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Wissenschaftliche Beiträge
aus dem Tectum Verlag

Reihe Philosophie

Wissenschaftliche Beiträge
aus dem Tectum Verlag

Reihe Philosophie

Band 38

Siegfried Schumann

Bewusstsein unabhängig
vom Gehirn

Eine Literatursichtung mit Blick auf
Willensfreiheit und einen
möglichen Paradigmenwechsel

Tectum Verlag

Siegfried Schumann

Bewusstsein unabhängig vom Gehirn. Eine Literatursichtung mit Blick auf
Willensfreiheit und einen möglichen Paradigmenwechsel

© Tectum – ein Verlag in der Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2020

ePub 978-3-8288-7437-4

(Dieser Titel ist zugleich als gedrucktes Werk unter der ISBN 978-3-8288-4426-1 im Tectum Verlag erschienen.)

 

Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum Verlag,

Reihe: Philosophie; Bd. 38

ISSN 1861-6844

Abbildungen:

Cover: shutterstock.com © agsandrew, Rückseite: © Siegfried Schumann

 

Alle Rechte vorbehalten

Informationen zum Verlagsprogramm finden Sie unter
www.tectum-verlag.de

 

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben

sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Vorwort

Ausgangspunkt

Sind wir bei unseren als „willentlich“ empfundenen Entscheidungen wirklich frei, die eine oder auch die andere Wahl zu treffen? Oder sind in unseren Augen bewusst getroffene Entscheidungen von außen betrachtet lediglich ein „Nebenprodukt“ neuronaler Prozesse im Gehirn – was Willensfreiheit in engeren Sinne ausschließt? Ist Willensfreiheit damit eine Illusion?

Die Frage ist für unser alltägliches Denken und Handeln von fundamentaler Bedeutung, was das Bild auf der Umschlagrückseite illustrieren soll. Hierzu mehr am Ende des Buches. Im Bereich der Wissenschaft wird sie kontrovers und teilweise sehr heftig diskutiert. Sie beschäftigt nicht nur die Philosophie. Zum Beispiel kommt ihr auch im Rahmen der (human-)wissenschaftlichen Forschung ein zentraler Stellenwert zu.

Dies war für mich persönlich Anlass und Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit dem Thema – ungeachtet seiner Relevanz für viele andere Lebens- und Forschungsbereiche. Wie man die Frage beantwortet, hat erhebliche Konsequenzen – unter anderem auch dafür, wie Forschung sinnvollerweise durchzuführen ist und wie Forschungsergebnisse zu interpretieren sind.

Im Bereich der empirischen Sozialforschung beispielsweise hat das quantitative Forschungsparadigma einen herausragenden Stellenwert. In ihm stellt die Annahme eines „freien Willens“ allerdings insofern ein Problem dar, als sie nach dessen Grundannahmen (einer „Einheitswissenschaft“) kaum zu rechtfertigen ist. Auf der anderen Seite wird die Vorstellung eines „freien Willens“ dennoch in aller Regel akzeptiert, wohl, da eine Ablehnung eklatant unserem Alltagsverständnis widersprechen würde. Spätestens die Forscherinnen und Forscher selbst werden sich kaum einen „freien Willen“ absprechen1 – womit auch den von ihnen untersuchten Personen ein solcher schwerlich abzusprechen sein dürfte. Im qualitativen Paradigma2 dagegen stellt „Willensfreiheit“ schlichtweg eine Grundannahme dar, welche allerdings aus Sicht des quantitativen Paradigmas insbesondere mit dem Verursachungsproblem (hierzu im Weiteren mehr) konfrontiert ist und entsprechend kritisiert wird.3

Die hier angesprochene Diskussion um die Annahme eines „freien Willens“ bezieht sich auf einen „starken“ Begriff von Willensfreiheit, welchen der Biologe und Hirnforscher Gerhard Roth folgendermaßen charakterisiert:

1. Ich als bewusst denkendes und agierendes Wesen bin Träger meines Willens und Verursacher meiner Handlungen.

2. Ich könnte unter identischen sonstigen Bedingungen auch anders handeln beziehungsweise hätte ich im Rückblick auch anders handeln können, wenn ich nur wollte beziehungsweise gewollt hätte, also sozusagen allein kraft meines immateriellen Willens […] (Roth 2009a, S. 10, Hervorhebungen im Original).

In diesem Sinne wird der Begriff „freier Wille“ im vorliegenden Buch verwendet. Dabei ist anzumerken, dass die Möglichkeit der Ausübung eines so definierten „freien Willens“ gegebenenfalls auf bestimmte Bereiche menschlichen Denkens und Handelns beschränkt sein wird – allerdings auf solche, die aus humanwissenschaftlicher Sicht von besonderem Interesse sind. Die Annahme, subliminale Wahrnehmung (wie etwa bei unterschwelligen Werbebotschaften) wäre durch einen „freien Willen“ zu beeinflussen, dürfte kaum jemand vertreten – wohl aber die Annahme, dies träfe auf durchdachte Entscheidungen nach langwierigen Abwägungsprozessen zu.

Nimmt man Willensfreiheit im oben genannten Sinne als gegeben an, folgt als Konsequenz, dass es „im Naturgeschehen Kausallücken gibt, in die hinein der immaterielle Wille steuernd eingreift“ (Roth 2009a, S. 10). Der Neurophysiologe Wolf Singer (2015, S. 12) bringt es auf den Punkt:

Wir erfahren uns als freie mentale Wesen, aber die naturwissenschaftliche Sicht lässt keinen Raum für ein mentales Agens wie den freien Willen, das dann auf unerklärliche Weise mit den Nervenzellen wechselwirken müsste, um sich in Taten zu verwandeln

– womit das bereits erwähnte Verursachungsproblem angesprochen ist. Der Philosoph David Chalmers formuliert in einem Gespräch mit Susan Blackmore die grundlegende Frage zum Verursachungsproblem knapp: „Wie kann der Geist auf die physikalische Welt wirken?“ (Blackmore 2012, S. 63).

Zur Diskrepanz zwischen der in seinem Zitat geschilderten Position und unserem Selbstverständnis bemerkt Singer:

[…] für Entscheidungen, die auf der bewussten Abwägung von Variablen beruhen und die wir als gewollt empfinden, fordert unsere Intuition anderes. Wir neigen dazu, eine von neuronalen Prozessen unabhängige Instanz anzunehmen, die neuronalen Abläufen vorgängig ist: eine Instanz, die sich Sinnessignale und Speicherinhalte bewusstmachen kann, daraus Schlüsse zieht, eine Option als gewollt identifiziert und diese dann in Handlung umsetzt. Diese Sichtweise artikuliert sich in zwei Positionen. Eine, die dualistische, postuliert für die wollende Ich-Instanz einen immateriellen Dirigenten, der das neuronale Substrat nur nutzt, um sich über die Welt zu informieren und seine Entscheidung in Handlungen zu verwandeln. Diese Position ist mit dem Verursachungsproblem konfrontiert und mit bekannten Naturgesetzen unvereinbar. Sie hat den Status unwiderlegbarer Überzeugungen. Die andere geht zwar davon aus, dass auch die sogenannten »freien Entscheidungen« vom Gehirn selbst getroffen werden, dass die zugrundeliegenden Prozesse sich aber aus nicht näher spezifizierten Gründen über den neuronalen Determinismus erheben können. Aus neurobiologischer Sicht ist auch diese Lesart unbefriedigend. […] Dies folgt aus der zwingenden Erkenntnis, dass neuronale Vorgänge in der Großhirnrinde nach immer gleichen Prinzipien ablaufen und dass sowohl bewusste als auch unbewusste Entscheidungen auf Prozessen in dieser Struktur beruhen. Wenn dem aber so ist, warum räumen wir den bewussten Entscheidungen einen anderen Status ein als den unwillkürlichen […] (Singer 2013, S. 57–58; Hervorhebungen: Sch.).

