlich vorgehalten. »Aber Theresa liebt Rosen«, wird Dodo ihm entgegnet haben. »Warum hast du sie dann nicht im Supermarkt gekauft. Dort kosten sie ein Drittel weniger!« Nachdem ihnen die Verkäuferin wahrscheinlich erklärt hatte, dass sich Tulpen länger in der Vase halten als Rosen, wird Dodo einverstanden gewesen sein. Dann hat sie länger Freude an ihnen, wird sie gedacht haben, ohne zu ahnen, dass es darauf nicht mehr ankam.

»Kommt Edith auch?«, fragte Bernd.

»Nein. Sie muss sich auf eine Prüfung vorbereiten und hat deshalb keine Zeit.«

Der Abend verlief wie die meisten Abende dieser Art. Obwohl sie eigentlich schon zu alt dafür war, trug Dodo einen engen Rock, der weit über ihren Knien endete. Sie achtete darauf, sich stets so hinzusetzen, dass ihre Beine gut zur Geltung kamen.

Bernd war anzusehen, dass er sich langweilte. Wenn Edith gekommen wäre, hätte er sich vermutlich nur mit ihr unterhalten, denn Edith war jung und hübsch. Die Arbeitskolleginnen seiner Schwägerin interessierten ihn nicht. An seiner Miene konnte Theresa erkennen, dass sie für ihn nur graue, verstaubte Frauen waren, so wie sie selbst. Ihre Ansichten waren sehr verschieden. Dodo stieß ihn ein paarmal an, weil sie Angst hatte, er könne einschlafen. Alle sprachen dem Wein gut zu. Mechthild und Inge, die Arbeitskolleginnen, beklagten sich über Theresas Nachfolgerin, und Dodo jammerte über ihre Töchter, die beide studierten und nur noch heimkamen, wenn sie Geld brauchten.

So wird es immer weitergehen, dachte Theresa. Sie gehen zur Arbeit, kommen abends müde heim, hocken sich vor den Fernsehapparat und sehen sich ein Fußballspiel an oder eine Talkshow. Den Urlaub verbringen sie je nach Gehaltsstufe auf Mallorca oder in einem Viersternehotel auf den Kanarischen Inseln. Sie träumen von der Zeit ihrer Pensionierung und was sie dann alles unternehmen wollen, ohne sich klar darüber zu sein, dass sie sich nur langweilen werden, dass sie viel zu träge sind, um noch etwas an ihrem Leben zu ändern. So bleibt ihnen nichts anderes als die Sorge, ein gutes Seniorenheim zu finden und auf den Tod zu warten, weil ihre Kinder keine Bereitschaft zeigen, sie im Alter zu pflegen und bei sich in der Wohnung sterben zu lassen.

Nein, dachte Theresa, das mache ich nicht mit. Ich nicht! Und dabei war sie froh über ihre Entscheidung. Als sie beobachtete, dass Bernd seine Frau drängte, es sei Zeit zu gehen, klopfte sie an ihr Glas, bis die anderen ihr Gespräch unterbrachen und sie erwartungsvoll ansahen.

»Ich wollte euch nur mitteilen, dass ich verreisen werde«, begann sie, räusperte sich und fuhr fort: »Ich fliege in ein paar Tagen. Es wäre schön, wenn einer von euch mich mit meinem Gepäck zum Flughafen bringen könnte.«

»Wohin sollʼs denn gehen?« Bernds Stimme klang spöttisch. »Nach Italien oder nach Griechenland?« Doch Theresa überhörte den Spott.

»Nach Asien«, sagte sie.

»Wohin?«, rief Dodo, die glaubte Theresa falsch verstanden zu haben.

»Südostasien, wenn duʼs genau wissen willst«, erklärte Theresa.

»Jetzt bist du völlig übergeschnappt!«

Theresa wich allen weiteren Fragen mit dürftigen Erklärungen aus. Ja, es sei so etwas Ähnliches wie eine Studienreise. Nein, sie fliege allein, nicht mit einer Reisegruppe. Ja, sie habe ihre Wohnung an Edith untervermietet, die sie damals bei ihrem Aufenthalt in der Nervenklinik kennen lernte. Außerdem habe sie ihre Bank angewiesen, ihr monatlich die Rente und einen Teil der Miete auf ein neu eingerichtetes Konto einer Filiale in Jakarta zu überweisen. Von dort könnte sie das Geld je nach Bedarf abrufen. Ja, sie sei geimpft. Ihr Arzt habe ihr die Reise erlaubt und sie mit den wichtigsten Medikamenten versehen. Wann sie wieder heimkomme, wisse sie noch nicht genau.

