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»Für Marie Johanne
mit Liebe und Dankbarkeit …«

und

»Für Martine und Daniel
und ihre treue Freundschaft«.

Daniel

Meurois

DAS GROSSE BUCH DER

AKASHA
CHRONIK

Der Zugang zum
universellen Weltengedächtnis

Aus dem Französischen von Dr. Gerhild Schulz

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Alle Rechte vorbehalten.

Außer zum Zwecke kurzer Zitate für Buchrezensionen darf kein Teil dieses Buches ohne schriftliche Genehmigung durch den Verlag nachproduziert, als Daten gespeichert oder in irgendeiner Form oder durch irgendein anderes Medium verwendet bzw. in einer anderen Form der Bindung oder mit einem anderen Titelblatt als dem der Erstveröffentlichung in Umlauf gebracht werden. Auch Wiederverkäufern darf es nicht zu anderen Bedingungen als diesen weitergegeben werden.

Copyright der Originalausgabe © by Daniel Meurois

Titel der Originalausgabe: »Les Annales Akashiques - … portail des mémoires d’eternité«, Éditions le Passe-Monde (15. November 2007)

Veröffentlicht in Partnerschaft mit Maurice Baldensperger und Francis Hoffmann GbR

»Publish Vision«; info@publishvision.de, www.publishvision.de

Copyright der deutschen Ausgabe © 2018 Verlag »Die Silberschnur« GmbH

ISBN: 978-3-89845-598-5

eISBN: 978-3-89845-762-0

1. Auflage 2019

Übersetzung: Dr. Gerhild Schulz

Umschlaggestaltung: XPresentation, Güllesheim; unter Verwendung verschiedener Motive von © Zakharchuk, shutterstock.com, © piai und © clearviewstock, fotolia.com

Verlag »Die Silberschnur« GmbH · Steinstraße 1 · D-56593 Güllesheim

www.silberschnur.de · E-Mail: info@silberschnur.de

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Kapitel I: Auf der Suche nach einer Arbeitsmethode

image Erste Annäherung

image Lehrzeit …

image Ein umfassendes Erlebnis

image Zwischen Elastizität der Zeit und Angst

image Ein mystisches Vorgehen

image Wenn die Reise zu Meditation wird …

image Ein bedeutend besseres Gedächtnis

image Simultanübersetzung

image Ein frustrierendes Unvermögen

image Die Filme noch einmal anschauen

image Drei verschiedene Arten des Reisens …

image Eine Seele auf den Spuren ihrer selbst

image Das Filmarchiv unserer Welt

image Zwischen den Zeiten leben

image Gedächtnis und Gleichgewicht

Kapitel II: Die Anatomie der Akasha-Chronik

image Die Art des Films

image Woraus das Akasha gewebt ist

image Geist, Seele und Leib Gottes

image Ein Schritt in Richtung Psychometrie

image Wie sieht nun die Kamera aus?

image Die Produktion des Films

image Das Dossier des Keimatoms

image Das übergreifende Gedächtnis

image Eine Mission pro Planet …

image Neutrale, heiße und kalte Annalen …

Kapitel III: Das Labyrinth

image Ein gewisser Unbekannter

image Technik und Ethik

image Zwei Fälle von Täuschung

image Eine Schutzmaßnahme

image Die Prüfungen

Kapitel IV: Die illusionären Annalen

image Die Anatomie der Materie

image Die vier Äther

image Verzerrende Spiegel

image Der Spiegel der Egregoren

image Die Gefahr der Täuschung

image Die Wahrheit?

image Die religiösen Egregoren

Kapitel V: Die Hüter der Schwelle

image Einladung oder Bewährungsprobe?

image Der Schlüssel

image Die Herren der Flammen

image Die göttlichen Neuronen

image Jenseits von Gut und Böse

image Das Akasha und das Ur-Wort

Kapitel VI: Ein paar Schritte ins Leere …

Die Virtualität des Lebens und der Zeit

image Die Wahrnehmung der Gegenwart

image Das Rad des Lebens

image Das höhere Selbst im Zentrum der Zeit

image Eine Neubestimmung der Vernunft

image Die These von der Gleichzeitigkeit

image Zwei Geschichten zum Nachdenken

image Die Spirale der Leben

image Die unmittelbare Vergangenheit

image Die Zukunft des Gedächtnisses

Kapitel VII: Karma und Raum-Zeit

image Zwischen Substanz und Schaum

image Maya und Karma

image Haben wir nur ein einziges Leben?

image Das Akasha-Gedächtnis und die Maya

image Die Spielregeln akzeptieren

image Das Ende der Zeiten und die Vergebung der Sünden …

image Wer reinigt das Gedächtnis?