Problemstellung

Das vorliegende Buch beschäftigt sich mit der im vorstehenden Singer-Zitat erstgenannten, dualistischen Position und geht der Frage nach, ob (und wenn ja welche) Argumente für die Annahme einer solchen dualistischen Position zu finden seien. Hierzu zwei Vorbemerkungen:

Zum einen ist sicherlich zutreffend, dass die dualistische Position „mit dem Verursachungsproblem konfrontiert und mit bekannten Naturgesetzen unvereinbar [ist]“ (Singer 2013, S. 57; Hervorhebung: Sch.). Das entscheidende Wort scheint hier „bekannt“ zu sein, denn die aus Sicht der klassischen Physik zunächst selbstverständliche Einschätzung relativiert sich mit Blick auf die Quantenphysik. Nach den Ergebnissen der Quantenphysik ist die Sichtweise der klassischen Physik als „empirisch falsch“ zu betrachten (auch wenn sie sich über weite Strecken als äußerst nützlich/viabel erweist). Eine Alternative in Form einer dem „gesunden Menschenverstand“ zugänglichen, allgemein akzeptierten Interpretation der experimentell bestens bestätigten Ergebnisse der Quantenphysik ist allerdings derzeit nicht bekannt.4

Der international renommierte Physiker Anton Zeilinger schreibt mit Blick hierauf einleitend in einem seiner Bücher über Quantenphysik:

Die zweite Absicht […] ist es, Ihnen zu zeigen, wie viele Fragen noch offen sind. Noch wichtiger als die Änderungen durch neue Technologie werden wahrscheinlich die auf der Quantenphysik beruhenden Änderungen unserer Weltanschauung sein – Änderungen, von denen wir gegenwärtig nur eine grobe Ahnung haben. Diese Vermutung liegt deshalb nahe, weil die Quantenphysik bereits fast ein Jahrhundert alt ist und dennoch bis heute keine einheitliche, zufriedenstellende Interpretation gefunden wurde – wahrscheinlich deshalb, weil die Änderungen weit radikaler sein müssen, als vielen lieb ist (Zeilinger 2007, S. 8).

Auch der zweite im Singer-Zitat angesprochene Einwand, die dualistische Position habe den „Status unwiderlegbarer Überzeugungen“ (Singer 2013, S. 57), ist zu hinterfragen. Das Argument der empirischen Forschung, es müsse Falsifizierbarkeit gegeben sein, gilt für Kausalhypothesen. Bei der im Folgenden dargestellten Diskussion zum Thema „Dualismus“ im genannten Sinne werden jedoch Existenzaussagen einer Prüfung unterzogen. Bei Existenzaussagen genügt ein einziger „akzeptierter“ Fall zur Verifikation. Die betreffenden Existenzaussagen können mit anderen Worten empirisch geprüft werden! Widerlegt werden kann eine Existenzaussage nicht, wohl aber verifiziert – vorausgesetzt, man akzeptiert die „Beweisführung“.

Nach dem oben Gesagten erscheint es nicht abwegig, die erwähnte dualistische Position einer empirischen Prüfung zu unterziehen. Dies stellt das Hauptanliegen des vorliegenden Buches dar. Eine zentrale Frage ist dabei, ob Bewusstsein5 notwendigerweise und in allen Fällen ein Produkt neuronaler Prozesse darstelle oder ob dies in bestimmten Fällen nachweislich nicht der Fall sei. Letzteres könnte auf einen „immateriellen Dirigenten“ im Sinne Singers (2013, S. 57) hinweisen – zumindest stellt es eine Grundvoraussetzung dafür dar, dass ein solcher im Falle einer freien Willensentscheidung „das neuronale Substrat […] nutzt, um sich über die Welt zu informieren und seine Entscheidung in Handlungen zu verwandeln“ (Singer 2013, S. 57).6

Zu prüfende Hypothesen (Existenzaussagen)

Im vorliegenden Buch werden zwei Hypothesen (in Form von Existenzaussagen) einer empirischen Prüfung unterzogen:

H 1: Es gibt Fälle, in denen Bewusstsein auftritt, obwohl das Gehirn inaktiv ist (und daher nicht in der Lage, Bewusstsein zu erzeugen).

 

H 2: Es gibt Fälle, in denen Personen über Wissen verfügen, das sie nicht durch Gehirnaktivitäten erlangt haben können.

Der Vorschlag zur Prüfung der genannten Hypothesen stammt aus einer 2017 in dem Buch „Jenseits des Selbst“ veröffentlichten Diskussion zwischen Wolf Singer und Matthieu Ricard. Diese Diskussion ist – was zentrale Fragen zum Thema „Bewusstsein“ betrifft – einleitend in Kapitel 1 dargestellt.

Durchgeführt wird die Prüfung (bis auf einen kurzen, aus methodischer Sicht wichtigen Exkurs in Kapitel 3) wie in der Diskussion zwischen Singer und Ricard empfohlen.

Akzeptiert man anhand der in den nachfolgenden Kapiteln berichteten Belege eine der beiden Existenzaussagen (oder beide) als „bestätigt“, stützt dies die oben geschilderte dualistische Position. Es läge dann in der Tat nahe, „eine von neuronalen Prozessen unabhängige Instanz“ im Sinne des obigen Zitats von Singer (2013, S. 57; Hervorhebung: Sch.) anzunehmen.

Das vorliegende Buch bietet eine Zusammenstellung von Informationen, die als Grundlage für die Beurteilung dieser Frage oder zumindest als Ausgangspunkt für weitere Recherchen und Diskussionen dienen können.

1 Susan Blackmore (2012, S. 19) bestätigt dies mit Blick auf zahlreiche Interviews, welche sie mit hervorragenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zum Thema führte.

2 Ausführlich dargestellt ist der Gegensatz zwischen dem quantitativen und dem qualitativen Forschungsparadigma in Schumann (2018), eine knappe Zusammenfassung findet sich in Schumann (2019, S. 257–262).

3 Näheres zu dieser kurzen Skizze zum Thema „Willensfreiheit“ im Rahmen der humanwissenschaftlichen Forschung ist in Schumann (2018, S. 71–92) ausgeführt. Zum unterschiedlichen Stellenwert von „Willensfreiheit“ im quantitativen bzw. qualitativen Forschungsparadigma vgl. dort S. 89–91.