»Weißt du eigentlich, auf was du dich da einlässt?«, fragte Dodo sie schließlich. »Eine Frau in deinem Alter sollte nicht mehr so weit reisen.«

»Wer sagt das?« Theresa sah sie erstaunt an. Doch darauf wusste keiner ihrer Gäste eine Antwort.

Kurze Zeit später verabschiedeten sich alle, nachdem Mechthilds Mann Theresa versprochen hatte, sie an dem vereinbarten Tag, bevor er zur Arbeit fuhr, zum Flughafen zu bringen.

»Ich kann leider nicht«, hatte sich Bernd entschuldigt. »Gerade an diesem Tag habe ich einen wichtigen Termin«, wobei jeder ihm ansah, dass ihm so schnell keine bessere Ausrede einfiel.

»Ich habʼs doch gewusst«, sagte er auf dem Heimweg zu Dodo: »Sie wird komisch! Hoffentlich geht das alles gut.«

Während Theresa das Geschirr wegräumte, versuchte sie sich daran zu erinnern, wie sie zu dem Entschluss gekommen war nach Südostasien zu fliegen und sich auf die Suche nach einer Insel zu machen, die sich irgendwo in der Molukkensee befinden sollte.

Theresa wurde in einer kleinen Universitätsstadt im östlichen Teil Deutschlands geboren. Ihr Vater war Lehrer gewesen, obwohl er viel lieber zur See gefahren wäre. Die Liebe zum Meer musste ein Traum bleiben, da ihm das Geld für die Ausbildung fehlte. Auf der Hochschule hatte er sich in eine Studentin verliebt und als sie schwanger wurde, heirateten die beiden. Sie zogen in eine kleine, ihren Verhältnissen angemessene Wohnung. Ein Jahr nach Theresas Geburt erblickte ihre Schwester Dorothee das Licht der Welt.

Das Einzige, was von der Sehnsucht des Vaters nach dem Meer übrig blieb, waren seine Schiffsmodelle. Sie entschädigten ihn für vieles, den Ärger über die Schüler und das Korrigieren der Hefte. Er kaufte sich Modellbaukästen und baute Schiffe nach wie die Santa Maria, mit der Columbus Amerika entdeckte, Kapitän Nelsons Flaggschiff Victory, mit dem er vor Trafalgar siegreich gewesen war, oder das Segelschulschiff der Deutschen Marine, die Pamir. Doch dann protestierte seine Frau und warf ihm vor, diese Schiffe seien Staubfänger und sie fände keinen Platz mehr für sie in ihrer kleinen Wohnung. Sie machte ihm den Vorschlag, Flaschenschiffe zu bauen, die er dann im obersten Fach ihres Bücherregals aufstellen könne, unerreichbar für die Hände kleiner Kinder. Der Bau eines Flaschenschiffes bedeutete eine neue Herausforderung für Theresas Vater. Er machte sich mit Feuereifer an die Arbeit.

