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Manfred Weinland, Marc Tannous

Großband Raumschiff Rubikon 5 - Vier Romane der Weltraumserie

Großband Raumschiff Rubikon 5 - Vier Romane der Weltraumserie

Manfred Weinland, Marc Tannous

Dieser Band enthält folgende Romane:


Manfred Weinland: Die verpuppte Kolonie

Marc Tannous: Die gestohlene Residenz

Manfred Weinland: Die ozeanische Sonne

Manfred Weinland: Tovah'Zara





A M MORGEN EINER NEUEN ZEIT.

Der Krieg zwischen den organischen und anorganischen raumfahrenden Völkern konnte im letzten Moment abgewendet werden. Die Menschen jedoch sind nach wie vor fremdbestimmt und als die Erinjij gefürchtet, die sich in ihren Expansionsbestrebungen von nichts und niemandem aufhalten lassen.

Abseits aller schwelenden Konflikte kommt es im Zentrum der Milchstraße zu einer von niemand vorhergesehenen, folgenschweren Begegnung.

Eine unbekannte Macht hat sich dort etabliert. Schnell zeichnet sich ab, dass es sich um keinen "normalen" Gegner handelt. Die Bedrohung richtet sich nicht nur gegen die heimatliche Galaxie, sondern könnte das Ende allen Lebens bedeuten.

Die Geschichte des Kosmos, so scheint es, muss neu geschrieben werden ...

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Alfred Bekker

© Roman by Author / Dieter Rottermund

© dieser Ausgabe 2020 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Raumschiff Rubikon 17 Die verpuppte Kolonie

von Manfred Weinland

Am Morgen einer neuen Zeit.

Der Krieg zwischen den organischen und anorganischen raumfahrenden Völkern konnte im letzten Moment abgewendet werden. Die Menschen jedoch sind nach wie vor fremdbestimmt und als die Erinjij gefürchtet, die sich in ihren Expansionsbestrebungen von nichts und niemandem aufhalten lassen.

Abseits aller schwelenden Konflikte kommt es im Zentrum der Milchstraße zu einer von niemand vorhergesehenen, folgenschweren Begegnung.

Eine unbekannte Macht hat sich dort etabliert. Schnell zeichnet sich ab, dass es sich um keinen "normalen" Gegner handelt. Die Bedrohung richtet sich nicht nur gegen die heimatliche Galaxie, sondern könnte das Ende allen Lebens bedeuten.

Die Geschichte des Kosmos, so scheint es, muss neu geschrieben werden …









Prolog


Im Dorf der Angks verging kein Tag ohne Überraschungen. Jelto liebte diese kleine, fast autarke Welt innerhalb der RUBIKON, seit Aylea ihn zum ersten Mal mit zu ihren Freunden genommen hatte. Der grünäugige Mann mit der natürlichen Affinität für alles Pflanzliche war normalerweise kein sehr geselliger Charakter; nicht jedenfalls, wenn es um die Gesellschaft mit anderen Menschen ging. In seinem Garten, umgeben von den schillerndsten Gewächsen, erfreute er sich sehr wohl an deren faszinierenden und stimulierenden »Stimmen«. Sie, die einzelnen Gattungen der Flora, die er an Bord zum Leben und viele zu voller Blüte erweckt hatte, waren sein Ersatz für eigene biologische Kinder. Mit ihnen stand er in permanenter Zwiesprache, in unablässigem geistigen Austausch … den kein Außenstehender auch nur ansatzweise zu verstehen vermochte.

Obwohl – einer vielleicht, aber der besuchte Jelto nicht sehr oft: Algorian, der Telepath. Jelto war sich nicht sicher, ob sein aoriischer Freund der Versuchung, in seinen Gedanken zu espern, immer zu hundert Prozent widerstehen konnte. Bei manchen Zusammenkünften hatte der Pflanzenhüter durchaus das Gefühl gehabt, dass der Freund, während er sich mit ihm unterhielt, auch in die tiefer gelegenen Schichten seines Bewusstseins getastet hatte – aus keinem verwerflichen Motiv heraus, sondern vermutlich aus der natürlichsten Charaktereigenschaft intelligenter Geschöpfe überhaupt heraus: einer unstillbaren, brennenden Neugier auf alles, was fremd und in gewisser Weise unverständlich blieb.

Wie Jelto eben.

Er war ein Mensch, natürlich, aber darüber hinaus besaß er auch ein sehr exotisches Flair, denn sein »grüner Daumen«, seine spezielle Begabung, sich in jedwede Vegetation hineinversetzen zu können, war nicht natürlichen Ursprungs. Dafür war er gezüchtet worden, als psionisch begabter Klon auf der Erde … lange bevor diese sich in eine gespenstische »Hohlwelt« verwandelt hatte.

Jelto seufzte. Die Erinnerung an ihren zurückliegenden Besuch im irdischen Sonnensystem barg viel Schmerz für ihn. Alles dort hatte sich verändert. Es gab kaum noch einen Wiedererkennungsfaktor für einstige Bewohner dieses Planeten. Für Jelto eine psychische Zerreißprobe, wobei er sich gleichzeitig bewusst war, dass es für John, Scobee und Jarvis noch um einiges niederschmetternder gewesen sein musste. Denn für diese drei hatte sich das Bild der Erde seit ihrem Aufbruch ins Weltall bereits zum zweiten Mal radikal gewandelt.