4 Das Kapitel: „Zusammenbruch des materialistisch-deterministischen Weltbildes“ in Schumann (2018, S. 49–70) befasst sich ausführlicher mit dieser Thematik. Alexander Wendt (2015) setzt sich aus sozialwissenschaftlicher Perspektive mit den Implikationen der Ergebnisse der Quantenphysik auseinander.

5 (Nominal) definiert als: „die bewusste Wahrnehmung von uns selbst und unserer Umgebung“ (Myers 2014, S. 90).

6 Wie dies vonstattengehen kann, ist eine gesonderte Forschungsfrage, welche gegebenenfalls anschließend zu untersuchen wäre. Sie beträfe dann insbesondere das weiter oben angesprochene Verursachungsproblem.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Ausgangspunkt

Problemstellung

Zu prüfende Hypothesen (Existenzaussagen)

1 Einleitung: Wolf Singer diskutiert mit Matthieu Ricard über „Bewusstsein“

Bewusstsein als Produkt neuronaler Prozesse?

Konsequenzen in puncto „Willensfreiheit“

Rätselhafte Erfahrungen

Zielsetzung und Literaturgrundlage des Buches

2 Bewusstsein bei inaktivem Gehirn? Nahtoderfahrung (NTE)

Anmerkungen zur Prüfung von Hypothese H 1

Mögliche Belege für die Inaktivität des Gehirns

Mögliche Einzelfall-Belege für „Bewusstsein“

Mögliche fallübergreifende Belege für „Bewusstsein“

Zum weiteren Vorgehen

2.1 Ein Neurochirurg denkt um: Eben Alexander berichtet über seine Erfahrung

Vorbemerkungen

Überblick

Bericht über „klare Erfahrung“ bei einer NTE

Zur Person/Umdenken

Bericht über zwei zusätzliche Validierungshinweise

2.2 Ein angehender Mediziner denkt um: Raymond Moody berichtet (retrospektiv) über Nahtoderfahrungen Anderer

Vorbemerkungen

Allgemeine Informationen zur Person

Zur Person/Umdenken

Moodys Haltung zu Berichten und Zeugenaussagen

Datenbasis der Untersuchung

Zur Validität der geschilderten Inhalte

Zur „Funktionsfähigkeit“ des Gehirns in Todesnähe

Zur Validierung: NTE-Inhalte und Eigenschaften

Bemerkungen Moodys zur Validierung der Berichte

Fazit und praktische Relevanz

2.3 Ein Kardiologe denkt um: Die prospektive Studie Pim van Lommels in den Niederlanden

Vorbemerkungen

Zur Person/Umdenken

Ziel, Anlage und Durchführung der Studie

Zeitliche Konstanz der Berichte

Zur Validierung: Außerkörperliche Wahrnehmung

Zur Validierung: Inhalte der Nahtoderfahrungen

Ausschluss alternativer Erklärungen

Veränderungsprozesse aufgrund der NTE

NTE bei Kindern: Inhalte und „Begegnungen“

Phantasien, Einbildung und Betrug?

Ein Fazit Pim van Lommels

2.4 Eine (später promovierte) Krankenschwester denkt um: Penny Sartori führt eine prospektive Studie in Großbritannien durch

Vorbemerkungen

NTE-Berichte und ihre kulturelle Prägung

Zur Person/Umdenken

Ziel, Anlage und Durchführung der Studie

Außerkörperliche Erfahrungen

Ausschluss alternativer Erklärungen

Zur Validierung: NTE-Klarheit und Langlebigkeit

Zur Validierung: Zurückhaltung beim Erzählen

Zur Validierung: gravierende Veränderungen

Zur Validierung: harter Kern von NTE-Elementen

Zur Validierung: NTE unbeschreibbar

Das Fazit Penny Sartoris

2.5 Ein Intensivmediziner denkt um: Sam Parnia initiiert eine prospektive Studie in Europa und den USA

Vorbemerkungen

Der Fall Tiralosi/Forschungsinteresse Parnias

Zur Person/Umdenken

Angaben zur Studie

Ärzte berichten über Auftreten von „Bewusstsein“

Weitere Validierungshinweise I

Ausschluss alternativer Erklärungen

Weitere Validierungshinweise II

Das Fazit Sam Parnias

2.6 NTE: Definition(en), Häufigkeit und Inhalte (soweit zur Prüfung von Hypothese H 1 relevant)

Definition(en) und Verwandtes

Häufigkeit von NTE und NTE-Berichten

Inhalte von NTE: Übersicht – Teil I

Ähnliche Inhalte bei van Lommel und Hampe

Ähnlich häufige NTE-Elemente in zwei Studien

Inhalte von NTE: Übersicht – Teil II

Anmerkungen zur Prüfung von Hypothese H 1

2.7 Umdenken der Autorinnen und Autoren in Richtung: „Dualismus“

Zum Begriff: „Dualismus“

Ansichten über die Entstehung von „Bewusstsein“

Bewusstsein als Produkt der Gehirnaktivität?

3 Bewusstsein bei geschädigtem Gehirn? Die Recherchen Michael Nahms zur terminalen Luzidität

Zum Begriff: „terminale Luzidität“

Prüfung von Hypothese H 1: Vier relevante Punkte

Mögliche Belege zu den Punkten 1 bis 4

Informationen zur Arbeit Nahms

In Nahms Arbeit aufgeführte Berichte

Zur Validität der aufgeführten Berichte

Auch Nahm befasst sich mit „Dualismus“

Vorschläge für weitere Forschungsarbeit

4 Wissenserwerb ohne Gehirnaktivität? Jim B. Tucker untersucht Erinnerungen an frühere Leben

Weshalb dieses Kapitel?

Allgemeine Informationen zur Person

Prüfung von Hypothese H 2 bei Individuen

Fallübergreifende Prüfung von Hypothese H 2

Berichte von Kindern über „frühere Leben“

Tuckers Kontakt mit Ian Stevenson

Schlüsse bezüglich Gehirn und Geist: Dualismus

Quantenphysik und dualistische Position

Bestätigung für Hypothese H 2 nach Tucker

Statistik zur Prüfung von Hypothese H 2

Das Fazit Jim B. Tuckers

5 Zusammenfassung der Argumentation

Mein persönliches Fazit

Umschlagbild: Was geschieht hier?

Literatur

1 Einleitung: Wolf Singer diskutiert mit Matthieu Ricard über „Bewusstsein“

Das vorliegende Buch beschäftigt sich mit der Frage, ob Bewusstsein lediglich ein (nachgeordnetes!) Produkt neuronaler Aktivität im Gehirn sei – oder ob es möglicherweise unabhängig davon auftreten bzw. „existieren“ könne.

Unter „Bewusstsein“ ist dabei – im Sinne einer Nominaldefinition – „die bewusste Wahrnehmung von uns selbst und unserer Umgebung“ (Myers 2014, S. 90; vgl. hierzu auch Damásio 2013, S. 169) zu verstehen.

Die praktische Relevanz der genannten Frage liegt auf der Hand. Ihre Beantwortung hat tiefgreifende Konsequenzen für unser Selbstverständnis. Die Interpretation des im Bild auf der Umschlagrückseite festgehaltenen Geschehens hängt beispielsweise hiervon ab – wobei festzuhalten ist, dass sehr unterschiedliche Interpretationen möglich sind!

