Judith Zander

oder tau

Gedichte

 

 

 

 

Originalausgabe 2011
© Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München

 

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eBook ISBN 978 - 3 - 423 - 40724 - 3 (epub)
ISBN der gedruckten Ausgabe 978 - 3 - 423 - 24862 - 4

 

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Inhaltsübersicht

ab heute bleibt es

königstochter

neuigkeiten

verzogen

and the living is easy

into that good night

er kommt nicht, wenn man ruft

elpe, die

deixis

legion

realiter

blesewitzer messung

mit einvernehmlichen schlägen

they’d never match

was auch immer geschieht

wellenbrecher

oder tau

sans soucis

diotima

flattern

my Luve/ Burns no more

the tell-tale heart

du in der Sonne deines badezimmers/(okt)oberlicht

fooled. I knew

schön ist

hotel

fiat

grundlegende

die pause des raumes

pihlajamäki

suomenlinna

fluchtpunkt

westwärts & außer form

dornburger spruchreife

ammelshain

inversion

nach hause

žuljana

haarlose affen

herzen zu händen

same same but different

darß/mission

tableau

was mich anging

vergessen und nachtfrost

palimpseste, polnisch rückwärts

kurze sache

aus einem grund

nachtfrist

anomalie

winterdienst

schnee von yesterday

restwärme

kyrill

gründonnerstag

Referenzen

 

And I

Am the arrow,

 

The dew that flies

Suicidal, at one with the drive

Into the red

 

Eye, the cauldron of morning.

 

Ariel, Sylvia Plath

ab heute bleibt es

königstochter

als meine wangen noch teig waren

milchgebäck meine stirn ein hoher

halbmond auf dem die flagge meines

erdbeerblonden namens wehte nur mir

gehörte als noch das morgen

dunkel zu zöpfen gebunden

ward eile das halstuch zu

holen gespielin die einmal die

beine in die hände nahm als ich noch

felsengleich spielte in strauchengen

himmeln und wurzeln von rauch

gelber farbe zerkniff mit den nägeln

den schnecken angeblich ähnlich war sommers

fliederblätter briet ohne gnade im tran

als mich noch bange nicht angst siebte ich

die sätze noch malte zwischen die punkte

auf jedes haus- und hofpapier

neuigkeiten

höchste zeit für die eisblumen wenn

der sonnabend sticht der sommer

stiefmütterchen richtet

 

auf gottes acker erntet meine mutter

unkraut und buntgeschürzte

reden sie stehen bequem

auf drei beinen am mittleren

fuß platzt allerlei eisernen

zehen der lack ab sie stellen

sich hin und heraus als auf erden

die besten freundinnen ihrer

mutter unter der erde

viel zu gut um einmal ein wörtchen

übers sterben zu sagen zu viel

 

des guten ich habe die gießkannen

für ihre mutter meiner mutter

zum ersten mal abgenommen benommen

sitze ich auf dem grabstein mit langen armen

und stelle mir vor wie der tod

um die kirche kommt mit einer harke

dass danach alles ganz anders wird

hat man mir schon gesagt

wir hören noch ihre dürren

holzbeine über den sand schleifen und

ein paar windige worte wie tja dien mudder

 

für Marina

verzogen

und die inwendigen häute

scheinen leuchtend weiß

und schön im angesicht

der ackerfurche heilloser grasnarbe

und übern kopf die sirrenden

schwäne baby fünf

 

aber sie sieht doch aus wie

eine die als erste

lesen & schreiben

konnte in der familie deren

weibliche teile zu zeiten noch

einsteckten was sie

kriegten die mecker ab

in die schürzentasche zu

den unterm teppich erblickten von

herrinnen tückisch versteckten

hårnådeln? gnä’ge fru ick

 

wie eine die

nach den russen hin ist

vermissen lässt alle erbliche

schiss vor denen die

anlangten später anpacken

am genossenschaftlichen stall und mir nichts

dir nichts angehen mädchen um

ein schluck wasser keinen muckefuck

 

und wand hier jede den brautkranz

und jede nur einmal das

hat sie dann an den hacken

gepiekt wie ein geknickter birkenzweig

ab heute bleibt es

länger hell und am wolgastrand sing

was geschah