Kapitel VIII: Die Wieder-Vereinigung

image Die Krankheit des Vergessens

image Ein Ausweg nach oben …

image Unverzagt hinschauen

image Die Wurzel der Angst

image Unser mentales Chaos

image Die Projektion beenden

image Meditieren?

image Hinweise zur geistigen Reinigung

image Wie man sich neu erfindet

image Die Sphäre des noũs

image Entspannung auf der Ebene der Zellen

image Der Pilgerstab der Versöhnung

image Die Früchte der Leere

image Sich erinnern … an das Licht

Nachwort: Die Vermählung von Akasha und Prana

Hinweise

Über den Autor

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Vorwort

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Bevor wir uns gemeinsam auf den Weg machen …

Ich hörte ein Agnus Dei – eine jener unsterblichen Melodien, welche unsere Seelen zutiefst bewegen und an ihre eigenen Flügel gemahnt. Es war so sanft und getragen, dass ich keinen Augenblick an seiner Herkunft aus dem Archetypischen zweifelte. Dort, im Unendlichen, musste es jemand aufgestöbert haben …

So kommt es zu uns, erhellt ein paar Jahrhunderte oder gar mehr, um dann wieder aus dem irdischen Gedächtnis zu verschwinden …

Es war so mächtig – gewiss würde es wieder erscheinen, in späteren Zeiten, erneut von einer großen Seele eingefangen … als Weckimpuls, als Keim der Erinnerung für die nachfolgende Menschheit. Auch das war mir vollauf bewusst.

Das ist wohl das Schicksal großer Musikstücke, so dachte ich bei mir. Hervorbrechen, hervorquellen – und vergehen, wiederkommen und für immer verwehen – um schließlich wiedergeboren zu werden – sich lachend hinwegsetzen über die Zeit … und die Menschen, die davon träumen, sie zu erhaschen.

Wer war wohl dieser Mensch? Wer hatte der Ewigkeit eine so erhabene Melodie abgelauscht?

Ich kannte nicht einmal seinen Namen.

Es war Weihnachtszeit. Allenthalben erklangen Lieder … und so lief es wohl einfach im Radio, ganz nebenbei …

Genau in diesem Bewusstseinszustand – in seinen güldenen Tiefen – tauchte ich nun auch zum allerersten Mal ein, in das “Gedächtnis des Zeit” – wie ich es heute nenne – in die Akasha-Chronik. Daran erinnere ich mich sehr lebhaft.

Mein Herz hatte sich in diesem magischen Moment so weit ausgedehnt, dass ich meinen restlichen Körper völlig vergessen hatte.

Einen Augenblick später … sah ich mich schon von außen – mit halb geschlossenen Augen alleine auf einem samtenen Sofa. Übergangslos, ohne den geringsten Verlust an Bewusstsein, hatte mich eine Lichtspirale in ihre weiße Stille entführt.

Wo war ich, wohin begab ich mich? Die Frage stellte sich nicht einmal.

Ich weiß nur noch, dass ich mich in einen irren Freiheitssturm verwandelt zu haben schien. Doch da war auch Frieden … und dieser Friede lud mich ein, einem kleinen Lichtstrahl zu folgen, der sich direkt vor mir unendlich ausdehnte.

Und was geschah dann?

Im Inneren des Raumes, in dem ich mich bewegte, ereignete sich so etwas wie eine stumme Explosion und plötzlich stand ich einem Mann gegenüber, der sich über einen Schreibtisch aus dunklem Holz beugte.