Auch für die Wissenschaft ist die genannte Frage relevant. So ergibt sich beispielsweise aus ihrer Beantwortung der Stellenwert, den wir den Grundannahmen der quantitativen bzw. der qualitativen empirischen Sozialforschung beimessen (vgl. hierzu z. B. Schumann 2018).

Insbesondere die zentrale Frage des „freien Willens“ ist – wie nachfolgend dargelegt – aufs engste mit der hier behandelten Thematik verknüpft. Der vorliegende Beitrag wird keine letzte Antwort liefern. Er liefert jedoch aus unterschiedlichen Bereichen Indizien dafür, dass die Vorstellung eines zumindest in bestimmten Fällen von neuronalen Prozessen unabhängigen Bewusstseins nicht vorschnell verworfen werden sollte.

Die Beiträge stammen von naturwissenschaftlich sozialisierten Personen, die auf eine entsprechende Ausbildung zurückblicken und die entsprechende Argumentationsweise – was die genannte Thematik betrifft – kennen.

Die Beurteilung der berichteten Anhaltspunkte bleibt natürlich der Leserin bzw. dem Leser überlassen. In etlichen Fällen mag diese Beurteilung aufgrund mangelnden Spezialwissens auf dem betreffenden Fachgebiet schwerfallen – ich möchte mich da nicht ausschließen. Wie nachfolgend noch zu erläutern sein wird, würde jedoch die Akzeptanz auch nur eines einzigen der hier angesprochenen Belege genügen, um einräumen zu müssen, dass Bewusstsein offenbar auch ohne eine „erzeugende“ neuronale Aktivität auftreten kann. Damit wäre, wie im Vorwort dargestellt, eine Voraussetzung für die Annahme eines „freien Willens“ gegeben.

Zu Beginn möchte ich einige für die genannte Fragestellung zentrale Passagen aus dem äußerst lesenswerten und informativen Buch „Jenseits des Selbst“ von Wolf Singer und Matthieu Ricard (2017) zitieren. Wolf Singer, für sein wissenschaftliches Werk vielfach ausgezeichnet, ist emeritierter Direktor am Max-Plank-Institut für Hirnforschung in Frankfurt am Main. Matthieu Ricard, Autor mehrerer internationaler Bestseller, „war als Molekularbiologe am Institut Pasteur in Paris tätig, bevor er buddhistischer Mönch wurde“ (Singer und Ricard 2017, Umschlag/back matter) – und sich mit der Wirkung der Meditationserfahrung auf neuronale Prozesse befasste.

Bewusstsein als Produkt neuronaler Prozesse?

Die in dem Buch von Singer und Ricard beschriebene Diskussion dreht sich an zentraler Stelle um die Frage eines möglicherweise von einer materiellen Basis unabhängigen Bewusstseins. Auf den ersten Blick scheint die Sachlage klar. In den Worten Singers:

Die Neurobiologie postuliert [sic!], dass alle geistigen Prozesse, auch jene, die anscheinend nicht viel mit materiellen Abläufen zu tun haben – Wahrnehmen, Entscheiden, Planen, Gefühle entwickeln und sich seiner selbst und der Welt bewusst sein zu können –, die Folge neuronaler Prozesse sind und nicht ihre Ursache. Im Rahmen unseres Verständnisses von Naturgesetzen ist es unvorstellbar, dass ein immaterielles Agens – also etwa der Wille – auf neuronale Netzwerke einwirkt und sie dazu bringt, das auszuführen, was dieses Agens vorhat, um damit eine Handlung auszulösen. Wie ich finde, vertritt die Neurobiologie hier zu Recht die eindeutige Position, dass alle mentalen Funktionen, einschließlich unseres Bewusstseins, das Resultat des Zusammenspiels der neuronalen Aktivitäten in den verschiedenen Bereichen des Gehirns sind. Diese koordinierten Aktivitätsmuster bringen hervor, was wir als Wahrnehmungen, Entscheidungen, Gefühle, Urteile oder den Willen erfahren. Aus dieser Perspektive sind folglich alle mentalen Phänomene die Folge neuronaler Prozesse und nicht deren Ursache (Singer und Ricard 2017, S. 214; Hervorhebung im Original; vgl. hierzu auch S. 206, 208, 224, 308).

Auf den zweiten Blick fällt zunächst das Verb „postuliert“ ins Auge. Ähnlich ist auf Seite 206 eher vorsichtig formuliert von „neurobiologischen Indizien“ die Rede, welche auf den genannten Sachverhalt hindeuten. In gewisser Ambivalenz hierzu formuliert Singer auf Seite 224 wieder klipp und klar:

Es gibt kein »Bewusstsein« ohne eine entsprechende neuronale Basis

– worauf Ricard kontert:

Ziehst du hier deine Schlüsse nicht ein wenig voreilig? Sicherlich teilen die meisten Neurowissenschaftler diese Meinung, aber es wäre übertrieben zu behaupten, dass es diesbezüglich unwiderlegbare Beweise gibt.

Letzteres wird oft konstatiert. Wolf Singer (2015, S. 29–30) antwortete beispielsweise an anderer Stelle auf die Frage: „Das heißt, Sie kennen die materielle Ursache des Erlebens?“ unter anderem mit:

[…] Was uns noch schwerfällt, ist, das neuronale Korrelat für Bewusstsein an sich zu identifizieren. Wir wissen noch nicht, wie die Repräsentation der Inhalte des Bewusstseins im Gehirn organisiert ist.

Bei dem Psychologen und Kognitionswissenschaftler Wolfgang Prinz (2013, S. 26) ist zu lesen:

Die Biologen können erklären, wie die Chemie und die Physik des Gehirns funktionieren. Aber niemand weiß bisher, wie es zur Ich-Erfahrung kommt und wie das Gehirn überhaupt Bedeutungen hervorbringt.

Der Philosoph David Chalmers meint in einem Gespräch mit Susan Blackmore:

»[…] Wie können hundert Milliarden interagierende Neuronen im Gehirn zusammen die Erfahrung eines bewussten Geistes mit all diesen wundervollen Bildern und Klängen hervorbringen?« Im Moment kennt wohl niemand die Antwort darauf (Blackmore 2012, S. 58)7

und der Intensivmediziner Sam Parnia (2013, S. 247) berichtet:

In der Wissenschaft ist es uns nicht gelungen, anhand eines plausiblen biologischen Mechanismus zu erklären, wie eine Zelle oder eine Gruppe von Zellen, die zusammenarbeiten (d. h. das Gehirn) möglicherweise einen Gedanken oder eine Sammlung von Gedanken erzeugen könnte und damit letztlich die Instanz hervorbringt, die wir als das menschliche Bewusstsein bezeichnen.

Auch der Physiologe Benjamin Libet (2013, S. 285) stellt fest:

Es gibt eine unerklärte Lücke zwischen der Kategorie der physischen Phänomene und der Kategorie der subjektiven Phänomene

und der Kardiologe Pim van Lommel (2013, S. 222) zitiert den Medizin-Nobelpreis-Träger Francis H. C. Crick mit den Worten:

Bisher können wir nicht ein einziges Areal im Gehirn identifizieren, in dem die Aktivität der Neuronen exakt dem lebhaften Bild der Welt entspricht, das wir vor unseren Augen haben.

