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KATHARINA STARLAY

DER STILCOACH FÜR MÄNNER

Erfolgreich unterwegs in Job und Freizeit

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

© Katharina Starlay

Titelbild: Andreas Klein, Shoepassion GmbH, Berlin, http://www.shoepassion.de

Dritte Auflage 2019

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, vorbehalten.

Umwelthinweis

„Der Weg ist das Ziel.“

Konfuzius

Für jeden Mann, der bewusst durchs Leben geht.

Inhalt

Vorwort

Quer durch den Kleiderschrank

1Made to measure – der Mann auf Maß

2Maßkleidung, Stangenware, Outfitportale – der beste Beschaffungskanal für jede Lebenslage

3Relaunch im Kleiderschrank – die strategische Outfitorganisation

4Kleideraufbewahrung

5Unterwäsche – das richtige Darunter für das perfekte Darüber

6Kleiden wie ein Profi – was sich über die Finessen der Herrengarderobe zu wissen lohnt

7Safer Dress – die Ausstrahlung, die durch Vorbereitung entsteht

8Zeitgeist und Krawatte – passen sie zusammen?

Lieblingsteile in einer Männergarderobe

9Frack/Smoking/Cut/Gehrock/Anzug

10Kleine Hemdenkunde

11Die Herrenweste

12Das Einstecktuch

13Die Jeans im Job

14Manschettenknöpfe und Uhren

15Herrenschuhe

16Hut und Schal

17Regenschirm

Das (textile) Image eines Mannes

18Qualität von Anzügen – der smarte Weg durch die Statuswelt

19Qualitätsfragen – diese vier leiten Sie durch die Warenwelt

20Kleiderpflege – Imagepflege! Was sie über den Menschen verrät

21Genug mit dem Krawatten-Bashing!

22Kurzarmhemden – warum eigentlich sind sie so verpönt?

23Tattoos im Trend - Jobkiller oder eine neue Sexiness?

24Charmant-markant altern – und mit den Jahren immer besser werden

Gut gekleidet in diplomatischer Mission

25Im Überblick – Dresscodes im Geschäftsleben

26Im Detail – Businessdresscodes und ihre Light-Version bei Sommerhitze

27Im Detail – gesellschaftliche Dresscodes

28Schicker als der Chef

Sympathisch im Ego-Marketing unterwegs

29Stilvoll im Portrait – welches Bild gebe ich von mir im Netz ab?

30Wertschätzung statt Wichtigtun – so lassen sich Sympathien gewinnen

31Körperhaltung, Wirkung, Status – wie Sie die richtigen Partner anziehen

Unterwegs auf Reisen

32Security-Striptease im Auftrag der Sicherheit

33Kleidertransport – Antifaltenpflege für den Kofferinhalt

34Imageturbo Firmenwagen

Unterwegs in der Damenwelt

35Gentleman – the big uneasy

36Parfums und Düfte – wie Sie die richtige Note treffen

37Sonnenbrille – cool oder peinlich?

38Ansprache und Date – die Sichtweise der Frauen

39Annäherung statt Anmache – die Zauberformel für mehr Anziehungskraft

40Darf ich meinen Mitarbeiterinnen Komplimente machen?

41Rittergeste – der gelungene Blumenkauf

42Körperkult und Businessbärte – was noch attraktiv macht

Stil-Spots – Situationen, über die man oft nicht nachdenkt

43Small Talk

44Händedruck

45Beileid im Beruf

46Tischdame/Tischherr

47Champagner, Häppchen, Händereichen

48In den Mantel helfen

49Die gute alte Pünktlichkeit

Die Autorin

Vorwort

Männer geraten immer mehr unter Zugzwang. In unserer von Werbung und Medien geprägten Welt des ewigen Vergleichs kann sich keiner mehr leisten, die Herausforderung an unser Aussehen und Auftreten und unseren Umgang mit dem eigenen Körper in einer immer älter werdenden Gesellschaft nicht anzunehmen.