Niemanden erstaunte es, dass Theresas erstes Wort weder »Papa« noch »Mama« gewesen war, sondern »Schiff«. Es war nichts mehr und nichts weniger als die Neugier eines Kindes, dem ein so kleines Modell in einer Flasche wie ein Wunder vorkam. Auch Theresas erste kindliche Malereien zeigten immer nur Schiffe, Segler, Raddampfer und Kreuzfahrtschiffe wie die Titanic. Mit der Zeit veränderten die Kritzeleien ihre Formen, gingen über kindlichen Krikelkrakel hinaus. Sie bevorzugte eine bestimmte Form, die sie ständig zu vervollkommnen versuchte. Es war ein merkwürdiges Schiff, ähnlich einem Fischkutter, und es besaß nur einen Mast, an dem ein Dreieckssegel befestigt war. Der Aufbau auf dem hinteren Teil des Decks sah aus wie ein kleines Haus, in dem der Schiffer wohnen konnte, solange er auf dem Meer unterwegs war. Die Planken waren mit eigentümlichen Ornamenten bemalt. Über der Wasserlinie eine rote Welle, die kurz vor dem Heck in einer Volute endete. Große runde Augen am Bug, über ihnen eine Sonne. Der Schiffskörper glich einem Meeresungeheuer, einem Drachen oder Dämon, der mit aufgerissenem Rachen die Wellen durchpflügte, um ihn herum verschiedene exotische Blumen. Diese Form malte Theresa wieder und wieder. Sie kam nicht davon los. Es war wie ein immer wiederkehrender Zwang oder ein Traum, an den sie sich zu erinnern versuchte. Nicht einmal ihr Vater konnte ihr erklären, um welchen Schiffstyp es sich handelte.

Daher war es kein Wunder, dass Theresa immer Geschichten vorgelesen haben wollte, die irgendwie mit dem Meer zu tun hatten. Sobald ihre Schwester in das Alter kam, in dem sie mitbestimmen wollte, was vorgelesen wurde, gab es oft Streit zwischen den beiden Mädchen. Dodo liebte Geschichten, die von Prinzessinnen handelten und von Prinzen, die für sie kämpften, von Feen, Elfen, Zauberern und Riesen. Theresa dagegen wollte immer nur Geschichten hören wie Sindbad der Seefahrer, Moby Dick und Robinson Crusoe.

Dodo war schon bald der Liebling der Mutter. Sie war niedlich anzusehen, lebhaft und manchmal auch launisch. Ein rotblonder Lockenkopf. Alle Nachbarinnen bewunderten und verwöhnten sie.

Im Gegensatz zu ihr war Theresa still. Sie musste schon früh eine Brille tragen und interessierte sich mehr für Schiffe als für Puppen.

Gleich zu Beginn des Krieges wurde der Vater eingezogen. Doch schon nach einem halben Jahr kehrte er wieder heim. Eine Granate hatte sein rechtes Bein zerfetzt. Die ausgestandenen Schmerzen und die Verbitterung über sein Schicksal waren ihm am Gesicht abzulesen. Das alles ließ ihn älter erscheinen, als er war. Schon bald nach seiner Rückkehr ermunterte ihn Theresas Mutter die alte Liebhaberei wieder aufleben zu lassen und Flaschenschiffe zu bauen. Er besorgte sich die Materialien, suchte sich ein Vorbild aus einem seiner Bücher heraus und begann einen Schiffskörper zu konstruieren und zu bemalen. Er setzte Masten, Rahen, Segel und Takelage zusammen und verband sie geschickt mit dünnen Bindfäden, damit er sie zusammengeklappt durch den schmalen Flaschenhals schieben und erst im Inneren der Flasche aufrichten und befestigen konnte. Seine Hilfsmittel bestanden aus einigen feinen Messern, mehreren Pinzetten, Farbe und Klebstoff. Stundenlang konnte Theresa neben ihm sitzen und dabei zusehen, wie seine Finger zuerst noch unbeholfen vorsichtig, dann mit zunehmender Sicherheit einen Schoner, eine Kogge oder eine Brigg in eine glasklare, manchmal auch leicht grünlich schimmernde Flasche schoben, die Masten in den dafür vorgesehenen Löchern festklebten und dabei darauf achteten die Taue nicht zu verwirren und die Segel nicht zu zerreißen.

»Traust du dir zu den Namen eines Schiffs auf seinen Bug zu schreiben?«

»Ich weiß nicht.« Theresas Antwort klang zögernd.

Ihr Vater zeigte ihr, wie sie es machen sollte. Sie versuchte es und als es ihr gelang, malte sie von da an mit einem spitzen Pinsel Pamir, Gorch Fock oder Beagle gleich hinter dem Bugspriet auf die Schiffskörper.

Einmal baute der Vater heimlich ein Schiff und taufte es auf den Namen Theresa. Sie fand es unter dem Weihnachtsbaum. Zuerst wollte sie nicht glauben, dass es ein Geschenk für sie war.