Ganz ähnlich schrieb bereits Hampe (1975, S. 98):

Die Wissenschaft weiß ja heute noch immer nicht, was sich abspielen muss, damit körperliche Veränderungen im Gehirn zu seelischen Ereignissen führen […]. Wir kennen die Schaltstellen zwischen Gehirn und Bewusstsein […], aber wir haben noch keine Ahnung davon, wie sie funktionieren.

Konsequenzen in puncto „Willensfreiheit“

Die Vorstellung, Bewusstsein sei (wie alle „geistigen Prozesse“ im oben genannten Sinne) lediglich ein Produkt neuronaler Aktivitäten im Gehirn8, impliziert – wie bereits erwähnt – weitreichende Konsequenzen. Insbesondere ist nach dem Statement Singers die Annahme eines „freien Willens“ offenbar unhaltbar. Gemeint ist in diesem Zusammenhang ein „starker“ Begriff von Willensfreiheit, wie er im Vorwort definiert wurde.9 Was wir im alltäglichen Leben als „willentliche Entscheidung“ bezeichnen, wäre damit nach meiner Lesart des Statements nichts weiter als eine (durch vorausgehende neuronale Aktivität verursachte) Illusion (vgl. z. B. auch Singer und Ricard 2017, S. 206).

Beispielsweise wären im Bereich der Wissenschaft Fragestellungen, Interessenlagen, Zielsetzungen etc. von Forscherinnen und Forschern, deren Forschungsaktivitäten sowie auch die Resultate ihrer Forschungen letztlich das Ergebnis von Kausalketten und Selbstorganisationsprozessen. Gleiches würde für die Aktivitäten von Hans und Sophie Scholl als auch für deren Ermordung gelten. Auch lebensrettende medizinische Hightech-Geräte, ebenso wie Mienen in Form von Kinderspielzeug, wären wohl konsequenterweise als Ergebnis von Kausalketten und Selbstorganisationsprozessen zu betrachten – um die Implikationen der genannten Sichtweise etwas plakativ zu demonstrieren (vgl. hierzu auch Schumann 2018, S. 71–92).

Ein Argument gegen diese Sicht der Dinge sei anhand zweier Ausschnitte aus der Diskussion zwischen Matthieu Ricard (MR) und Wolf Singer (WS) aufgezeigt:

(WS) Wenn deine Entscheidung lautet, es dir auf einer Müllhalde bequem zu machen, dann müssen die Verbindungen in deinem Gehirn so verknüpft sein, dass diese demonstrative Handlung befriedigender ist als alle anderen Dinge, die du tun könntest.

(MR) Warum sollte das Gehirn auf diese merkwürdige Weise verdrahtet sein? Das ist für mein Überleben doch total kontraproduktiv.

(WS) Es muss eine treibende Kraft geben, deinen Neigungen zu widerstehen und dir zu beweisen, dass du frei bist. Diese kann nur Ausdruck neuronaler Aktivität sein, und daher muss sie aus dem Gehirn selbst stammen.

(MR) Weil das Gefühl, die Kontrolle zu haben, sich irgendwie auszahlt?

(WS) Genau (Singer und Ricard 2017, S. 267; Hervorhebungen: Sch.).

Der zweite Ausschnitt:

(MR) Hier sitze ich also, in einem, wie ich hoffe nicht ganz verblendeten Zustand, und behaupte, dass ich die nächsten fünf Stunden auf diesem Stuhl sitzen bleiben werde, wenn du mir bestätigst, dass dies ein schlagender Beweis für den freien Willen ist.

(WS) Aber es muss ein Problem geben, das du versuchst zu lösen, oder einen inneren Drang, wenn du so etwas Verrücktes tust oder wenn du jetzt rausgehst und dich nackt auf der Wiese herumwälzt.

(MR) Vielleicht aber auch nicht, wenn es diese philosophische Frage beantwortet. Dafür wälze ich mich dann auch wie ein Idiot nackt im Gras. Ich würde das nicht tun, weil ich mein Bedürfnis aufgrund eines unkontrollierbaren Anflugs von Wahnsinn nicht unterdrücken kann, sondern mit einem klaren und besonnenen Geist, um eines Arguments willen, das mir wichtig erscheint. […]

(WS) Was geht dieser Entscheidung voraus? Was ist in deinem Gehirn geschehen, bevor dieser Plan heranreifte und es zu dieser Entscheidung kam? Du würdest mir doch zustimmen, dass es in deinem Gehirn zu Planungen und Entscheidungen gekommen sein muss. [10]

In deinem Beispiel geht es um deinen Wunsch, dir oder mir zu beweisen, dass du einen freien Willen hast. Du hast also ein konkretes Motiv, das während unseres Gesprächs entstanden ist, nämlich aus dem Widerspruch zwischen meinen Argumenten und deinem Gefühl. Diesen Konflikt möchtest du lösen, indem du den Beweis erbringst, dass du spontan entscheiden kannst, etwas ganz Ungewöhnliches und auf den ersten Blick Sinnloses zu tun. Allerdings ist es in diesem Fall sehr deutlich, was deiner vermeintlich freien Entscheidung vorausgegangen ist: Argumente, welche die Willensfreiheit infrage stellen, haben deiner Intuition widersprochen, worauf dann schließlich dein Gedanke entstanden ist, wie du diesen Konflikt auflösen kannst.

(MR) Aber auch jetzt sagst du nur, dass die Natur den Kausalgesetzen folgt. Hier geht es aber doch um die Faktoren, welche die Entscheidungsfindung beeinflussen. Gibt es Raum für eine mentale Verursachung meiner Entscheidung, die dem Bewusstsein entstammt und nicht den neuronalen Vorgängen? Wir kehren immer wieder zu der Tatsache zurück, dass man die Möglichkeit, dass das Bewusstsein etwas anderes als ein Nebenprodukt der Gehirnaktivität ist, nicht kategorisch verwerfen kann (Singer und Ricard 2017, S. 268–269; vgl. hierzu auch S. 266–267).

Angemerkt sei, dass Singer die hier sehr strikt vertretene Position an anderer Stelle vorsichtiger formuliert, beispielsweise bei einer Diskussion mit dem Philosophen Lutz Wingert im Feuilleton der ZEIT (deren Bemerkungen im Folgenden kursiv gesetzt sind). Singer meint:

Wir erfahren uns als freie mentale Wesen, aber die naturwissenschaftliche Sicht lässt keinen Raum für ein mentales Agens wie den freien Willen, das dann auf unerklärliche Weise mit den Nervenzellen wechselwirken müsste, um sich in Taten zu verwandeln.

Wie löst der Hirnforscher diesen Konflikt?

SINGER: Der Konflikt ist in meinen Augen derzeit nicht lösbar. Die zwei komplementären Beschreibungssysteme existieren auch im Hirnforscher alltäglich nebeneinander. Ich kann bei der Erforschung von Gehirnen nirgendwo ein mentales Agens wie den freien Willen oder die eigene Verantwortung finden – und dennoch gehe ich abends nach Hause und mache meine Kinder dafür verantwortlich, wenn sie irgendwelchen Blödsinn angestellt haben (Singer 2015, S. 12).