Aber nicht jedem ist die Kraft der visuellen Wahrnehmung bewusst: „Das rein Äußerliche hat keinen besonders guten Ruf. Man müsse auf die inneren Werte der Menschen schauen, heißt es immer. Und doch …“ beginnt entsprechend ein Artikel der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung von Philip Plickert. Die Veröffentlichung vom 21. Mai 2017 liefert genügend Erkenntnis, dass Aussehen „unterwegs zur Macht“ und auch sonst im Leben durchaus eine Rolle spielt – überall da, wo die Bereitschaft des Betrachters, sich auf tiefere Informationen hinter der Fassade einzulassen, gering ist. Und in unserer schnelllebigen Zeit wird sie das zwangsläufig: Informationen werden heute in höchstem Tempo durch Bilder vermittelt.

Das bedeutet: Ihre Kleidung muss Ihre Sprache sprechen und über Sie sagen, wozu Sie oft keine Gelegenheit haben, sozusagen stellvertretend für Sie. Deshalb ist sie so wichtig. „Style is a way to say who you are without having to speak“ (engl. Stil ist ein Weg, ohne Worte mitzuteilen, wer Du bist) heißt es auch. Und erst im Zenit der Macht spielt das Aussehen eine untergeordnete Rolle, so Plickerts Resümee.

Und damit nicht genug: Unsere Lebensmitte hat sich verlagert, und die zusätzlichen Jahre wollen mit Lebensqualität gefüllt werden. Wie wir uns kleiden und geben, spielt also nicht nur für die Einschätzung unseres Lebensalters eine Rolle, sondern auch für die Wahl neuer Partner, beruflich wie privat.

Dieses Buch widmet sich daher nicht nur der (Herren-) Kleidung als wichtigste Nebensache im zwischenmenschlichen Kontakt, sondern auch der Frage, wie sich Frauen als geschäftliche Partner – oder Partnerin für einen privaten Neuanfang – gewinnen lassen.

Der richtige Auftritt gegenüber Frauen ist für alle Männer relevant. Im Geschäftsleben übernehmen immer mehr Frauen leitende Funktionen, und weibliche Vorgesetzte sind eine Größe, die zur Wirtschaft der Zukunft gehört. Wie Sie als Mann wirken, beeinflusst also Ihren Berufseinstieg und -aufstieg und begleitet Sie ein Leben lang.

Welche Frau steht heute privat an Ihrer Seite? Auch das ist eine Antwort auf Ihre Ausstrahlung und Ihre persönliche Eleganz des Geistes. Es ist die Art, anderen Menschen zu begegnen, die aus einem gut angezogenen Menschen eine Persönlichkeit macht – mit einer Ausstrahlung, der sich niemand entziehen kann.

Mit Modeerscheinungen wie „Jeans und Sneakers“ ist das aber nicht getan, denn sobald etwas Mode wird, ist die Avantgarde zum Mainstream geworden.

Aktuell bewegt die Frage, ob und inwieweit Stilberatung auch über das Internet funktioniert: Geht Vertrauen „digital“? Und lassen sich textile und persönliche Farben über den Bildschirm wirklich sauber erkennen? Was ist mit dem individuellen Befinden dahinter, welches der Kern der Stilberatung oder des Stilcoachings ist? Lässt sich das auch digital erledigen?

Wo die Angebotswelt verwirrend wird, muss sich der Konsument selbst schlau machen. Er muss – Sie müssen herausfinden, was der richtige Weg für Ihren persönlichen Style ist.

Der Stilcoach für Männer bündelt die besten Inhalte aus drei Jahrzehnten der Erfahrung durch meine Seminare, zahlreiche private Kleiderschrankinventuren und Imageberatungen für und in Unternehmen. Dabei wird eines immer wieder klar: Kleidung geht buchstäblich an die Wäsche. Und so wird das Gespräch über Textilien und die perfekte Hülle für einen Mann nicht selten zum vertraulichen Dialog.

Auch sehr junge Männer am Beginn ihrer Karriere suchen Anleitung, die sie fit für die Berufswelt macht. Und so ist es jetzt an der Zeit, ein Buch für Sie herauszugeben, für Männer im Wandel – Menschen unterwegs im Leben.

