Das hast du jetzt davon!

An diesem Abend war Flopson ganz besonders langweilig zumute. Sie wollte etwas Spannendes erleben. Sofort! Diese fürchterliche Langeweile war kein Wunder, denn schließlich lebte die Katzenbärin in einem kleinen Wohnzimmer, und dort gab es fast nichts zu tun.

»Mir ist laaangweilig. Mir ist so fürchterlaaangweilig«, sagte sie und hopste auf weichen Pfoten durch das Zimmer. Sie sprang auf das Sofa und von dort auf den Schrank und dann wieder auf das Sofa und dann wieder auf den Schrank.

»Langweilig!«, rief sie extra laut und landete mit einem kräftigen Sprung auf dem großen Käfig aus Metall. Dort lebte sie zusammen mit ihrem Freund Tjalle.

»Du, Tjalle, ist dir auch so fürchterlangweilig wie mir?«, fragte sie von oben und steckte ihre Nase durch die Gitterstäbe.

»Nö«, sagte Tjalle und kroch aus seinem Pilzhäuschen. Er tippelte zum Futternapf und stupste mit seiner langen Nase eine Apfelspalte heraus.

Flopson und Tjalle waren die allerbesten Freunde, und sie gaben ein ziemlich lustiges Paar ab. Katzenbären gelten als die schönsten Tiere der Welt, und das hat seinen Grund: Die runden Knopfaugen gucken munter aus einem flauschigen Gesichtchen, die kleine Schnauze wirkt freundlich, und alles an ihnen, sogar die Ohren, hat eine hübsche Form. Ihr rötliches Fell ist weich und dicht und an den vier Beinen dunkler als am Körper. Der Schwanz ist buschig und hat helle und dunkle Ringel.

Tjalle wiederum war ein Streifentenrek. Diese Tiere sind klein und sehen richtig witzig aus. Ihr Fell ist gelb-schwarz und wirkt struppig, und dazwischen wachsen Stacheln wie bei einem Igel. Hinter dem Kopf wird das Fell kräftig gelb und steht lang ab, als wäre es ein Kragen. Ihre Schnauzen sind lang und dünn.

»Du könntest mir eine schöne Liebesgeschichte vorlesen«, schlug Tjalle vor.

Flopson kicherte. »Na gut.«

Sie konnte nämlich lesen. Wirklich! Das hatte sie sich selbst beigebracht, weil ihr so entsetzlich langweilig in dem Wohnzimmer war. Vom Käfig aus kletterte sie am Bücherregal hoch, denn Katzenbären sind sehr gute Kletterer.

»Du bist wohl das einzige Tier in der ganzen Stadt, das lesen kann«, sagte Tjalle und sah stolz zu seiner Freundin hoch.

»Das kann ich mir nicht vorstellen«, murmelte Flopson, packte ein Buch und kletterte zurück. »Die Tiere da draußen können bestimmt alle lesen.«

»Nein, i wo! Tiere können nicht lesen«, sagte Tjalle. Er selbst war dafür viel zu ungeduldig.

Durch die feine Spitzengardine warf Flopson einen Blick aus dem Fenster. »Du, Tjalle, meinst du, wir werden jemals andere Tiere sehen? Und die wilde weite Welt da draußen?«, fragte sie seufzend.

»Nein, das glaube ich nicht«, sagte Tjalle und zutschte aufgeregt an seinem Apfelstückchen. »Und ich möchte sie auch gar nicht sehen, diese wilde weite Welt. Sie ist bestimmt ordentlich gefährlich. Und riesig. Und … und noch mal gefährlich.«

Flopson musste lachen, denn Tjalle sah zu lustig aus, wie er so ängstlich an seinem Apfel knabberte. Mit den Hinterbeinen krallte sie sich an der Gardinenstange fest, ließ sich nach unten baumeln und blätterte in dem Buch. »Gefährlich? Du, Tjalle, das klingt wunderbar.«

»Nein! Gefährlich ist nicht wunderbar. Es ist schlimm, und dann muss man Angst haben und sich verstecken. Und ein Pilzhäuschen gibt es da draußen auch nicht.«

Flopson krabbelte in den Käfig, schnappte sich ihren kleinen Freund und tanzte mit ihm herum. »Aber es wäre doch sooo aufregend! Stell dir bloß mal vor, du und ich in der wilden weiten Welt.«

In diesem Moment öffnete sich die Zimmertür, und schnell schob Flopson das Buch hinter das Pilzhäuschen. Frau Huppenschuh kam herein. Sie war eine sehr feine Dame, trug viele goldene Ringe und eine glitzernde Bluse. Frau Huppenschuh trug immer glitzernde Blusen.

