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Der Autor

Dr. Immanuel Birmelin ist Verhaltensforscher von internationalem Rang und war jahrelang Mitglied der Fachgruppe für Verhaltensforschung der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft e. V. Er hat ein ethologisches Konzept mitentwickelt, das dazu dient, Tierschutzfragen wissenschaftlich zu erfassen, und ist auch als Sachverständiger für artgerechte Tierhaltung tätig. Er hält zudem regelmäßig Seminare ab. Zusammen mit Volker Arzt dreht er erfolgreiche Filme wie »Wenn die Tiere reden könnten«, »Wer ist klüger: Hund oder Katze?«, »Kluge Vögel«, »Kluge Pflanzen« und »Manege frei«, die ein Millionenpublikum begeistern. Darüber hinaus war er wissenschaftlicher Berater bei Tierfilmproduktionen. Immanuel Birmelin lebt mit seiner Frau Sylvia, dem Bernhardiner Balu und einer fröhlichen Schar an Wellensittichen in Freiburg im Breisgau.

Dank an alle – Tiere und Menschen –, die es mir ermöglichten, in ihre Seelen zu schauen.

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Impressum

 

© eBook: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2020

© Printausgabe: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2020

Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung und öffentliche Zugänglichmachung, auch auszugsweise, sowie die Verbreitung durch Film und Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Zustimmung des Verlags.

 

Projektleitung: Anita Zellner

Lektorat: Gabriele Linke-Grün

Bildredaktion: Anita Zellner, Mat Kovacic, Natascha Klebl (Cover)

Covergestaltung: Independent Medien-Design, Horst Moser, München

eBook-Herstellung: Lena-Maria Stahl

 

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ISBN 978-3-8338-7441-3

1. Auflage 2020

 

Bildnachweis

Coverabbildung: plainpicture

Illustrationen: Katharina Rücker-Weininger

Fotos: plainpicture; Alamy; Getty Images; iStock; Shutterstock; Heinz von Matthey; privat

Syndication: www.seasons.agency

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Vorwort

Mit fünf Jahren schloss ich eine tiefe Freundschaft mit einer schlohweißen Chow-Chow-Hündin namens Maidi. Sie war aber kein Albino. Mit ihrer blauen Zunge leckte sie mich zärtlich und führte mich in das Leben eines zufriedenen Hundes ein. Maidi genoss alle Freiheiten. Für mich war sie ein wahrer Freund, wie meine anderen Menschen-Freunde auch. Ich habe sie bis heute nicht vergessen und denke noch viel an sie. Meine Kinder-Freunde sind in der Vergangenheit versunken. Als Kind wäre ich nie auf die Idee gekommen, mich als etwas Höheres zu begreifen als meine Maidi. Der Gedanke, dass Menschen im Gegensatz zu den Tieren etwas Besonderes sein sollen, war mir fremd.

Diese Auffassung änderte sich im Laufe meines Lebens. Wie viele meiner Artgenossen auf der Erde glaubte ich, dass wir Menschen uns von den Tieren abheben. Religion und Kultur hatten mich beeinflusst und mich als Menschen auf ein höheres Podest gestellt. Selbst so ein großer Philosoph wie Descartes sah Tiere als Maschinen an. António Damásio, der berühmte Neurologe, gibt darauf die richtige Antwort und nennt eines seiner Bücher: »Descartes’ Irrtum«.

Ich hatte das besondere Glück, einen großen Teil meiner Lebenszeit den Tieren zu widmen und ihre Seelen zu berühren. Auf meine Fragen gaben sie in naturwissenschaftlich durchgeführten Versuchen Antworten. So konnte ich zum Beispiel herausfinden, dass Katzen zählen können, Afrikanische Elefanten sich im Spiegel erkennen, Wellensittiche ihren Kindern bei der Geburt helfen, Löwen und Tiger Probleme lösen können und vieles mehr.

Wann immer in mir Zweifel aufkamen in Diskussionen mit Geisteswissenschaftlern, so wurden sie durch die geistigen Leistungen von Kanzi, dem Bonobo, Alex, dem Graupapagei, und Betty, der Neukaledonische Krähe, vollkommen zerstreut. Ich konnte mich persönlich bei einem Besuch bei ihnen von ihren Leistungen überzeugen. Wie kaum ein anderer habe ich die berühmten Geistesgrößen und Gefühlsakrobaten im Tierreich besucht. Aber immer wieder zog es mich hinaus in die Natur. Seit vielen Jahren reise ich jedes Jahr mit meiner Frau Sylvia nach Afrika, um die Tiere live zu erleben. Dort fühlen wir uns eins mit unseren Mitgeschöpfen und spüren keine Trennung von Tier und Mensch. Ein großes Glück für uns, und wir zweifeln keine Minute daran, dass wir Menschen nur eine von vielen Tierarten sind.