In einem Beitrag für SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT (deren Bemerkungen ebenfalls kursiv gesetzt sind) findet sich folgende Passage:

Was ist bei der Frage nach dem freien Willen das Kernproblem?

– Das wesentliche Problem ist, dass wir annehmen, das Verhalten von ganz einfachen Organismen – Plattwürmern oder Schnecken etwa – lückenlos im Rahmen unserer naturwissenschaftlichen Beschreibungssysteme erklären zu können. Das bedeutet, wir können Verhalten auf neuronale Prozesse zurückführen. Niemand wird gegenwärtig bezweifeln, dass es möglich ist, vorauszusagen, was ein Wurm als nächstes tun wird, wenn die Gesamtheit aller Erregungszustände der Nervenzellen des Tieres messbar wäre.

Ist das schon Stand der Forschung?

– Bei ganz einfachen Tieren – oder sagen wir besser: Nervensystemen – ist das schon fast möglich.

Sie meinen, Sie haben es vielleicht noch nicht ganz erreicht, aber bald?

– Wir glauben zumindest [sic!], dass es prinzipiell möglich ist. Wir müssen dazu nur technische Probleme überwinden, die mit der Komplexität der Vorgänge und den Messinstrumenten zu tun haben (Singer 2015, S. 26).

Meines Erachtens zeigen die Passagen, dass der genannte Standpunkt der Hirnforschung – bei aller Stringenz der Argumentation! – auf mindestens einem Glaubenssatz beruht. Mehr zum Thema „Glaubenssätze“ im Rahmen der wissenschaftlichen Forschung findet sich in Schumann (2018, S. 11–19, 108–123, 165–168). Auch Singer kann nach meiner Lesart entsprechend interpretiert werden, wenn er – an anderer Stelle – einem Kapitel „Vom Gehirn zum Bewusstsein“ ein „epistemologisches Caveat“ voranstellt (Singer 2002, S. 60–62).

Rätselhafte Erfahrungen

Ein für die Betrachtungen des vorliegenden Beitrags wichtiger Teil in dem zitierten Buch von Singer und Ricard (2017) findet sich auf den letzten zwanzig Seiten, beginnend mit der Überschrift „Rätselhafte Erfahrungen“. Matthieu Ricard eröffnet diesen Teil mit genau der Fragestellung des vorliegenden Buches:

Es wäre interessant, sich mit Phänomenen zu beschäftigen, die – falls wirklich etwas dahintersteckt – zu einer Neubewertung unserer Ansicht führen müssten, dass das Bewusstsein allein vom Gehirn abhängt. Ganz spontan fallen mit drei solche Phänomene ein, wobei man da sicherlich Schein von Sein und Tatsachen von Gerüchten unterscheiden muss. Es geht um die folgenden: Personen, die Zugang zu den Gedanken anderer haben; Menschen, die sich an ein früheres Leben erinnern; und Leute, die Nahtoderfahrungen gemacht haben und/oder von Geschehnissen berichten, die sich zutrugen, während sie offenkundig bewusstlos waren, das heißt, bei denen das EEG keine Gehirntätigkeit anzeigte. […] Weil diese Phänomene häufig als Beweis für die Sichtweise angeführt werden, dass unser Bewusstsein nicht auf unseren Körper beschränkt ist, sollten wir zumindest klären, welche Validierungskriterien hier anzulegen wären.

WS [WOLF SINGER:] Das ist in der Tat eine wichtige erkenntnistheoretische Fragestellung. Wären diese Berichte […] stichhaltig, ließen sie sich also nicht durch so triviale Dinge wie Sinnestäuschungen, fälschliche Erinnerungen oder Zufall erklären, hätten wir wirklich ein großes Problem, denn sie lassen sich nicht nur nicht mit den bekannten neuronalen Abläufen vereinbaren, sondern sie würden, schlimmer noch, gegen einige der Grundgesetze verstoßen, auf denen unsere Naturwissenschaften basieren. Ein gemeinsames Problem all dieser rätselhaften Phänomene besteht aber darin, dass sie sich nicht reproduzieren lassen. Man kann sie nicht vorsätzlich herbeiführen und damit ist ihre experimentelle Überprüfung unmöglich. Natürlich könnte man dagegenhalten, dass sie zu einer Klasse von Phänomenen gehören, die sich genau dadurch auszeichnen, nicht reproduzierbar zu sein, dass sie Singularitäten einer Dynamik sind, die sich nie wiederholt (Singer und Ricard 2017, S. 320–321).

Die Forderung nach dem Ausschluss von Faktoren wie Sinnestäuschungen, fälschlichen Erinnerungen etc., welche zu Fehlinterpretationen führen könnten, stellt eine Selbstverständlichkeit dar. Das ohnehin bereits relativierte Validitätskriterium der „Reproduzierbarkeit“ dagegen muss meines Erachtens im vorliegenden Fall nicht unbedingt gegeben sein. Das Argument der experimentellen Überprüfbarkeit entstammt dem Ansatz der quantitativen empirischen Forschung, (Kausal-)Hypothesen zu testen, indem man sie „mit der Realität konfrontiert“ und versucht, sie zu falsifizieren. Solange dies misslingt, gelten die betreffenden Hypothesen als „vorläufig bewährt“. Eine Verifikation ist nicht möglich, da schon der nächste Falsifikationsversuch erfolgreich verlaufen (d. h. zur Falsifikation führen) kann – so zumindest die Grundargumentation.

Bei der Vorstellung, „Bewusstsein“ sei etwas anderes als ein Nebenprodukt der Gehirnaktivität, liegen die Dinge allerdings anders. Hier ist gegebenenfalls keine Zusammenhangshypothese zu testen, sondern eine Existenzaussage. Ein einziger gesicherter Nachweis genügt dabei, um die betreffende Vorstellung zu verifizieren (vgl. hierzu auch z. B. Lommel 2013, S. 28 und 170 oder Nahm 2012, S. 186).

Das vorliegende Buch beschäftigt sich mit der Frage, ob entsprechende Belege zu finden seien. Die Beurteilung der vorgestellten, möglichen Belege bleibt dabei, wie gesagt, der Leserin bzw. dem Leser überlassen.

Aber zurück zum eben unterbrochenen Zitat. Wohl zur Überraschung der meisten Leserinnen und Leser fährt Wolf Singer, an Matthieu Ricard gewandt, direkt im Anschluss fort:

Lass mich dir eine Geschichte aus meinem Leben erzählen, die mich immer noch fasziniert. […] (Singer und Ricard 2017, S. 321).