Dass Sie sich in Haut und Hülle wohlfühlen und Entscheidungen für die richtigen Berater treffen – das ist mein Ziel. Und dass Sie über Ihre Kleidung nicht mehr nachdenken müssen, weil sie so gut ist, das ist mein Wunsch. Für Ihren Lebenserfolg.

Ihre Katharina Starlay

im Sommer 2017

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Quer durch den Kleiderschrank

1Made to measure – der Mann auf Maß

Kenner schätzen das einzigartige Gefühl, das sich einstellt, wenn ihre Kleidung jede Bewegung mitmacht, weil sie wie eine zweite Haut sitzt. Sie lieben die Selbstverständlichkeit des Tragegefühls, welches den Anzug vergessen lässt und damit der Persönlichkeit Raum gibt – nicht umgekehrt.

Das alte Sprichwort „Kleider machen Leute“ wird in der Maßkonfektion ersetzt durch „Kleidung zeigt Persönlichkeit“ – und schließlich ist es das, was Sie mit Ihrer Kluft erreichen wollen: Denn erst dann zündet das Resonanzprinzip und zieht Ereignisse und Menschen in Ihr Leben, die dazu passen.

Bitte sehen Sie mir nach, wenn ich Sie im Lauf des Buches mit Sie anrede: Es entspricht meinem Respekt für Sie (ob jung oder alt) und der Kultur unserer deutschen Sprache. Sollten wir uns einmal persönlich begegnen, ist immer noch Zeit für eine andere Anrede. Nicht, dass ich verstaubt wäre – aber bis die Duz-Generation die Mehrzahl unserer Geschäftswelt ausmacht, liegen noch ein paar Jahre vor uns. Man merkt das, wenn man mit den Assistenten oder Assistentinnen der flippigen Red-Sneaker-Vorstände, die aktuell die Medien füttern, zu tun hat: Dort wird großer Wert auf die formelle Anrede und den Doktortitel gelegt.

„Mr. Super-Lässig“ der Medien bleibt nämlich im näheren Kontakt immer noch „Herr Dr. Distanz“. Und das wird auch noch eine ganze Weile so bleiben. Das Du ist aber in der Außendarstellung so präsent geworden, dass wir aufpassen sollten, in keine Finte zu geraten.

Wichtig: Trotz der immer lässiger werdenden Dresscodes in unserer Geschäftswelt bleibt der Anzug ein international anerkanntes Signal der gepflegten Herrenbekleidung, das Achtung erzeugt.

Es ist kein Geheimnis, dass auch sehr bekannte Labels Anzüge so preisgünstig wie möglich fertigen lassen, und das in ebenfalls nicht geringer Stückzahl. Exklusivität durch Seltenheitswert ist also auch bei den Nobelnamen kein Verkaufsargument mehr.

Es ist lediglich das Image des Besseren, das den teuren Marken mit Wiedererkennungswert anhaftet. Bei Kleidung geht es wie bei Autos nicht selten darum, zu zeigen, was man hat.

Und um in der gewünschten Liga zu spielen, investieren Marken viel Geld in Imagekampagnen und müssen dafür – wie es scheint – nicht selten in der Produktion sparen.

So wird Maßkleidung von einem Anbieter, den man kennt und dem man vertraut, zu einer echten Alternative.

Maßkleidung – was es bedeutet: Bei einem echten Maßanzug wird vollständig Maß genommen. Die Konturen des Körpers werden genauso betrachtet wie die Körperhaltung, jede Rundung und jede Unebenheit. Möglich, dass Sie wegen einer betont aufrechten Haltung und gutem Training der Brustmuskulatur vorne eine Konfektionsgröße mehr benötigen als im Rücken. Möglich, dass die Beine unterschiedlich lang geschnitten werden müssen, zum Beispiel, weil einseitig die Hüfte stärker oder das Gesäß runder ist. Ein Spezialist sieht all das und überträgt es auf einen eigens für diesen Kunden gemachten Handschnitt. In der klassischen Maßschmiede der Savile Row, einer Einkaufsstraße in Mayfair im Londoner Stadtbezirk City of Westminster, ist es eine Ehrensache, dass es in diesem Prozedere auch eine oder mehrere Zwischenanproben gibt, bis der Anzug natürlich, elegant und wie eben jene zweite Haut sitzt, die Sie sich wünschen. Der ganze Service macht einen Mann zum Gentleman, lohnt sich aber für den Schneider, der oder dessen Schnittmacher eigentlich ein Künstler ist, erst bei Nachbestellung.