»Ist das für mich?«, rief sie. »Wirklich für mich ganz allein?«

»Aber ja.« Die Mutter deckte den Weihnachtstisch. »Er hat viele Stunden lang daran gebaut, während du in der Schule warst.«

Ein überwältigendes Glücksgefühl stieg in ihr hoch. Der Vater hatte ihre geheimsten Wünsche erraten. Ein eigenes Schiff, das ihren Namen trug. Eine Dreimastbark mit komplizierter Takelage und vielen Segeln. Sie stellte die Flasche auf das Regal über ihr Bett.

»Noch so ein Staubfänger«, giftete Dodo. »Als ob wir nicht schon genug von der Sorte hätten!«

»Tu doch nicht so, als ob du sie immer abstauben müsstest«, gab ihr Theresa zurück.

Dodos Weihnachtsgeschenk war ein neuer Wintermantel und dazu ein Schal, der zu ihren rotblonden Haaren passte. Er gab ihr den Anlass sich stundenlang vor dem Spiegel zu drehen, zu wenden und sich selbst zu bewundern.

Obwohl das Schiff mit ihrem Namen seinen festen Platz auf dem Regal hatte, trug Theresa sein Bild in ihrem Inneren mit sich herum. Bei Tag und Nacht träumte sie von ihm. Sie war sein Kapitän. Eine Mannschaft brauchte sie nicht. Ihr Segler folgte dem leisesten Druck auf das Steuerrad. Sie steuerte es behutsam an gefährlichen Felsklippen vorbei in den sicheren Hafen und ließ es, stetig die Tiefe auslotend, im glasklaren Wasser über Korallenbänke treiben. Von wilden Stürmen und Begegnungen mit Eisbergen träumte sie und vom Kreuzen zwischen palmenbewachsenen Inseln, während sich über ihr der Himmel wie ein stahlblauer Baldachin wölbte. Sie fuhr mit ihrem Schiff an den Küsten Chinas entlang, kreuz und quer durch die Südsee und um Kap Horn. Seine Ladung bestand aus Perlen und Baumwollballen, Porzellan, Seide und Gewürzen, die sie den Kaufleuten in Hamburg und Antwerpen brachte. In ihrer Phantasie verschmolz die Theresa oft mit dem bunten Schiff, das sie viele Jahre früher gemalt hatte und von dem sie und ihr Vater zu gern gewusst hätten, in welchem Land sein Heimathafen zu finden sei und oh die Muster auf seinen Planken etwas bedeuteten.

Der Krieg veränderte vieles. Theresa ging in die dritte Klasse. Der Vater erhielt eine kleine Kriegsversehrtenrente. Die Runen des Schmerzes gruben sich immer tiefer in sein Gesicht. Er konnte sich nur mithilfe von Krücken bewegen. Eine Prothese lehnte er ab. Die Mutter, die ihr Studium nie beendete, arbeitete als Hilfskrankenschwester in einem Lazarett.

In dieser Zeit malte Theresa nur noch kanonenbestückte Kriegsschiffe in ihre Aufsatzhefte und Flugzeuge, die Bomben auf die Häuser warfen. Und als sie in der Schule einmal die Aufgabe gestellt bekamen, ein Selbstbildnis zu malen, sah sie kurz in den Spiegel und malte in wässrigem Schwarz ein spitzes, von einer Brille beherrschtes Gesicht und einen schmalen, geraden Mund, der so aussah, als könne er nicht lächeln. Die bunten Farben in ihrem Malkasten trockneten allmählich aus.

Wenn sie sich an diese Zeit zurückerinnerte, erschien ihr alles grau. Sie dachte nicht gern an die Schulzeit, in der sie sich nur gelangweilt hatte. Ihre Arbeiten hätten besser sein können, wenn sie ein wenig fleißiger gewesen wäre. Doch sie sah viel lieber ihrem Vater zu, wenn er ein neues Flaschenschiff in Angriff nahm, oder bat ihn ihr etwas vorzulesen.

Während Dodo ihre Freundinnen besuchte und mit ihnen die neuesten Modehefte durchblätterte, schrieb Theresa die Namen auf die Schiffskörper und bereitete die blaue Masse vor, die das Meer darstellen sollte. Manchmal modellierte sie auch einen Leuchtturm und bemalte ihn mit roten Streifen oder schmückte die Wellen mit weißen Schaumkronen.