Mit ihren lackierten Nägeln klopfte sie an das Gitter. »Na, ihr zwei beiden Hübschen? Wollen wir was Schönes zusammen machen?«

Tjalle rümpfte seine lange Nase. Jeden Tag das Gleiche! Was Schönes zusammen machen bedeutete bei Frau Huppenschuh nämlich Fernsehgucken. Das war das Einzige, was sie mit ihren Haustieren je tat.

»Heute kommt ein schöner Krimi im Fernsehen. Ein richtig gruseliger«, erklärte sie.

Dazu hatten die beiden Freunde sehr unterschiedliche Meinungen. »Nein-oh-nein!«, rief Tjalle. »Nicht schon wieder ein Krimi! Das ist mir viel zu gruselig.« Der kleine Streifentenrek mochte nur Liebesfilme.

Aber Flopson liebte Krimis. Richtig schön spannend mussten sie sein, am besten mit Verfolgungsjagden und Schießereien und bösen Leuten. Und vor allem mit Polizisten. Die liebte Flopson am meisten. Sie passte immer ganz genau auf und wusste sehr viel über die Arbeit der Fernsehpolizisten. Nun wollte sie den Krimifilm nicht verpassen, fröhlich sprang sie aus dem Käfig und auf das Sofa.

Flopson und Tjalle lebten schon lange bei Frau Huppenschuh und verstanden die Sprache der Menschen sehr gut. Doch leider verstand Frau Huppenschuh die Sprache der Tiere nicht. Zielstrebig schob sie ihre Hand in den Käfig. »Na komm, mein lieber Tjalle, wir gucken zusammen einen Krimi!«, sagte sie.

Aber der kleine Streifentenrek wollte keinen Krimi gucken, sondern einen Liebesfilm. Und deshalb schnappte er nach Frau Huppenschuh.

Erschrocken zog sie ihre Hand zurück und knallte die Tür vom Käfig zu. »So, Sportsfreund, für dich gibt es heute keinen Krimi!«, sagte sie. »Das hast du jetzt davon.«

Zufrieden winkte Tjalle seiner Freundin Flopson. »Das wäre geschafft«, seufzte er und rollte sich gemütlich in seinem Pilzhäuschen ein.

Frau Huppenschuh ließ sich auf das Sofa plumpsen und legte eine Decke neben sich, darauf sollte Flopson sitzen. Irgendwie schien dieses Sofa das wichtigste Ding zu sein, das diese Frau besaß. Man durfte nie direkt draufsitzen, und wenn Flopson Fellflusen oder Fußtapsen hinterließ, gab es ziemlichen Ärger.

Wie jeden Tag drückte Frau Huppenschuh auf den Knopf der Fernbedienung, und schon leuchtete der Bildschirm auf.

Als der Krimi vorbei war, schnarchte Frau Huppenschuh längst in ihrem Fernsehsessel, aber Flopson guckte noch ein wenig weiter. Als sie müde wurde, kroch sie zurück zu ihrem Freund in den Käfig.

»Morgen gucken wir wieder einen schönen Liebesfilm«, murmelte er.

»Von mir aus«, sagte Flopson. Sie legte ihren buschigen Schwanz in einem Kreis um Tjalle herum. Zufrieden schlief sie ein und träumte von der wilden weiten Welt da draußen.

Als die Sonne am Morgen durch die Spitzengardine fiel, erwachte Flopson. Aber nicht von der Sonne, sondern von dem merkwürdigen Gefühl in ihrem Bauch. Irgendetwas war anders als sonst. Sie rieb sich die Augen und wollte sich auf die andere Seite drehen. Erst da merkte sie, was los war.

Tjalle lag nicht neben ihr!

Und wo ist Tjalle?

Mit einem Mal war Flopson hellwach. Sie sprang auf ihre vier Pfoten und sah sich um. Wo war Tjalle? Der Streifentenrek war zu groß, um sich hinter dem Futternapf zu verstecken. Sie lugte in das Pilzhäuschen, doch es war leer.

Noch nie, seit Flopson denken konnte, war Tjalle am Morgen nicht da gewesen. Und aus dem Käfig kroch er nur, wenn ein Liebesfilm im Fernsehen lief. Der Streifentenrek würde nie allein in der Wohnung herumlaufen. Und schon gar nicht ohne Flopson.