Die Szene war glasklar! Ich stand vor ihm wie ein einziges Auge – das der Welt, die sich hier darbot, zwar fremd war, aber dennoch die kleinste Regung darin wahrnahm. Der Mann war noch jung. Er war gerade dabei, mit gebeugtem Rücken fieberhaft etwas zu notieren. Nicht Wörter flossen aus seiner Feder, sondern Noten – schwarz und weiß flogen sie in stürmischem Rhythmus auf die Linien.

Im hinteren Teil des Zimmers stand vor einem Regal, in dem sich Bücher stapelten, ein Klavier mit geöffnetem Deckel – bereit, die Musik zur Welt zu bringen.

Plötzlich, fast gewaltsam, zerriss alles in den Tiefen meiner Seele. Ich hörte einen Motor aufheulen, quietschende Reifen – und war wieder “in mir”. Starr und verstört hockte ich auf meinem Samtsofa. Die Wirklichkeit – besser gesagt, “meine Wirklichkeit” – hatte wieder die Oberhand über mein Bewusstsein bekommen, ja, es gleichsam ansaugt. Draußen hatte der Verkehr zugenommen. Bleiern legte sich Straßenlärm auf mein physisches Sein. – Da war mit einem Schlag alles vorbei …

Hatte ich etwa nur geträumt? Nein, das wusste ich genau. Wenn ein solches Ereignis auftrat, hatte ich vielmehr stets ein Gefühl gesteigerter Wachheit und Lebendigkeit. Da war ich mir ganz sicher.

Der Mann, dem ich zugesehen hatte, wie er über seine Partituren gebeugt Musik notierte, war fraglos der Komponist des Agnus Dei. Gewiss existierte er noch irgendwo in einer gleichsam endgültigen Gegenwart. Wie sollte ich hinfort als “etwas Vergangenes” an ihn denken? Das wäre absurd und völlig unvereinbar mit der offenkundigen Wahrheit, die ich soeben seelisch gestreift hatte …

Auf dieses aufwühlende Erlebnis folgten noch viele weitere. Jahr um Jahr gewannen die Reisen in den Ozean der Zeit an Tiefe und wurden immer reichhaltiger.

Mein Körper ist natürlich gealtert … Mein Bewusstsein aber – also jener Teil in mir, der stets danach trachtete, sich von den Schranken des rein Physischen zu befreien – erscheint mir durch die innige Begegnung mit so etwas wie der “Ewigkeit” eher verjüngt.

So spontan und unkontrolliert mein Eindringen ins Gedächtnis der Zeit zunächst auch war, so gelang es mir doch nach und nach, dies willentlich zu lenken. Zuletzt konnte ich es ganz bewusst steuern.

Da ich mich seit über dreißig Jahren immer wieder – ja fast unablässig – dort aufgehalten habe, kann ich all das bezeugen und zu Papier bringen. Ihr mögt es nun entdecken.

Die Schönheit dieser Erlebnisse bringt mich zum Schreiben, treibt mich an, diese Mitteilungen zu machen.

Überzeugen möchte ich freilich nicht. Obgleich mir längst klar ist, dass Vorstöße in die Raum-Zeit einen wichtigen Schritt bei der Befreiung des menschlichen Bewusstseins darstellen, so weiß ich doch auch, dass man diese Einsicht niemandem aufdrängen oder gar durch Argumente begreiflich machen kann.

Sie kann nur ganz allmählich entstehen, indem man sich der Verjüngungskur aussetzt, mit der jede wahrhaftige innere Suche einhergeht, und sich wagemutig – voller Liebe und frei von Vorurteilen – auf den Weg macht. Man muss sich diese Entdeckungsreise sozusagen erarbeiten.

Und so möchte ich euch einladen, mir auf den Pfaden meiner Erinnerungen und den damit verbundenen Überlegungen zu folgen.

Meine Erlebnisse mögen sich teilweise mit Forschungsergebnissen der Quantenphysik decken, lassen aber stets Spielraum für die Stimmigkeit und Logik des Herzens …

Gute Fahrt auf den Wogen der Zeit!

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Kapitel I

Auf der Suche nach einer Arbeitsmethode

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Erste Annäherung

Wenn einem bewusst zu werden beginnt, dass “etwas” in uns die Fähigkeit besitzt, Zugang zu den Bildern der Vergangenheit zu bekommen, ist man noch weit davon entfernt, zu ahnen, wie groß der Kontinent ist, den man betritt. Im Grunde ist es kein Kontinent, sondern ein ganzes Universum.