Im Jahr 2041 hatte eine Zeitmanipulation sie um zweihundert Jahre in die Zukunft verschlagen. Die Keelon-Master hatten zu diesem Zeitpunkt – als Jelto vermeintlich friedlich in seinen Wäldern um das Getto lebte – bereits eine Erde ganz nach ihrem Gusto geformt, nur mehr bewohnt von rund 150 Millionen Menschen, die zugleich die Creme de la creme darstellten, was ihre genetische Qualität betraf. Eine dieser 150 Millionen war Aylea, die jedoch ausgestoßen und ins Getto deportiert worden war, wo sie später denselben Mann traf, der auch Jelto aus seinem Scheuklappendasein herausgerissen hatte: John Cloud, ihr Freund und Commander.

Seither waren sie fast unablässig zusammen. Nicht immer auf engstem Raum, aber meistens an Bord desselben Fabelschiffs, der RUBIKON.

Und dieses Schiff hatte unlängst einen Quantensprung vollzogen – nicht etwa, weil es mit neuer Technik ausgestattet worden war, sondern … mit einer neuen, abenteuerlichen Besatzung beschenkt wurde. Von den Bractonen.

Mehrere tausend Menschen irdischen Ursprungs, aber im Angksystem der ERBAUER groß geworden, waren als neue Crewmitglieder willkommen geheißen worden. Und nach einem Verwirrspiel, das die Bractonen, jene Schmetterlingswesen aus einem anderen Kontinuum, bewusst initiiert hatten, war die Neucrew nun auch voll in den Schiffsalltag integriert, ungeachtet ihrer fast magischen Fähigkeit, bei Bedarf buchstäblich mit der RUBIKON zu verschmelzen und sie mit ihren Paragaben zu unterstützen.

Aylea hatte also Freundschaft mit den Angks geschlossen, mit allen, aber mit einem ungefähr gleichaltrigen Mädchen namens Winoa im besonderen. Das Spaßige daran war, dass Jelto Winoa schon vor Aylea gekannt hatte, weil sie ihn öfter in seinem hydroponischen Garten besuchte. Dass die beiden zusammengefunden hatte, freute ihn sehr. Vorher hatte Aylea keinen Gleichaltrigen gehabt, mit dem sie ganz normale Teenagerprobleme hätte besprechen können. Scobee bemühte sich zwar nach Kräften, die Rolle der mütterlichen Freundin auszufüllen, aber selbst zwischen ihnen lag fast eine ganze Generation – von dem kulturellen Unterschied einmal ganz abgesehen.

Eigentlich waren fast alle »Altmitglieder« der Besatzung Vertreter einer ganz eigenen Mentalität, oft sogar Angehörige völlig unterschiedlicher Spezies: Cy, der Aurige, Jiim und Yael, die beiden Nargen, Algorian, der Aorii (der den Verlust seines Hassbruders Rofasch immer noch nicht völlig verschmerzt hatte) und die sehr – sehr! – gegensätzlichen Menschen John Cloud, Scobee, Jarvis, Aylea und …

ich. Jelto seufzte. »Und ihr seid euch sicher?«, fragte er, um seine Gedanken wieder auf das Wesentliche zu fokussieren, den Grund, weshalb er ins Dorf der Angks gekommen war.

Es war eine denkwürdige Zusammenkunft auf dem »Marktplatz« des holografisch aufgepeppten Mannschaftsquartiers. Viele waren persönlich gekommen, aber Jelto wusste, dass auch etliche seinen Besuch in ihren Häusern verfolgten, via Liveschaltung, die Sesha ermöglichte.

Er hatte das Rampenlicht immer gescheut, und auch jetzt fühlte er sich unter den Blicken Hunderter eher unbehaglich.

Rotak, der ehemalige Lebenspartner von Johns neuer Freundin Assur, trat vor; er hatte sich in den letzten Tagen zum Sprecher der Angks gemausert und war allgemein anerkannt. Jelto mochte die zurückhaltende Art des hageren Mannes, der ungefähr in seinem Alter war, rechnete man den Angkkalender auf irdischen Standard um. Rotak und Assur waren die Eltern von Winoa … und so schloss sich der Kreis bekannter Gesichter wieder. Jelto lächelte, und Rotak erwiderte dieses Lächeln freundlich. Aber es war unwahrscheinlich, dass er die richtigen Schlüsse zog, warum ihr Besucher schmunzelte.