An einen Abend konnte sie sich noch gut erinnern.

»Lies mir etwas vor!«, hatte sie ihren Vater wieder einmal gebeten. Sie musste etwa zehn oder elf Jahre alt gewesen sein. Die Mutter hatte an diesem Abend Spätdienst, weil am Bahnhof ein Transport verwundeter Soldaten erwartet wurde. Dodo war bei einer Freundin eingeladen. Sie hatte sich aus dem Toilettentisch im Bad ohne lange zu fragen Nagellack und Lippenstift ihrer Mutter ausgeliehen, sich mit ihnen zurechtgemacht und war davongetänzelt.

»Lies mir etwas vor!«

Draußen war es sogar den Katzen zu kalt. Aus grauen, tief hängenden Wolken nieselte es. Die Menschen hasteten mit hochgeschlagenen Mantelkragen von der Arbeit nach Hause. Das Klingeln der Straßenbahn klang gedämpft. Frierende Kinder boten den Passanten Abzeichen des Winterhilfswerks an. Eine alte Frau zerrte einen Karren mit Fallholz hinter sich her. Überall zogen die Menschen ihre Vorhänge zu und ließen die Rollläden herunter, damit kein Lichtstrahl nach außen dringen konnte.

Theresas Vater hatte den Ofen in der Küche mit ein paar trockenen Ästen angeheizt und so lange nachgelegt, bis die Herdplatte zu glühen begann.

»Lies mir etwas vor!«, bettelte Theresa. »Dann vergeht die Zeit schneller!«

»Du kannst doch selbst lesen«, entgegnete ihr der Vater.

»Vorgelesen bekommen ist viel schöner.«

»Wollen wir nicht warten, bis Dodo wieder da ist?«

»Nein, nein! Sie hat gesagt, dass es spät werden kann.« Ihre Gier nach Geschichten war unersättlich. »Lies aus dem Buch von dem Doktor vor, der die Sprache der Tiere versteht!« Der Vater holte das Buch mit dem Einband aus verblichenem Leinen aus dem Regal im Schlafzimmer. Er las mit einer vom vielen Vorlesen geschulten Stimme, langsam und schnell, wenn es der Inhalt verlangte laut, dann wieder leise, fast flüsternd. An spannenden Stellen legte er Pausen ein, um die Dramatik des Inhalts zu verstärken.

»Ich weiß, was wir tun, Stubbins«, schlug der Doktor vor. »Wir wollen ein Spiel spielen, das ich in meiner Jugend oft gespielt habe. Ich nannte es damals ›Blinde Reise‹. Wenn ich verreisen wollte und nicht wusste wohin, hab ich mit geschlossenen Augen den Atlas geöffnet. Dann habe ich, ohne hinzusehen, einen scharf gespitzten Bleistift in die Hand genommen, ihn über der unbekannten Seite geschwungen und auf eine Stelle gepikt. Danach hab ich nachgesehen, welche Stelle es war. ›Blinde Reise‹ ist ein sehr aufregendes Spiel. Man muss nämlich, bevor man beginnt, einen Schwur leisten, dass man, wie es auch kommen mag, zu dem Ort reisen wird, den der Bleistift getroffen hat. Wollen wir das spielen?«

»Ja, natürlich, furchtbar gern!«, schrie ich fast. »Wie aufregend! Hoffentlich wird es China – oder Borneo – oder Bagdad sein.« In einer Sekunde war ich auf den Bücherschrank geklettert, hatte den großen Atlas aus dem obersten Fach geholt und ihn vor dem Doktor auf den Tisch gelegt.«

Als der Vater sich unterbrach, um neues Holz nachzulegen, vergaß Theresa vor Aufregung beinahe zu atmen. »Weiter, weiter ...!«, bettelte sie.