Es folgt eine wirklich bemerkenswerte Geschichte, die mit seiner bisherigen Argumentation nur schwer in Einklang zu bringen ist. Kurz geschildert waren seine Töchter zu einer Faschingsparty am anderen Ende der Stadt, wo er noch nie war [sic!], eingeladen. Auf dem Hinweg wurden seine Töchter von den Eltern eines Klassenkameraden mitgenommen und er sollte sie abends abholen. Allerdings hatte er eine falsche Adresse – die Gastgeber waren vor einer Weile umgezogen – und nun stand er in einer ihm völlig unbekannten Gegend vor einem leeren Haus. Handys gab es noch nicht und seine Frau war nicht zu Hause. Wolf Singer beschreibt die Situation:

Ich hätte also wieder zurück zum Institut oder nach Hause fahren und darauf warten müssen, dass meine Kinder mich anriefen, um mir die neue Adresse zu geben. Das bedeutete eine Stunde Fahrt zurück, wieder eine Stunde Fahrt zu der neuen Adresse und dann noch einmal eine Stunde für die Heimfahrt. Ich war frustriert und wütend. Was tat ich also? Ich fuhr einfach weiter aus der Stadt heraus, bog mal rechts, mal links ab, hielt an roten Ampeln, fuhr irgendwohin, alles in einem veränderten Bewusstseinszustand. Schließlich landete ich in einer Sackgasse und musste umkehren. Ich fuhr einige hundert Meter und hatte plötzlich das Bedürfnis, auf der rechten Seite zu parken, was aufgrund des Schnees mühsam war [sic!]. Gegenüber stand ein vielstöckiges Wohnhaus. Ich ging über die Straße, um die Namen auf den Klingelschildern zu lesen – frag mich nicht, warum ich ausgerechnet zu diesem Haus gegangen bin. Und während ich die Schilder studierte, sah ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung. Ich wandte mich zur Haustür und sah durch die Tür – sie war aus Glas – eine meiner Töchter aus dem Untergeschoss kommen. Dort hatte das Fest stattgefunden, und sie musste mit dem Aufzug noch mal hoch in die Wohnung fahren, um ihre Jacke zu holen. Als ich sie sah, klopfte ich gegen die Scheibe und sie öffnete. »Du kommst gerade rechtzeitig, wir sind gleich fertig, Tanja kommt auch bald hoch.« Als ich den beiden danach meine Geschichte erzählte, waren sie überhaupt nicht überrascht! Sie sagten: »Du bist unser Vater, natürlich weißt du, wo wir sind!« (Singer und Ricard 2017, S. 321–322).

Es folgen Überlegungen, ob (auf bemerkenswerte Art und Weise!) bei diesem Erlebnis unbewusstes Wissen im Spiel gewesen sein könnte – die unbewusste Abspeicherung des Stadtplans sowie das unbewusste Registrieren des Umzugs der Familie, des neuen Straßennamens (auf den er bei seiner Irrfahrt allerdings nach eigener Aussage nicht geachtet hatte!) und der Tatsache, dass die Familie nun in einem Hochhaus wohnte? Seine Interpretation der Ereignisse bleibt ambivalent, wenn er schreibt:

Meine Interpretation, dass ich in einem veränderten Bewusstseinszustand eine Menge Informationen aus dem Unterbewusstsein für meine Suche abrufen konnte, stimmt mit dem überein, was wir über die Abläufe im Gehirn wissen. Das gilt nicht für die Erklärung meiner Töchter. Stimmte ihre Interpretation, müssten wir an unserer derzeitigen Sicht auf das Gehirn, ja auf die Natur im Allgemeinen zweifeln. Wir müssten nämlich einräumen, dass wir offenbar etwas ganz Wesentliches übersehen haben (Singer und Ricard 2017, S. 323).

Auch Mattieu Ricard (MR) weiß eine bemerkenswerte Geschichte zu berichten und diskutiert darüber kurz mit Wolf Singer (WS):

Als ich in einer kleinen Klause in der Nähe meines ersten Lehrers, Kangyur Rinpoche, in Darjeeling lebte, erinnerte ich mich eines Tages daran, wie ich als Jugendlicher einige Tiere getötet hatte. […]

Als mir das alles wieder einfiel, verspürte ich das dringende Bedürfnis, dieses Erlebnis meinem Lehrer zu berichten. Also verließ ich meine Klause und stieg zu dem Kloster hinunter, in dem Kangyur Rinpoche lebte. Mein Tibetisch war damals noch sehr dürftig, doch sein ältester Sohn, der ebenfalls einer meiner Lehrer war und ist, sprach fließend Englisch. Als ich mich zur Begrüßung drei Mal vor Kangyur Rinpoche auf den Boden warf, hörte ich ihn lachen und etwas zu seinem Sohn sagen. Als ich mich ihm näherte, um seinen Segen zu empfangen und ihm die Geschichte zu erzählen, meinte sein Sohn, noch bevor ich den Mund aufmachen konnte: »Rinpoche möchte wissen, wie viele Tiere du in deinem Leben getötet hast.«

[…] Irgendwann erzählte ich meinem Freund Jonathan Cohen, der ein Neurowissenschaftler ist, diese Geschichte. Er antwortete etwa so: »Ständig passieren Millionen von Dingen in deinem Leben; jeden Moment geschieht irgendetwas. Unter diesen Millionen von Ereignissen passen ab und zu einmal zwei anscheinend zusammenhanglose Dinge perfekt zusammen. Es ist wie ein Hauptgewinn im Lotto. Das hinterlässt einen starken Eindruck bei dir – in deinem Geist –, und daher kommst du zu dem Schluss, dass diese beiden Ereignisse auf geheimnisvolle Weise miteinander verbunden sind. Das ist nur eine Ad-hoc-Erklärung vollkommen zufälliger Begebenheiten.«

(WS) Auch das äußerst Unwahrscheinliche ist immer noch möglich, und wenn es eintrifft, messen wir ihm häufig sehr große Bedeutung bei.

(MR) Ich muss sagen, solche Vorkommnisse geschahen häufiger, als ich noch in der Nähe meiner Lehrer wohnte. Ich gewann quasi einmal im Monat im Lotto! (Singer und Ricard 2017, S. 323–325).

Bezüglich des Verhaltens seines Lehrers betont Ricard:

Er hatte nicht den geringsten Grund, mir die Frage zu stellen, ob ich jemals ein Tier getötet hätte. Sie kam völlig aus dem Blauen heraus. Niemals hatte mich Kangyur Rinpoche nach Details meiner Kindheit oder meines Lebens in Frankreich gefragt. […] Jahrelang sprach er mit mir über nichts anderes als über Meditation und erzählte mir die Lebensgeschichten der großen alten Meister. […] Warum um alles in der Welt sollte er mich zum ersten und letzten Mal in sieben Jahren zu einem Ereignis aus meiner Jugend befragen, das dazu noch relativ abseitig ist? Und nicht nur das. Er stellte mir diese Frage ausgerechnet in dem Moment, als ich kurz davor war, ihm von diesem Ereignis zu berichten, das mir selbst nur Augenblicke zuvor überhaupt erst in den Sinn gekommen war. Eine einfache Interpretation, die auf Wahrscheinlichkeiten beruht […] kommt für mich da nicht infrage. Die einfachste und offensichtlichste Erklärung ist, dass er meine Gedanken gelesen hat. Für mich war das ganz klar.

Das war kein Einzelfall. Ich könnte dir noch vier oder fünf ganz ähnliche Geschichten erzählen […] (Singer und Ricard 2017, S. 326–327).