»Völlig sicher, teurer Freund. Es ist unser inniger Wunsch, Schein gegen Wirklichkeit einzutauschen, Schritt für Schritt und wo immer es machbar ist. Der Commander ist informiert, er hat seine Einwilligung gegeben. Nichts spräche dagegen, hat er gesagt. Und auch wir wüssten keinen logischen Grund, ein Verbot auszusprechen. Es schadet niemandem, im Gegenteil. Und wenn Ihr, verehrter Jelto euch darum kümmert, kann es auch zu keinen ungewollten Auswüchsen kommen. Es wäre eine anspruchsvolle Aufgabe – meint Ihr nicht auch?«

Anfangs hatte der Florenhüter geglaubt, die Angks, allen voran Rotak, wollten ihn mit ihrem »teurer Freund«, »verehrter Jelto«, »Vertrauter des Grüns« und dergleichen Anreden mehr verspotten, gutmütig zwar, aber nichtsdestotrotz auf den Arm nehmen – inzwischen wusste er, dass es absolut ernst gemeint war und den Respekt ausdrückte, den die Angks dem Aurenträger entgegenbrachten.

Damit umgehen konnte er nach wie vor nur schwer, aber es war auch nicht so, dass es tiefes Missfallen bei ihm auslöste, im Gegenteil. Ein wenig Ehrerbietung konnte nicht schaden und schmeichelte dem Ego jedes Geschöpfs. Jelto bildete da keine Ausnahme.

»Doch. Doch … sicher. Dessen bin ich mir sicher. Ich weiß nur nicht, ob ich … nun, ob ich euren Vorstellungen gerecht werden kann. Das, was ich hier bei meinen verschiedenen Besuchen hier fand, wirkt alles, wenngleich unecht, so doch sehr harmonisch . Ihr habt, auf eure Art, ein Händchen für stimmige Accessoires. Ich weiß, dass ihr eng mit der KI zusammengearbeitet habt, um diese Harmonie in eurem Dorf zu erzielen. Wenn ich mit der Aussaat und dem Neuarrangement von echten Gewächsen beginne, wird es einige Zeit brauchen, bis sich das Bild, das ich in meinem Geiste vom Endergebnis habe, auch für euch sichtbar sein wird.«

»Wir verlangen und erwarten keine Wunder«, versicherte Rotak ernst und bittend zugleich. »Wir kommen von Welten, auf denen echte Pflanzen unsere Sinne erfreuten, und es wäre eine Bereicherung, die uns in alle Lebensbereiche inspirieren würde, wenn wir dieses Privileg auch hier an Bord erlangen könnten. Häuser sind Häuser, ein Sonne ist eine Sonne, ob nun künstlich oder nicht. Es macht keinen Unterschied für uns, nach oben zu blicken und ein echtes Gestirn zu sehen oder die holografische Nachbildung, die Sesha uns schenkte. Bei Pflanzen – Bäumen, Sträuchern, Gräsern, Blumen – ist das anders. Wenn wir uns umschauen sehen wir, was bislang möglich war: die fast perfekte Illusion. Aber dieses ’fast’ kommt von Woche zu Woche, die wir damit konfrontiert werden, stärker zum Tragen. Wir können Euren Garten besuchen, Ehrwürdiger, ihr seid so freundlich, es uns zu gestatten, und dort finden sich Gelegenheiten, Bäume zu berühren, Blumen zu beschnuppern. Aber genau das möchten wir in unserer unmittelbaren Umgebung, dort, wo wir ein- und ausgehen. Ein Bewuchs, ähnlich wie in Eurem Garten, nur integriert in unser Dorf … das wäre die Krönung dessen, was uns das Leben auf der RUBIKON angenehm und leicht machen würde. Wir wissen, dass wir das nicht fordern können. Aber wir bitten darum, und wir wünschen es uns. Ihr seid nicht gezwungen, es uns zu gewähren. Vielleicht gibt es gute Gründe, es uns zu versagen. Möglich, dass manche Pflanzen es nicht vertragen, wenn –«

»Nein, nein!« Jelto wiegelte ab. Er konnte nicht umhin, insgeheim über die Begeisterungsfähigkeit für und Freude der Angks an Gewächsen zu lächeln. Ihr Enthusiasmus euphorisierte auch ihn. Und längst hatte er alle Bedenken abgestreift. Er hatte nur noch einmal aus ihrem Mund hören wollen, dass sie verstanden , worauf sie sich einließen.

»Geduld in dieser Angelegenheit ist das A und O«, sagte er. »Wenn ihr dazu bereit seid, will ich es gerne in Angriff nehmen: Ich habe bereits damit begonnen, erste Entwürfe auszuarbeiten. Ich kann sie mit euch absprechen und –«

Jetzt war es an Rotak, ihn zu unterbrechen. »Nein, bitte . Wir vertrauen Euch blind, Teuerster. Und wir sind uns einig: Überrascht uns. Komponiert Euer Werk und lasst uns über das Ergebnis staunen … und sei es erst in Monaten … Jahren …«

Jelto blinzelte berührt. »Jahre wird es nicht dauern. Monate vielleicht schon. Aber ich gehe eher von … Wochen aus. Ihr könnt euch da ganz auf meine Gabe verlassen. In freier Natur, außerhalb meiner Sinnessphäre, würde es gerade bei manchem Baum sicherlich auch Jahre dauern, bis er das Gesicht präsentieren könnte, das nötig ist, um die Harmonie des Ganzen herzustellen. Doch wir bekommen das schneller hin, mit demselben Ergebnis. Wenn ihr wirklich volles Vertrauen in meine Fähigkeiten und Kreativität habt, nun … dann sollten wir jetzt aufhören, darüber zu theoretisieren und … die praktische Umsetzung angehen.«