Sie steckte ihren Kopf aus der Käfigtür und rief: »Tjalle? Tjalle, wo bist du? Komm raus! Das ist nicht lustig! Tjalle! Tja…!«

Weiter kam sie nicht. Was war denn hier los? Die Spitzengardine hing zerrissen herunter. Die große Vase lag in Scherben auf dem Boden. Auch die Kissen und Deckchen lagen unten. Aber das Schlimmste … ja, das Schlimmste war wohl das gute Sofa. Lange Risse gingen durch den Bezug, und die weiße, flauschige Füllung kam hervor. Das Wohnzimmer sah richtig verwüstet aus.

Auf vier weichen Pfoten tapste Flopson zaghaft durch das chaotische Zimmer. Sie rief nach ihrem Freund, blickte hinter das zerrissene Sofa und darunter und schnupperte am Schrank. Sie hob sogar den Teppich an, dabei war nicht mal Tjalle so klein, dass er unter einen Teppich passte.

Aber … was war das? Die Zimmertür stand ja offen! Sonst war sie immer geschlossen, damit Flopson nicht in der Wohnung herumrannte. Normalerweise wäre Flopson sofort neugierig hinausgeflitzt. Aber jetzt hatte sie andere Sorgen. Sie musste Tjalle finden!

Wie viele Tiere hatte sie einen sehr guten Geruchssinn. Deshalb hielt sie ihre Schnauze dicht über den Boden und schnupperte. Aber nirgendwo roch es nach Tjalle. Sie sprang auf das Sofa und versuchte, ihre Pfote in die Sofaritze zu quetschen. Vielleicht war er ja in das Sofa hineingerutscht? »Tjalle? Tjalle, bist du da?«, fragte sie.

Aus dem Flur hörte sie das Schlurfen von Frau Huppenschuhs Hausschuhen. Vor Schreck erstarrte sie. Was würde die Frau wohl zu dem ganzen Durcheinander sagen?

In einem Glitzernachthemd tappte Frau Huppenschuh ins Wohnzimmer. »Warum ist denn die Tür auf?«, schimpfte sie. Ihr Haar war sehr strubbelig und an einer Seite platt vom Liegen. Erschrocken blieb sie stehen und ließ ihre Augen über die Wüstenei in ihrem Wohnzimmer wandern. »Mein Sofa! Mein gutes Sofa!«, rief sie.

Dann fiel ihr Blick auf Flopson, die auf dem Sofa saß. Sie starrte ihr Haustier an – und kam zu einem völlig falschen Schluss. »Flopson! Du hast mein gutes Sofa ruiniert. Du undankbares Tier. Böse, böse! Und wo ist Tjalle?«

Auf allen vieren robbte Frau Huppenschuh durch das Wohnzimmer, auf der Suche nach Tjalle. Endlich sah sie ein, dass Tjalle nicht da war. Sie griff nach der Katzenbärin und klemmte sie sich unter den Arm. So fest, dass Flopson nicht wegkonnte. »Hast du ihn etwa aufgefressen? Ach nein, du frisst ja kein Fleisch. Dann hast du ihn wohl vergrault? Warst du gemein zu ihm? Hast du ihm Angst gemacht?«

Flopson erklärte laut und deutlich, dass sie nichts mit Tjalles Verschwinden zu tun hatte. Im Gegenteil. Sie selbst machte sich die meisten Sorgen um ihn.

Aber Frau Huppenschuh verstand sie mal wieder nicht und redete weiter in ihrer Menschensprache. »Da brauchst du gar nicht zu mauzen und zu fauchen!«, sagte sie. »Bestimmt ist unser lieber Tjalle weggelaufen, weil du mit ihm gestänkert hast.«

So ein Unsinn! Bestimmt ist er weggelaufen wegen deiner Fernsehguckerei!, dachte Flopson. Weil er eben keine Krimis mag. Verärgert machte sie sich aus dem festen Griff los und stürmte in den Flur. Sie musste nach Tjalle suchen!

Vor der Wohnungstür blieb sie erschrocken stehen. Denn – oh weh – auch die stand offen!

Vorsichtig schob Flopson ihre Nase aus der Tür und linste in den Hausflur. Sie hatte die Wohnung noch nie verlassen und sah sich erstaunt um. So viele Treppenstufen! Oben Stufen und unten Stufen. Der Hausflur sah aus wie ein großer Spielplatz, fand Flopson. Sicherlich konnte man dort prima klettern und toben, aber dafür war jetzt keine Zeit.