»Nun, sind wir bereit?«, fuhr der Vater fort und blätterte um. »Nimm den Bleistift und stell dich hier an den Tisch. Wenn sich das Buch öffnet, schwingst du den Bleistift dreimal im Kreis und pike ihn dann auf die Seite. Fertig? Gut – schließ die Augen!« Der Atlas hatte sich bei der Karte des südatlantischen Ozeans geöffnet. Meine Bleistiftspitze ruhte genau in der Mitte einer winzigen Insel, deren Name so klein gedruckt war, dass der Doktor seine scharfe Brille hervorholen musste, um ihn zu entziffern. Ich zitterte vor Aufregung. »Spinnenaffeninsel«, las er langsam ...{iii}

»Könnten wir das nicht auch spielen, Papa?«, unterbrach Theresa den Vater.

»Du vergisst den Schwur. Wie willst du schwören, dass du dort und nirgendwo anders hinfährst. Wir haben Krieg. Niemand darf irgendwohin fahren.«

»Ach nur so, zum Spaß!« Sie ließ nicht locker, bis der Vater seinen alten Schulatlas aus der Schublade holte und mit Theresa das Spiel spielte, das Doktor Doolittle mit seinem Gehilfen Stubbins gespielt hatte. Die Bleistiftspitze landete mitten im Atlantik, unweit der Westküste Irlands.

Theresa war abgrundtief enttäuscht. »Das gilt nicht!« Ihre Entrüstung war groß. Sie fühlte sich betrogen. »Da ist nichts, gar nichts!«, rief sie und spürte einen Kloß im Hals und dass ihr Kinn zu zittern begann.

»Woher willst du das wissen«, versuchte sie ihr Vater zu trösten. »Das ist eine sehr ungenaue Karte. Vielleicht ist da wirklich eine Insel? Du hast noch beide Beine und das ganze Leben vor dir, das muss dir genügen, um es herauszufinden.« Seine Stimme klang bitter.

Der Gedanke an die kleine Insel westlich von Irland, die ihre Bleistiftspitze getroffen haben musste, ließ Theresa nie mehr ganz los.

Damals begann meine Suche nach ihr oder einem anderen von Wasser umgebenen Stück Land, erinnerte sie sich, und sie dauert immer noch an, obwohl inzwischen mehr als ein halbes Jahrhundert vergangen ist.

Kapitel 2

Theresa wollte die Tage, die ihr bis zu ihrer Abreise blieben, dazu benützen, um noch einige Besorgungen zu machen. An erster Stelle stand ein Gang auf den Friedhof. Später musste sie im Reisebüro ihre Flugtickets abholen und dann wollte sie noch einmal zur Bücherei, ihrer alten Arbeitsstätte.

Sie nahm nicht viel Gepäck mit auf die Reise. Die leichte Luftmatratze, der Schlafsack und ein Moskitonetz nahmen den meisten Platz ein, dazu die Taschenlampe mit ein paar Ersatzbatterien, ein Esbitkocher samt Teekessel und Plastikbecher, ein Päckchen Tee und Süßstoff, die Reiseapotheke und einmal Wäsche zum Wechseln. Pass, Impfpass und ein wenig Geld für unterwegs wollte sie zusammen mit den Tickets in einem leichten Brustbeutel unterbringen. Das einzige unnütze Ding war eine Spieldose in einem apfelgroßen runden Behälter aus Wurzelholz. Wenn man das Spielwerk aufzog, erklang die Barcarole aus Hoffmanns Erzählungen. Von dieser Dose wollte sie sich nicht trennen. Die Musik erinnerte sie an einen Aufenthalt in Venedig. Wenn die Walze sich zu drehen begann und die kleinen Nägel über den Kamm streiften, sah sie die in der Abendsonne glänzenden Gondeln, die Piazzetta, den Uhrturm und den Campanile vor sich. Unweigerlich fiel ihr dann die kleine halb verhungerte Katze ein, die sie von dort mitgebracht hatte. Rani. Wenn Theresa an sie dachte, dann war das niemals so, als ob Rani ihr Eigentum gewesen sei. Katzen gehören niemandem, nur sich selbst. Der Entschluss, sie mit heim zu nehmen, hatte kaum eine Sekunde gedauert. Danach hatten sie viele Jahre lang die Wohnung miteinander geteilt. Theresa hatte sie gefüttert und die Katze hatte es ihr mit ihrer Treue und Zuwendung gedankt. Rani hatte oft den Tönen gelauscht, die aus der kleinen Spieldose drangen. Sie hatte den Kopf schief gelegt und ihre Pupillen, sonst nur schmale Schlitze, waren groß und rund geworden. Theresa hatte gespürt, dass ihr die Klänge Freude bereiteten. Die Spieldose würde sie an Rani erinnern und an ihr altes Leben, das sie gerade aufgab, um sich auf die Suche nach einer namenlosen Insel in der Molukkensee zu machen, von der sie nur eine sehr ungenaue Vorstellung hatte.