Nachdem ich den Schock der ersten, spontan auftretenden Erlebnisse verarbeitet hatte, wurde ich ein paar Monate lang von einer Welle enthusiastischer Neugier erfasst.

Wenn es stimmte, dass es “irgendwo” im Ungreifbaren ein Gedächtnis gab, in dem Erinnerungen gehortet wurden und der menschliche Geist Zugang dazu bekommen konnte, welch” faszinierendes Abenteuer stand der Menschheit dann bevor.

Ich sah mich schon Jahrhunderte, ja, Jahrtausende durchforsten und – warum auch nicht – die Geschichte ganz neu schreiben. Es war der Wunsch eines Träumers – ein verrücktes Begehren, gewiss, doch vor allem Ausdruck eines ungeheuren Hungers nach Wahrheit …

So seltsam es auch klingen mag, ich war schon seit Beginn meiner Schulzeit überzeugt, dass sowohl unsere persönliche als auch die kollektive Geschichte ganz anders abgelaufen ist, als man es uns erzählte … oder wir es in Erinnerung hatten.

Zensur, Manipulation, Voreingenommenheit und Vergessen sind nie nur leere Formeln für mich gewesen.

Zunächst einmal stellt sich ja die Frage, wo unsere Geschichte denn eigentlich beginnt. Etwa im Bauch unserer Mutter, als unbedeutendes Embryo aus Fleisch und Blut, das wächst und gedeiht, um schließlich wie durch ein Wunder “intelligent” zu werden?

Wenn wir aber eine Seele haben, wo liegt dann ihr Ursprung? Etwa in der Zeit? Dringt sie durch die Ewigkeit zu uns? All das war ein Geheimnis …

Auch was die Völkerwanderungen auf unserem Planeten angeht, konnte ich nie blindlings den Berichten und Analysen folgen, die uns in Schulbüchern und Nachschlagewerken vorgesetzt wurden. Schon der gesunde Menschenverstand legt nahe, dass diese ein Spielball politischer Tendenzen und wissenschaftlicher Untersuchungen sind, die sich gegenseitig ablösen oder widerlegen – wenn nicht gar bloße philosophische Modeerscheinungen.

Wird in verschiedenen Zeitungen nicht ganz unterschiedlich, ja geradezu gegensätzlich von ein und demselben Ereignis berichtet, je nachdem welche Ausrichtung das Blatt hat?

Wo also ist die Wahrheit – unsere und die der Welt? Ist sie das, was wir mit den Augen sehen können oder was unser Bewusstsein versteht … beziehungsweise verstehen will?

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Lehrzeit …

All diese Überlegungen und die endlose Flut dessen, was daraus folgte, brachte mich wohl – sobald die “seelische Erschütterung” meiner ersten Vorstöße ins Gedächtnis der Vergangenheit verarbeitet waren – dazu, mehr über Wahrheit und Zeit wissen zu wollen.

Wenn ich zum Kern jenes Phänomens vordringen wollte, das sich jedes Mal ereignete, wenn mein Bewusstsein sich von meinem physischen Körper “ablöste”, um in eine unbekannte Welt einzutauchen, brauchte ich eine Arbeitsmethode. Also widmete ich mich über Jahre unermüdlich der Entwicklung und Verfeinerung einer solchen Methode.

Eines war von Anfang an klar: Immer, wenn das Phänomen auftrat, ging ihm eine Phase voraus, in der meine Selbstwahrnehmung sich von dem, was man Realität nennt, ablöste. … Diese Phase war unterschiedlich lang, aber stets von einem vollständigen Vergessen meines physischen Körpers bestimmt. Er war für mich nicht mehr wahrnehmbar. Ich war nicht nur unfähig, irgendetwas an ihm zu bewegen, und sei es der kleine Finger, ich hatte nicht einmal mehr Lust dazu, so gleichgültig war mir der materielle Teil meines Wesens. Trat dieser Zustand nicht auf, war es sinnlos, mit dem kleinsten Ereignis zu rechnen.