Gehen Sie mit mir auf die Reise und nehmen Sie an der Konferenz der Tiere teil. Auf dem Tagesprogramm werden Themen behandelt, die uns staunen lassen, zu welch fantastischen Leistungen Tiere fähig sind. Mauersegler können wochenlang in der Luft bleiben, Kolibris, die kleinen bunten Vögel, können rückwärts fliegen, Wale unterhalten sich mit ihrer Geliebten, die 2 000 Kilometer entfernt ist, und Eisbären trotzen der Kälte und schlafen bei minus 35 Grad im Freien. Elefanten riechen Wasser, das weiter als 80 Kilometer entfernt ist, und tragen die größte Nase in ihrem Gesicht.

Auch die Liebe von Mensch und Tier kommt zu Wort. Es wird gefragt, welcher Klebstoff Liebespaare zusammenhält und welche Vorteile es hat, in einer Gruppe zusammenzuleben. Wer in der Gruppe lebt, muss sich verständigen. Eine Selbstverständlichkeit für uns. Wir sprechen. Auch Tiere haben Sprachen, einige von ihnen können sogar unsere Sprache lernen. Sie plappern aber nicht nur nach, sondern wissen, was sie sagen wollen. Selbst vor Tabus wird nicht zurückgeschreckt.

Bei der Konferenz der Tiere wird zum Beispiel auch diskutiert: Warum viele Tiere, selbst unsere nächsten Verwandten, die Schimpansen, einen Penisknochen haben und wir Männer nicht.

Auf dieser Konferenz ist der Mensch eines von vielen Tieren. Die Menschen sind so stolz auf ihre Kultur. Viele von ihnen nennen sich sogar Kulturwesen. Sie glauben, ihre Kultur berechtigt sie, eine Sonderstellung einzunehmen. Weit gefehlt. Wer Tiere sorgfältig und ohne Vorurteile beobachtet, stellt fest, dass auch sie Kultur besitzen.

In dieser Konferenz sind wir gleichberechtigte Tiere. Alle können sich frei äußern. Ohne Maulkorb. Es wird spannend. Sie sind herzlich eingeladen. Ich freue mich.

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Im Konferenzraum

Damit Sie alle Teilnehmer der Talkrunde entsprechend kennenlernen können, werden sie zunächst kurz mit ihren typischen Charaktereigenschaften und besonderen Fähigkeiten vorgestellt.

Alex, der Graupapagei: Er kann sprechen und versteht, was er sagt. Alex wurde aufgrund seiner Sprachbegabung ein Star in der Tier- und Menschenwelt. Wer sich mit tierischer Intelligenz beschäftigt, kommt an Alex nicht vorbei.

Kanzi, der Bonobo (Zwergschimpanse): Auch Kanzi versteht unsere Sprache, und mithilfe einer Symbolsprache kann er eigenständig Sätze bilden. Er lernte die amerikanische Taubstummensprache. Die einzelnen Sprach-Symbole sind in einem Computer gespeichert. Auf Knopfdruck wählt er die einzelnen Symbole und bildet auf diese Weise Sätze. Kanzi wurde im Sprachforschungszentrum der Georgia State University geboren und wuchs dort auf. Schon als Bonobo-Kind verblüffte er die Wissenschaftler. Wie Kanzi die Sprache erlernte, war eine Sensation. Er beobachtete seine älteren Artgenossen genau und hat ihnen beim Lernen über die Schulter geschaut.

Betty, eine Neukaledonische Krähe: Ihr Wohnort ist die Universität Oxford. Sie ist in der Lage, Werkzeuge herzustellen und diese entsprechend den Erfordernissen und Funktionen klug einzusetzen. Betty besteht einen Intelligenztest, an dem Kleinkinder im Alter von drei oder vier Jahren scheitern.

Edeltraut, ein Schwein: Sie lebt im Tiergehege Mundenhof in Freiburg und hat ein Kind. Edeltraut hat eine Vorstellung von geometrischen Figuren. Sie weiß, was ein Dreieck oder Viereck ist. Sie ist »schweineschlau« mit viel Gefühl.

Nonja, eine Orang-Utan-Dame des Zoos in Wien: Nonja ist eine Künstlerin, genauer gesagt eine Malerin mit großem Erfolg. Ihre farbenfrohen Bilder verkaufen sich gut an Menschen, die von ihrer Malkunst begeistert sind.