Sie witterte sofort, dass Tjalles Geruch stärker wurde, als sie ein kleines Stück die Treppe hochlief. War er wirklich aus der Wohnung geflitzt? Ohne ihr Bescheid zu sagen? Warum? Das ergab keinen Sinn. Als Flopson erst wenige Stufen weit gekommen war, wurde sie gepackt.

»So, meine Liebe, nun habe ich genug!« Das war Frau Huppenschuh. Wütend stopfte sie sich ihr Haustier unter den Arm. Flopson wollte weiter nach oben rennen, aber der Griff von Frau Huppenschuh war sehr fest. Noch in Hausschuhen und Glitzernachthemd, polterte sie die Stufen nach unten.

»Wie hast du es bloß geschafft, die Wohnungstür aufzukriegen, hm? Wegen dir ist unser lieber Tjalle weggelaufen. Nun hat er sich wohl verirrt. Wo er doch so ein schreckhaftes Kerlchen ist! Der Arme!«

Frau Huppenschuh zerrte die Haustür auf. Was hatte das zu bedeuten? Sie würde doch wohl nicht … Also, wollte sie etwa wirklich …?

Ja, sie wollte! »Jetzt kannst du mal sehen, wie es dir hier draußen ergeht! Das hast du jetzt davon!« Mit diesen Worten setzte sie Flopson vor dem Haus ab. Einfach so. Mitten auf den kalten Stein. »Und wage es ja nicht, ohne unseren armen kleinen Tjalle wieder hier aufzutauchen. Haben wir uns verstanden?« Sie drehte sich um und ging zurück ins Haus. Die Haustür knallte zu.

Flopson saß mitten in der wilden weiten Welt.

Hatte sie Angst? Nein. Kein bisschen. Wollte sie wieder in die Wohnung? Aber nein! Ließ sie sich glücklich den frischen Wind um die Nase wehen? Oh ja! Roch sie unzählige neue Gerüche? Auf jeden Fall! Wirbelten unendlich viele Geräusche an ihre Ohren? Natürlich!

Das war sie endlich. Die wilde weite Welt! Sand und Steinchen drückten in Flopsons weiche Pfoten, die nichts Härteres als den Wohnzimmerteppich kannten. Sie spürte Kälte und Wind – und Leben. So viel Leben. Überall. Sie betrachtete die vielen Menschen, die herumliefen, die großen Autos, die entsetzlich stanken. Sie sah altes Essen herumliegen und beobachtete einen Hund, der gemächlich gegen einen Baum pullerte. Tauben flatterten herum, und Insekten krochen über den Bürgersteig. Die Blätter an den Bäumen raschelten, und das Grün zwischen den Steinen duftete saftig. Aus einem Fenster drang laute Musik, und Flopson hätte am liebsten getanzt. Hätte? Sie tat es wirklich! Sie tanzte.

Vor und zurück, eine Drehung und ein Hopser.

In diesem Moment, diesem allerersten Moment in Freiheit, wusste Flopson, dass es genau das gewesen war, was sie immer vermisst hatte. Die wilde weite Welt! Es war, als würde sich in ihrem Inneren alles an den richtigen Platz schieben. Als wäre sie plötzlich ganz, wo sie immer nur halb gewesen war.

Sie tapste herum, staunte und schnupperte, guckte und fühlte.

Dann fiel ihr Tjalle wieder ein. War der kleine Streifentenrek wirklich die Treppen hochgelaufen? Vielleicht war er nur mal kurz aus der Wohnung geflitzt und saß nun ganz oben am Ende dieser vielen Treppen und gruselte sich, was das Zeug hielt. Aber was war mit dem Sofa? Wer hatte das zerkratzt?

»Tjalle, ich komme!«, rief Flopson laut. »Halte durch! Du bist nicht allein! Ich rette dich!«

Sie drückte ihren Körper gegen die Haustür, doch die Tür blieb verschlossen.

Wer uns nicht kennt, ist doof

Mit aller Kraft warf Flopson sich gegen die Haustür. »Ich will da jetzt rein!«, sagte sie laut. Immer wieder versuchte sie es, aber diese dumme Tür wollte sich einfach nicht öffnen.

»Das wird nix«, sagte jemand in Tiersprache.

Flopson drehte sich um. Direkt hinter ihr standen zwei ziemlich zerzauste Frettchen. Sie waren die ersten echten Tiere, die sie in ihrem ganzen Leben traf. Abgesehen von Tjalle natürlich. Deshalb freute sie sich sehr, die beiden kennenzulernen. »Hallo! Ich bin Flopson«, sagte sie. »Und wer seid ihr?«

Die Frettchen sahen sich an, dann prusteten sie los. Einer machte Flopson nach. »Hallo! Ich bin Flopson. Und wer seid ihr?«

Der andere schmiss sich vor Lachen auf den Boden und schlug mit den Fäusten.