Dreidimensionale Körperkonturen auf einen flach liegenden Papierschnitt zu übertragen ist nämlich eine wahre Kunst, die viel abstraktes Denken und noch mehr Erfahrung verlangt.

Maßkonfektion (Teilmaß): Was heute als Maßkleidung verkauft wird, ist tatsächlich das Teilmaß. Im Laden werden Konfektionsgrößen aus einem Mustergrößensatz anprobiert und die Abweichungen von der Norm notiert. Taille minus drei Zentimeter, Ärmellänge plus zwei Zentimeter, Bundweite minus zwei Zentimeter und so weiter. Diese Maße werden elektronisch übermittelt, auf eine digitalisierte Vorlage übertragen und als Zuschnittschablone zur Auflage auf den im Laden ausgewählten Stoff geplottet – so nennt man den Ausdruck des Schnittmusters. „Made to measure“ ist also in den meisten Fällen „Made to fit“, weil bestehende Konfektionsmaße nur passend gemacht werden (engl. Fitting = Anprobe). Dank dieser modernen Methoden und der schnellen Datenübermittlung ist Maßkleidung im weiteren Sinn heute für viele erschwinglich geworden.

Betrachtet man die Maßtabellen der verschiedenen Größensätze für Männer, fällt auf, dass sich die Konfektionsgröße immer auf den Brustumfang bezieht. Wenn Sie also einen Brustumfang von 100 cm haben, ist zum Beispiel die Konfektionsgröße 50 (halbes Maß) bei normaler Körperhöhe und Größe 25 (viertel Maß) bei geringerer Körperhöhe passend. Im zweiten Fall spricht man von einer Kurzgröße. Allerdings werden die trendigen Passformen heute so schmal geschnitten, dass mancher eine größere Größe nehmen möchte, um sich noch wohl zu fühlen, denn der ultra-schmale modische Anzug ist nicht für jeden gut.

Im Dienste des Teilmaß werden auch zunehmend Bodyscanner eingesetzt, deren erste Generation sich in der Praxis nicht wirklich bewährt hat: Die für den Scan notwendige Körperhaltung mit angewinkelten Armen wie ein übertrainierter Bodybuilder hat auch kaum etwas mit der natürlichen Haltung eines Menschen im Alltag zu tun. Es bleibt zu sehen, welche Genauigkeit beim Sitz der Kleidung die nächste Generation der Bodyscanner liefert. Schließlich ist die Passform das A und O des guten Stils!

Maßangepasste Konfektion: Hier werden Anzüge von der Stange in Ärmel- und Hosenbeinlänge, gelegentlich noch in Bund- und Saumweite des Sakkos lediglich angepasst. Dass die oben beschriebene Perfektion und der damit verbundene Tragekomfort damit nicht zu erreichen sind, liegt auf der Hand.

Weder Maßkleidung noch Maßkonfektion und maßangepasste Konfektion können den Körper übrigens auf Wunschmaß bringen, aus einem unzufriedenen Menschen auch keinen zufriedenen machen und aus einem unerfüllten keinen glücklichen. Sie können auch nicht einen temperamentvollen, bewegungsfreudigen Menschen zu einer Person mit kontrollierten Bewegungen machen. Wer also mehr Bewegung braucht, fragt besser nach Stoffen mit einem geringen Anteil an Elastan – bitte aber nur querelastisch, was zum Beispiel das Vornehmen der Arme noch unterstützt. Und auch die Erwartung, dass ein Maßanzug länger halten müsse als einer von der Stange, wird der Sache nicht gerecht, im Gegenteil: Gerade die extrafeinen, edlen Super 120 bis Super 180er-Garne haben eine geringe Lebensdauer.