Cora, eine Entlebucher-Hündin: Cora ist klein, aber hochintelligent. Sie konnte ihre intellektuelle Fähigkeit in der Fernsehsendung »Stern TV« von Günther Jauch vor einem Millionenpublikum unter Beweis stellen. Sie ist vielleicht der erste Hund, bei dem man sehen konnte, dass er eine Vorstellung davon hat, was ein Werkzeug ist.

Harry, ein Kater: Er ist ein Mathematik-Genie unter den Katzen. Der rot gestromte Kater kann zählen und rechnen. Auch er trat in der Fernsehsendung »Stern TV« auf. Harry zeigte vor laufender Kamera, dass hinter seiner Begabung kein Trick verborgen ist, sondern dass sie tatsächlich Realität ist.

Amadeus, ein Oktopus: Er besitzt keine Wirbelsäule, dafür hat er acht Arme und sieben Gehirne. Man nennt Tiere ohne Wirbelsäule Wirbellose. Er ist unglaublich schlau, aber auch sehr empfindsam.

Einstein, ein Fisch (Buntbarsch, Haplochromis burtoni): Er lernte, sich bei Gefahr in einer Blumenvase aus Glas zu verstecken, und erkannte seinen Halter. Einstein wusste genau, wer für ihn zuständig ist. Seinen Namen hat er nicht umsonst.

Immanuel Birmelin, Homo sapiens und Verhaltensbiologe: Er lebt seit seiner frühen Kindheit mit Hunden und Wellensittichen zusammen. Tiere sind sein Leben.

Eröffnung der Konferenz

Immanuel Birmelin eröffnet die Konferenz und bittet um Wortmeldungen. Die Talkrunde ist bereit. Als Erster meldet sich Kanzi, der Bonobo: »Hier in Atlanta habe ich Freunde sowohl unter den Menschen als auch unter meinen Artgenossen. Zu Sue Savage-Rumbaugh pflege ich eine enge Beziehung. Sie ist meine Privat-Psychologin, die mein Verhalten studiert und es mit dem von Kleinkindern vergleicht. Spannend, was sie alles herausgefunden hat. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass wir uns in mancher Hinsicht so ähnlich sind. Sue wunderte sich, dass ich Formen, Menschen und Affen auf einem Bildschirm erkenne. Und Freude an den Geschichten habe, die gesendet wurden. Sie schreibt: ›Allmählich stellt sich ein Gefühl für Phantasie und Erzählen ein, sodass Kanzi sich für Fernsehgeschichten interessiert, mit denen er etwas verbindet.‹ Bei der Sichtung und Auswertung der Beobachtungsprotokolle kam Sue zu dem Schluss, ich sei ebenso an solchen Geschichten interessiert wie Menschenkinder. Und sie fand heraus, dass wir Affen gern Filme anschauen, in denen Gewalt vorkommt. Bei Gewaltszenen seien wir besonders aufmerksam und gespannt.« (Quellennachweis, Savage-Rumbaugh, >) Das kennen wir Menschen aus eigener Erfahrung. Krimis sind auch beim Homo sapiens der Renner.

Nach dieser kurzen Schilderung seiner Lebensgeschichte kommt Kanzi, der Bonobo, zur eigentlichen Frage: »Warum akzeptiert ihr Menschen nicht, dass auch wir Bonobos, Schimpansen, Gorillas und viele andere unserer tierischen Brüder und Schwestern Bindungen beziehungsweise Beziehungen zu anderen Lebewesen aufbauen? Das ist für uns genauso lebenswichtig wie für euch Menschen. Wir kennen wunderbare Beispiele, in denen Menschen zu Freunden von Schimpansen, Gorillas oder Orang-Utans wurden. Die Bilder gingen um die ganze Welt und sind mit drei tapferen Frauen verbunden: Jane Goodall, Birutė Galdikas und Dian Fossey. Sie haben das Bild der Tiere revolutioniert. Sie haben einen Türspalt geöffnet, um in die Gefühlswelt von uns Tieren zu schauen.

Doch trotz dieses Wissens über uns werden unsere Lebensräume – vor allem – wegen der menschlichen Gier zerstört. Und außerdem leiden auch heute noch Hunderte unserer Artgenossen mit fadenscheinigen Begründungen bei Tierversuchen in den Forschungslaboren der Welt. Immanuel, kannst du mir eine Antwort darauf geben, warum viele Menschen so ignorant und arrogant gegenüber uns Tieren sind?«

Immanuel Birmelin meint: »Das kann ich nicht. Mein Vorschlag lautet daher: Lass uns zunächst einmal näher betrachten, wie wichtig Bindung beziehungsweise Beziehung für das Wohlbefinden und die psychische Entwicklung eines sozialen Lebewesens ist.«

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Wenn Tiere mit uns reden könnten. Immanuel Birmelin gibt ihnen eine Stimme.