Und noch etwas anderes trat mit aller Selbstverständlichkeit auf. Es hatte mit dem Grad meines Bewusstseins zu tun. Dieses trübte sich nicht etwa ein, wie beim Einschlafen, im Gegenteil, es erweiterte sich.

Der Bewusstseinsgrad, den ich erreichte, verstärkte meine geistige Wachsamkeit und schärfte meine Empfindungen. Kurz, je fremder mir mein Körper wurde, desto lebendiger fühlte ich mich. Ich hatte Teil an einer wahrhaftigen, absoluten Gegenwart.

Außerdem verlief der innere Weg, den ich dabei zurücklegte, recht unterschiedlich. Meist sah ich mich ganz kurz von außen und ließ mich dann sogleich von einer Art Lichtfaden leiten, wie oben beschrieben. Das geschah völlig unabhängig von meinem Willen. Der Raum, den ich dabei durchquerte, wirkte “leer.” Er war weder hell noch dunkel, doch die Leere war stellenweise von goldblitzenden Funken erfüllt.

Es dauerte eine ganze Weile, bis ich merkte, dass der Lichtfaden, der mich vorwärtszog, an einem Punkt zwischen meinen Augen befestigt war – obwohl dieses Wort im Zustand, in dem ich mich befand, eigentlich keine Bedeutung mehr hatte.

Wie lange dauerte diese Phase des Erlebnisses? Das ist schwer zu sagen …

Je vertrauter mir das Heraustreten meines Bewusstseins aus dem Körper wurde, desto kürzer kam es mir jedenfalls vor.

Die unterschiedliche Dauer dieser Reise in meiner Wahrnehmung war natürlich rein subjektiv, das versteht sich von selbst. Sie hing damit zusammen, wie viel Vertrauen ich aufbringen konnte, also mit meiner Fähigkeit zur Hingabe.

Mir war längst klar, dass es darum ging, eine innere Grenze zu überschreiten und nicht eine Distanz in einem physischen Kosmos zurückzulegen.

Ob ich in einen anderen Zeitraum eintauchen konnte, hing jedoch nicht allein von meiner Bereitschaft ab, dem Lichtstrahl zu folgen. Manchmal geriet ich ganz unvermittelt in etwas hinein, das ich als riesige Kuppel aus Glas oder Kristall bezeichnen würde …

Es herrschte darin eine ausgesprochen sanfte Atmosphäre. Fast fühlte es sich an wie Watte.

Ich sah, wie ich mich ganz unabhängig von meinem Willen darin auf einem durchsichtigen Boden fortbewegte, der die Kehrseite der Kuppel unter mir durchscheinen ließ. Im Grunde hätte das zu Schwindelgefühlen führen müssen, doch das war keineswegs der Fall … Es kam mir ganz normal vor. Unaufhaltsam näherte ich mich den Wänden der Kuppel und bemerkte bald, dass sie zum Teil mannshoch mit Büchern bedeckt waren.

Da nahm “jemand”, den ich nicht genau erkannte, eines davon heraus und schlug es auf, um es mir zu zeigen. Die ebenfalls milchig weißen Seiten fesselten meinen Blick, er verlor sich darin … und nun strömte eine Flut von Vergangenheitsbildern in mein Bewusstsein.

Abgesehen von bestimmten Erlebnissen, die ein wenig anders abliefen und von denen ich schon berichtet habe, musste ich dem Unbekannten einfach vertrauen. Erst nach meiner Rückkehr konnte ich dann versuchen zu verstehen, warum mir gerade diese Bilder gezeigt worden waren.

Im Grunde hatte ich kaum Einfluss auf das Geschehen. Es war, als würde meine Seele von einer außerhalb von mir liegenden Kraft auf Hochglanz gebracht. Dabei ging es darum, sie mit einer ihrer Fähigkeiten, aber auch mit unbekannten Aspekten unseres Universums vertraut zu machen. Ich sah mich also als Lehrling.

Diese Phase, in der ich gleichsam “ferngesteuert” war, dauerte allenfalls zwei oder drei Jahre.