Wer die Qualität einer sehr guten Passform liebt und seine Einzigartigkeit nicht in Serienware hüllen will, wird sich mit Maßkleidung wohlfühlen und großartig aussehen. Gut angezogene Menschen kennen und tragen die für sie richtigen Weiten und wählen ihre Kleidung auch danach aus, ob sie das persönliche Bewegungsmuster respektiert. Ein Mensch mit ausladenden Bewegungen wird die Passform immer mit mehr Bewegungszugabe aussuchen als der kontrollierte Bewegungstyp. Ein guter Maßberater wird dies auch (gegenüber dem Bodyscanner, der das individuelle Bewegungsmuster nicht erfasst) berücksichtigen und ansprechen, wenn er es sieht.

Die Qualität Ihres Maßanbieters: Sie tun gut daran, die Qualifikation Ihres Maßschneiders zu erfragen. Ein boomender Markt muss zwangsläufig auf Beraterressourcen aus anderen Branchen zurückgreifen, und es sind die Qualität der fachlichen Einarbeit sowie die Erfahrung, die aus einem Anbieter einen Fachmann machen. Zum Beispiel muss die Schulterlinie auf den Winkel der Schulter (abfallend, gerade oder „steil“) abgestimmt werden, damit die Schulterpartie des fertigen Anzugs ein gutes Bild abgibt. Und die Saumlinie des Sakkos sollte bei einem gut sitzenden und auf die Körperbalance abgestimmten Teil auch im Profil immer gerade sein. Erfahren sticht jung und hipp bei Weitem, wenn es um Maßkleidung geht.

Beratungsqualität und das daraus entstehende Vertrauen sind und bleiben das Juwel, das der stationäre Einzelhandel dem Internetverkauf voraus hat.

Ein guter Maßanbieter hat außer einer Palette von klassischen Businessstoffen auch Modisches zur Auswahl und versteht sich perfekt auf die Kunst, Schnitte und Farben auf die Persönlichkeit abzustimmen.

Stilberatung ist hier gefragt, aber auch ein Wissen um den strategischen Einsatz von Kleidertypen und -formen, denn je nach Branche, Aufgabe und Anlass verändert sich auch der Anspruch an die Ausstattung. Und es ist auch nicht klug, schicker als der Chef gekleidet zu sein oder umgekehrt zu lässig bei einer wichtigen Präsentation zu erscheinen. Ein Maßspezialist ist also gleichzeitig ein Profi des Schneiderhandwerks, ein Stilberater und ein Karrierecoach. Oder er arbeitet mit solchen zusammen.

Denn die Verantwortung ist groß: Um den höheren Preis der Arbeit auf Maß zu rechtfertigen, muss das Ergebnis unangreifbar und über Kritik erhaben sein. Negative Bemerkungen aus dem Umfeld nimmt ein Mann ernst (und meistens persönlich), so dass sich das betreffende Kleidungsstück direkt in eine Schrankleiche verwandelt. Und genau das riskiert auch, wer unzutreffende Maße in die Eingabemaske eines Internetanbieters eingibt, weil er es nicht besser weiß. Denn das Ergebnis ist immer nur genauso gut, wie der verarbeitende Betrieb mit den Maßen auch etwas anfangen kann.

Ein Spezialist dagegen weiß das Maßband kontinuierlich gleich eng oder weit anzulegen, achtet auf Maßhaltigkeit des Maßbandes, das sich bei sehr warmen Temperaturen und je nach Material auch weiten und geringfügig – aber für die Maßangaben bedeutsam – an Länge gewinnen kann, und er kennt auch die Angewohnheit seiner Kunden, die Brust herauszustrecken, sobald sie vor dem Spiegel stehen. Der sensible Fachmann wird Sie dann in einen Small Talk verwickeln bis Sie wieder normal stehen, bevor er Maß nimmt.

