Rupert Bacher

KURZ&KNAPP

Erzählungen

Zuhause

Wo bist du Burg, Höhle, Insel, mein Zuhause?

Welche Straße, Allee, Gasse ist es, die mich zu dir führt?

Ich gehe, verlaufe mich, schaue verwirrt, bin wütend, verzweifelt, denke, du entziehst dich mir. Dann, endlich habe ich dich gefunden, spüre weder Sturm noch Regen. Ich laufe auf ein Haus zu, es ist weder schön noch originell, versuche, die Tür zu öffnen, doch natürlich, wie dumm von mir, sie ist verschlossen. Ich lache, lache laut, lache Tränen. Nur noch die Tür aufschließen, dann bin ich zu Hause. Endlich. Ich krame nach meinem Schlüssel.

Meine Hände verschwinden in Taschen, Beuteln, Tüten, durchwühlen den Rucksack. So nah bin am Ziel, nur um festzustellen, dass ich mich noch nicht traue, mein Herz dir, mir zu öffnen. Gib mir noch ein wenig Zeit. Sobald ich mir sicher bin, öffne ich die Tür zu dir und mir, nur ein wenig noch, dann sage ich dir, dass ich dich liebe.

Bleib doch …

Abschied I

Ich stehe auf, trete ans Fenster, du liegst noch in der Decke gewickelt. Leises Schnarchen nimmt dem Raum die Stille. Ich schaue dich an, lächele. Dann gefriert mein Lächeln. Vor Stunden noch sind wir verschmolzen, zumindest wollte ich es so erleben. Doch da war nicht mehr als ein Aneinander reiben zweier Körper. Ich greife nach meinen Shorts und Socken, meiner Chino und meinem Shirt, schlüpfe in meine Schuhe. Du hast von Liebe gesprochen, die Worte sind im Gestöhne beinahe untergegangen, ich habe ihre Endsilben weggeküsst. Ich öffne das Fenster zur Straße, lasse den Staub, den Lärm deiner Stadt hinein, drehe mich zu dir um, wundere mich, dass dich das Getöse der Stadt nicht weckt. Vielleicht, weil es deine Stadt ist?

Ich küsse deine Stirn, gehe zur Tür, drehe mich noch einmal zu dir um. Du schaust mich aus verschlafenen Augen an.

„Wohin gehst du?“, fragst du.

„Ich hole mir einen Kaffee.“

„Bringst du mir einen mit?“

„Einen Coffee to go!“

Ich lasse die Tür hinter mir ins Schloss fallen.

Beerdigung

Die Sonne strahlt. Frühling, sattes Grün um uns herum. Ich möchte lachen und tanzen, doch ich folge schweigend dem Zug.

Schritte bewegen sich gemächlich, um nicht zu sagen faul knirschend über den Kies hinweg. Ich bin umgeben von Menschen, alle in Schwarz gekleidet. Sie schauen nach unten, trocknen ihre Tränen.

Haben sie dich gekannt, so wie ich dich gekannt habe? Ich habe mich in deinen Lieblingspulli geschmissen, wirke deplatziert, spüre ihre Blicke. Sie wollen mich nicht dabeihaben, mich, der bis zuletzt bei dir geblieben ist.

Ich habe deine Tränen getrocknet und mir nicht erlaubt, selbst auch nur eine einzige zu vergießen. Dein Sarg wird in die Gruft gelassen, die Menschen werfen Sand und Rosen auf dich hinab. Mitgefühl wird deiner Familie gegenüber geäußert, nicht mir.

Warum auch, ich war ja nur dein Geliebter und bis zuletzt bei dir. Liebster.