Die Bilder, in die ich eintauchte, ohne den geringsten Einfluss darauf nehmen zu können, schienen meist aus einer sehr weit zurückliegenden Epoche der Menschheitsgeschichte zu stammen. Sie standen wohl im Zusammenhang mit den Veränderungen der menschlichen Spezies und den großen Völkerwanderungen.

Daher konnte ich sie, selbst wenn es sich um dramatische Ereignisse handelte – etwa Explosionen von geradezu atomarem Ausmaß – ohne allzu große emotionale Beteiligung betrachten, relativ gelassen und objektiv.

Einige Zeit vermeinte ich, eine Art Puzzle von Informationen vor mir zu haben, dessen Teile ich zusammensetzen sollte, ohne recht zu wissen, warum. Ich muss jedoch sagen, dass dieses Puzzle nie ganz fertig wurde. Die Teile, die ich im Unendlichen aufsammelte, hatten offensichtlich nur die Funktion, zu meiner Ausbildung beizutragen.

Letztlich waren es Momente wie jener des Agnus Dei und seines Komponisten – solche in die Zeit geschlagene Schneisen – die mich allmählich dazu brachten, auf noch andere, wachere Weise in die Vergangenheit vorzudringen.

Diese Durchbrüche waren ganz entscheidend. Sie waren intimer, einfach näher an uns dran. Ihre menschliche Dimension brachte mich dazu, allmählich loslassen zu können. Ich empfand sogar Freude! Das hat gewiss dazu beigetragen, den Prozess des Eintauchens ins Gedächtnis der Zeit zu erleichtern.

Und so nehme ich heute, nach all den Jahren, nur noch ganz selten den kleinen Lichtstrahl wahr, dem ich folgen muss, noch seltener bekomme ich die Kristallkuppel zu sehen. Mein Bewusstsein löst sich von meinem Körper – der rasch empfindungslos wird –, betrachtet ihn ein paar Augenblicke von außen und wird sogleich von der Wirklichkeit einer anderen Zeit angezogen, ohne dass eine zusätzliche Vorbereitungsphase nötig wäre.

Im Bruchteil einer Sekunde befinde ich mich einer milchig weißen Leinwand gegenüber. Sie spiegelt ganz offensichtlich meinen Bewusstseinszustand wider. Zuweilen ist sie stellenweise von senkrechten, grauen Streifen durchzogen, die sich von links nach rechts bewegen. In den allermeisten Fällen jedoch bekommt sie in der Mitte ein Loch, in das ich hineingezogen werde, um übergangslos mitten in einer Szene der Vergangenheit zu landen.

Die Reise ist also in dem Maße kürzer geworden, wie ich allmählich gelernt habe, Glück dabei zu empfinden.

Inzwischen bin ich auch nicht mehr von neugierigem Forscherdrang getrieben. Es ist nicht einmal eine Entspannungsübung und auch keine gezielte Vertrauensübung. Es ist gar keine Übung mehr, es ist eine Form von Liebe, die sich mit Freude vermischt … und zwar selbst dann, wenn ich weiß, dass ich etwas Schmerzhaftes entdecken werde.

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Ein umfassendes Erlebnis

Bis jetzt habe ich nur Bilder erwähnt, die auf geheimnisvolle Weise aus der Vergangenheit aufgestiegen sind. Ich möchte es noch genauer beschreiben, denn es handelt sich nicht bloß um einzelne Bilder, sondern um vollständige Filme – wobei das Wort “vollständig” in diesem Zusammenhang seinen Sinn erst eigentlich entfaltet. Wenn wir Film sagen, denken wir an eine Handlung, die auf einem Fernsehschirm oder einer Kinoleinwand gezeigt wird. Das Eindringen in Szenen aus der Vergangenheit verläuft jedoch anders.

Ein Bildschirm oder eine Leinwand ist ein abgegrenzter Bereich, dem wir als Zuschauer gegenüberstehen. Wir befinden uns also ganz klar außerhalb von ihm in der Rolle des Betrachters.

Beim Lesen in der Zeit aber, erweitert sich das Gesichtsfeld auf 180 Grad oder mehr. Das führt dazu, dass die Distanz zwischen dem Betrachter und der betrachteten Szene wegfällt.