»Du, Rumpel, sie weiß es nicht!«, rief er.

»Nee, Raubacke. Weiß sie nicht!«, brüllte der andere lachend.

Flopson kam näher. »Was weiß ich nicht?«

Das Frettchen, das offenbar Raubacke hieß, grinste. »Sag’s ihr, Rumpel.«

Das Frettchen, das offenbar Rumpel hieß, lehnte sich gegen einen alten Autoreifen. »Wir sind Rumpel und Raubacke, die miesesten, fiesesten Typen der ganzen Stadt. Das weiß jeder.«

»Ich wusste es nicht«, sagte Flopson.

Rumpel starrte Flopson an. »Wer uns nicht kennt, ist doof, und basta.«

»Basta Ballischnasta«, ergänzte Raubacke.

Rumpel sah ihn an. »Nee, du, das klingt irgendwie nicht so cool.«

»Okay«, sagte Raubacke. »Wer uns nicht kennt, ist doof.«

Rumpel nickte zufrieden. »Du kennst uns nicht, weil du ein Käfigtier bist«, sagte er zu Flopson.

Käfigtier? Das klang ja ganz und gar fürchterlich, und so wollte Flopson nicht genannt werden. »Ich bin kein Käfigtier«, sagte sie.

»Was bist’n dann?«

Gute Frage. Sie überlegte. »Ich bin in dieser Stadt geboren, deshalb bin ich ein Stadttier.«

»So siehst du aber nicht aus. Du bist nicht von hier«, sagte Raubacke.

»Na ja, meine Eltern waren wohl nicht von hier, deshalb bin ich auch ein fremdes Tier. Und eigentlich gehöre ich in die Natur, deshalb bin ich außerdem ein Naturtier.« Mit dieser Erklärung war Flopson halbwegs zufrieden.

Aber Rumpel kratzte sich am Kopf. »Willste uns mit Absicht verwirren? Das klappt nicht«, sagte er.

»Wir sind nämlich schon verwirrt«, sagte Raubacke.

Rumpel stieß ihn wütend an. »Sind wir nicht!«

»Ach so«, sagte Raubacke.

»Du bist ’n Käfigtier, und basta!«, sagte Rumpel.

Es hatte wohl keinen Sinn, mit den beiden zu streiten, und Flopson gab es auf. »Ich suche meinen Freund, den Streifentenrek Tjalle. Aber ich kriege die Haustür nicht auf. Könnt ihr mir helfen?«, fragte sie.

Wieder prusteten die beiden los, und Raubacke warf sich noch mal auf den Boden vor Lachen. »Helfen?!«, brüllte Rumpel. »Sie will, dass wir ihr HELFEN

»Stadttiere helfen sich nicht!«, rief Raubacke. »Und wir helfen doppelt nicht! Schließlich sind wir die miesesten, fiesesten Typen der ganzen Stadt!«

»Und außerdem ist dein Freund gar nicht da drin«, sagte Rumpel.

Oh! Flopson horchte auf. »Habt ihr ihn etwa gesehen?«, fragte sie.

Die beiden guckten sich an und nickten heftig. »Du, Raubacke, wir haben einen Streifentenrek gesehen, oder?«, fragte Rumpel.

»Ihr wisst, wie ein Streifentenrek aussieht?«, staunte Flopson. »Das sind sehr seltene Tiere.«

»Wir kennen uns eben aus in der Welt«, sagte Rumpel.

Raubacke nickte. »Er ist da langgegangen.« Dann zeigte er nach links, und Rumpel zeigte nach rechts. Die beiden sahen sich wieder an, dann zeigten sie jeder genau in die andere Richtung.

»Also, was denn jetzt?«, fragte Flopson.

»Wir haben ihn gesehen. Er ist zum Park geschlichen. Da lang«, sagte nun Rumpel. Raubacke nickte, dann zeigten sie beide in dieselbe Richtung.

»Zum Park?«, fragte Flopson. »Das kann ich mir nicht vorstellen. Tjalle ist das ängstlichste Tier, das es gibt. Am liebsten sitzt er in seinem Pilzhäuschen. Er würde niemals zum Park laufen.«

»Dochischnoch! War so«, sagte Raubacke. »Er hat zu uns gesagt: Ich gehe jetzt in den Park, etwas Wildes erleben.«