»Habt Dank im Namen aller!«

Jelto nickte Rotak verlegen zu. In der umstehenden Menge entdeckte er Ayleas Gesicht, die ihm mit funkelnden Augen zulächelte. Er nickte kurz in ihre Richtung, wurde noch unsicherer und bahnte sich dann den Weg durch die Menge, die ihm bereitwillig Platz machte. Von allen Seiten drangen freundliche, ermunternde Rufe auf ihn ein und folgten ihm, bis er durch das Schott trat, das ihn in einen Korridor der RUBIKON brachte, in dem sichtbar wurde, dass er sich eben nicht auf einer Planetenoberfläche nahe eines dort erbauten Dorfes befand, sondern in einem gewaltigen Raumschiff, in dem es nun schon zwei Nischen mit vorgetäuschten Umwelten gab: Neben dem Angkdorf war da ja auch noch Jiims und Yaels Pseudokalser.

Mit einem Gefühl tiefer Befriedigung, das er aus der Tatsache zog, endlich wieder eine anspruchsvolle und alle Facetten seines Könnens fordernde Aufgabe zu haben, kehrte Jelto in seinen Garten zurück, wo er damit beginnen wollte, seine Grobkonzeption zu verfeinern.

Erst als er sich in sein Gewächshaus begab, in dem auch alle Voraussetzungen technischer Natur existierten, um die Planung voranzutreiben, merkte er, dass ihm jemand gefolgt war.

So plötzlich, dass er unweigerlich zusammenfuhr und erschrak, stand plötzlich einer der Angks neben ihm.

»Wer –«

»Es … es tut mir leid! Ich wollte dich nicht erschrecken. Ich … nun, ich beobachte dich schon länger, wenn du durch das Dorf gehst. Und …«

Jelto hatte sich wieder gefasst. »… und du warst auch schon einige Male hier, hast um Pflanzen für dein Quartier gebeten, die ich dir gab – ich erinnere mich. Ich erinnere mich gut an dich. Du hättest dich nicht anschleichen müssen. Ich gebe dir gern noch mehr. Wie dir nicht entgangen sein dürfte, freue ich mich über jeden, der Blumen und andere Gewächse zu schätzen weiß. Wie war noch gleich dein Name?«

»Sooks.«

»Nun gut, Sooks, ich bin beschäftigt, aber sag, was du willst, was du noch brauchst, und wir werden es für dich besorgen.«

Der Angk, der zu Jelto getreten war, hatte das, was man ein Allerweltsgesicht nannte: Man sah ihn, fand ihn auf Anhieb sympathisch, es gab nichts, wo der Blick »aneckte« … und sobald er außer Sichtweite geraten war, hörte man auf, über ihn nachzudenken, vergaß man ihn. Er war von unauffälliger Statur und Kleidung, seine Wesensart war weder angriffslustig noch in anderer Weise anstrengend, aber er hinterließ auch nichts, was einen danach verlangen ließ, ihn wiederzutreffen, nichts, was einen seine Nähe oder gar Freundschaft suchen ließ. Jedenfalls verspürte Jelto nichts dergleichen. Er hatte keine Aversion gegen den Angk, aber augenblicklich wollte er ihn einfach nur schnellstmöglich wieder los werden.

Sooks starrte verlegen zu Boden und trat von einem Fuß auf den anderen.

»Was ist?«, fragte Jelto merklich ungehaltener, obwohl ihm die Art und Weise, wie Sooks mit ihm sprach, grundsätzlich besser gefiel als der fast unterwürfige Ton, den Rotak verwendete. Aber vielleicht geziemte sich das als Wortführer der Angks, wer mochte es wissen?

»Ich …«

»Ja?«

»… habe dich belogen.«

Jelto zog die Stirn kraus. »Und das heißt?«

»Ich brauche die Pflanzen nicht, um meine Wohnung zu verschönern.«

»Sondern? Brauchst du überhaupt Pflanzen? Oder hast du gar nichts für sie übrig?« Ohne es selbst zu merken, wurde Jeltos Tonfall schlagartig kühler, fast bedrohlich.

Sooks duckte sich leicht. Jelto versuchte sein Alter zu schätzen, aber es fiel ihm schwer. Die Züge waren ausgereift, und doch beherrschte immer wieder ein Ausdruck das Mienenspiel des Mannes, das eher zu einem verschüchterten, introvertierten Kind gepasst hätte.

»Was hast du mit den Gewächsen getan, die ich dir gab?« Jelto setzte eine Pause und fuhr dann fort: » Weggeschmissen

»Nein!« Sooks’ Augen weiteten sich, als er aufblickte und Jelto mit geradezu schmerzlicher Aufrichtigkeit anstarrte.

»Schon gut, beruhige dich. Ich glaube dir. Aber warum kommst du? Nur um mir zu sagen, dass du mich … angeschwindelt hast? Warum bist du all die Male davor gekommen, wenn es nicht um die Pflanzen ging?«

»Es … es ging ja um sie. Nur …«

»Nur?«

»Nur brauchte ich sie nicht für den Zweck, den ich vorgab. Es ging nicht Dekoration.«

»Sondern?«

»Ich … ich experimentiere.«

In Jelto zog sich etwas zusammen. Das Wort Experiment verhieß erfahrungsgemäß selten etwas Gutes. Und im ersten Moment klang es aus Sooks Mund automatisch wie die Beichte: Ich habe sie gequält!