Die letzte Bemerkung birgt ein zusätzliches Argument gegen die Interpretation als „Ad-hoc-Erklärung einer vollkommen zufälligen Begebenheit“ (siehe oben!), die bei der Argumentation des vorliegenden Beitrags an späterer Stelle wieder aufgegriffen wird: Eine ganz extrem unwahrscheinliche Begebenheit mag zu unserer großen Verwunderung per Zufall eintreten. Häufen sich jedoch derartige, voneinander unabhängige und extrem unwahrscheinliche Begebenheiten, so ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer derartigen Häufung durch Multiplikation der Einzelwahrscheinlichkeiten zu berechnen. Die mehrfache Multiplikation sehr kleiner Zahlen ergibt astronomisch geringe Wahrscheinlichkeiten, so dass die Zufalls-Interpretation einer solchen Häufung kaum haltbar erscheint. In diesem Sinne argumentieren beispielsweise auch Long (2010, S. 13–14 und 299–300) sowie Alexander (2013, S. 195 und 230).

Bemerkenswert ist die Fortführung des Dialogs durch Wolf Singer mit der Feststellung:

Während des Kalten Krieges wurden an der Stanford University Experimente durchgeführt. Man wollte herausfinden, wie man mit getauchten Unterseebooten kommunizieren kann, und die Idee war, es mit Telepathie zu versuchen. An diesen Experimenten waren seriöse Physiklabore beteiligt. Ein Teilnehmer, die Zielperson, wurde an einen von fünf vorher ausgewählten Orten geschickt, während ein Medium in einem abgeschirmten Raum saß. Das Medium hatte die Aufgabe, mit Worten und Zeichnungen zu beschreiben, was die Zielperson in diesem Moment gerade sah. Die Beschreibungen wurden dann einer Gruppe von Leuten vorgelegt, die zwar die fünf Orte kannten, aber nichts über den Zweck des Experiments wussten. Sie wurden gebeten anzugeben, mit welchem der Orte die verbalen Beschreibungen und die Zeichnungen am meisten übereinstimmten. Die statistischen Methoden waren allem Anschein nach makellos und die Trefferquote war sensationell. Die Korrelation zwischen dem von den unbeteiligten Beobachtern identifizierten Ort und demjenigen, an dem sich der Proband tatsächlich aufgehalten hatte, war hochsignifikant. Zwei dieser Untersuchungen wurden in Nature und eine oder zwei in IEEE, einem angesehenen Technikfachblatt, veröffentlicht. […]

(MR) Wann war das?

(WS) Es muss in den 1960er Jahren gewesen sein. Diese Physiker haben wohl sorgfältig nach guter wissenschaftlicher Praxis gearbeitet (Singer und Ricard 2017, S. 327–328; Hervorhebungen im Original).11

Zwar bemerkt Singer später: „Das Schicksal der Stanford-Studie habe ich nicht weiterverfolgt“ (Singer und Ricard 2017, S. 329), dennoch hält er sie offenbar nicht von vornherein für völlig abwegig, sondern ganz im Gegenteil für von seiner Seite aus aktiv im Buch erwähnenswert.

Weitere Anhaltspunkte dafür, dass Bewusstsein eventuell nicht nur ein Nebenprodukt neuronaler Aktivität sein könnte, werden von Singer und Ricard zunächst anhand von Berichten über Erinnerungen an frühere Leben diskutiert, insbesondere des weltbekannten Falls von Shanti Devi,12 wobei Wolf Singer bemerkt:

Ja, wir sollten offen sein und nichts von vornherein ausschließen. In der Wissenschaftsgeschichte gibt es zahllose Beispiele für Beobachtungen, die als unvereinbar mit den etablierten Theorien galten. Diese Konflikte motivierten dann zu weiteren Nachforschungen, die entweder eine Modifizierung der alten Theorien erzwangen oder zur Entdeckung völlig neuer Prinzipien führten (Singer und Ricard 2017, S. 331).

In einem weiteren Abschnitt (ab Seite 333) werden Nahtoderfahrungen diskutiert. Mattieu Ricard weist dabei auf die in der angesehenen medizinischen Fachzeitschrift The Lancet veröffentlichten Ergebnisse einer (prospektiven) Studie des Kardiologen Pim van Lommel hin, welche dieser mit Patienten, die einen Herzstillstand hatten, durchführte (Näheres hierzu in Abschn. 2.3 bzw. in Lommel et al. 2001).

Zielsetzung und Literaturgrundlage des Buches

Im Rückblick auf die Diskussion von Singer und Ricard erscheint die Frage, ob Bewusstsein lediglich ein Nebenprodukt neuronaler Aktivität sei oder unabhängig hiervon „existieren“ könne, alles andere als abschließend geklärt.13 Klar ist allerdings, dass Letzteres (Unabhängigkeit von neuronaler Aktivität) mit dem „bekannten wissenschaftlichen Theorierahmen“ nicht vereinbar ist (vgl. Singer und Ricard 2017, S. 336). Und es hätte gravierende Implikationen für die Diskussion über „Willensfreiheit“ (vgl. hierzu z. B. Schumann 2018, S. 71–92).14

Zur Frage: „Könnte das Bewusstsein aus etwas anderem als Materie bestehen?“ bemerkt Wolf Singer:

Wäre mentale Verursachung möglich, müssten wir […] von einem Prozess ausgehen, der uns bisher völlig unbekannt ist. Dieses unbekannte Etwas müsste Kontrolle über unsere neuronalen Vorgänge ausüben und diese so steuern, dass sie sich auf unsere Gedanken, Wünsche, Emotionen sowie alle unsere Charaktereigenschaften auswirken. In diesen Fall wäre dieser Prozess wohl nicht an den Körper beziehungsweise das Gehirn gebunden und hätte über den Tod hinaus Bestand. […] Dann stellt sich die Frage: Wie interagiert dieser Prozess mit den differenzierten neuronalen Netzwerken in meinem Gehirn, damit diese das umsetzen, was die übergeordnete Instanz »vorhat«? […] (Singer und Ricard 2017, S. 335–336; Hervorhebungen: Sch).

Damit ist erneut das Verursachungsproblem angesprochen, welches zum Beispiel auch gegen die Ansichten des Hirnforschers Sir John Eccles ins Feld geführt wird (vgl. hierzu z. B. Parnia 2013, S. 236). Im Zusammenhang mit dem Verursachungsproblem vertritt beispielsweise der Philosoph und Wissenschaftstheoretiker Bernulf Kanitscheider den Standpunkt:

Die Prozesse der Welt sind kausal geschlossen, sie hängen untereinander stark vernetzt voneinander ab, aber es gibt keine transmundanen Einflüsse, die das Ursachennetz durchbrechen. […] Die kausale Geschlossenheit manifestiert sich u. a. in den Erhaltungssätzen […]. Jeder externe Eingriff in das Universum bedeutet eine Durchbrechung mindestens eines Erhaltungssatzes. (Kanitscheider 2007, S. 72–73; Hervorhebungen im Original).

Das Zitat demonstriert nochmals: Gegebenenfalls gerieten die Grundannahmen oder Axiome, auf denen das von Singer beschriebene wissenschaftliche Weltbild beruht, ins Wanken (vgl. z. B. Singer und Ricard 2017, S. 323).

Andererseits ist