Die eigene Qualität: Von uns als Kunden verlangt Maß die Reife der Entscheidung – denn Änderungswünsche sind ab einem bestimmten Punkt der Anfertigung nicht mehr möglich – und einen realistischen Blick auf das Machbare: Eigenheiten des Körpers werden wie erwähnt durch Maßkleidung zwar gut inszeniert, nicht aber unsichtbar gemacht.

Der Begriff Maßkleidung wird übrigens erst seit der Industrialisierung verwendet, um sich von Angeboten aus Serienfertigung abzuheben – davor war quasi alles Maß.

Bitte nutzen Sie die Möglichkeiten der Maßanfertigung auch dazu, Ihr Portfolio an Bekleidungselementen auszubauen: Der Anzug allein ist nur eine reduzierte Auswahl der Kleiderkunst. Er gewinnt an Kombinationsmöglichkeiten, sobald Sie noch eine Weste dazu machen lassen und unbedingt eine zweite Hose – gerne auch in einem anderen Schnitt. Die Weste bringt Ihren Anzug im Handumdrehen vom Dresscode Business auf Smart Business, wenn Sie noch dazu passend ein edleres Hemd mit Umschlagmanschette, Manschettenknöpfen und entsprechende Schuhe kombinieren. Und die zweite Hose verlängert die Einsatzdauer Ihrer Investition um Einiges.

2Maßkleidung, Stangenware, Outfitportale – der beste Beschaffungskanal für jede Lebenslage

Die Ausstattung eines Anzugs hat auch mit dem Dresscode zu tun, den man bedienen möchte.

In einer eher lässigen Branche, die Business casual unterwegs ist und Jeans-und-Sakko favorisiert, ist beispielsweise ein Maßanzug mit aufknöpfbaren, also echten Ärmelknopflöchern, Einstecktuch und Monogramm zu viel des Guten. Ein Übermaß an Formalität und Chic kann eine Distanz erzeugen, die dem Ziel, Menschen zu erreichen, zuwider läuft.

Die echten Ärmelknopflöcher sind übrigens das Erkennungsmerkmal dafür, dass der Anzug für diesen Träger eigens gefertigt wurde, und um es zu zeigen, lassen manche Herren den untersten Knopf demonstrativ offen – eine Geste, die niemand nötig haben sollte. Denn ein wahrer Kenner oder eine Kennerin sieht es auch ohne dass ein geöffneter Knopf ihm das erzählt. Es sind immer die subtilen Botschaften, welche die größte Wirkung entfalten. Genauso wie auch eine wirklich edle Herrenuhr nicht aufträgt.

Wann wählt Mann was? Wenn es um Kleidung geht, ist die Suche nach der richtigen Bezugsquelle nicht zuletzt eine Frage der Figur, des Dresscodes und der Bereitschaft, der eigenen Erscheinung Zeit und Sorgfalt zu widmen. Die Budgetfrage ist nur bedingt ein Argument – denn ein schlechtsitzender Anzug kann (je nachdem, wer einem gegenübersteht) im ungünstigsten Fall einen Auftrag kosten und wird damit mehr als teuer.

Die Entscheidung für Maßkleidung: Sie ist außer den erwähnten Vorteilen der unnachahmlichen Passform und der Einzigartigkeit eines Unikats auch Überzeugung in eigener Sache: Die Zeit für eine Erstanfertigung nach Maß, die Sorgfalt der Auswahl von Stoff und Details sowie den hohen Grad an Individualisierung muss man sich selbst auch wert sein. Und man braucht ein Umfeld, wo dieses erwünscht oder zumindest akzeptiert ist.

Für Branchen, in denen Unauffälligkeit und Anpassung an eine ungeschriebene, aber sichtbare Uniformierung gefragt sind, ist Maß die falsche Wahl. Womit wir bei der Strategie und der Frage einer Berufswahl, die langfristig glücklich macht, angekommen wären: Es mag Phasen in einer Karriere geben, in denen Sie sich einem gegebenen Dresscode auch bei einer gewissen Einförmigkeit gerne unterordnen – zum Beispiel, wenn Sie im Vertrieb oder in einem eher konservativen Unternehmen wertvolle Erfahrungen für Ihre spätere Karriere sammeln. Sie wissen ja, wofür Sie es tun.