Ihr Weg führte sie am Bahnhof vorbei. Während der Nacht war ein heftiger Regenguss niedergegangen. Die Straßen glänzten vor Nässe. Es würde weiter regnen, hatte der Wetterbericht gemeldet. Theresa stellte den Mantelkragen auf. Sie freute sich auf die Wärme, die sie in den Tropen erwartete und die sie nur aus ihren Büchern kannte.

Die Bücher. Damals, als die Regierung die große Mauer, die Todesstreifen und die Wachttürme errichten ließ und Theresa mit ihrer Mutter in den westlichen Teil Deutschlands zog, hatte sie alle Bücher zurücklassen müssen. Dodo lebte schon lange mit ihrem Mann in einer süddeutschen Großstadt. Beide hatten Theresa und ihre Mutter dazu überredet, zuerst einmal zu ihnen zu ziehen.

Zwei Jahre nach Kriegsende hatte der Vater die Schmerzen in seinem Beinstumpf nicht mehr ausgehalten. In einer eiskalten Winternacht hatte er seiner Familie erklärt, er wolle sich rasch eine Schachtel Zigaretten aus dem Automaten holen. Doch er hatte sich stattdessen eine Schachtel Schlaftabletten besorgt, diese in einer halb vollen Flasche Wodka aufgelöst, sich im Park auf eine Bank gesetzt und die Flasche in einem Zug ausgetrunken. Als ihn am anderen Morgen ein Straßenkehrer fand, war er längst tot und steif gefroren.

Der Schmerz der Mutter hielt sich in Grenzen. Ihr war sein Gejammer schon lange auf die Nerven gefallen. Auch Dodo tröstete sich schnell. Nur für Theresa war der Tod des Vaters ein schwerer Verlust. Er hatte eine Lücke hinterlassen, die sich lange nicht schloss. Sie konnte nicht begreifen, dass sie nie mehr mit ihm auf eine ihrer Traumreisen gehen könnte, nie mehr seine stoppelhaarige Backe spüren würde, wenn sie ihn umarmte, während ihr der unverwechselbare Duft seines Rasierwassers vermischt mit dem Rauch billiger Zigaretten in die Nase stieg.

Als die Mutter seine Flaschenschiffe weggeben wollte und ein Mann in ihrer Wohnung auftauchte, der sich für sie interessierte, widersetzte sich Theresa wütend dem Verkauf. Sie schrie und tobte, rannte schließlich heulend aus dem Zimmer und schlug die Türe hinter sich zu. Um sie zu besänftigen, schickte die Mutter den Käufer wieder fort und stellte die Schiffe in das Zimmer, das Theresa mit Dodo teilte. Das war der Schwester nicht recht. Sie standen ihr im Weg, nicht nur im Regal, sondern auch auf dem Tisch, an dem die Mädchen ihre Hausaufgaben machten. Es gab Streit.

»Die Staubfänger gehören in den Müll!«, schimpfte Dodo.

»Kommt nicht infrage!«, verteidigte Theresa mit wildem Eifer die Hinterlassenschaft ihres Vaters. »Rühr sie nicht an!«

Die Kluft, die die Schwestern trennte, vertiefte sich. Sie sprachen ein paar Tage nicht miteinander und danach nur das Notwendigste. Es dauerte lange, bis sich ihr Verhältnis wieder einigermaßen normalisierte.

Theresa tröstete sich mit den Büchern, die sie von ihrem Vater übernommen hatte. Es war wie ein lustvoller Zwang, fast wie eine Sucht, die von ihr Besitz nahm und der sie sich hingab. In jeder freien Minute tauchte sie in die Geschichten ein und empfand es schmerzvoll, wenn sie gestört wurde, während sie las.

Doktor Doolittles schwimmender Insel