Jelto machte einen Schritt auf Sooks zu. Aus seiner Haut brach plötzlich Licht. Seine Aura entflammte; ein sichereres Zeichen seiner Erregung konnte es kaum geben.

»Bitte! Nicht! Ich habe ihnen nichts getan – zumindest glaube ich es nicht!«

»Glauben«, grollte Jelto, einmal in Fahrt gekommen, »heißt nicht wissen!«

»Zugegeben …« Sooks wich vor ihm zurück, bis er in der offenen Tür des Gewächshauses stand. Dort hielt er inne. »Du hast allen Grund, sauer zu sein, Jelto, allen Grund. Aber vielleicht …«

Jelto stemmte die Fäuste in die Hüften. »Red schon. Was ist ’vielleicht’?«

Sooks sammelte offenbar allen Mut. »Vielleicht willst du ja wissen, was für Experimente ich betreibe? Offen gestanden, hatte ich das gehofft.«

»Warum?«

»Weil ich …« Sooks gab sich einen erkennbaren Ruck. »Weil ich nicht weiterkomme. Es ist zu wenig. Die Kapazität reicht nicht aus. Ich stecke in einer Sackgasse, aus der ich ohne Hilfe … deine Hilfe … nicht mehr herauskomme.«

»Das ist jetzt nicht dein Ernst.«

Es war Sooks’ Ernst. Unübersehbar.

»Es ist von großer Bedeutung. Für mich zumindest.«

»Und ich habe was damit zu tun? Warum wendest du dich nicht an die Schiffsführung?«

»Dazu ist es zu früh. Ich kann noch keine Erfolge vorweisen, nur …«

»Nur?«

»Meine Überzeugung.«

»Aha.« Jelto räusperte sich. »Hört sich wirklich überzeugend an. Aber noch mal: Wende dich –«

»Es geht um Pflanzen . Ich brauche Pflanzen , um mein Experiment zu führen. An wen also sollte ich mich wenden, wenn nicht an dich? Du bist der Herr über alle Gewächse an Bord.«

»So würde ich es nicht bezeichnen.«

»Ist aber de facto so, oder?« Ein kleiner rebellischer Zug blitzte kurz in Sooks’ Mimik auf. »Bitte. Es kostet dich nicht viel Zeit, es dir wenigstens einmal anzusehen. Danach kannst du immer noch entscheiden, ob du mich unterstützt oder nicht. Das hier …« Er meinte die Planungsarbeiten für die Dorfbegrünung. »… läuft dir nicht weg. Und wir werden es verschmerzen, wenn du einen tag später beginnst oder fertig wirst.«

»Sagt wer?«

»Sagt Sooks.«

Jelto musterte ihn nachdenklich. Dann entschied er kategorisch: »Ein für alle Mal: Nein.«



1.


Ich muss verrückt sein, mich darauf einzulassen … Vollkommen übergeschnappt! Normalerweise bedeutete für Jelto ein Nein auch ein solches. Aber irgendwie, er wusste selbst nicht, wie, hatte er sich schließlich doch von Sooks umstimmen lassen. Ob er PSI-Fähigkeiten besitzt und eingesetzt hat, um mich weich zu klopfen?

Möglich war bei den Angks alles. Andererseits tippte Jelto eher auf seine natürliche Gutmütigkeit, die ihn schon oft in die Bredouille gebracht hatte. Nein, nein sagen zu können, gehörte nicht gerade zu seinen hervorstechendsten Merkmalen.

Über Türtransmitter erreichten sie das Dorf schnell. Obwohl dies nur auf Einbildung beruhen konnte, erschien Jelto die Luft hier frischer als in anderen Sektoren des Schiffes – von seinem Garten einmal abgesehen. Wahrscheinlich lag es an dem Idyll, das die Holoprojektoren vorgaukelten. Eingeschossige Häuser inmitten einer sonnengefluteten Landschaft. Wind. Wärme. Es gab alles, was das Herz eines Menschen begehrte – bis auf die echte Flora, die Jelto auf Bitten der Neucrew in die Holokulisse integrieren sollte.

Wann immer Jelto mit holografischen Täuschungen konfrontiert wurde, fragte er sich, wie gesichert es eigentlich war, dass seine eigene Wahrnehmung »stimmte«. Wer garantierte ihm, dass er nicht auch nur der überbordenden Fantasie und der unbegreiflichen Technik einer übergeordneten Instanz entsprang? Alles, dieses ganze vermeintliche Universum, das auf Bractonen-Mist gewachsen sein sollte, mochte letztlich das Produkt einer allumfassenden Täuschung seiner, Jeltos, Sinne sein.

Aber wer sollte so viel Aufwand betreiben für einen wie mich?