Langfristig ist es aber nicht gut, sich in ein Heer von Anzugträgern einzugliedern, wenn Sie das Gefühl haben, sich zu verbiegen. Ausgesuchte Avantgardisten zum Beispiel tun sich schwer in Branchen, in denen das verlangt wird – und so hat die Überlegung für die richtige Kleidung auch sehr viel mit einem selbst zu tun. Denn wer sich ein Leben lang verkleidet fühlt, kann keine Bestleistungen bringen.

Ein paar Männer müssen aus Figurgründen auf Maßkleidung zurückgreifen – etwa wenn bestimmte Höhen- oder Weitenmaße von der Stange nicht zu bekommen sind. Dann aber haben Sie noch immer die Wahl, Maß unauffällig zu tragen und auf die erwähnte Symbolik zu verzichten. Auch bei Maß lässt sich ein Anzug natürlich mit geschlossenen Ärmelknopflöchern anfertigen – wie aus der Industrieproduktion.

Wenn die Körpermaße einmal bekannt sind und Sie als Kunde „maßhaltig“ sind, also nicht größenwirksam zu- oder abnehmen, sowie sich der individuelle Schnitt wie in einer Generalprobe bewährt, lassen sich Maßanzüge auch auf Zuruf nachbestellen (übrigens eine Erweiterung des Fachbegriffes „bespoken“, also Stoff, Schnitt und Ausführung wie besprochen) – so wird der Zeitaufwand langfristig überschaubar.

Die Entscheidung für Stangenware: Herrenkonfektion (abgekürzt HAKA) repräsentiert immer einen Durchschnitt aus Erfahrungswerten der Bekleidungsindustrie, sowohl in der modischen Aussage als auch in der Schnittführung.

Dabei haben gerade Männer gegenüber dem Angebot an Damenoberbekleidung (DOB) viel mehr Größensätze zur Verfügung, welche die hoffentlich richtige Passform für Ihren Körper bietet. Für Männer gibt es außer dem Normalgrößensatz von (meist) 46 bis 60 auch noch den Langgrößensatz (94 bis 118 oder mehr) und den Kurzgrößensatz (23 bis 30 oder mehr), außerdem Untersetzte- und Bauchgrößen. Das zugrunde liegende Körpertypensystem trägt der Balance der Körperhaltung und der Proportion Rechnung: Während man davon ausgehen kann, dass sich ein Mann mit Normalgröße aufrecht hält, ist eine hoch gewachsene Langgröße oft leicht nach vorne geneigt, während der vorne leicht stärkere untersetzte Körper oder die noch etwas stärkere Bauchgröße die Verteilung des Körpergewichts durch eine aufrechtere Haltung auszugleichen sucht. Diese Erkenntnis ist übrigens nicht zuletzt eine Aufgabe für den Modellmacher, der den Grundschnitt und seine Passform harmonisch auf den Körpertyp abstimmen sollte. Modische Tendenzen, die auf alle Körpertypen appliziert werden, sind da eher kontraproduktiv, weil die Körpertypen unterschiedlich sind.

Im Handel werden Sie überwiegend Normal-, Lang- und Kurzgrößen finden, und es bleibt dem Einkäufer und seinen Abverkaufslisten überlassen, ob er die sogenannten Randgrößen und speziellen Größensätze bedient. Gegenüber dem Angebot in der Damenkonfektion, welche sich oft auf Normalgrößen beschränkt, sind Männer mit mehreren Größensätzen aber wirklich privilegiert.