Das Gesehene erscheint umso umfassender, als es auch eine vertikale Blickrichtung gibt. Es ist etwas ganz anderes als etwa ein Film, der auf eine riesige, halbkreisförmige Panorama-Leinwand projiziert würde …

Doch das Vordringen ins Gedächtnis der Vergangenheit beinhaltet noch viel mehr. Es spricht alle Sinne an. So sind Gehör, Geruchssinn, Tastsinn … und manchmal sogar der Geschmackssinn während des gesamten Erlebnisses voll aktiv. Bei mir waren sie sogar gesteigert, so als hätte das, was die Vergangenheit eingefangen hat, überdimensionale Fähigkeiten.

Je mehr ich mich mit den Besonderheiten dieses Phänomens befasse, desto eher bin ich davon überzeugt, dass das menschliche Wesen im Wachzustand reduziert ist, abgeschnitten vom größten Teil seiner Wahrnehmungsfähigkeit. Unser Normalzustand wäre dann in Wirklichkeit ein Zustand reduzierter Sensitivität.

Wie könnte ich die Szenen vergessen, in denen ich mitten auf öffentliche Plätze oder kleine Märkte früherer Zeiten versetzt wurde – sei es im alten Ägypten, im Palästina vor zweitausend Jahren oder aber im Europa des Mittelalters. Ich führe diese Beispiele an, weil in ihnen der umfassende, packende und durchdringende Charakter dessen, was man im Gedächtnis der Zeit erleben kann, am stärksten zum Ausdruck kommt.

Sobald das Bewusstsein sich erweitert und mit neuen, unerforschten Gebieten unseres Universums in Berührung kommt, brechen unsere traditionellen Vorstellungen zwangsläufig auf.

Geht eine Seele in den Gassen der Stadt Echnatons im alten Ägypten vor etwa dreitausendfünfhundert Jahren zwischen den Verkaufsständen umher, so wird sie zum Gefäß einer Symphonie absolut unglaublicher Eindrücke.

Eine Fülle von Gewürzdüften hüllt sie ein. Angezogen vom Aroma der Kichererbsenfladen, wird sie von der sengenden Sonne fast verbrannt, während die raue Berührung grober Leinenstoffe ihre Aufmerksamkeit bannt … bis zuletzt der verwirrende Geschmack lauwarmen Biers sie vollends inkarnieren lässt.

Erfasst man erst einmal die Unermesslichkeit dessen, was ein solches Eintauchen in die Zeit einen empfinden lässt, begreift man auch, dass es nichts Gewöhnliches oder Beiläufiges an sich hat. Es macht einem das tägliche Leben also nicht gerade leichter. Vielmehr wirft es eine ganze Reihe von Fragen auf.

Bei mir ist das Eindringen in die Zeit meist vom Gefühl eines unmittelbaren Kontakts mit dem Boden bestimmt. So werden die ersten Bilder, die ich sehe, sogleich von der Wahrnehmung “meiner” nackten Fußsohlen, die durch heißen Sand gehen, überlagert – oder etwa von der Gewissheit, ein Paar Schuhe zu tragen, die über die Steinplatten eines Schlosses klappern.

Dieser taktile Aspekt der Erfahrung ist meiner Ansicht nach von größter Bedeutung. Vielleicht noch mehr als die optischen oder akustischen Eindrücke, gibt er einem das Gefühl, ganz “da zu sein”, vollkommen anwesend, aus Fleisch und Blut, mitten hineinversetzt in die Handlung. Daher spielt er eine wichtige Rolle bei der emotionalen Wirkung des Phänomens auf das Bewusstsein.

Nun weiß man, dass man nicht bloß “im Kino” ist, sondern eine bestimmte, durchaus erschütternde Dimension unseres Universums – oder unseres Seins, sehr konkret berührt.

Daher ist der Begriff “Vision” auch nicht gut auf solche Erlebnisse anwendbar. Das Wort Vision lässt an ein recht vages, flüchtiges Bild denken, das eher der Welt des Traums, als einer greifbaren Wirklichkeit angehört.

Wenn ich dieses Wort zuweilen verwende, dann, weil es für ein solches Phänomen keinen adäquaten Ausdruck gibt. Unsere Gesellschaft hat noch keine Begriffe dafür.