Mit diesem Gedanken tröstete sich Jelto in aller Regel. Und enthob sich der Notwendigkeit, seinen Verdacht weiterzuverfolgen und möglicherweise Indizien zu finden, die ihn noch erhärteten. Denn das wollte er ja gar nicht. Er wollte kein Täuschungsopfer sein, und der Kosmos, der ihn umgab, durfte gerne die Wirklichkeit sein – wie immer man Wirklichkeit auch definieren wollte.

Er seufzte.

»Was ist?«, fragte Sooks. »Wir sind gleich da. Bereust du es schon?«

»Ich habe es bereits in dem Moment bereut, als ich mich von dir mitschleifen ließ«, erwiderte Jelto schroffer als beabsichtigt.

Sooks schwieg eingeschüchtert.

»Tut mir leid.« Jelto konnte nicht anders.

»Schon gut. Ich versteh dich. Wenn alle kämen und dich mit ihren Problemen belagerten …«

Kurz darauf erreichten sie das Haus, in dem Sooks Quartier bezogen hatte. Von außen betrachtet war es ein wenig enttäuschend. Während die umliegenden Gebäude liebevoll dekoriert und mit allerlei architektonischen Schnörkeln versehen worden waren, strotzte Sooks’ Heim geradezu vor Pragmatismus. Wände, die vorgaben, aus grauem Stein zu sein, ein Dach aus Schieferplatten, mehrere Fenster und eine Tür – das war schon alles.

»Nett«, sagte Jelto.

Sooks schien es gar nicht zu hören. Wie aufgeregt er war, zeigte sich, als er mit zitternder Hand auf den Sensor drückte, der die Tür aufgleiten ließ. Sein Gesicht war jetzt leicht gerötet, und sein Atem ging so schnell, als wären sie das letzte Stück gerannt. »Erschrick nicht … Nein, ich will damit nicht sagen, dass dich etwas Erschreckendes erwartet – aber es … nun, es dürfte ein ungewohnter Anblick für dich sein …«

Jelto überlegte kurz, ob er kurz davor stand, sich in ernsthafte Gefahr für Leib und Leben zu begeben. Das Dorf der Angks war nicht ohne, es hielt manches Mysterium bereit, immer noch. Und er wusste nicht, ob es Untersuchungen gab, wie es um den Geisteszustand jedes einzelnen Neucrewmitglieds bestellt war. Was, wenn Sooks nicht nur ein wenig kauzig war, sondern tatsächlich … verrückt? Paranoid, schizoid … die Palette der Möglichkeiten war riesig.

»Ich erschrecke nicht so leicht.«

»Dann ist es ja gut.« Sooks lud ihn mit einer Handbewegung ein, das Haus als Erster zu betreten.

Jelto schüttelte den Kopf. »Nach dir.« Gleichzeitig tat er etwas, das Sooks bemerken musste – aber es war ihm egal. Ein klein wenig auf Nummer Sicher gehen wollte er doch. Er aktivierte seine Aura und tastete mit seinen speziellen Sinnen, die auf die mentalen Impulse von Pflanzen geeicht waren, ins Innere des Gebäudes.

Sooks zuckte derweil die Achseln und trat über die Schwelle.

Jelto schloss kurz die Augen, um sich besser konzentrieren zu können. Und erhielt Kontakt.

Aber es waren die normalen Schwingungen einiger weniger Gewächse, die sich offenbar im Inneren des Gebäudes befanden und denen es nicht besser oder schlechter ging als es in einem abgeschlossenen Raum zu erwarten gewesen wäre.

Jelto öffnete die Augen, seufzte noch einmal und folgte dann Sooks in dessen Quartier – das völlig vereinnahmt wurde von den Ingredienzien seines Experiments .



»Ist das Staunen oder Entsetzen?«

Die Stimme des Tüftlers riss Jelto aus seinem faszinierten Starren. »Ich weiß es nicht – vielleicht erklärst du mir, was ich sehe – danach entscheide ich.« Er lächelte zaghaft, den Blick hin- und herschwenkend, über lebendiges wie totes Inventar, von dem nichts den Eindruck erweckte, als gehörte es in eine normale Unterkunft.

Vor Jelto breitete sich die bizarre Welt eines Labors aus. Jeder Quadratmeter freien Raumes wurde genutzt, um Teile jenes Konstrukts unterzubringen, in das Sooks die drei, vier Gewächse integriert hatte, die er von Jelto erhalten hatte und die als Zimmerpflanzen gelten konnten. Es waren immergrüne Sträucher, einige mit bunten, beerenartigen Früchten versehen, bei denen es nicht angeraten war, sie zu essen. Reine Ziergewächse, von Planeten, die die RUBIKON irgendwann auf ihren Reisen besucht und von denen Jelto sich Samen oder Jungpflanzen hatte mitbringen lassen.