Die Kunst liegt in der Anwendung, also darin, die für Sie richtige Größe zu finden. Wer eine Figur hat, die in genau diese Größensätze mit wenig Änderungen passt und die an allgemeinen Trends orientierten Vorschläge von Farbe, Schnitt, Stoff und Styling gerne annimmt, ist mit Stangenware gut bedient – wenn die Beratung stimmt. Eine gute Passformberatung ist nämlich in einer an Fachpersonal verarmenden Handelsbranche nicht selbstverständlich.

Deshalb sollten Sie die Basics unbedingt selbst überprüfen:

Passform: Klassische Kleidung aus gewebter Ware – gegenüber den gewirkten Waren, die Sie etwa bei Strick und Jersey finden, aus dem Shirts und Jogginghosen gemacht werden – sollte schmal sitzen und den Körper leicht nachzeichnen ohne je einzuengen.

Das ist auch bei den zunehmend schmaler gewordenen modischen „italienischen“ Anzugformen nicht anders, die erst in Mode kommen konnten, seitdem auch in der HAKA zunehmend Stoffe mit Elastan eingesetzt werden. Eine schmale Hose funktioniert nun mal nur, wenn sie nachgibt – sonst platzen die Nähte (womöglich noch im ungünstigsten Moment).

Gerade sehr junge Männer, welche mit dem tiefhängenden Schritt aufgewachsen sind, neigen dazu, ihre Hose zu tief die Hüfte herunterzuschieben. Bei einer hektischen Bewegung kann auch das die Naht krachen lassen, weil der Schritt tiefer als geplant an einer größeren Stelle der Beinschere sitzt.

Ihr Sakko sollte glatt fallen und keine Längsfalten (sonst wäre das Sakko zu weit) oder Querfalten (zu eng) werfen. Außerdem ist die Proportion von Schulterpartie und Kopf wichtig: Je schmaler die Schulter des Anzugs geschnitten ist, desto größer wirkt der Kopf – was nicht immer erwünscht sein mag. Die Ärmellänge endet an der Handgelenkwurzel, so dass Ihr Langarmhemd ca. 1,5 bis 2 cm – bei betont modischen Outfits bis zu 4 cm – herausschauen kann und bis zum Daumengelenk reicht. Eine stärker abfallende Schulter (manchmal auch einseitig) lässt sich mit einem dezenten Schulterpolster ausgleichen. Sie sollten Ihre Arme ohne Einschränkung nach vorne nehmen können.

Die Hose muss in der Bundweite angenehm sein und sich in der sogenannten Leibhöhe (hüftig, normal oder mit einem höheren Bund) und der Oberschenkelweite auch im Sitzen gut anfühlen. Das Hosenbein reicht bei normaler Beinweite hinten bis zum oberen Schuhabsatz, stößt vorne auf den Spann auf und macht im Stehen nur einen Knick. Modisch schmale Hosen werden kürzer getragen, sollten aber im Sitz-Test daraufhin überprüft werden, dass keine nackte Wade sichtbar wird.

Westen werden schmal am Körper getragen, und Sie lassen den untersten Knopf offen, damit sie im Sitzen nicht staucht.

Ihr Hemd ist je nach persönlicher Vorliebe schmal am Körper oder aber lässig weiter geschnitten, und man sollte sehen, dass sich der Hemdkragen auch schließen lässt – selbst, wenn Sie ihn geöffnet tragen wollen. Zwischen den geschlossenen Kragen und Hals passen noch ein bis zwei Finger.

Die etwas ungewöhnlichen Abkürzungen HAKA und DOB sind übrigens in der Kultur der Konfektion gewachsen und nicht unbedingt rational logisch.

Die Entscheidung für Outfitportale: Die Idee der Outfitportale besticht auf den ersten Blick mit dem verführerischen Angebot, dass Mann die Eigenverantwortung für den eigenen Stil im Callcenter abliefern kann. Der persönliche Stil und was zu einem selbst, dem Status und der beruflichen Aufgabe passt, bleibt aber Chefsache, auch bei Zeitmangel – also Ihre Sache.

Das Problem ist, dass so eine Beratung nur persönlich – kaum aber virtuell geleistet werden kann, auch nicht per Foto. Die Voraussetzung für die Qualität der Beratung ist online