»Wenn die Frage gestattet ist: Wo wohnst du? Ich sehe nirgends auch nur einen Sessel oder ein Bett.«

Sooks lächelte verlegen. »Ich bin nicht anspruchsvoll, es findet sich immer ein Plätzchen. Notfalls unter freiem Himmel, na ja, es ist kein echter Himmel, du weißt ja. Außerdem ist das hier nur vorübergehend. Es uferte immer mehr aus, ohne jedoch, dass ich die Leistung ausreichend steigern konnte. Ich bin an einem Punkt angelangt, wo es ohne fremde Hilfe – deine Hilfe, Jelto – nicht mehr weitergeht.«

»Das wäre ein Segen – für dich. Erklär mir dieses Brimborium. Was sind das für Gerätschaften – Rechner? –, die du mit den Pflanzen verbunden hast?«

Sooks hatte Sensoren an die Blätter der Gewächse geklebt, wie sie früher, wenn Jelto sich nicht stark irrte, Verwendung gefunden hatten, um EEGs oder EKGs bei Menschen zu schreiben. Was für einen Zweck ihnen Sooks in diesem Fall beimaß, war nach wie vor unerfindlich.

»Überwachst du die Schwingungen der Pflanzen? Ihre … ’Gedanken’?«

»Nicht direkt.« Schon vor langer Zeit hatte es auf der Erde und einer Zeit, die Jelto selbst nicht erlebt hatte, aber aus Erzählungen von John, Scobee und Jarvis kannte, Versuche mit Pflanzen gegeben, bei denen deren elektrische Aura fototechnisch sichtbar gemacht worden war. Darüber hinaus war versucht worden, eine Kommunikation zwischen Mensch und Pflanze auf Basis dieser elektrischen Felder aufzubauen. Nichts davon war von messbarem Erfolg gekrönt worden. Aber prinzipiell hatten diese Bemühungen durchaus Ähnlichkeit mit dem, was Jelto intuitiv beherrschte: Er konnte sich in die Schwingungen der Gewächse einklinken, sie entschlüsseln und seine eigenen Gedanken in für sie verständliche Impulse umwandeln.

»Was dann?«

»Ich … Lach mich nicht aus, bitte .« In diesem Moment sah Sooks aus wie ein von seiner Umwelt verkanntes Genie, das verzweifelt um Akzeptanz und Anerkennung kämpfte, aber keinen Hoffnungsschimmer am Horizont sah.

»Ich lache niemanden aus. Versuch, es mir begreiflich zu machen. Vielleicht bin ich ja begeistert. Und danach sagst du mir endlich, woraus genau meine Hilfe bei diesem … Projekt bestehen soll!«

»Ich arbeite …« Sooks schluckte. Er war anders als jeder andere Angkgeborene, dem Jelto bis dato begegnet war. Die anderen strotzten vor Selbstbewusstsein, Sooks hingegen war voller Unsicherheit. »Ich arbeite an einer neuartigen … Ortungsmethode.«

Jelto sah ihn an. »Bei der du … Pflanzen brauchst?«

Sooks druckste weiter herum. »Vielleicht ist Ortungsmethode der falsche Ausdruck. Ich horche … nun, ich horche ins All hinaus.«

»Wozu?«, fragte Jelto geduldig. »Was willst du da draußen hören? Es gibt bereits verlässliche Systeme zur Nah- und Fernortung. Außerdem haben wir etwas, das sich Funk nennt. Wir können damit über lichtjahrweite Abgründe kommunizieren.«

»Ja, ja, ich weiß.« Sooks atmete hörbar durch. Offenbar gewann die Begeisterung für seine Idee allmählich die Oberhand über seine Selbstzweifel. »Aber damit empfangen wir doch nur Signale von Leben, wie wir es bereits zuhauf kennen. Mit meiner Methode könnte man das finden, was uns sonst permanent entgeht: Signale von anderem Leben.«

»Du meinst … Pflanzenzivilisationen?«

»Grob ausgedrückt: ja.« Sooks nickte. »Die es definitiv gibt. Cy ist das beste Beispiel für intelligente Pflanzen.«

»Cy«, widersprach Jelto, »ist eine ganz eigene Geschichte. Er und seine Mitaurigen wurden vor langer Zeit von den Jay’nac gezüchtet, weil diese einen Weg suchten, organisches Leben besser verstehen zu lernen. Und sie entwickelten keine eigene Technologie. Sie hatten das, was die Jay’nac ihnen gaben.«

»Es ist nur ein Beispiel . Da draußen in den Weiten der Milchstraße müssen Spezies beheimatet sein, die anders sind als wir Menschen und anders als die Anorganischen, ich meine damit: Sie haben keine Körper aus Fleisch und Blut, sondern aus pflanzlichem Material. Daran glaube ich, davon kann mich niemand abbringen!«

»Was sagten denn die Tavner, eure Lehrer auf den Angkwelten, zu dieser Theorie? Immerhin jonglieren sie mit bractonischem Wissen.«

Sooks Miene verfinsterte sich. Er kniff die Lippen zusammen. Seine Kiefer mahlten, seine Wangenmuskulatur trat sichtbar unter den Wangen hervor.

»Sie waren offenbar wenig … aufgeschlossen?«

Sooks nickte. »Aber ich war damals auch noch nicht so weit, sie mit einem klaren Theorem überzeugen zu können.«

»Heute könntest du das?«

Sooks nickte, und das Feuer, das dabei in seine Augen trat, ließ Jelto erneut einlenken. »Dann lass mal hören. Und vergiss nicht, mir zu sagen, was du nun genau von mir willst. Keine Ausflüchte! Die volle Wahrheit, sonst war’s das!«

»Danke.«

»Danke mir erst, wenn du weißt, was ich über dich und dein Vorhaben denke. Und ich warne dich gleich: Meine Meinung darüber könnte sehr ernüchternd für dich sein, denn ich weigere mich strikt, meine Kinder für unsinnige und sinnlose Experimente herzugeben. Jedes einzelne Gewächs steht mir näher als du übergeschnappter Kerl – hast du das verstanden?«

Sooks nickte eifrig und offenbar weit davon entfernt, beleidigt zu sein.

Jelto legte sich schon einmal die Worte zurecht, mit denen er den Angk in die Schranken weisen wollte. Aber zu seiner Verblüffung …



»Du hast was getan?«

»Ich habe ihm meinen Garten zur Verfügung gestellt.«

»Das kann jetzt nicht dein Ernst sein.«

»Absolut.«

»Aber das klingt völlig verrückt!«

»Im ersten Moment dachte ich das auch.«

»Und im zweiten? Bist du da auch total übergeschnappt?« Jarvis konnte sich gar nicht beruhigen.

Jelto überlegte, ob es wirklich eine gute Idee gewesen war, den Freund in sein gemeinsames Projekt mit Sooks einzuweihen.

»Er es geschafft, mich mit seiner Idee anzustecken, ja. Sie ist faszinierend. Ich war anfangs so skeptisch wie du, vielleicht noch mehr. Aber die Vorstellung, dass er recht haben könnte … und du musst die Technologie sehen, die er von der Angkwelt, auf der er aufwuchs, mit an Bord brachte, in die Foronentechnik integrierte …«

»Wenn John davon erfährt, wird er diesen Sooks und diesen Jelto von Bord schmeißen!«

»Der Commander weiß davon. Ich habe mit ihm gesprochen – aber auch Sooks tat das schon. Vor mir. Das Projekt ist autorisiert von höchster Stelle – auch wenn ich glaube, dass John vielleicht nur Mitleid mit Sooks hatte. Du musst ihn kennenlernen. Er hat so eine Art, den Beschützerinstinkt zu wecken, wie es sonst nur kleine Kinder können.«

»Für mich klingt das alles so hanebüchen, als wäre er ein kleines Kind.«

»Er ist nur ungeheuer fantasievoll. Und darüber hinaus ein genialer Geist, der es spielerisch versteht, das Potenzial von Pflanzen mit dem bractonischer Technik zu verbinden. Herausgekommen ist dabei eine einzigartige Symbiose. Du würdest staunen, wenn du siehst, was er vollbracht hat, seit er aus seinem Häuschen im Dorf umgezogen ist in –«

»– deinen hydroponischen Garten.«

Jelto nickte.

»Er wird ihn ruinieren. So, wie du es mir beschreibst, hat es bereits alles ruiniert. Ich hätte nie geglaubt, dass du dich zu so etwas hergeben würdest, auf einen solchen Scharlatan hereinfällst!«

»Du tust ihm unrecht, wirklich.«

Aber Jarvis hatte ihm bereits den Rücken gekehrt und sich den Gang hinunter, wo sie sich zufällig begegnet waren, in Bewegung gesetzt.

Jelto sah ihm eine Zeitlang unentschlossen nach. Dann zuckte er die Schultern und schlug die Richtung ein, die ihn zu seinem grünen Reich an Bord der RUBIKON führte.

Sooks erwartete ihn schon mit den Worten: »Fertig. Die Vernetzung ist abgeschlossen. Von meiner Seite her können wir sofort starten. – Ich wollte damit bis zu deiner Rückkehr warten, Jelto, weil ich es nur dir zu verdanken habe, dass ich überhaupt so weit kommen konnte. Bist du bereit für den ersten ernsthaften Feldversuch?«

Jelto war immer noch wie erschlagen von dem Bild, das sein Garten abgab, seit Sooks tätig geworden war.

»Ob ich bereit bin? Natürlich! Ich brenne ebenso wie du darauf, mein Ohr an den Puls all der verborgenen Zivilisationen zu legen, die herkömmliche Instrumente ignorieren, weil sie nicht dazu geschaffen sind, ihr Echo aufzufangen. Wohin müssen wir? Von wo aus startest du die … Anlage?«

»Da bin ich flexibel. Gern von hier aus, wenn du willst.«

Jelto schürzte die Lippen. Dann nickte er.

Sooks justierte an einem Armbandgerät, das er trug, und augenblicklich bildete sich vor ihm eine virtuelle Konsole, über deren Sensorik er auf das Geschaffene zugreifen konnte.

»Wir befinden uns im Unterlichtflug?«, vergewisserte sich Jelto.

»Ich habe es mir gerade noch einmal von der Zentrale bestätigen lassen«, antwortete Sooks. »Anders würde die Antenne nicht funktionieren.«

Die Antenne, das war die gesamte Außenfläche des Schiffes. Sesha hatte den Komplex hydroponischer Garten damit verknüpft. Auch dies mit ausdrücklicher Billigung des Commanders.

»Dann – los …«

Sooks legte einen immateriellen Hebel um.

Der vernetzte Garten ging auf Empfang.